Allgemeines | ||||||||||
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Freiname | Insulin glargin | |||||||||
Summenformel | C267H404N72O78S6 | |||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||
ATC-Code | ||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||
Molare Masse | 6063 g·mol−1 | |||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Insulin glargin (Handelsname Lantus® ; Hersteller Sanofi-Aventis) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Analog-Insuline der zur Behandlung der Zuckerkrankheit eingesetzt wird und zählt zu den Basal-Insulinen. Der Wirkstoff ist ein rekombinantes Protein, das aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wird. Er unterscheidet sich geringfügig vom körpereigenen Insulin und zeichnet sich gegenüber anderen Verzögerungsinsulinen durch seine lange Halbwertszeit aus, die die einmal tägliche Gabe ermöglicht.
Klinische Angaben
Anwendungsgebiete (Indikationen)
Insulin glargin ist zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren zugelassen.
Art und Dauer der Anwendung
Insulin glargin wird einmal täglich subkutan gespritzt.
Gegenanzeigen (Kontraindikationen)
Bei Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Insulin glargin oder einen der Hilfsstoffe darf das Medikament nicht angewendet werden.
Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit
Es liegen bisher weder klinische noch epidemiologische Daten zu Risiken bei Anwendung in Schwangerschaft oder Stillzeit vor.
Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)
Häufig kommen Hypoglykämien, Reaktionen an der Einstichstelle und Veränderungen des subkutanen Fettgewebes an der Einstichstelle vor. Selten oder sehr selten kommen allergische Reaktionen, Geschmacksstörungen, Sehstörungen, Retinopathie, Muskelschmerzen und Ödeme vor.[1]
Pharmakologische Eigenschaften
Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)
Insulin glargin wirkt durch Bindung an die Insulinrezeptoren und bewirkt primär die Senkung des Blutglukosespiegels.
Es bindet stärker an den IGF-1-Rezeptor als Humaninsulin, jedoch konnte in klinischen Studien kein erhöhtes mitogenes Potential gesehen werden.
Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)
Das Präparat Lantus ist als saure Lösung mit pH 4 formuliert wobei der Wirkstoff gelöst ist. Nach Injektion wird diese im Körper langsam neutralisiert wobei sich die Insulin-Mikrokristalle bilden. Diese lösen sich langsam auf und treten als biologisch aktive Form in die Blutbahn ein. Bei täglicher Gabe stellt sich nach 2-4 Tagen ein steady-state ein, also ein stabiler Wirkstoffspiegel ohne Schwankungen.
Sonstige Informationen
Chemische und pharmazeutische Informationen
Insulin glargin hat in der Aminosäuresequenz gegenüber dem menschlichen Insulin an der Position A21 statt Asparagin Glycin. Die B-Kette ist durch zwei Arginin-Einheiten verlängert.
Insulin glargin
┌─────────┐
G-I-V-E-Q-C-C-T-S-I-C-S-L-Y-Q-L-E-N-Y-C-G
│ ┌─┘
F-V-N-Q-H-L-C-G-S-H-L-V-E-A-L-Y-L-V-C-G-E-R-G-F-F-Y-T-P-K-T-R-R
Entwicklung
Die Forschung und Entwicklung fand im Kompetenzzentrum für Biotechnologie bei Sanofi-Aventis in Frankfurt-Höchst statt. Lantus wird weltweit in über 100 Länder (Exportanteil 96 %) geliefert und von über 3,5 Mio. Patienten in der Welt angewendet. Lantus ist damit das größte und wichtigste Export-Arzneimittel aus Deutschland. Sanofi-Aventis steigerte 2008 den Umsatz mit Lantus um 28 Prozent auf 2,45 Milliarden €, davon 130 Millionen € in Deutschland, wo ca. 1,8 Millionen Diabetiker das Präparat anwenden. Dort war das Präparat 2007 auf Platz 15 der umsatzstärksten Arzneimittel.
Die Investitionen am Standort Frankfurt-Höchst in die Lantus-Produktion und Insulin-Pen-Fertigung lag bei 700 Mio. €. Im Jahr 2008 wurde eine neue Fertigungsstätte für einen neuen Insulin-Pen mit einer Investitionssumme von 150 Mio. € eröffnet. Bei Sanofi-Aventis sind in Frankfurt-Höchst und Berlin 3000 Arbeitsplätze an das Produkt Lantus gebunden.
Die Zulassung für Lantus wurde am 9. Juni 2000 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) erteilt und am 9. Juni 2005 verlängert.[2]
Studien
In einer umfangreichen Analyse der vorhandenen Studien zu Insulin glargin stellte das IQWiG 2009 bei der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 keine Vorteile für die Blutzuckereinstellung, Mortalität, Retinopathien und Anzahl der Krankenhausbehandlungen gegenüber NPH-Insulin fest. Als Vorteil bei Insulin glargin wurde ein statistisch signifikanter Unterschied (bis zu 25%) bezüglich schwerer Hypoglykämien gegenüber NPH-Insulin gesehen, der sich jedoch nicht in allen Untergruppen bestätigte. [3] Dieses Ergebnis wird auch von anderen systematischen Übersichtsarbeiten bestätigt.[4]
Wiederholte schwere Hypoglykämien haben in einer Beobachtungsstudie bei Diabetikern Typ 2 ein erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung einer Demenz gezeigt, daher ist der Vorteil von Insulin Glargin als langwirksames Insulinanaloga beachtenswert. Bei einer schweren Hypoglykämie steigt die Demenzrate um 26 Prozent, bei zwei Episoden um 80 Prozent und bei drei Hypoglykämien tritt fast eine Verdoppelung der Demenzrate ein.[5]
Kosten
Insulin glargin ist in Deutschland erheblich teurer als herkömmliches Verzögerungsinsulin[6]. Diese Mehrkosten werden durch die tägliche Einmal-Injektion von Insulin glargin (gegenüber üblicher 3x tägl. Verabreichung), damit selteneren Injektionen, Applikationen und verringertem Bedarf an Einmalartikeln (Kanülen, Messstreifen) teilweise ausgeglichen.
Literatur
EPAR Lantus, europäischer Zulassungsbericht der EMEA, scientific discussion (englisch) (PDF)
Einzelnachweise
- ↑ Fachinformation LANTUS, Stand 09/2008
- ↑ EPAR Lantus, deutsche Zusammenfassung des Zulassungsberichtes der EMEA (PDF)
- ↑ Abschlussbericht A0503 des IQWiG zu langwirksamen Insulinanaloga bei Diabetes mellitus Typ 2(PDF)
- ↑ Singh SR, Ahmad F, Lal A, Yu C, Bai Z, Bennett H: Efficacy and safety of insulin analogues for the management of diabetes mellitus: a meta-analysis. In: CMAJ. 180. Jahrgang, Nr. 4, Februar 2009, S. 385–97, doi:10.1503/cmaj.081041, PMID 19221352, PMC 2638025 (freier Volltext) – (cmaj.ca).
- ↑ Whitmer RA, Karter AJ, Yaffe K, Quesenberry CP, Selby JV: Hypoglycemic episodes and risk of dementia in older patients with type 2 diabetes mellitus. In: JAMA. 301. Jahrgang, Nr. 15, April 2009, S. 1565–72, doi:10.1001/jama.2009.460, PMID 19366776 (ama-assn.org). : 22-jährige Langzeitstudie mit über 16.000 Patientendaten mit Typ-2-Diabetes
- ↑ Rote Liste(R) 2009