Friedrich Ratzel

deutscher Zoologe und Geograph
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Mai 2005 um 17:47 Uhr durch Man-u (Diskussion | Beiträge) (erweitert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Friedrich Ratzel (* 30. August 1844 in Karlsruhe; † 9. August 1904 in Ammerland am Starnberger See) war ein deutscher Zoologe und Geograph.

Leben

Friedrich Ratzel wurde am als jüngstes von 4 Kindern in Karlsruhe zur Welt gebracht. Sein Vater, Carl Ratzel, diente als Kammerdiener am Hof. Behütet und sorgenfrei wuchs er in der Hofbeamtenfamilie auf. Nach Beendigung der Schulzeit begann er in Eichtersheim eine Ausbildung zum Apotheker. Nachdem er 1863 seine pharmazeutische Prüfung abgelegt hatte, arbeitete er einige Jahre als Apothekergehilfe. Zu diesem Zeitpunkt wuchs sein Interesse am Naturwissenschaftlichen und Philologischen Studium. Er studierte schließlich im Alter von 21 Jahren Geologie und Zoologie in Heidelberg, Jena, und Berlin. 1868 promovierte er an der Universität Heidelberg im Fach Zoologie.

Geldmangel zwang ihn schließlich, von einem seiner Reiseziele in Südfrankreich, seine "Reisebriefe Mittelmeer" an die "Kölnische Zeitung" zu senden. Ratzels Reiseberichte wurden von der Leserschaft der Zeitung gut aufgenommen und so wurde er fest angestellt. Er unternahm weitere Studienreisen nach Italien, Kuba, Mexiko, Ungarn und in die USA. 1871 kehrte Friedrich Ratzel an die Technische Hochschule München, um seine naturwissenschaftlichen Studien fortzuführen. Mehr und mehr wandte er sich der Geographie zu. Die in dieser Zeit geschlossene Freundschaft mit dem Zoologen Moritz Wagner (1813-1887) hatte nachhaltigen Einfluß auf das wissenschaftliche Werk Friedrich Ratzels. 1875 beendete er seine Reisetätigkeit. Zum Geographen gereift, wurde er an der Technischen Hochschule München als Privatdozent für Geographie. Bereits mit 32 Jahren übertrug man ihm eine außerordentliche Professor in der noch jungen geographischen Wissenschaft. In seiner Münchner Zeit veröffentlichte er zahlreiche geographische Werke, so u.a. "Die Erde in 24 gemeinverständlichen Vorträgen über allgemeine Erdkunde" (1881) oder "Die Vereinigten Staaten von Amerika" (2 Bände, 1878-1880). Seine Veröffentlichungen zeigten, daß sich aus dem Reiseschriftsteller Ratzel ein wissenschaftlicher Gelehrter entwickelt hatte. Sie lassen bereits auch Ansätze seiner anthropogeographischen Theorie, der Offenlegung von Beziehungen zwischen Natur, Geschichte und Menschheit, erkennen. Neben der Entwicklung zum Wissenschaftler Friedrich Ratzel verändern sich auch seine persönlichen Verhältnisse. 1877 heiratete er Marie Wingers, die er während einer Englandreise kennengelernt hatte. 1879 und 1881 wurden seine Töchter Hedwig und Lila geboren.

1886 folgte Ratzel einer Berufung an die Universität Leipzig, einer der größten und bedeutendsten deutschen Universität jener Zeit. Er übernahm den Lehrstuhl für Geographie, der durch den Weggang von Ferdinand von Richthofen freigeworden war. 18 Jahre lang wurde Leipzig Stätte seines bedeutenden geographischen Wirkens. Hier fand er schnell so bedeutende Freunde wie den Nationalökonomen und Historiker Roscher, den Physiker Ostwaldt oder den Psychologen und Philosophen Wundt. Intensiv arbeitete er an der Vergrößerung der Bibliothek und der Ausdehnung des Seminarbetriebes. Als akademischer Lehrer war er wegen seiner Ausstrahlung unter den Studenten beliebt. Rasch steigerte sich die Zahl der Hörer seiner geographischen Vorlesungen. Ratzel bemühte sich in der Ausbildung seiner Studenten, daß diese geographisch dachten: "Nur als Ergebnis dieses Zusammenwirkens von Erde, Wasser und Luft ist also die Erde zu verstehen.. Ihr Aufeinander- und Durcheinanderwirken ist hauptsächlich Gegenstand geographischer Betrachtungen, denn es läßt fast all jene Erscheinungen entstehen, welche als "geographisch" bezeichnet werden."(2)

Noch voll in seiner wissenschaftlichen Forschungs- und Lehrtätigkeit stehend, verstarb am 9. August 1904, kurz vor Vollendung seines 60ten Lebensjahres, völlig unerwartet Friedrich Ratzel während seines Sommerurlaubes am Starnberger See.


Eine seiner wichtigsten und längsten Reisen führte in zwischen 1874 - 1875 nach Nordamerika und Mexiko. Diese Reise sollte den weiteren Verlauf seines Werdegangs maßgeblich beeinflussen. Friedrich Ratzel wurde 1875 Hochschullehrer für Geographie an der Technischen Hochschule München, ab 1886 Professor für Geographie an der Universität Leipzig.

Ratzel gilt als Begründer der „Anthropogeographie“ und der „Politischen Geographie“. Er betritt mit seiner Anthropogeographie, welche das menschliche Wesen in die geographischen Überlegungen einbezieht, bis dahin unentdecktes Neuland. Die Aufgabe der neugeschaffenen Disziplin sah Ratzel in der der Beschreibung der Wechselwirkungen zwischen Erde, Natur und Mensch. Dadurch erhoffte er sich das Verständnis größerer Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten.

Werke

  • Die Vereinigten Staaten von Amerika, 1878 - 1880
  • Anthropogeographie - Die geographische Verbreitung des Menschen, 1882 - 1891
  • Völkerkunde, 1885
  • Politische Geographie oder die Geographie der Staaten, des Verkehrs und des Krieges, 1897
  • Deutschland. Einführung in die Heimatkunde, 1898
  • Völkerkunde, 1901
  • Die Erde und das Leben, 1902

Literatur

  • Butthmann, Günther: Friedrich Ratzel. Leben und Werk eines deutschen Geographen, 1844-1904. Stuttgart 1977
  • Roßinski, B.: Friedrich Ratzel. Versuch einer kritischen Würdigung des einflußreichsten deutschen Geographen (Manuskript unveröffentlicht). Leipzig

Siehe auch:

Geopolitische Kriegstheorien, Völkerkunde