Kontaktlinguistik ist die sprachwissenschaftliche Betrachtung von Sprachen und deren Sprechern, die miteinander in irgendeiner Form von sozialem Kontakt stehen. Die Folge solchen Kontakts können Mehrsprachigkeit, die Bildung arealer Verteilungen von Sprachmerkmalen, das Aussterben von Sprachen sowie die Bildung von Mischsprachen und Pidgin- bzw. Kreolsprachen sein.
Heutzutage existieren in vielen Ländern Gesetze über die Verwendung bestimmter Sprachen. Das gilt sowohl für Sprachen lokaler Volksgruppen, wie zum Beispiel dem Sorbischen in Deutschland, als auch für Minderheitensprachen wie die Muttersprachen von Einwanderern aus anderen Ländern.
Methoden der Kontaktlinguistik
Die Forschung im Bereich der Kontaktlinguistik umfasst sowohl sozio- und psycholinguistische als auch sprachtypologische und sprachhistorische Komponenten.
Die sozio- und psycholinguistische Forschung betrachtet vor allem den Status von Sprachen, die in Kontakt stehen, sowie Einflüsse dieses Status auf die Merkmale der Sprache. Daneben wird vor allem die Mehrsprachigkeit und deren Folgen für die einzelnen Sprachen sowie der Spracherwerb in Kontaktzonen untersucht.
Im Bereich der Sprachtypologie wird erforscht, wie sich Sprachen gegenseitig beeinflussen können, wenn sie in Kontakt stehen. Die Arealtypologie untersucht den längerfristigen Kontakt von Sprachen in einem Gebiet. So hat sich beispielsweise in Eurasien durch umfangreiche Völkerwanderungen sowie Handelsbeziehungen in den letzten Jahrtausenden ein riesiger Sprachbund herausgebildet, der außer die Hochgebirgsregionen im Kaukasus und Himalaya und die Pazifikküste den gesamten Doppelkontinent umfasst.
Die typologische Forschung zu Pidgin- und Kreolsprachen hat erst in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts wissenschaftlich begonnen, nimmt aber mehr und mehr Raum ein.
In der historischen Linguistik wird der Sprachwandel untersucht, der durch den Sprachkontakt entsteht. Die Herausbildung neuer Dialekte - und in der weiteren Entwicklung neuer Sprachen - lässt sich vor allem am Beispiel des Lateinischen gut nachvollziehen, das sich zu einer ganzen Gruppe von Sprachen, den Romanischen Sprachen entwickelt hat. Durch Kontakt der Amtssprache Latein zu lokalen Sprachen wurde dieses in relativ kurzer Zeit so stark verändert, dass schon wenige hundert Jahre nach dem Ende des Römischen Reichs die gegenseitige Verständlichkeit nicht mehr gegeben war.
Literatur
- Moelleken, Wolfgang W./Weber, Peter J. (Hrsg.): Neue Forschungsarbeiten zur Kontaktlinguistik. Bonn: Dümmler 1997 (Plurilingua; 19)
- P. H. Nelde: Theorien , Methoden und Modelle der Kontaktlinguistik. Dümmler, Bonn 1985
- P. H. Nelde: Gegenwärtige Tendenzen der Kontaktlinguistik. Dümmler, Bonn 1983
- P. H. Nelde: Methoden der Kontaktliguistik. Dümmler, Bonn 1983
- Földes, Csaba : Kontaktsprache Deutsch: Das Deutsche im Sprachen- und Kulturenkontakt. In: Haß-Zumkehr, Ulrike/Kallmeyer, Werner/Zifonun, Gisela (Hrsg.): Ansichten der deutschen Sprache. Festschrift für Gerhard Stickel zum 65. Geburtstag. Tübingen: Narr 2002 (Studien zur deutschen Sprache; Forschungen des Instituts für Deutsche Sprache; 25). S. 347-370.
- Földes, Csaba: Interkulturelle Linguistik. Vorüberlegungen zu Konzepten, Problemen und Desiderata. Veszprém: Universitätsverlag/Wien: Edition Praesens 2003 (Studia Germanica Universitatis Vesprimiensis, Supplement; 1); ISBN 963-9495-20-4, ISBN 3-7069-0230-3.
- Földes, Csaba: Kontaktdeutsch: Zur Theorie eines Varietätentyps unter transkulturellen Bedingungen von Mehrsprachigkeit. Tübingen: Gunter Narr Verlag 2005, 399 S.; ISBN 3-8233-6160-0.
- Wolfgang Wildgen: Darstellung einiger wichtiger Methoden der Kontaktlinguistik (Artikel)
- Susanne Mahlstedt: Zweisprachigkeitserziehung in gemischtsprachigen Familien. Eine Analyse der erfolgsbedingenden Merkmale. Frankfurt a.M. [u.a.] 1996