Johannes Schiltberger

Knappe, Gefolgsmann, Weltreisender
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Johannes Schiltberger (* 1381 in Freising (oder München); † nach 1427; manchmal auch Johann, Hannes oder Hans Schiltberger), war ein aus München stammender Teilnehmer am (Kreuzzug von Nikopolis), der in türkische Gefangenschaft geriet und einen großen Teil der damals bekannten Welt bereiste. Seine Erlebnisse schrieb er nach seiner Rückkehr nach über 30 Jahren nieder. Gelegentlich wird er als „deutscher Marco Polo“ bezeichnet.

Leben

Schiltberger entstammte möglicherweise einem bayrischen Adelsgeschlecht, das sich bis in das 11. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, dem der Marschalken von Schiltberg.[1]

Knapp 15-jährig zog Johannes Schiltberger als Knappe im Gefolge seines Herrn Leonhard Reichartinger von München aus in den Krieg gegen die Osmanen. In der Schlacht von Nikopolis, die das christliche Heer unter dem ungarischen König Sigismund am 28. September 1396 verlor, geriet Schiltberger 1396 in osmanische Gefangenschaft, Reichartinger kam ums Leben. Im Jahr darauf nahm Schiltberger zunächst als Fußsoldat, später als Kavallerist an den Feldzügen Bayezids I. teil.

In der Schlacht bei Ankara geriet Schiltberger 1402 zusammen mit Bayezid I. in mongolische Gefangenschaft. Er blieb bis 1405 im Gefolge Timur Lenks, wurde nach Timurs Tod dessen Sohn Schah-Rukh übergeben, sowie später dessen Bruder Miran Schah. Nachdem er Abu Bakr, dem Sohn Miran Schahs, gedient hatte, gab dieser ihn vermutlich 1417 dem Kyptschak-Prinzen Čegre, der kurzzeitig Khan der Goldenen Horde war.

Nach dessen Tod gehörte Schiltberger zum Gefolge eines Prinzen Muhammad. Doch floh er 1426 nach Konstantinopel. Von dort gelangte er 1427 in die bayrische Heimat zurück, wo er einem Gutsnachbarn, dem späteren Herzog Albrecht III., als Kämmerer und Befehlshaber der Leibwache diente, wie Johannes Aventinus berichtet. Als der Herzog 1438 den Thron in München bestieg, blieb Schiltberger auf seinem Gut, wo er wohl auch starb.

Nach den Angaben seines Reiseberichts hat Schiltberger alle Länder um das Schwarze Meer, Ägypten, Bagdad und Persien, das Gebiet von Herat bis Delhi, Samarqand, Sibirien und Konstantinopel gesehen. Seine Erlebnisse schrieb er in einem autobiographischen Bericht nieder. Er erschien ca. 1473 in Ulm.

Schiltbergers Bericht

Schiltbergers Bericht ist nicht als durchgehende Lebensgeschichte geschrieben. Stattdessen fügt er immer wieder umfangreiche Beschreibungen ein, die gelegentlich geradezu ethnologischen Charakter annehmen. Die Bezeichnungen der Länder und Städte, die er besuchte, wählte er nach „der sprachen der lant“, also nach den örtlichen Gebräuchen.

Johannes Schiltberger erzählt zunächst vom Aufbruch der Kreuzfahrer von München, die unter der Führung des ungarischen Königs und späteren Kaisers Sigmund standen. Es folgt die Beschreibung der Niederlage in der Schlacht von Nikopolis, und dass Sultan Bayezid, der angeblich 200.000 Mann anführte, alle Gefangenen hinrichten lassen wollte.

Schiltberger wurde durch den Sohn des Sultans gerettet, der erreichte, dass keiner der unter zwanzigjährigen Gefangenen hingerichtet werden sollte. Dennoch wurden angeblich zehntausend hingerichtet, der Rest ging in Gefangenschaft. Schiltberger kam nach Adrianopel, von dem er - wie so oft übertreibend - berichtet, es habe 50.000 Häuser gehabt (ed. Neumann, S. 93). Von dort ging es 15 Tage später nach Gallipoli („kalipoli“). Dort wurden 300 Gefangene an Stricken in einen Turm geführt (56), wo die jungen Gefangenen insgesamt zwei Monate blieben. Als König Sigmund, der Verrat fürchtete, und daher den Weg durch die Walachei scheute (was Schiltberger verschweigt), dort vorbeifuhr, wurden sie ihm vorgeführt. Auch der Herzog von Burgund war unter ihnen, der jedoch freigekauft wurde.

Schiltberger wurde den Gefangenen des Sultans, den er als König bezeichnete, zugewiesen (54-56). Von dort zog er in die Hauptstadt Bursa („wursa“, angeblich 200.000 Häuser, 94), wo er an drei Wunden erkrankte. Dadurch wurde er weder an einen ungarischen Gefolgsmann, noch an den „König von Babilonien“ verschenkt - er nennt die Bezeichnung „wahdat“ (Bagdad). Stattdessen diente er zunächst als Fußläufer des Sultans. Später erhielt er ein Pferd und diente weitere sechs Jahre in der Kavallerie (hier ist Schiltbergers Erinnerung offenbar ungenau, denn er verdoppelt den Zeitraum von sechs auf zwölf Jahre). Darauf schildert Schiltberger die Eroberung von Konya.

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt fanden sich 60 Christen aus Bursa zusammen, vereidigten sich untereinander und wählten zwei Hauptleute, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Doch 500 Berittene stellten sie in einer Klus (61-63), wo ein türkischer Hauptmann ihnen schwur, ihnen das Leben zu retten, wenn sie sich kampflos ergeben. Als die Gefangenen vor den Sultan geführt wurden, ließ dieser sich durch den Kniefall des Hauptmanns davon überzeugen, dass sie niemandem Schaden zugefügt hatten. So wurden sie nicht hingerichtet, sondern einer harten Gefangenschaft unterworfen, bei der 12 Männer starben. Erneut erreichte der älteste Sohn des Sultans, Emir Süleyman, die Freilassung der Gefangenen. Er ließ sie Treue schwören, stattete sie erneut mit Pferden aus und erhöhte ihren Sold (ed. Neumann, 61-63).

Nun zog Schiltberger mit dem ältesten Sohn Bayezids nach Kayseri, aber statt Süleyman wurde sein Bruder Mehmed Herr der Stadt (1399-?). Schiltberger war bald einer von 20.000 Mann Hilfstruppen für den Mamluken-Sultan, die er gegen einen Aufstand einsetzte, danach kehrte er aus Ägypten zu Bayezids Truppen zurück. Der besetzte nun Damaskus, das Timur untertan war, dann Sebast. Dieses hatte Timur nach 21 Tagen Belagerung mit angeblich einer Million Mann („zehen hundert tusend“) erobert, wobei er versprach, niemandes Blut zu vergießen. Stattdessen ließ er die Verteidiger lebendig begraben, den Rest nahm er gefangen.

Bayezid eroberte Armenien zurück, worauf Timur mit „sechtzehenhundert tusent mannen“ gegen Bayezid zog, der ihm am 20. Juli 1402 mit „vertzehenhunder tusent mannen“ bei Ankara gegenüberstand. Bayezid versuchte mit tausend Reitern zu fliehen, wurde aber gefangen genommen.

Schiltberger wurde ebenfalls gefangen genommen. Er und „XII hundert tusent man“ zogen unter Timur gegen Aleppo (400.000 Häuser) und erstürmte die Stadt. Von dort ging es mit einer Million gegen Babylon (Bagdad), doch zog Timur wegen übergroßer Hitze wieder ab. Bald ging es nach Indien, wo Timur Pferde und Kamele auf Bretter binden ließ, um sie von hohen Bergen ins Tal abzulassen. Timur stand ein indischer König mit 400 Elefanten gegenüber, auf denen Türme mit je mindesten 10 Mann saßen (77). Timur ließ die Elefanten vertreiben, indem er 20.000 Kamelen Holz auflud und dieses in Brand steckte. Der indische König musste Tribut zahlen und 30.000 Mann Hilfstruppen stellen, die gegen Isfahan zogen. Nach der Eroberung verrieten die Isfahaner ihn und machten seine 6.000 Mann Besatzung nieder, doch Timur kehrte zurück und verlangte die Auslieferung von 12.000 Bogenschützen. Er ließ ihnen allen die Daumen abschlagen und schickte sie zurück. Zusätzlich ließ er 7.000 Kinder von seinen Reitern, die sich zunächst weigerten, niederreiten und die Stadt abbrennen.

Nach 12 Jahren Abwesenheit kehrte Timur nach Samarkand zurück, in seine Hauptstadt. Dort starb er, nach Schiltberger, weil er in seinem letzten, dem Chinakrieg erkrankte, weil ihn die jüngste seiner drei Frauen betrogen hatte, und er sie hatte köpfen lassen, und weil er von den Tributeintreibern betrogen worden war. Schiltberger war vom 20. Juli 1402 bis zum 17. Februar 1405 bei Timur, also bis zu seinem Tod.

Timur hinterließ zwei Söhne, Schah Roch und Miran Schah, der erste erhielt Samarkand, der zweite Persien – seine Hauptstadt wurde Herat. Schiltberger kam zu Schah Roch, in sein Land Chorasan. Schah Roch besetzte Armenien und übergab es seinem Bruder, außerdem 20.000 Mann, unter ihnen Schiltberger. „Hie blieb der Schiltberger by des tümerlins sun miraschach.“ (84).

Ein Jahr später erlitt dieser in der Schlacht am Berg Karabach eine Niederlage und wurde hingerichtet, Schiltberger kam nun für vier Jahre (ca. 1406-1410?) zu Miran Schahs Sohn Abu Bekr.

An dessen Hof befand sich ein Prinz aus dem Reich der Goldenen Horde („uß der grossen Tartarien“) (86), der sein Erbe antreten wollte. Er bat Abu Bekr um freien Abzug, und nahm 600 Pferde mit. Schiltberger war dabei. Sie zogen durch „Seidenland“, durch Georgien, durch ein weiteres Land, wo Seide wuchs, dann durch Schirwan, das Tücher für Kaffa lieferte, die dort verfeinert wurden. „Die syden bringt man och gen Venedig und gen Luckcha, da man die guten samat wirckt.“ Von dort zogen sie durch Schubram, dann Derbent (an der Grenze zwischen „Persia“ und „Tartaria“), dann nach Astrachan, das mitten in der Wolga (Edil) lag – dann zu Wolgabulgaren. Deren christliche Priester leiteten „kürchen mit latin und singent und lesent ir gebet in tarterscher sprach“ - Schiltberger vermutet, damit die Leute dadurch, dass die Predigt in der Muttersprache erfolgte, stärker im Glauben waren.

Nun kam Schiltberger zu Ebegu, der sich anbot, dem Prinzen zum Thron zu verhelfen. Ebegu und Prinz „Zeggrai“ zogen erst einmal nach Sibirien - Schiltberger erwähnt diesen Namen erstmals - für zwei Monate: „In dem land ist ein pirg, das ist zwo end drissig tagweid lang. Es mahnen och die lut da selbs, das an dem end des pirgs ein wüst angee... Und in der selben wüst mug niemand wonung haben von gewürms wegen und tier. ... Die roß sind in der grösse als die esel....Es sind och in dem benanten land hund, die ziehen in karren und och in schlitten.“ Schiltberger meint, sie seien bekleidet und groß wie Esel. „Und in dem land essent sie die hund.“ Möglicherweise handelte es sich um christliche Ugrier, möglicherweise um Chanten, auf die Schiltberger traf. „Das alles hab ich gesehen und bin darby gewesen by des obgenannten kunigs sun zeggrai“, betonte Schiltberger (90).

„Danach kam der edigi und min herr der zeggra und vertriben den kunig. Und edigi macht minen herren zu künig, als er im versprochen hett. Der was uff nün monat künig.“ (1412-13?). Cegre wurde also für neun Monate Khan der Goldenen Horde.

Doch Schiltbergers neuer Herr wurde von einem „machmet“ vertrieben, und floh nach Descht Kiptschak (= „Steppe des hohlen Baumes“), zwischen Terek und dem Westufer des Kaspischen Meeres, das Schiltberger als „Weißes Meer“ bezeichnet. Bei weiteren Auseinandersetzungen kam Schiltbergers Herr ums Leben.

Schiltberger schildert, wie während seiner Anwesenheit am Hofe Cegres eine Frau namens „saturmelikh“ in Begleitung von 4.000 bewaffneten Frauen an den Hof kam (91f.). Sie forderte Genugtuung für die Tötung ihres Mannes durch einen Tataren. Dieser war Gefangener und musste vor ihr niederknien. Vor Schiltbergers Augen zog sie ein Schwert und enthauptete ihn.

Schiltberger sah auf seiner Reise nicht nur Schlittenhunde, sondern auch Kamele und Giraffen in Indien („heissent Surnasa, das ist einem hirsen gelich, wann es ist ein hochs tier und hat einen langen hals, der ist vier claffter lang oder lenger. Und hat vornen hoch füß und hinden kurtz“). Von der Tartarei berichtet er, man esse dort Hirse, kein Brot und trinke keinen Wein, sondern Pferde- und Kamelmilch. Aber Fleisch „salzens am ersten und mainent dann es sy nit schad, wenn es würt von der werme des roß rucken und würt mar under dem sattel von dem roß, wann der safft daruß kompt. Das tund sie wenn sie nit zit die spis zu bereiten haben. Es ist och gewonheit wann ir küng ze morgens uff stat, So bringen sie im roßmilch in einer guldin schal die trinckt er nüchter“.(105)

Von Kaffa berichtet er, die Stadt habe zwei Ringmauern gehabt und habe aus 17.000 Häusern bestanden.

Von „starchus“ (Tscherkessien) berichtet er, dort wohnten „bas lüt, wann sie verkoffent ire aigne kinder den haiden und stelen andern lüten ire kind und verkoffens, und sind och roher uff den strassen und habent ein besondere sprauch. Sie habent och in gewonheit, wann einen das wetter ze tod schlecht, so legent sie in in ein truhen, und setzent in dorinne uff einen hohen bom. Dorunder kumpt dann das volk in der gegent und bringent ir essen und ir trincken mit in under den bom. Sie tanzen und habent ein grosse fröd dörwider. Sie stechen ochsen und lember und gebents durch gros willen. Das tund sie dry tag nach ein ander und wenn jars zit komen und die wil noch der tod uff dem bom ligt. So kommen sie hin wider und tund was sie geton habent, so lang bis der tot erfulet. Das tund sie dorumb, wann sie menent, er sy heillig, dorumb das in das wetter erslagen hat.“ An solchen Stellen, wo es um die Schilderung unbekannter Sitten geht, wird Schiltberger gelegentlich recht genau, vor allem im Vergleich mit der lakonischen Sprache früherer Reisender.

Kairo hielt er für besonders groß, denn dort vermutete er 144.000 Häuser, doch, wie er zutreffend feststellte, konnten nur Sklaven, Mamelucken, Sultane werden.

Konstantinopel schildert er besonders ausführlich als eine Stadt mit einer Mauer, die „fünffzehen hundert ture“ aufweist. Er schreibt: „Constantinopel heist die kriechen istimboli. Aber die türcken heissents stampol.“ Besonders beeindruckte ihn die Hagia Sophia (137) und die Erinnerung an die Belagerung von Konstantinopel, die 1394 begonnen und sieben Jahre gedauert hatte.

Von den Armeniern berichtet er, sie seien den „tütschen gar hold“ und sie nannten die Deutschen „nymitsch“. Schiltberger unterschied dabei die drei Königreiche „Tifflis“, „syos“ (Sis) und „erfigen“.

Nach dem Ende Cegres kam Schiltberger zu „Manstzuch“, einem ehemaligen Berater („rauts herr“) des Toten (157). Sein neuer Herr floh nach Tscherkessien, wo sich Schiltberger ein halbes Jahr lang aufhielt. Von dort zog er nach „magrill“ (Mingrelien) im Westen Georgiens.

Dort verabredete sich Schiltberger mit vier anderen Christen, die Flucht zu wagen. Nach mehreren Tagen sahen sie eine „kocken“, einen genuesischen Kauffahrer, der sie mitnahm. Doch lauerten ihnen drei Tage später türkische Piraten auf, denen sie nach einer abenteuerlichen Flucht nach Konstantinopel entkamen.

Der byzantinische Kaiser ließ sie nach mehrmonatigem Aufenthalt in Konstantinopel in ein Schloss namens Kilia bringen, von wo Schiltberger über Akkerman in der Walachei westwärts gelangte. In Lemberg (limburgh) lag er drei Monate krank. Schließlich erreichte er nach 32-jähriger Abwesenheit über Eger und Regensburg sowie Landshut endlich seine Geburtsstadt Freising, „daby ich nach geporn bin“.

Danach folgt in der Schilderung das armenische und türkische Vaterunser.

Manuskripte und Editionen

Von Schiltbergers Reisebuch existieren noch drei vollständige und eine fragmentarische Handschrift, eine Handschrift, möglicherweise ein Autograph, ging verloren. Eine von ihnen liegt in Donaueschingen in der Fürstenberg-Bibliohthk, No. 481, die zweite in Heidelbergs Universitätsbibliothek, 216, die dritte in Nürnbergs Stadtbibliothek, 34. Die fragmentarisch erhaltene Handschrift befindet sich in St. Gallens Klosterbibliothek, 628. Hinzu kommt eine in München liegende Handschrift (Stadtbibl., Cod. L 1603), die auf 251 Blättern fünf Reiseberichte enthält, darunter den von Schiltberger (ff. 190r-249r).[2]

Die erste gedruckte Auflage erschien um 1460 in Augsburg, als Schiltberger bereits verstorben war. Bis um 1500 erschienen vier weitere Auflagen, etwa von Anton Sorg um 1478, im 16. Jahrhundert folgten weitere sechs. Eher wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Ausgaben brachten Neumann 1859 in München, P. Bruun 1866 in Odessa, Buchan Telfer 1879 in London und Langmantel in Tübingen 1885 heraus.

Die verlorene Nürnberger Handschrift

Eine Handschrift, möglicherweise ein Autograph Schiltbergers, ist Anfang des 19. Jahrhunderts verloren gegangen. Nach der Darstellung Neumanns[3] wurde diese Handschrift, um eine Druckausgabe vorzubereiten, von München nach Nürnberg geschickt, wo sie verblieb. 1488 oder kurz davor erwarb sie ein Rentmeister namens Matthäus Bratzl, der das Werk, dem er Schriften anderer Reisender, wie Brandan, Marco Polo und Ulrich von Friaul hinzufügen ließ, binden und mit einer Karte versehen. Diese Karte war allerdings 1788 nicht mehr vorhanden. Abraham Jacob Penzel lieh sich die Handschrift aus und übersetzte sie, um sie herauszugeben. Die Ausgabe erhielt den Titel Schiltberger's aus München, von den Türken in der Schlacht von Nicopolis 1395 gefangen, in das Heidenthum geführt und 1827 wieder heimgekommen, Reise in den Orient und wunderbare Begebenheiten von ihm selbst geschrieben. Aus einer alten Handschrift, und herausgegeben von A. J. Penzel. Sie erschien 1813 in München. Penzel verfuhr ausgesprochen willkürlich mit dem Text und scheute sich auch nicht anzukündigen, er habe unterhaltsame Geschichten hinzugefügt. Am 17. März 1819 verstarb Penzel in Jena, doch in seinem Nachlass tauchte das Manuskript nicht auf.

Die Heidelberger Handschrift

Die Edition Neumanns basiert auf der sogenannten Heidelberger Handschrift. Das Jahr 1443 wurde lange und irrtümlicherweise für das Entstehungsjahr der Heidelberger Handschrift Cpg 216 gehalten.[4] Sie entstand jedoch erst um 1480.

Sie ist in in niederalemannischem Dialekt verfasst, mit wenigen schwäbischen Einsprengseln. Die Handschrift umfasst 96 Blätter mit dem Format 160–165 × 105 mm[5], wobei 25 Zeilen pro Seite niedergeschrieben wurden. Die Abschrift erfolgte in einer Bastarda von einer Hand. Der braune Kalbledereinband über Holz trägt vorn eine vergoldete Platte mit einem Bildnis Kurfürst Ottheinrichs von der Pfalz in Kartusche. Bei der Restaurierung von 1962 fand man ein altes, papierenes Titelschild, das abgelöst wurde (Cod. Pal. germ. I).

Der Bibliothekstitel des Werks (von 1556/1559) lautete „Schiltberger von frembden landen“.

Lokale Nachwirkungen

1953 entwickelte der Heimatdichter Georg Eberl (1893-1975) die Idee, das Leben des „Hans von Schiltberg“ auf einer Freilichtbühne in Schiltberg aufzuführen. 1977 bis 1980 errichtete ein Theaterverein eine neue Freilichtbühne, die als „Literaturtheater“ fungiert.

Editionen und Literatur

  • A. J. Penzel (Hrsg.): Schiltberger's aus München von den Türken in der Schlacht von Nicopolis 1395 gefangen, in das Heidenthum geführt, und 1427 wieder heimgekommen, Reise in den Orient und wunderbare Begebenheit, München 1814.
  • Karl Friedrich Neumann (Hrsg.): Reisen des Johannes Schiltberger aus München in Europa, Asia und Afrika von 1394 bis 1427, München 1859 (Nachdruck 1976, nach der Heidelberger Handschrift).
  • Valentin Langmantel: Hans Schiltbergers Reisebuch nach der Nürnberger Handschrift, Tübingen 1885
  • Ulrich Schlemmer (Hrsg.): Johannes Schiltberger. Als Sklave im Osmanischen Reich und bei den Tataren 1394-1427, Stuttgart 1983. ISBN 3-522-60440-7
  • Michael Weithmann: Ein Baier unter "Türcken und Tataren". Hans Schiltbergers unfreiwillige Reise in den Orient, in: Literatur in Bayern (ISSN 0178-6957) 21 (2005), S. 2-15.
  • Jürgen Wurst: Johann Schiltberger, in: Jürgen Wurst und Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. München: Städtische Galerie im Lenbachhaus, 2005. S. 147. ISBN 3-88645-156-9
  • V. Langmantel: Schiltberger, Hans. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 262–264.
  • Hans-Jochen Schiewer: Johannes Schiltberger, in: Verfasserlexikon 8 (1992), Sp. 675–679
  • Hans-Jochen Schiewer: Leben unter Heiden. Hans Schiltbergers türkische und tartarische Erfahrungen, in: Daphnis 21 (1992) 159-178
  • H. D. Homann: Schiltberger, Johannes, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. VII, Sp. 1465f.
  • Matthias Miller, Karin Zimmermann: Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 182-303), Wiesbaden 2005, S. 108f.
  • Markus Tremmel (Hg.): Johann Schiltbergers Irrfahrt durch den Orient. Der aufsehenerregende Bericht einer Reise, die 1394 begann und erst nach über 30 Jahren ein Ende fand, Taufkirchen: via verbis bavarica 2000, ISBN 978-3-935115-05-6
  • Rose Grässel (Hrsg.): Hans Schiltbergers Reise in die Heidenschaft, Claassen & Goverts 1947.
  • Elisabeth Geck (Hrsg.): Hans Schiltbergers Reisebuch, Faksimiledruck nach der Ausgabe von Anton Sorg, Augsburg um 1476, Wiesbaden: Pressler 1969
  • Philipp Bruun, John Buchan Telfer: The Bondage and Travels of Johann Schiltberger, a Native of Bavaria, in Europa, Asia, and Africa, 1396-1427: Translated from the Heidelberg Ms., 1859
  • Joseph Bergbauer: Das Itinerar des Münchner Orientreisenden Hans Schiltberger von der Zeit seines Aufbruchs aus der Heimat (1394) bis zu seiner Gefangennahme durch Tamerlan in der Schlacht bei Angora (1402), in: Dr. A. Petermanns Mitteilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt, Ed. Paul Langhans 60 (1914), Bd. 2, S. 263-265.

Anmerkungen

  1. Edwart Mager: Schiltberg. Die altbayerischen Marschalken von Schiltberg und ihre Nachkommenschaft, in: Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde e.V. XIII (1976) 63-89. Dem Siegel der Marschalken entnahm die heutige Gemeinde Schiltberg die drei Rauten und fügte sie in ihr Stadtwappen ein. Die Burg wurde um 1450 geschleift.
  2. Schiewer: Leben unter Heiden, S. 174.
  3. S. 28ff.
  4. Wie bereits Neumann, S. 14 und noch Schlemmer, S. 36. Im weiteren folge ich der Wissenschaftlichen Beschreibung von Karin Zimmermann, 2003
  5. 208 x 153 mm folgt man dem Handschriftencensus.