Die färöische Sprachpolitik wird von der Føroyska málnevndin gesteuert. Das ist der färöische Sprachrat. Er wurde im April 1985 gegründet.
Der Sprachrat hat seinen Sitz in der sogenannten Málstovan („Sprach-Stube“), innerhalb der Färöischen Fakultät (Føroyamálsdeildin) der Universität der Färöer in Tórshavn. Wie die Universität untersteht er dem Kulturminister der Landesregierung der Färöer.
Aufgaben
Die Aufgaben des Sprachrats sind die Bewahrung, Förderung und Weiterentwicklung der färöischen Sprache. Hierzu berät er die Regierung, Firmen und Individuen.
Der Sprachrat unterstützt die Schöpfung und Auswahl neuer färöischer Wörter und Begriffe. Darüber hinaus beantwortet er Fragen hinsichtlich der färöischen Personennamen, Ortsnamen und anderen Namen.
Im entsprechenden Løgtingsgesetz ist außerdem geregelt, dass der Sprachrat mit den Medien auf den Färöern kooperiert, denn dort wird Sprache verbreitet, können sich neue Begriffe durchsetzen, kann falscher Sprachgebrauch festgestellt und kritisiert werden.
Der färöische Sprachrat entsendet auch einen Vertreter in den Nordischen Sprachrat des Nordischen Rates. Derzeit sind die Färöer in dem 10köpfigen Gremium durch den Linguisten Jógvan í Lon Jacobsen vertreten. Gemeinsam nehmen sie am internordischen Projekt Nordterm teil, wo Begriffe aus der modernen Welt gesammelt und gegenübergestellt werden.
Ernennung
Der Sprachrat besteht aus fünf Personen, die alle vier Jahre vom Kulturministerium ernannt werden. Dies geschiet auf Vorschlag der Färöischen Fakultät der Universität, der Nationalen Schulverwaltung, dem Färöischen Lehrerverband und dem Schriftstellerverband der Färöer. Entsprechend repräsentieren die Mitglieder diese jeweiligen Institutionen.
Sprachpolitik und Wortschöpfungen
Die färöische Sprache ist vergleichsweise jung (als Schriftsprache). Einflüsse kamen insbesondere aus dem Dänischen aber auch dem Englischen, woraus im Laufe der Jahrhunderte etwa 800 Wörter direkt ins Färöische entlehnt wurden, wie zum Beispiel fittur (fit) und trupul (trouble) bereits vor 1800. Moderne Internationalismen kamen dann oft durch dänische Vermittlung. Das betraf vorher schon morphologische Muster aus dem Niederdeutschen. Beispiele sind die Endungen -heit und -agtigur (-artig), oder die Vorsilben be- und for- (ver-). Verben wie begrípa, behandla, bekymra und bevísa kommen uns sehr bekannt vor. Diese Wörter werden auch an-be-for-heit-ilsi-Wörter genannt. Hier kommt es manchmal zu Eigenschöpfungen: bangheit (Angst, Sorge) hat keine dänische Entsprechung *banghed.
Heute orientiert man sich häufig am Isländischen, zumal es die verwandteste Nachbarsprache ist. Viele moderne Begriffe aus Island wurden 1:1 ins Färöische übernommen - freilich nur, wenn es gemeinsam zutreffende Wortbildungsmuster gibt. Daher werden diese Wörter kaum als Lehnwörter empfunden, sondern als bewusste Neologismen. Beispiele sind sjónvarp (Fernsehen) und útvarp (Radio).
Die Ausgangsbedingungen des Isländischen waren weitaus günstiger, als die des Färöischen. Nach der Reformation im 16. Jahrhundert konnte sich Isländisch in allen Bereichen (Kirche, Staat und Literatur) gegenüber dem Dänischen behaupten, während das Färöische nur noch mündlich in den alten und neuen Balladen überlebte. Kann Island auf eine ungebrochene Kontinuität seit der Landnahme zurückblicken, so entstand Färöisch erst nach vielen Mühen und Kämpfen seit Mitte des 19. Jahrhunderts neu, und ist erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts in (fast) jeder Hinsicht anerkannt.
In der Literatur wird es meist als ein Wunder beschrieben, dass (und wie) das Färöische überleben konnte und nicht das Schicksal des Norn erlebte. Nachdem die färöische Grammatik von V. U. Hammershaimb ab Mitte des 19. Jahrhunderts niedergeschrieben wurde, ergab sich schnell die Frage nach der Reinheit der Sprache, insbesondere der Abwesenheit von Danismen. Als erster Purist gilt Hammershaimbs jüngerer Kollege Jakob Jakobsen.
Die heutige, offizielle, färöische Sprachpolitik orientiert sich weitgehend an der isländischen mit ihrem málnefnd, dem dortigen Sprachrat. Die meisten Neologismen werden von der Bevölkerung akzeptiert und konnten sich schnell einbürgern. Beispiele sind tyrla (von tyril - Quirl) statt helikoptari für Hubschrauber, oder telda statt dem älteren roknari für Computer.
Andere Wörter werden von vielen Muttersprachlern jedoch skeptisch gesehen. Versuche, die färöische Sprache ganz von Anglizismen und Danismen zu reinigen, werden von ihnen als sinnloses Unterfangen angesehen, zumal viele Wörter sehr gebräuchlich und schon älter sind. Eine wichtige Rolle in der Sprachpolitik spielen die Wörterbücher. Der Grad ihres Purismus erlaubt einen Rückschluss auf ihre sprachpolitische Intention - was ist erlaubt, was „unfäröisch“?
Purismus in Wörterbüchern
Die oben genannten an-be-for-heit-ilsi-Wörter werden im ersten eigenständigen färöischen Wörterbuch (Føroysk Orðabók) von 1998, als umgangssprachlich bezeichnet und nicht extra als eigene Lexeme aufgeführt - trotz des stolzen Umfangs von 65.000 Stichwörtern. In dieser Hinsischt ist es streng: Nur 478 (0,7 %) umgangssprachliche Wörter fanden dort Eingang. Es gibt aber auch Fälle, wo solche Worte durchaus zur Standardsprache gehören, wie begynna (beginnen). Dieses Wörterbuch gilt daher als nicht-ganz-so-puristisch.
Noch weniger puristisch ist das Dänisch-Färöische Wörterbuch von Hjalmar P. Petersen 1995 (54.000 Stichwörter), das den (puristischen) Klassiker von Jóhannes av Skarði (1967) ablöste.
av Skarðis Wörterbuch nennt beim dänischen Wort für Egoismus (egoisme) nur eine färöische Entsprechung:
- egoisme [...] sjálvsøkni
- (wörtlich etwa: „Selbstbeschäftigung“, sjálv=selbst søkin=unternehmungslustig)
Petersen ist genauer, indem er die umgangssprachlichen färöischen Synonyme zuerst nennt, dann das entlehnte Fremdwort und zuletzt den Begriff aus der Schriftsprache:
- egoisme [...] sjálvgleði, sjálvgóðska, egoisma [...] (skr. [schriftsprachlich]) særlystur, sjálvsøkni
- (wörtlich etwa: „Selbstvergnügen“, „Selbstgüte“, Egoismus ... , „Selbstlust“, „Selbstbeschäftigung“)
Dafür erntete er in der färöischen Presse Kritik.
Im Färöischen Wörterbuch von 1998 sucht man das Stichwort egoisma vergeblich, gleichwohl es in Gebrauch ist. Stattdessen finden sich:
- sjálvgleði [...] tað at vera sjálvglaður (Selbstvergnügen)
- sjálvgóðska [...] tað at vera sjálvgóður, eginkærleiki (Selbstgüte, Eigenliebe)
- eginkærleiki [...] sjálvsgóðska (vgl. dänisch egenkærlighed als dortiges Synonym für Egoismus)
- sjálvsøkni [...] tað at vera sjálvsøkin
- sjálvsøkin [...] sum fyrst og fremst hugsa sum sjálvan seg, sjálvkærur (sich in erster Linie für sich selber interessierend, selbstverliebt)
- særlystur [...] sjálvgóðska, eginkærleiki [...] (Selbstlust, Referenz auf die genannten Synonyme)
Eine Google-Suche auf .fo-Seiten gibt av Skarði offensichtlich Recht: Für sjálvsøkni gibt es die meisten Treffer, für egoisma nur einen, und die restlichen Synonyme googlet man (zumindest in ihrer Nominativ-Form) vergeblich. Das kann möglicherweise auch daran liegen, dass sein Dänisch-Färöisches Wörterbuch über Jahrzehnte das einzige seiner Art war und daher wichtigste Informationsquelle über die Bedeutung von Fremdwörtern im Färöischen.
Grammatische Eigendynamik
Neben dem Versuch, Lehn- und Fremdwörter zu vermeiden, gibt es wie in jeder anderen Sprache auch eine Eigendynamik der Sprachentwicklung hinsichtlich der Grammatik. Es ist hierbei umstritten, wie weit das dem Einfluss der Nachbarsprachen geschuldet ist, oder dem Färöischen innwohnend. Möglicherweise ist es durch seine Struktur ähnlichen - parallelen - Prozessen im Norwegischen und Isländischen unterworfen, wobei sich das letztere am Wenigsten vom Altnordischen entfernt hat.
Bekannte Erscheinungen im Färöischen sind z.B.:
- Das (scheinbare?) Verschwinden des Genitivs, bzw. dessen Umschreibung mit der (neueren) Endung -sa, der Präposition hjá oder den besitzanzeigenden Fürwörtern.
- Das Verschwinden alternativer Pluralformen.
- Die Verschwinden alternativer Fälle nach bestimmten Verhältniswörtern.
Publikationen des Sprachrats
Neben der aktuellen Website fmn.fo und dem Rundbrief Orðafar (bis 2002) erschienen:
- Jóhan Hendrik W. Poulsen: Nøkur teldorð (1985, 2. Ausg. 1990. Computerbegriffe, werden auf der Website aktuell gehalten)
- Jóhan Hendrik W. Poulsen: Fólkanøvn: Úrval til leiðbeiningar (1989, Personennamen).
- Jeffrei Henriksen: Mál- og bókmentaorðalisti (2003, Glossar zur Sprach- und Literaturwissenschaft).
Literatur
- Höskuldur Thráinsson et al.: Faroese. An Overview and Reference Grammar. Tórshavn: Føroya Fróðskaparfelag, 2004 (Seiten 445-458: "Foreign influence and Faroese language policy", wissenschaftlicher Abriss)
- Tórður Jóansson: English Loanwords in Faroese. Tórshavn: Fannir, 1997
- Jóhan Hendrik W. Poulsen et al.: Føroysk Orðabók. Tórshavn: Føroya Fróðskaparfelag, 1998
- Jóhannes av Skarði: Donsk-Føroysk Orðabók. Tórshavn: Føroya Fróðskaparfelag, 1967, erweiterte Ausgabe 1977
Weblinks
- FMN.fo - Homepage (auf Färöisch, aber auch englische Seiten)
- Nordisk-Sprakrad.no - Nordischer Sprachrat