Infamie (lat. Infamia, "Schande, Schimpf") bezeichnet im gewöhnlichen Sprachgebrauch ein ehrloses Handeln, oder die Ehrlosigkeit. Im juristischen Sinn ist die Schmälerung der bürgerlichen Ehre einer Person gemeint. Eng damit verknüpft ist auch der Verlust der Rechtsfähigkeit. Die Infamie setzt eine Gesellschaft voraus, die bestimmtes Verständnis von Ehre besitzt.
Gebrauch als Rechtsbegriff
Römisches Recht
Das römische Recht kennt folgende Begriffe zur Änderung oder Schmälerung des rechtlichen Status (capitis deminutio):
- capitis deminutio minima als Wechsel in der Familienzugehörigkeit,
- capitis deminutio media als Verlust des Bürgerrechts und der Familienzugehörigkeit,
- capitis deminutio maxima als Verlust der Freiheit, des Bürgerrechts und Familienzugehörigkeit.
Diese Infamie, die so genannte Infamia juris, ließ das römische Recht infolge gewisser Handlungen eintreten und zwar entweder als unmittelbare Folge der Handlung selbst (infamia immediata) oder erst infolge des Richterspruchs, welcher den Betreffenden einer solchen Handlung für schuldig erklärte (infamia mediata).
Ersteres war z. B. der Fall bei Verletzung des für die Witwe geordneten Trauerjahrs, letzteres bei einer Verurteilung im öffentlichen Volksgericht oder infolge gewisser Privatdelikte und Privatklagen.
Die Unfähigkeit zu Staats - und Gemeindeämtern, zur prozessualischen Vertretung anderer vor Gericht und zum vollgültigen gerichtlichen Zeugnis waren die hauptsächlichsten Folgen dieser Infamie.
Das Konzept der Einschränkung der Rechtsfähigkeit und fand über das römische Recht Eingang in die späteren abendländischen Rechtssysteme.
Infamie im Mittelalter
Der Schutz der mittelalterlichen Rechtssysteme galt zunächst den Christen. Nicht-Christen, also Juden, Muslime, Zigeuner und andere Heiden waren rechtlos, soweit ihnen nicht Privilegien seitens des Landesherren zugesichert waren. Diese Privilegien verliehen ihren Inhabern einen zumindest teilweisen und oft regional begrenzten Rechtsschutz.
Christen konnten Rechtsschutz und Rechtfähigkeit verlieren, wenn sie als Schwerverbrecher verurteilt wurden. Die Verurteilung zur Infamie konnte auch durch eine geistliche Autorität erfolgen und findet sich in den Ketzergesetzen Friedrichs II. und Gregors IX. im 13. Jahrhundert. Papst Innozenz III. führte, aufgrund der Risiken der paktizierten Anklageverfahren (Akkusationsverfahren und Infamationsverfahren) das Inquisitionsverfahren ein. Viele Verurteilungen von Ketzern beinhalteten die Verurteilung zur dauerhaften Infamie.
Beispiele:
- Waldenser, Katharer 1252 durch Papst Innozenz IV.
Spätere Anwendungen
Das allgemeine sittliche Urteil der Mitbürger über einen Menschen muss im Rechtsleben eine gewisse Berücksichtigung finden. Wer sich durch ein gemeines und unsittliches Benehmen die Achtung seiner Mitbürger verscherzt hat, kann einer Zurücksetzung überall da nicht entgehen, wo das richterliche Ermessen die Individualität besonders zu berücksichtigen hat. Es ist dies die so genannte Verächtlichkeit, Ignominia, Turpitudo vitae, Levis notae macula, auch Infamia facti genannt.
Insbesondere Diktaturen nahmen und nehmen die Möglichkeit des Verlustes der Rechtsfähigkeit gerne in ihr juristisches Instrumentarium auf. So wurden beispielsweise Regimekritiker in der DDR die Staatsbürgerschaft entzogen (Ausbürgerung).
Allgemeiner Gebrauch
Gotthold Ephraim Lessing schreibt: "ich sehe schon, woran ich mit dir bin, du ehrvergessener, nichtswürdiger, infamer verführer, betrieger". Friedrich Schiller veröffentliche seine Erzählung "Der Verbrecher aus verlornener Ehre" zuerst unter dem Titel "Verbrecher aus Infamie, ein wahre Geschichte".
Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes schein in Vergessenheit zu geraten. Eine infame Anschuldigung mag ursrünglich eine Anschuldigung durch eine ehr- und rechtlose Person, möglicherweise als entehrende oder entrechtende Anschuldigung gewesen sein. Heute wird infam meist nur noch als Unterstreichung der Zurückweisung der Aussage verwendet, teilweise auch synonym zu hinterhältig, unverschämt, zynisch. Der Niedergang des Begriffes ist dabei möglicherweise im Niedergang der Bedeutung des Begriffes der Ehre begründet, dessen Antithese er darstellt.