Geschichte der Stadt Meiningen

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Dieser Artikel behandelt die Geschichte der Stadt Meiningen in Südthüringen.

Vor der Ersterwähnung

Schon in der Bronze- und Eisenzeit war das Werratal und das Grabfeld im Raum Meiningen von Kelten dicht besiedelt. Es wurden unter anderem frühkeltische Siedlungen bei Untermaßfeld (1970) und auf dem Gelände des Englischen Gartens in Meiningen (1861) nachgewiesen. Von der Zeitenwende bis zum 4. Jahrhundert war das Werratal so gut wie nicht bewohnt. Erst ab dem 5. Jahrhundert ließen sich hier germanische Stämme nieder, deren Siedlungen die typischen Endungen "-ungen“ oder „-ingen" aufwiesen und im Einflussbereich des Königreichs Thüringen lagen. Die Namensherkunft von Meiningen kann man auf diese germanischen Stämme zurückführen. Nach der Vernichtung des Thüringer Königreichs durch die Franken 531 gehörte das Werratal zum Fränkischen Reich.

Meiningen entstand so vermutlich im 6. oder 7. Jahrhundert im Zuge der fränkischen Staatserweiterung, die mit dem Schaffen von Handelsstraßen, Flussübergängen und Grenzmarken betrieben wurde. Ein Schnittpunkt zweier solcher Handelsstraßen und einer Furt befand sich am heutigen südlichen Ende der Altstadt an der Werra. Einer dieser Handelswege war die sogenannte Hohe Straße, die aus dem Raum Gotha über Schmalkalden und Meiningen nach Würzburg führte. Die andere Straße kam über Rohr und die Hohe Maas aus dem Raum Erfurt. Weitere Furten durch die Werra existierten im Bereich des später so genannten Unteren Rasen, dem heutigen Volkshausplatz, und südlich vom heutigen Schloss Elisabethenburg. Die Entstehung von Meiningen spätestens im 7. Jahrhundert lässt sich wegen der Errichtung eines Königshofes als fränkischem Brückenkopf an diesem Ort, der germanischen Namensherkunft und der urkundlich nachweisbaren Funktion als Hauptort und Namensgeber der Meininger Mark („Meiningermarca“) begründen. [1]

Ersterwähnung und Mittelalter

 
Ansicht von 1676

Kaiser Otto II. übergab am 1. Oktober 982 in Capua sein Königsgut Meiningen in der Meininger Mark („in villis Meininga in Meiningermarca“) der Peterskirche in Aschaffenburg [2]. Nach aktuellen Erkenntnissen bestand die Siedlung aus einem Dorf mit der Pfarrkirche St. Martin, das hochwassergeschützt im südöstlichen Teil des heutigen Englischen Gartens lag und dem Königsgut selbst, das sich südlich nur wenige hundert Meter entfernt an einer Werrafurt befand. Einige Jahre später fiel Meiningen wieder an das Reich unter Kaiser Otto III. als Königsgut zurück. Meiningen war neben dem Hauptort einer Mark, einer untergeordneten Verwaltungseinheit in der Gau Grabfeld, auch Sitz einer Zehnt.

Um 1000 begann man nahe dem Königsgut mit der Errichtung einer Kirche, die bis heute als die Stadtkirche St. Marien besteht (urkundliche Ersterwähnung 1008). Durch steigende Bevölkerungszahlen, stetig wachsenden Handel und den Standort einer Zehnt, den die Bauern der Umgebung zur Entrichtung ihrer Steuern regelmäßig aufsuchen mussten, entstand neben der Kirche recht bald ein Markt, der sich in den nächsten Jahrzehnten zu einem Marktflecken entwickelte.

 
Statue von Heinrich II. auf dem gleichnamigen Brunnen in Meiningen

Als Entschädigung der Gebietsverluste infolge der Gründung des Bistums Bamberg übergab 1008 Kaiser Heinrich II. dem Hochstift Würzburg Meiningen neben weiteren Orten als Lehen („... in vico Meinungen ...“) [3]. Dem Hochstift, das von den Bischöfen des Bistums Würzburg als Reichsfürsten beherrschte Territorium, gehörte Meiningen nun 534 Jahre lang mit einigen kurzen Unterbrechungen an. 1033 veranlasste Bischof Bruno bei einem Besuch den weiteren Ausbau der bis dahin in einfacher Form bestehenden Kirche. 1058 überließ Bischof Adalbero Meiningen durch Tausch der polnischen Königin Richeza, gelangte aber nach deren Tod 1063 wieder in den Besitz des Bistums. In dieser Zeit gingen die Pfarrrechte von der Kirche St. Martin zur Marienkirche über. 1067 herrschte wegen Missernten eine große Hungersnot im Ort. 1153 wütete die Pest in Meiningen, weiterhin bekam der Ort durch den Landesherren mit derGerichtsbarkeit das erste Stadtrecht verliehen, war aber noch keine Stadt.

Im 12. Jahrhundert errichteten die Würzburger zum Schutz der Marktsiedlung eine Wasserburg am Ort des heutigen Schlosses Elisabethenburg, die erstmals 1168 urkundlich nachweisbar ist. Bischöfliche Burgmannen waren in jener Epoche unter anderen Gumbert von Meiningen (1168), Berthold von M. (1206) und Otto von M. (1240). Meiningen bestand in dieser Zeit überwiegend aus einzeln stehenden einstöckigen Fachwerkhäusern. Bewohnt war es von Handwerkern, Ackerbauern und den Burgmannen mit ihrem Gefolge. 1175 setzte ein Blitzschlag das Rathaus in Brand, infolge dessen ein Teil des Ortes abbrannte. Eine weitere Hungersnot wurde im Jahr 1191 vermeldet, bei der Wölfe bis in die Stadt drangen und im Lager des Kaisers Heinrich VI., das er für kurze Zeit in Meiningen aufschlug, Proviantvieh rissen.

Bei dem Versuch, die würzburgische Exklave Meiningen, der nördlichsten Stadt des Hochstifts Würzburg, dem Machtbereich der Grafschaft Henneberg einzuverleiben, erlitt die Stadt 1222 bei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Bischof Otto I. von Würzburg und dem Graf Poppo VII. von Henneberg schwere Zerstörungen.

Die Entwicklung zur Stadt und Spätmittelalter

Datei:Stadtkirche 1296.jpg
Die Stadtkirche im Jahr 1296

1230 wurde Meiningen erstmals in einer Urkunde als Stadt (civitas) genannt. Diese Urkunde beinhaltet eine richterliche Entscheidung, in der Graf Poppo VII. auf alle beanspruchte Rechte an der Stadt Meiningen verzichten musste [4]. Das genaue Jahr der Ernennung zur Stadt ist leider nicht mehr bekannt, dies dürfte aber zwischen 1200 und 1230 erfolgt sein. Das erste Wappen enthielt eine von drei Türmen gekrönte Stadtmauer mit geöffnetem Tor, in dem vier Sterne abgebildet sind. In dieser Zeit begann man mit der Befestigung der Stadt. Im Westen bereits von der Werra geschützt, entstanden als erstes die drei vom Fluss gespeisten Wassergräben, die das Stadtgebiet im Süden, Osten und Norden umgaben. Damit war Meiningen komplett von Wasser umschlossen. Danach erfolgte die Errichtung einer doppelten Stadtmauer mit Zwinger, rund 20 Wehrtürmen und den Tortürmen Oberes Tor und Unteres Tor. Später legte man vorgelagert südlich und nördlich der Stadt das Tal querend die Obere und Untere Landwehr an. Bis heute sind zwei der Wassergräben als Bleichgräben nahezu komplett und die Landwehren in Teilen erhalten geblieben.

Auf dem bis dahin unbebauten Gelände zwischen Markt, Burg und Unterem Tor legte man ein Straßenraster an, das bis Ende des 13. Jahrhunderts komplett bebaut wurde. Von 1249 bis 1252 errichtete der Franziskanerorden zwischen der Burg und dem Unteren Tor ein Kloster. 1276 wurde die erste große Erweiterung der Stadtkirche mit der Errichtung der Westfront und zwei gleichhohen Türmen abgeschlossen. Während die nun außerhalb der Stadtmauer liegende Kirche St. Martin mit einem Friedhof bestehen bleibt, wurde um 1300 die ursprüngliche Siedlung um diese Kirche zur Wüstung. Um dem regelmäßigen Hochwasser in der Stadt zu begegnen, erhöhte man Anfang des 14. Jahrhunderts das Niveau der Straßenzüge um ein bis zwei Meter. Auch der Boden im Innern der Kirche wurde um rund einen Meter erhöht.

Auf Bitte von Bischof Otto II. von Würzburg verlieh am 14. Oktober 1344 Kaiser Ludwig IV. (der Bayer) der Stadt Meiningen die Rechte der Freien Reichsstadt Schweinfurt („nach vleizziger bet des erwirdigen Otten bischof zu Wirtzburg...siner vnd sins stiftes stat Meiningen vnd...den burgern daselben alle die fryheit reht vnd gewonheit...die vnser vnd des reichsstat Swynfurt vnd...die burger daselben...haben“) [5]. Beide Herrscher hielten sich während dessen zu einem Besuch in der Stadt auf. Diese erweiterten Stadtrechte bedeuteten für die Meininger Bürgerschaft eine weitgehende Autonomie gegenüber dem Landesherren. Das städtische Bürgertum konnte dadurch an Bedeutung und Wirtschaftskraft gewinnen. 1348 suchte eine Pestepidemie die Stadt heim, die vielen Einwohnern das Leben kostete. Man gab den Juden die Schuld für die Seuche, vertrieb diese am 10. April 1349 aus der Stadt und zerstörte die Synagoge. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte lehnten sich die Meininger Bürger immer wieder gegen die nach wie vor existierende Herrschaft der Bischöfe auf, die daraufhin die Rechte der Stadt wieder beschnitten. Daraufhin zerstörten die Bürger 1432 bei einem Aufstand die Würzburger Burg. Zwei aufeinander folgende und verheerende Stadtbrände 1475 und 1478 vernichteten fast die ganze Stadt. Die Stadtkirche konnte man aber dabei retten.

Wirtschaftliche Blüte zu Beginn der Neuzeit

Im 15. Jahrhundert gewannen das Textilgewerbe, das Brauwesen, das Metallhandwerk und der Handel an Bedeutung und sorgten für einen allmählichen wirtschaftlichen Aufschwung in Meiningen. An der Stelle der 1432 zerstörten Burg ließ Bischof Lorenz von Bibra von 1509 bis 1511 eine neue Burganlage errichten. Im Bauernkrieg von 1525 schloss sich die Stadt dem Bauernheer Bildhäuser Haufen an, der später bei Dreißigacker von fürstlichen Truppen geschlagen wurde. Daraufhin wurde Meiningen mit Sanktionen und Hinrichtungen von Bürgern und des Pfarrers bestraft. Auch verlor die Stadt die in Jahrhunderten errungene Selbständigkeit, in dem das Bistum eine bischöfliche Obrigkeit an Stelle des Gemeinderats setzte.

Im Jahr 1542 kam die Stadt durch Tausch mit dem Amt Mainberg an die benachbarten Grafen von Henneberg. 1544 wurde wie im ganzen Henneberger Land in Meiningen die Reformation eingeführt. Nach dem Aussterben der Henneberger Grafen 1583 gelangten Meiningen und die Grafschaft an das wettinische Herzogtum Sachsen, deren ernestinische und albertinische Linien die Grafschaft zunächst gemeinsam verwalteten. Die Wettiner wählten Meiningen zum Sitz der Hennebergischen Regierung.

 
Die Bernhardstraße um 1835

Meiningen erlangte durch die Barchent- und Leinenweberei, die Färberei und Stoffhandel eine große wirtschaftliche Blüte, die bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts andauerte und die Einwohnerzahl bis auf knapp 5.000 ansteigen ließ. 1614 stellten 234 Handwerksmeister 37.312 Tuche her, die in ganz Europa gehandelt wurden [6]. Diese Blütezeit wurde abrupt durch den Dreißigjährigen Krieg beendet, in dessen Folge die Stadt mehrmals geplündert wurde und die Einwohnerschaft sich durch die Kriegswirren halbierte. So überstand Meiningen 1634 trotz Plünderungen und einiger Brandschatzungen durch die Kroaten unter dem Feldherrn Isolani diese Zeit baulich relativ unversehrt durch die Zahlung von 3.000 Talern. Die zahlungsunfähigen Nachbarorte wurden dagegen in Brand gesteckt. Zuletzt hatte Meiningen seiner in Jahrhunderten entstandenen starken Stadtbefestigung zu verdanken, dass es 1640 den Angriffen schwedischer Truppen widerstand. Die Martinskirche wurde dagegen zerstört, deren Wiederaufbau erfolgte 1658.

1660 kam Meiningen zum Herzogtum Sachsen-Altenburg und wurde somit endgültig ernestinisch. Bereits 1672 wechselte die Stadt zum Herzogtum Sachsen-Gotha. Dessen Herzog Ernst I. veranlasste 1673 die Verstärkung der Stadtbefestigung durch den Stadttoren vorgelagerte Forts und Zugbrücken.

Meiningen als Haupt- und Residenzstadt

Nach mehreren Erbteilungen im Herzoghaus Sachsen-Gotha wurde unter Herzog Bernhard I. 1680 das Herzogtum Sachsen-Meiningen gebildet, welches sich bis zu seiner Auflösung 1918 mehrmals vergrößerte. Meiningen wurde Haupt- und Residenzstadt. 1682 war der Baubeginn des Residenzschlosses Elisabethenburg an Stelle der Würzburger Burg. Von dieser blieb nur der Bibrasbau als Nordflügel erhalten. 1690 gründete der Herzog die Hofkapelle und 1692 wurde der Schlosspark zunächst als Renaissancegarten angelegt.

 
Stadtbrand 1874

Seit der Regierung der Enkel Bernhards bemühten sich die Herzöge, aufgeklärt und liberal sowohl in religiöser als auch in politischer Hinsicht, um das Wohl ihres Landes und legten Wert auf Volksnähe. Unter dem Schutz der Herzogin Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen gründete sich am 29. September 1773 die Freimaurerloge Charlotte zu den drei Nelken. Diese eröffnete 1776 das erste Lehrerseminar in Thüringen. Am Ende des 18. Jahrhunderts ließ Georg I. Teile der Stadtbefestigung mit dem Oberen Tor abreißen und 1782 den Englischen Garten anlegen. 1813 lagerte das russische Heer mit 70.000 Soldaten und 2.300 Offizieren unter Zar Alexander bei seinem Feldzug gegen Napoleon in Meiningen. Der Zar hatte seine Unterkunft im Gasthof „Zum Braunen Hirsch“, das gleichzeitig für das mitgezogene preußische Heer als Hauptquartier diente [7]. 1782 war in dieser Herberge auch Friedrich Schiller zu Gast, ehe er weiter nach Bauerbach reiste. Der Klosterkomplex und der Untere Torturm wurden 1817 eingerissen. Dort errichtete die Stadt von 1817 bis 1821 das Gymnasium Bernhardinum.

 
Einfahrt zur ehemaligen Thurn und Taxis Poststation
 
Meiningen um 1900

1831 eröffnete Herzog Bernhard II. das erste Meininger Hoftheater, erbaut vom Hofbaumeister Carl Theodor Ottmer. Ab 1849 entwickelte sich die Stadt durch die Gründungen der Herzoglichen Landeskreditanstalt (1849), der Mitteldeutschen Creditbank (1856), der Deutschen Hypothekenbank (1862), der Bank für Thüringen (1905), einiger ansässigen Privatbanken wie dem Bankhaus B. M. Strupp und durch Niederlassungen auswärtiger Banken, darunter die Reichsbank, zu einem der bedeutendsten Finanzstandorte Deutschlands. Bereits 1858 erhielt Meiningen mit der Eröffnung der Werrabahn Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz. Nach dem Krieg Preußens gegen Österreich im Jahre 1866 musste Herzog Bernhard II., der auf der Seite der Österreicher stand, abdanken, um das Herzogtum vor einer Übernahme durch die siegreichen Preußen zu bewahren. Sein Nachfolger wurde als Herzog Georg II. sein Sohn Erbprinz Georg. Durch den Bau der Hauptkaserne 1867 und der Nordkaserne 1895 profilierte sich Meiningen als Garnisonsstadt. In beiden Kasernen war das 2. Thüringisches Infanterie-Regiment Nr. 32 stationiert.

1868 teilte man das Herzogtum in Landkreise ein und Meiningen wurde eine von vier Kreisstädten. Der kunstsinnige Herzog Georg II. reformierte gemeinsam mit seiner Frau Helene Freifrau von Heldburg und dem Regisseur Ludwig Chronegk das Regietheater und ging mit dieser bedeutenden Theaterreform in die Kulturgeschichte ein. Von 1874 bis 1890 gab das die „Meininger“ genannte Ensemble des Hoftheaters in ganz Europa zahlreiche Gastspiele.

Ein verheerender Stadtbrand zerstörte im Jahre 1874 etwa ein Drittel der Gebäude in der Innenstadt, darunter befanden sich das Rathaus und das Landtagsgebäude. Der Wiederaufbau erfolgte mit der Unterstützung von Spenden vieler deutscher Städte im klassizistischem Stil, der Meiningen ein neues, bis heute Stadtbild prägendes Gründerzeitviertel bescherte. Zum Dank brachte man die Wappen dieser Städte an der Fassade der 1908 erbauten Bank für Thüringen an, auch erhielten einige Straßen die Namen der größten Spenderstädte. Neu entstanden dann neben dem Rathaus auch ein Hauptpostamt und das Landtagsgebäude. Ebenfalls 1874 nahm mit der Einweihung des Bayerischen Bahnhofs die von der Bayerischen Staatsbahn betriebene Bahnstrecke Schweinfurt–Meiningen ihren Betrieb auf. Die neue Bahnlinie bewirkte große topografische Veränderungen im südlichen Bahnhofsgelände und machte den Bau eines rund 100 Meter langen Straßentunnels notwendig.

 
Rathaus um 1900

Eine Industrialisierung von Meiningen konnte das Herzoghaus um eine saubere Residenzstadt willen geschickt verhindern. Dennoch verdoppelte sich zwischen 1870 und 1910 die Einwohnerzahl und die Stadt wuchs weit über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus. Im Norden, Westen und Osten wurden neue ausgedehnte Wohngebiete, Villenviertel und einige Gewerbeflächen angelegt, rund um das Stadtzentrum entstanden große repräsentative Verwaltungs- und Kulturgebäude.

1880 holte Herzog Georg II. den Dirigenten und Komponisten Hans von Bülow nach Meiningen, der die Meininger Hofkapelle zu einem europäischen Spitzenorchester entwickelte, das bis 1914 in ganz Europa Konzerte gab. In der Leipziger Straße errichteten die Deutsche Hypothekenbank (1899) und die Bank für Thüringen (1908) neue, eindrucksvolle Bankgebäude. Im März 1908 brannte das traditionsreiche Hoftheater ab. Das neue Haus, erbaut vom Architekten Karl Behlert, wurde bereits 1909 eröffnet. In den folgenden Jahren entstanden als bis heute Stadtbild prägende Gebäude die Struppsche Villa (1909), die Prinz-Albrecht-Schule (1911 / heute Pulverrasenschule) und der Schützenhaus-Saal (1913 / heute Volkshaussaal). 1914 nahm die Hauptwerkstatt der Preußischen Staatsbahn, das spätere RAW (Reichsbahnausbesserungswerk) und heutige Dampflokwerk Meiningen, seine Arbeit auf. Am 25. Juni 1914 starb mit Georg II. nicht nur der bedeutendste Herzog von Sachsen-Meiningen, sondern auch der bedeutendste Sohn der Stadt Meiningen.

Nach Abdankung des Herzogs Bernhard III. und der Demission des Kabinetts infolge der Novemberrevolution im Jahr 1918 wurde Meiningen Hauptstadt des Freistaates Sachsen-Meiningen, dem Nachfolgestaat vom Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1919 gründete der Intendant des Meininger Hoftheaters, Franz Ulbrich, die Hochschule für Schauspielkunst. 1920 ging der Freistaat Sachsen-Meiningen als einer der sieben Gründerstaaten im Land Thüringen auf und Meiningen wurde Kreisstadt.

1920 bis 1952

Mit Helba erfolgte 1923 die erste Eingemeindung eines Ortes nach Meiningen. Im selben Jahr wurde das Thüringische Staatsarchiv Meiningen gegründet. 1927 entstand auf dem Rohrer Berg ein Verkehrsflugplatz, der zum deutschen Flugliniennetz gehörte und von der Lufthansa und der Nordbayrischen Verkehrsflug GmbH angeflogen wurde. 1931 besuchte Adolf Hitler zwecks einer Wahlveranstaltung die Stadt. Ein großes Ereignis in der Geschichte der Stadt war die Landung des Luftschiffes LZ 127 „Graf Zeppelin“ am 11. Oktober 1931 auf dem Meininger Flugplatz. Eine weitere Zeppelinlandung fand am 9. Juli 1939 mit der LZ 130 statt.

 
Das innere Stadtzentrum 1905

In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte in Meiningen zu den verfolgten Gegnern des Regimes die Kommunistin und Jüdin Bella Aul, an die heute eine Gedenktafel in der Kasernenstraße erinnert. Im Jahre 1936 wurde Welkershausen eingemeindet und man baute mit der Errichtung der „Barbarakaserne“ und der „Drachenbergkaserne“ Meiningen als Garnisonsstandort aus. Dort zogen Artillerie- und motorisierte Einheiten der Wehrmacht ein. Die Synagoge wurde beim Novemberpogrom 1938 geschändet und zerstört. An sie und die jüdische Gemeinde erinnert eine an ihrem ehemaligen Standort 1988 errichtete Gedenkstätte. Am "Judenhaus" Sachsenstraße 5/6 erinnert eine Gedenktafel an die dort vor ihrer Deportation konzentrierten Juden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt wiederholt von Bombenangriffen heimgesucht. Den schwersten führte die 1. Luftdivision der USAAF im Rahmen der „Operation Clarion“ am 23. Februar 1945 mit 49 Bombern des Typs B-17 durch [8]. Dabei warfen sie 147 Tonnen Bomben ab, die 208 Tote forderten und 251 Häuser und Wirtschaftsgebäude total zerstörten. Darunter befanden sich das Rathaus, das Landgericht und die Friedhofskapelle, weitere 440 Gebäude wurden schwer beschädigt. Die Primärziele des Angriffes waren Verkehrswege und Knotenpunkte, die mit der Zerstörung von zwei Brücken (Volkshausbrücke und Schulstraßenbrücke) und großen Teilen des Bahnhofes erreicht wurden. Auf dem Bahnhofsgelände vernichteten die Bomber den bayerischen und preußischen Güterbahnhof, die südlichen Gleisanlagen, das Tanklager und ein Stellwerk [9]. Von August 1943 bis 1945 befand sich in der Drachenbergkaserne die OKW-Abteilung Wehrmachtauskunftstelle (WASt), die wegen der stetigen Luftangriffe auf Berlin hierher ausgelagert wurde [10].

In mehreren Betrieben der Stadt setzten die Nationalsozialisten etwa 2.100 Kriegsgefangene, Militärinternierte und Zwangsarbeiter ein. Auf dem Parkfriedhof befinden sich Gräber zahlreicher Opfer von Zwangsarbeit aus mehreren Nationen, für die dort 1958 ein Ehrenmal errichtet wurde. Ab dem 6. April 1944 richtete das Wehrkreiskommando IX das als Lazarett dienende Kriegsgefangenenlager Stalag IX C(b) für westalliierte Flugzeugbesatzungen auf dem Gelände des Schützenhauses ein. Hier internierte man bis zur Befreiung durch US-Truppen überwiegend englische und amerikanische Piloten und Mannschaften mit Offiziersdienstgrad, die beim Kampf und Abschuss Verwundungen erlitten.

Am 2. April 1945 näherte sich die 11. Panzerdivision der United States Army unter Colonel Virgil Bell von Fulda kommend Meiningen. Wissend um die noch zahlreich vorhandenen Verbände der Wehrmacht in Meiningen teilten sich die Einheiten bei Herpf, umgingen die Stadt nördlich und südlich, vereinigten sich wieder bei Zella-Mehlis und kesselten Meiningen so ein. Dabei gab es ein kleines Scharmützel beim Stillhof im Süden der Stadt. Eine durch den schnellen Vorstoß der Amerikaner entstandene Lücke südlich der Stadt nutzte die gesamte, in Meiningen stationierte Panzer-Aufklärungs-Einheit, sich Richtung Nürnberg abzusetzen. Am 5. April nahmen Einheiten der 11. US-Panzerdivision, von Zella-Mehlis kommend, nach Tieffliegerangriffen, einigen Bombenabwürfen und einem kurzen Kampf mit ungarischen und deutschen Truppenteilen Meiningen ein. Diese Kampfhandlungen kosteten auch zivile Opfer. Ein Ende der Kämpfe erreichte eine Abordnung unter dem 1. Bürgermeister Friedrich Sorge, die auf den Kirchtürmen weiße Fahnen hissten und die Kapitulation der Stadt einleiteten. Die Abordnung übergab Colonel Bell nach dem Vorrücken seiner Panzer auf den Markt die Stadt. Eine Sondereinheit der US-Armee übernahm die OKW-Abteilung WASt auf dem Drachenberg und führte sie dort bis zum 1. Juli 1945 weiter, um sie dann nach Fürstenhagen zu verlegen [11]. Nach der Verhaftung von Friedrich Sorge setzten die Amerikaner am 12. April 1945 Werner Heinrich Hacht als Bürgermeister ein.

Als eines der ersten Theater in Deutschland nahm am 2. Juni 1945 das Landestheater Meiningen mit einer Tanzshow für amerikanische Soldaten seinen Spielbetrieb wieder auf. Am 7. Juni 1945 folgte mit Gerhart Hauptmanns "Die versunkene Glocke" ein Märchendrama. Anfang Juli verließen die Amerikaner Meiningen und am 6. Juli 1945 rückten die ersten Einheiten der Roten Armee als Besatzungsmacht in die Stadt ein. Sie bezogen die Haupt- und die Barbarakaserne. Am 9. Mai 1948 wurde im Schloss Elisabethenburg das Max-Reger-Archiv eröffnet, das den künstlerischen und persönlichen Nachlass des Komponisten beherbergt. In der Drachenbergkaserne brachte das Land Thüringen 1948 eine Polizei-Bereitschaft unter. Aus ihr ging die 13. VP-Bereitschaft „Magnus Poser“ hervor, die bis 1990 bestand.

Die DDR-Zeit

 
Theater und Straßenszene 1978

Von 1952 bis 1990 gehörte Meiningen als Kreisstadt zum Bezirk Suhl. Das bereits beschlossene Vorhaben, Meiningen wegen seiner idealen Voraussetzungen als Bezirksstadt einzurichten, wurde von Walter Ulbricht persönlich verhindert. Er begründete dies mit der Vergangenheit als Residenz und einem zu geringen Anteil von Arbeitern in der Bevölkerung. Seit dem Kriegsende 1945 bis Mitte der 1950er Jahre verließen nach dem Einrücken der Roten Armee und durch die Gründung der DDR tausende alteingesessene Bürger die Stadt gegen Westen, da sie hier keine Lebensgrundlage mehr für sich sahen. Durch den im Krieg zerstörten Wohnraum und einer dennoch langsam wachsenden Bevölkerung waren viele Wohnhäuser überbelegt, deren Wohnungen oftmals von zwei bis drei Mietparteien geteilt wurden. Daraufhin errichteten bis 1966 Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften neue Wohngebiete im Bodenweg und am Drachenberg. Mit dem Bau eines Werkes für Mikroelektronik, dem Robotron, entstand schließlich von 1970 bis 1982 im Norden zwischen Helba und Welkershausen mit Plattenbauten der neue Stadtteil Jerusalem mit rund 6.000 Einwohnern. Dennoch herrschte in dieser Zeit städtebauliche Stagnation, da außer einigen Schulen keinerlei neue öffentliche Gebäude entstanden. Weiterhin wurde wertvolle historische Bausubstanz dem Verfall preisgegeben. Viele Baulücken, entstanden durch Notabrisse, beweisen dies im heutigen Stadtbild. 1988 begann die von Franz Josef Strauß vermittelte Städtepartnerschaft mit Neu-Ulm. In der Wendezeit im Oktober und November 1989 war die Stadtkirche das regionale Zentrum der Friedensgebete und der Ausgangspunkt mehrerer bis zu 20.000 Teilnehmer zählenden Demonstrationen für die deutsche Einheit.

Von 1990 bis heute

Am 3. Oktober 1990 wurde Meiningen Teil des wiedergegründeten Thüringens. Am 4. Oktober 1990 erfolgte die Eingemeindung von Dreißigacker. Mit dem Abzug der russischen Truppen im Jahre 1991 ging die Zeit als Garnisonsstadt zu Ende. Die Stadt verlor Anfang der 1990er-Jahre durch die Abwicklung zahlreicher Betriebe wie Robotron, Spielzeug-Elektrik, Ruhla-Uhren und Welton und weiterhin starken Arbeitsplatzabbau im Reichsbahnausbesserungswerk und anderen Firmen tausende Industriearbeitsplätze.

 
Neue Kammerspiele

Mit der Schaffung des 80 Hektar großen Gewerbegebiets Dreißigacker legte man die Grundlage für eine Erholung der Wirtschaft, wo bis 2007 mehr als 2.000 neue Arbeitsplätze entstanden sind. In den 1990er-Jahren wurde die Stadt wieder eine bedeutende Kunst- und Kulturstadt, die sie bereits bis in die 1950er-Jahre war. Seit 1991 gibt es einen Freundschaftsvertrag mit Obertshausen in Hessen, der 2007 in eine feste Städtepartnerschaft umgewandelt wurde. Im Jahr 1994 wurde Meiningen durch eine Gebietsreform Kreisstadt des neugebildeten Landkreises Schmalkalden-Meiningen.

Seit Mitte der 1990er-Jahre erfährt die Stadt einen städtebaulichen Aufschwung. Es entstanden neue Großbauten wie das Klinikum Meiningen (1995), die Multihalle (1998), das Justizzentrum und die Bundesbankfiliale (beide 2000). Viele historische Bauwerke und ganze Straßenzüge, in der DDR dem Verfall preisgegeben, wurden unter privater Hand restauriert. Neue Wohngebiete gründete man im Osten der Stadt und in Dreißigacker. Mit dem Bau der A71 erhielt die Stadt im Jahr 2003 Anschluss an das deutsche Autobahnnetz. Im Oktober 2005 war Meiningen Gastgeber für die Landesfesttage Thüringentag. Neue Städtepartnerschaften wurden 2006 mit Bussy-Saint-Georges bei Paris in (Frankreich) und 2007 mit Obertshausen (Hessen) geschlossen. Mit der Eröffnung der Neuen Kammerspiele im Juni 2008 schuf sich die Stadt eine weitere Theaterspielstätte und unterstreicht damit ihre überregionale Bedeutung als Kulturstadt.

Siehe auch

Literatur

  • Südthüringer Forschungen, Heft 17 - Staatliche Museen Meiningen, 1982.
  • Denkmale der Innenstadt, Kulturbund der DDR, 1982.
  • Meininger Ansichten, Staatliche Museen Meiningen (heute Meininger Museen), 1982.
  • Ramona Schäfer: Erinnerungen an Meiningen, Sutton-Verlag Erfurt, 1999. ISBN 3-89702-101-3
  • Wilhelm Pocher: Weiße Fahnen über Meiningen, Schriften zur Stadtgeschichte Meiningens, Heft 5, Stadtarchiv Meiningen 2000.
  • Stadtlexikon Meiningen, Bielsteinverlag Meiningen, 2008. ISBN 978-3-9809504-4-2

Einzelnachweise

  1. Südthüringer Forschungen, Heft 17, Abschnitt: Meiningen vor der ersten urkundlichen Erwähnung von Bernd W. Bahn - Staatliche Museen Meiningen 1982
  2. Auszug aus der Ersterwähnungsurkunde von 982 - Stadtarchiv Meiningen
  3. Meininger Urkundenbuch Nr. 3-5; Reg. Thur. I Nr. 614, 616, 618 - Stadtarchiv Meiningen
  4. Mon. Boica XXXVII Nr. 205; Reg. Thur. II Nr. 2194 - Stadtarchiv Meiningen
  5. Mon. Boica XLI Nr. 32 - Stadtarchiv Meiningen
  6. Südthüringer Forschungen, Heft 17, Abschnitt: Die Entwicklung des Meininger Textilgewerbes von Rolf Hübner - Staatliche Museen Meiningen 1982
  7. Meininger Heimatklänge, Meininger Tageblatt - Ausgabe 7/1992
  8. Roger A. Freeman: Might Eight War Diary, Einsatzdokumentation der 8.USAAF
  9. Reißland: 23. Februar 1945 – Bombenangriff, Meininger Tageblatt, 22. Februar 1997
  10. Dagobert Hornung: Die Wast auf dem Drachenberg, Freies Wort, 5. März 1991 / Lt.Col.E.E.Moyers: Archiv 9/94 Akte ETOUSA (European Theater Operations – USA).
  11. Wilhelm Pocher: Weiße Fahnen über Meiningen, Schriften zur Meininger Stadtgeschichte, Heft 5, Stadtarchiv Meiningen, 2000.