Ramdohr ist der Name eines alten mitteldeutschen und braunschweigisch-hannoverschen Adelsgeschlechts. Der Stammsitz der Familie Ramdohr war seit dem 12. Jahrhundert die Stadt Aschersleben in Sachsen-Anhalt, seit dem späten 17. Jahrhundert zusätzlich auch das Gut Drübber (heute Ortsteil der Gemeinde Dörverden in Niedersachsen).

Geschichtliches
Ursprung
Die ältesten Vertreter der Familie Ramdohr waren wohl ritterblütig und ließen sich, aus dem Flämischen kommend, um 1160 als Kolonisatoren im östlichen Vorharz nieder. Wahrscheinlich geschah dies im Zuge der askanischen Ostkolonisation der durch dauernde Fehden entvölkerten Landstriche Sachsens und der Mark Brandenburg unter Albrecht dem Bären.
Verbreitung
Bereits auf einer historischen Urkunde von 1377 (Klageschrift des Bischofs Albrecht III. von Halberstadt gegen die Bürger von Aschersleben wegen eigenmächtigen Errichtens der Stadtbefestigungen) fand der Name Ramdohr Erwähnung.[1] Nachweislich lebten Vertreter der Familie seitdem in und um Aschersleben und bekleideten diverse öffentliche Ämter als Gerichtsschöffen, Magistratsmitglieder und Bürgermeister, wie zum Beispiel Joachim Ramdohr und dessen Vorfahren. Abkömmlinge desselben gehörten vom 17. bis ins 20. Jahrhundert dem Staatspatriziat im hannoverisch-braunschweigischen Raum an. Nach der Annexion Hannovers 1866 finden sich auch einige Namensträger als Generäle und Geistliche in Preußen, insbesondere in Berlin und Potsdam, in neuerer Zeit auch in München. Der in Aschersleben verbliebene Zweig der Familie reicht ebenfalls bis in die Gegenwart.
Standeserhebungen und Güter
Der Adel muss daher wohl schon seit Alters her bestanden haben, auch weil der erste nachweislich in der frühen Neuzeit geadelte Namensträger, Andreas Ramdohr, bereits um 1650 das auf derartige Abstammung verweisende Wappen führte. Seinem Sohn, Albrecht Andreas von Ramdohr, Gesandter in kurhannoverschen Diensten, wurde 1686 das Rittergut Drübber (Grafschaft Hoya) verliehen, das bis 1839 im Besitz der Familie blieb. Ferner wurde das Adelspatent 1716 kurfürstlich erneuert und vom Kaiserhof in Wien bestätigt. Fortan trug ein Reihe von bekannten Nachkommen den Namen "von Ramdohr". Unter ihnen finden sich zahlreiche Beamte, Diplomaten und Militärpersonen in kurhannoverischen, braunschweigischen und später preußischen Diensten, wie etwa der durch den "Ramdohrstreit" berühmt gewordene Basilius von Ramdohr. Auch ein kurhannoversches Dragonerregiment wurde nach seinem Inhaber "von Ramdohr" benannt.
Wappen (Blasonierung)
Bereits auf einem 1653 angefertigten Portrait von Andreas Ramdohr ist das Wappen der Familie Ramdohr dargestellt. Die Blasonierung nach H. Grote ("Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig", 1843; unter Edelleute & Pag.2) lautet: "Schild gespalten, vorn (links) in Silber drei rothe linke Schrägbalken, hinten in Blau ein aufspringender (steigender) goldener Löwe. Auf dem blau-gold und rot-silber bewulsten Turnierhelme eine rothe, gold-besäumte Rose, zwischen zwei Büffelhörnern, welche Gold/Blau und Rot/Silbern übereck geteilt sind. Die Helmdecken sind Roth/Silber und Blau/Gold. Bedeutung: Balken stehen für Festigkeit, der Löwe für Mut, der Turnierhelm für gute Abkunft und ritterlichen Sinn und die Rose für in der Schlacht vergossenes Blut. Die Büffelhörner bekunden Streitbarkeit. Die Farben Blau/Gold stehen für Treue, Freude und Lust, während Rot/Silber Kühnheit verheisst." Eine entsprechende Lithographie des Wappens mit dem Spruchband "Les petits ruisseaux font les grandes rivières" findet sich ebenfalls im Wappenbuch von 1843. Das Wappen steht bis heute in Gebrauch.
Namensträger
Ältester Ascherslebener Zweig:
- Andreas Ramdohr (ca. 1520 - 1585), Gerichtsschöffe des Amtes Arnstein im Dienst der Grafen von Mansfeld
- Burchard von Ramdohr (ca. 1556 - 1630), Bürgermeister von Ermsleben
- Jacob Ramdohr (ca. 1585 - 1636), Schmied oder Schützenmeister
- Joachim Ramdohr (1587 - 1667), Bauherr und Magistratsmitglied in Aschersleben
- Andreas Ramdohr (1596 - 1664), Hofesherr und Kastenherr in Aschersleben
- Andreas Ramdohr (1613 - 1656), Rechtsgelehrter und Gesandter des Herzogs August II von Braunschweig
- Christian Ramdohr (1628 - 1691), Müller der Burgmühle im Einetal zu Aschersleben
Auf A. Ramdohr (1613 - 1656) zurückgehender Zweig, ab ca. 1649 im hannoverisch/braunschweigischen Gebiet:
- Albrecht Andreas von Ramdohr (1649 - 1730), kurhannoverscher Gesandter, Herr auf Drübber, Adel 1716 erneuert[4]
- Christian Ludwig von Ramdohr (ca. 1700 - 1780), Amtmann zu Ahlden[5]
- Albrecht Andreas von Ramdohr (1709 - 1775),[6] Geheimer Kammer- u. Regierungsrat in Stade, Celle u.a.[7]
- Georg Johann Christian von Ramdohr (1745 - 1805), Amtschreiber in Celle, Hitzacker, Niedeck, Gifhorn u.a.[8]
- Georg Heinrich Wilhelm von Ramdohr (1780 - 1851), Rotenburger Advokat[9]
- Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr (1757 - 1822), konservativer Jurist, Journalist, Kunstkritiker und preußischer Diplomat
- General der Kavallerie von Ramdohr, Inhaber des kurhannoverschen Regiments Ramdohr-Dragoner von 1781 bis 1797
- Ludwig von Ramdohr, Obristleutnant, 1815 Kommandeur des hannoveranischen Landwehrbatallions Lüneburg bei Quatre-Bras[10]
- Karl von Ramdohr (1846 - 1928), preußischer/deutscher Generalleutnant in Potsdam[11]
- Wilken von Ramdohr (ca. 1912 - 1993), Armeerichter im 2.Weltkrieg[12], Jurist und Autor in München
In Aschersleben verbleibender Zweig und davon abstammende Zweige:
- Andreas Ramdohr (ca.1645 - 1700; nachweisl. Stud. Jur. in Leipzig 1661)[13]
- Hans Ramdohr (1656 - 1701), Großvater des Johann David Ramdohr
- Philipp Friedrich Ramdohr (1694 - 1755), Leibchirurg des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg[14]
- Johann Andreas Ramdohr (1699 - 1766), Ratszimmermeister in Aschersleben
- Johann David Ramdohr (1706 -1742), Jurist, Bürger und Brauherr in Aschersleben[15]
- Johann Christian Ramdohr (1730 - 1802), 1754 bis 1764 Subrector und Conrector im Stephaneum[16], Pfarrer in Groß-Schierstedt, Bienenzüchter[17]
- Johann Gottlieb Ramdohr (1756 - 1816), Bürger, Brauherr und Ratszimmermeister in Aschersleben
- Friedrich Christian Carl Ramdohr (1760 - 1828), Dorfpfarrer von Polleben bei Eisleben
- Johann Daniel Ramdohr (1775 - 1866), Pupillensekretär, 1808 westfäl. Kantonatsnotar und später preuß. Gerichtssekretär, Gründer der Ramdohr'schen milden Stiftung, einer noch heute bestehenden Einrichtung zur sozialen Fürsorge in Aschersleben[18]
- Carl Wilhelm Ramdohr (1806 - 1885), Hof-Kunsthändler, Stadtrat in Braunschweig, Präsident des 1836 gegr. Kunstclubs "Palette"[19]
- Hermann August Ramdohr (1850 - ca.1920), Orthopäde und Inhaber des Zanderinstituts zu Leipzig
- Gustav Adolf Ramdohr (1834 - 1910), Bäckermeister, kgl. preuß. Kommerzienrat, Stifter des Hochaltars der St.-Stephani-Kirche, Gründer der 1857 bis 1973 bestehenden Gustav Ramdohr AG, einem Unternehmen das im Getreidehandel (u.a. Versorgung des deutschen Ost-Heeres bis 1918) und Baustoffhandel tätig war[20]
- Hermann Ramdohr (1864 - ca. 1935), preußischer Gerichtspräsident, Verfasser zahlreicher juristischer Bücher, u.a. über den Familienfideikommiss
- Paul Georg Carl Wilhelm Friedrich Ramdohr (1890 - 1985), Mineraloge
- Lilo Fürst-Ramdohr (*1913), Enkelin des Gustav A. Ramdohr; frühes Mitglied des Freundeskreises der Widerstandsgruppe Weiße Rose in München
Trivia
Das 1803 untergegangene Dragonerregiment "von Ramdohr" taucht noch heute namentlich auf Marschmusiktonträgern auf. Um 1782 bis 1790 erstellte ein anonymer Komponist den Marsch des Kurhannoverschen Dragoner-Regiments von Ramdohr. Dieser fand nach der Annexion Hannovers durch Preußen 1866 mit anderen hannoveranischen Militärmärschen Eingang in die Preußische Armeemarschsammlung von 1900:
I. Sammlung: Langsame Märsche für die Infanterie (Präsentiermärsche für Fußtruppen)
- I, 85 Marsch des Kurhannoverschen Dragoner Regiments von Ramdohr a. d. Zeit um 1790, arrang. v. Gustav Roßberg
III. Sammlung: Kavalleriemarsche (Präsentier- u. Parademärsche für die berittenen Truppen)
- III, 102 Marsch des Kurhannoverschen Dragoner Regiments von Ramdohr, das Rgt. stand in Verden (Aller)
Tonträger:
- J. Schade; G. Pätzig; Heeresmusikkorps 6 d. Bundeswehr: "Marschmusik am brandenburgisch-preußischen Hofe 1685-1823 in historischen Originalbesetzungen, Bläser des Heeresmusikkorps Hamburg unter Leitung v. Major Johannes Schade"; Telefunken, Hamburg 1967.
- Oberstlt. H. Schlüter, Oberst J. Schade: "Deutsche Armeemärsche und Der grosse Zapfenstreich (5CD) - Marschmusikraritäten a. fünf CDs. Heeresmusikkorps 5 Koblenz"; Bauer Studios Ludwigsburg.
- Deutsche Heeresmärsche (CD 1 bis 5), Heeresmusikkorps 5 Koblenz, Bauer Studios, Ludwigsburg 2001; EAN-Code 4012116727838.
Einzelnachweise
- ↑ Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr, Manuskript, Gotha 1893, S. IX
- ↑ Grote, H. (Hrsg.): "Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig", 1843
- ↑ http://books.google.de/books?id=zOjedBkXO-IC&pg=PA11&lpg=PA11&dq=Hanoverian+Dragoons+1792&source=bl&ots=RE2n9cFrcJ&sig=LCxhMA0TkQv-H0GqFdrDiiR3yVY&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=1&ct=result#PPA16,M1
- ↑ Wolf-Dieter Ostermann: Andreas Ramdohr. In: Wolf-Dieter Ostermann: Lebensbilder aus Harz und Börde. S.19-26, Band 1, Halle 1999; ISBN 3-933046-35-1
- ↑ http://www.stammbaum-ahnenforschung.de/pafg70.htm
- ↑ http://list.genealogy.net/mailman/archiv/hannover-l/2008-04/msg00072.html
- ↑ http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/articles/0201kroeschell/0201kroeschell.htm#sdfootnote59anc
- ↑ http://books.google.de/books?id=OnsAAAAAcAAJ&pg=PA347&lpg=PA347&dq=Major+ramdohr&source=bl&ots=yzC9T-0Zag&sig=H8_VjWeJihOZNwIHZCSUEj8HnNw&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=7&ct=result
- ↑ Werner Kleinschroth: Stammlisten der Mitglieder des Familienverbandes Krome - Crome, Goslar 1986, S. 45, 61
- ↑ http://napoleonistyka.atspace.com/BATTLE_OF_QUATRE_BRAS.htm
- ↑ http://www.lexikon-deutschegenerale.de/r_pr.html
- ↑ http://www.takimag.com/site/article/willing_executioners_the_holocaust_germans_and_collective_guilt/
- ↑ http://von-mering.de/index.php?option=com_content&task=view&id=97&Itemid=127
- ↑ http://www.verlag-hanshuber.com/zeitschriften/journal.php?abbrev=SUR&show=abstract&abstract=7014
- ↑ http://von-mering.de/index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=79
- ↑ http://von-mering.de/index.php?option=com_content&task=view&id=97&Itemid=127
- ↑ https://lbsopac.rz.uni-frankfurt.de/DB=30/CMD?SRT=YOP&ACT=SRCHA&TRM=PPN:+192656716
- ↑ http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=28155
- ↑ http://www.braunschweig.de/rat_verwaltung/verwaltung/fb41_4/stadtchronik.html?id2=1820&seite=7
- ↑ http://books.google.de/books?id=5JaSi7-ZTnwC&pg=PA263&lpg=PA263&dq=Ludwig+von+Ramdohr&source=web&ots=1Rsoo_j6kf&sig=dQMjhHuodOr3LeSgta42y2eWLgo&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=4&ct=result
Literatur
- F.C. Drosihn: Aschersleben im 19. Jahrhundert. Aschersleben 1900, (Neudruck Naumburg 2000) ISBN 3-86156-041-0
- Wolf-Dieter Ostermann: Andreas Ramdohr. In: Wolf-Dieter Ostermann: Lebensbilder aus Harz und Börde. S.19-26, Band 1, Halle 1999; ISBN 3-933046-35-1.
- Neues allg. Deutsches Adelslexikon, Leipzig 1930, Unveränderter Abdruck des in Leipzig 1859 - 1870 erschienen Werkes von Prof. Dr. E. H. Kueschke, Seite 331
- Ramdohr, Johann Christian: "Johann Christian Ramdohrs Magazin-Bienen-Behandlung mit Anmerkungen und ... Bemerkungen begleitet von Joh. Koellner" . 4. Aufl., Gotha: Ettinger, 1812
- Grote, H. (Hrsg.): Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig, 1843
- Genealogisches Handbuch des Adels, Band 59, 1972, Adelslexikon
- Stammfolge v. RAMDOHR in: Gothaisches Genealog. Taschenbuch des Briefadels, Gotha 1910
- Werner Kleinschroth: Stammlisten der Mitglieder des Familienverbandes Krome - Crome, Goslar 1986, S. 45, 61
- Rudolf Steinmetz: Die Generalsuperintendenten von Hildesheim, in: Zeitschrift der Gesellschaft f. Nds. Kirchengeschichte 1939, S. 101-168 (zu CROME sen. in Alfeld)
- Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr, Manuskript, Gotha 1893
Weblinks
- Allgemeine Darstellung von Teilen der Ramdohrschen Familiengeschichte
- Die Ramdohr-Naht nach dem Chirurg Philipp F. Ramdohr 1722
- Diplomarbeit v. Ulrich Seifert 1996 über Ramdohr's milde Stiftung in Aschersleben
- Gebäude der Ramdohr'schen milden Stiftung, Sanierung 1996
- Schilderung aus der Schlacht bei Quatre-Bras 1815
- Col. Ludwig von Ramdohr, Landwehrbattallion Lüneburg 1815
- Photo des preußischen Generalleutnants Karl von Ramdohr
- Digitalisat: Hermann Ramdohr: Das Familienfideikommiß im Gebiete des preußischen Allgemeinen Landrechts. F.Vahlen, Berlin 1909