Bischof
Ein Bischof (griech.: επισκοπος, episkopos = Vorsteher, Aufseher, Wächter; aus episkeptomai = beobachten, beaufsichtigen, besuchen) ist in vielen christlichen Kirchen ein geistlicher Würdenträger, der die geistliche und administrative Leitung eines bestimmten Gebietes hat, das üblicherweise zahlreiche lokale Gemeinden umfasst.
Alte Kirche
Im Neuen Testament bezeichnet Bischof (episkopos) ebenso wie Ältester (presbyteros) und Diakon (diakonos) eine Führungsfunktion in der lokalen Gemeinde, wobei es keine durchgehenden Rangunterschiede zwischen Bischof und Ältester gibt und die Ausdrücke oft austauschbar verwendet werden.
Daraus entwickelte sich dann das dreifache geistliche Amt Bischof, Ältester (Presbyter) und Diakon mit unterschiedlichen Amtsfunktionen. In den ältesten Berichten war der Bischof der Leiter der lokalen Gemeinde, predigte und leitete die Feier der Eucharistie. Unterstützt wurde er von einem Gremium von Ältesten und von Diakonen. Diese Amtsfunktionen sind, mit unterschiedlichen Bezeichnungen, bis heute in den meisten christlichen Kirchen vorhanden. Im zweiten und dritten Jahrhundert kam es neben den weiterhin vorhandenen örtlichen Bischöfen mehr und mehr auch zu Bischöfen, die über mehrere Gemeinden die Aufsicht führten. In solchen Fällen leiteten dann Presbyter als Vertreter des Bischofs die Eucharistiefeier in den lokalen Gemeinden, die Diakone waren die Mitarbeiter des Bischofs auf gemeindeübergreifender Ebene.
In der Auseinandersetzung mit häretischen Strömungen entwickelten sich drei Normen, um den wahren christlichen Glauben von abweichenden Lehren zu unterscheiden: der Kanon der Schrift, die allgemein akzeptierten Glaubensbekenntnisse und das Episkopat als Amt der Lehre und der Liturgie, die in der Tradition der Kirche steht. In der Folge kam es bei den Bischöfen zu unterschiedlichen Verantwortungsbereichen, wobei manche Bischöfe, gewöhnlich diejenigen einer Provinzhauptstadt, eine Aufsichtsfunktion über die übrigen Bischöfe der Gegend bekamen, woraus sich dann eine Rangordnung von Patriarch, Metropolit oder Erzbischof und Bischof entwickelte.
Im folgenden wird das heutige Bischofsverständnis verschiedener Kirchen beschrieben:
Römisch-Katholische Kirche

erkennbar am grünen Bischofshut (galero) mit zwölf seitlich herabhängenden Quasten (fiochi), sowie am hinter dem Wappenschild aufgerichteten bischöflichen Kreuz.
Bei dem Bischofsamt (Episkopat) handelt es sich um die höchste Stufe des Weihesakramentes. Der Bischof muss zuerst zum Diakon und dann zum Priester geweiht worden sein. Die Ernennung, die Enthebung oder Versetzung eines Bischofs erfolgt allein durch den Papst, vor dem die Bischöfe ihren geistlichen Gerichtsstand haben. Danach wird er von Bischöfen - i.d.R. drei - mit der Zustimmung des Papstes zum Bischof geweiht. (Einzige Ausnahme: Zum Papst gewählt werden kann jeder männliche, unverheiratete römisch-katholische Christ, der fähig und willens ist, zum Bischof von Rom gewählt zu werden. Ist der Gewählte kein Bischof oder gar Laie, wird er noch im Konklave zum Bischof von Rom geweiht, und ist damit Papst. Allerdings entstammen seit der Wahl Urbans VI. 1378 alle Päpste dem Kardinalskollegium.) Ein römisch-katholischer Bischof ist immer männlich.
Nach katholischer Auffassung setzt sich in den Bischöfen die Lehr- und Leitungsvollmacht fort, die Jesus den zwölf Aposteln übertrug. In einer ununterbrochenen "Reihe der Handauflegungen" (Apostolische Sukzession) seien alle heutigen Bischöfe mit den Aposteln verbunden. Somit gehört das Bischofsamt zum sogenannten "göttlichen Recht". Den obersten Dienst der Einheit hat nach katholischem Glauben der Bischof von Rom als Amtsnachfolger des Petrus (s. Papst).
Es werden Residenzialbischöfe (Ortsbischöfe) und Titularbischof voneinander unterschieden.
Der Residenzialbischof ist Vorsteher einer Diözese und hat über sie die volle Regierungsgewalt inne. Als solcher hat er die oberste Lehr- und Rechtsvollmacht in seinem Bistum und ist allein dem Papst (s. Hierarchie) verantwortlich. Zur Verwaltung der Diözese stehen dem Bischof mehrere Beamte in der bischöflichen Kurie zur Seite, u.a. der Generalvikar (der allgemeine und ständige Vertreter des Bischofs, seine Bestellung ist dem Bischof frei gestellt), der Official (wird vom Bischof bestellt und ist Inhaber der ordentlichen Gerichtsgewalt, muß Priester sein und über Rechtskenntnisse verfügen) und der Kanzler (Vorsteher der bischöflichen Registratur). Priester- und Laiengremien haben beratende Funktion.
Titularbischöfe sind Bischöfe, deren Diözesen heute nicht mehr bestehen (z.B. im Orient). Aus diesem Grund können sie über diese keinen Besitz ergreifen und keine Jurisdiktionsgewalt ausüben. Titularbischof ist ausschließlich ein Ehrenrang. Ein Erzbischof ist der Vorsteher eines Erzbistums und hat als solcher die selben Rechte und Pflichten wie alle residierenden oder Diözesanbischöfe. Als Metropolit der Kirchenprovinz hat er gem. Kirchenrecht dafür zu sorgen, dass der "Glaube und die kirchliche Disziplin genau gewahrt werden", und soll "Missbräuche dem Papst mitteilen". Eine konkrete Leitungsgewalt in den Suffraganbistümern hat er aber nicht. Er ist auch nicht Vorgesetzter der Suffraganbischöfe.
Der Bischof ist in der katholischen Kirche der erste Spender der Sakramente. Die weitere Sakramentenspendung durch Priester ist eine Delegationshandlung, die vom Bischof ausgeht. Vorbehalten sind ihm die Priesterweihe, die Firmung (im Ausnahmefall an Priester delegierbar) sowie die Weitergabe der Bischofsweihe.
Das Bischofsamt ist ein Amt auf Lebenszeit. Aber mit Vollendung des 75. Lebensjahres sind alle Bischöfe gem. Can. 401 §1 CIC angehalten, dem Papst den Amtsverzicht anzubieten (siehe: Altdiözesanbischof).
Insignien eines Bischofs, die sog. Pontifikalien, sind Mitra, Stab (Verdeutlichung der Hirtenfunktion), Ring, und Brustkreuz Pektorale. Derlei Insignien finden sich aber auch bei nichtbischöflichen Amtsträgern mit besonderer Jurisdiktion, wie zum Beispiel Äbten. Erzbischöfe-Metropoliten tragen zusätzlich zu den beschriebenen Insignien das Pallium, welches ihnen vom Papst verliehen wird. Zu den Privilegien gehört auch die Anrede "Hochwürdigste Exzellenz".
Orthodoxe Kirche
Die orthodoxen Kirche hat ebenfalls das dreifache Amtsverständnis, und kennt beim Bischofsamt ebenfalls verschiedene Rangstufen vom Bischof bis zum Patriarchen. Wie die katholische Kirche kennt auch die orthodoxe Kirche die apostolische Sukzession der Bischöfe.
Das monarchische und hierarchische Leitungsprinzip des Episkopats ist jedoch weniger ausgeprägt als in der katholischen Kirche: Patriarch und Metropolit sind nur primus inter pares im Bischofskollegium, nicht hierarchische Vorgesetzte, und ein Bischof ist innerhalb seiner eigenen Diözese nicht an Weisungen eines übergeordneten Bischofs gebunden. Andererseits kann eine lokale Synode Entscheidungen treffen, an die der lokale Bischof gebunden ist, und die Entscheidungen ökumenischer oder panorthodoxer Konzile sind auch für Patriarchen bindend.
Da Bischöfe in der orthodoxen Kirche im Zölibat leben, Priester und Diakone aber gewöhnlich verheiratet sind, kommen die meisten orthodoxen Bischöfe aus dem Mönchstum - ein verwitweter Priester kann aber ebenfalls Bischof werden.
Die Wahl der Bischöfe ist in den einzelnen orthodoxen Kirchen verschieden geregelt, jedoch wird die kollektive Zustimmung der Bevölkerung durch den Ruf Axios! (griechisch für "er ist würdig") als wichtiger Teil der Weihe gesehen. Die Abdankung von Bischöfen aufgrund von Druck aus der Bevölkerung ist ebenfalls häufiger als in der katholischen Kirche.
Im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche ist das Sakrament der Firmung nicht dem Bischof vorbehalten sondern wird direkt nach der Taufe durch den Priester zelebriert.
Die Größen der Diözesen unterscheiden sich sehr stark zwischen den einzelnen orthodoxen Kirchen; beispielsweise hat das kleine Griechenland über 80 Bischöfe, mehr als das große Russland.
Anglikanische Kirche
Die anglikanische Kirche kennt ebenfalls die Bischofsweihe und eine bischöfliche Hierarchie mit Primas, Erzbischof und Bischof, wobei der Primas der Church of England ehrenhalber als Oberhaupt angesehen wird, jedoch gegenüber andern Kirchen nicht weisungsberechtigt ist. Anglikanische Bischöfe stehen ebenfalls in der apostolischen Sukzession.
Die Diözese ist die wesentliche Einheit innerhalb der anglikanischen Kirche. Das höchste Gremium jeder anglikanischen Kirche ist die Bischofssynode, die Versammlung aller Bischöfe der Kirche. Ein anglikanischer Bischof darf seine Funktionen nur in seiner eigenen Diözese ausüben.
Anglikanische Bischöfe sind oft verheiratet, in wenigen anglikanischen Kirchen kann auch eine Frau Bischof werden. Die Bischofswahl erfolgt nach den Statuten der betreffenden Kirche, gewöhnlich durch ein Gremium von Priestern und Laien.
In der Anfangszeit des Methodismus rechneten sich die Methodisten zu den Anglikanern, deren Bischöfe in der apostolischen Sukzession stehen und nahmen die Sakramente in der anglikanischen Kirche.
Mit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten kam für die Methodisten in den USA eine Zeit, wo es keine anglikanischen Bischöfe in erreichbarer Nähe gab. Zurückgehend auf die orthodoxe Tradition beispielsweise im Patriarchat von Alexandria im dritten Jahrhundert, wo die Presbyter einen der ihren zum Bischof wählten, definierte John Wesley das methodistische Verständnis vom Bischofsamt: zwischen einem Bischof und einem Ältesten (Presbyter, Pfarrer) gibt es keinen Unterschied im Weihegrad sondern nur einen Unterschied in der Funktion: ein Bischof ist ein Presbyter der eine leitende Funktion gegenüber den Presbytern seiner Region hat. Von daher kann das Bischofsamt in einer methodistischen Kirche zeitlich begrenzt sein und der Bischof ist nach Ablauf seiner Amtszeit wieder ein Presbyter wie jeder andere, leitet beispielsweise eine Gemeinde - es gibt allerdings auch lokale Kirchenordnungen, in denen die Wahl eines Bischofs auf Lebenszeit möglich ist. Die ersten Bischöfe der methodistischen Kirche wurden von John Wesley und einigen anderen ordinierten Geistlichen der anglikanischen Kirche gewählt. In der methodistischen Tradition gibt es also keine apostolische Sukzession des Bischofsamts.
Das Bischofsamt in der evangelisch-methodistischen Kirche ist in vielen Fällen länderübergreifend: der nordeuropäische Sprengel umfasst beispielsweise die skandinavischen und baltischen Länder, der südosteuropäische Frankreich, Mitteleuropa ohne Deutschland, den Balkan und Nordafrika. Deutschland musste aus politischen Gründen in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts ein separater Sprengel werden und ist bis heute ein eigener Sprengel geblieben.
Lutherische Kirchen
In den lutherischen Kirchen gibt es in der Regel das Amt des Bischofs, der für eine Region zuständig ist und gegenüber den Pfarrern der Ortsgemeinden eine Leitungsfunktion hat. Dieses Amt kann als Bischof bezeichnet werden, andere Bezeichnungen sind Generalsuperintendent, Präses und Schriftführer (Bremische Evangelische Kirche).
Es gibt keine separate Ordination für Bischöfe, der Bischof wird nicht als höherer geistlicher Rang sondern als eine Art Pfarrer im zeitweiligen kirchenleitenden Dienst gesehen. Es gibt keine dem Bischof vorbehaltenen Sakramente. und keine apostolische Sukzession.
Evangelische Amtsinhaber werden in der Regel von der Synode (Kirchenparlament) für eine bestimmte Zeit gewählt. In den meisten evangelischen Kirchen wird das Amt sowohl von Männern als auch von Frauen ausgeübt.
Presbyterianische Konfessionen
Bei Kirchen mit einer presbyterianischen Struktur, zu denen insbesondere die Kirchen der reformierten Tradition zählen, gibt es kein Bischofsamt, sondern die Leitung der Kirche liegt auf allen Stufen bei einem Gremium von Ältesten, das als Presbyterium, Synode, oder Generalversammlung bezeichnet werden kann. Diese Ältesten sind in der Regel Laien, ihr Amt wird jedoch als geistliches Amt gesehen und oft gibt es eine spezielle Ordination für Älteste.
In manchen Konfessionen können Männer und Frauen Älteste werden, in anderen nur Männer.
Die Ältesten beschränken sich jedoch in der Regel im Gegensatz zu Bischöfen auf leitende Funktionen, die Sakramente werden von ordinierten Pfarrern verwaltet - bei den Ältesten liegt jedoch die Verantwortung die Kirche gemäß der Tradition zu führen, die in episkopalen Konfessionen beim Bischof liegt.
Kongregationalistische Konfessionen
Kongregationalistisch strukturierte Konfessionen, beispielsweise die meisten Baptisten und Pfingstgemeinden, kennen kein übergemeindliches Bischofsamt. Sie betonen die Autonomie der Ortsgemeinden und halten die Begriffe Bischof und Ältester für synonym. Die meisten dieser Gemeinden kennen jedoch unter verschiedenen Bezeichnungen die Funktionen des dreifachen Amtes auf Gemeindeebene: es gibt einen Gemeindeleiter (episkopos), ein Gremium von Ältesten (presbyteroi) und diakonische Funktionen. Sie begründen das unter anderem mit Hinweis auf Apostelgeschichte 20,17-35 (Abschiedsrede des Paulus vor den Ältesten der Gemeinde Ephesus; siehe besonders die Verse 17 und 28).
Neuapostolische Kirche
Die Neuapostolische Kirche (NAK) kennt 3 Amtsklassen: Diakone, Priester und Apostel. Die Apostel, im Apostolat zusammengefasst mit dem Stammapostel als Haupt, bilden die höchste Ämterhierarchie.
Unter den priesterlichen Ämtern ist die Amtsstufe des Bischofs die höchste. Bischöfe werden in der Regel, wie auch die Apostel, direkt durch den Stammapostel ordiniert. Sie unterstützen ihren Apostel teils in ehrenamtlicher Tätigkeit, teils auch im festen Dienst der Kirche. Die priesterlichen Ämter in der NAK führen Gottesdienste durch, spenden das Sakrament der Heiligen Wassertaufe und das Sakrament des Heiligen Abendmahls, nehmen neue Mitglieder in die Kirche auf, segnen die Kirchenmitglieder zu Konfirmationen, Verlobungen, Trauungen, Hochzeitsjubiläen und führen Trauerfeiern durch.
Zitate
- Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, maßvoll, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren, kein Säufer, nicht gewalttätig, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig, einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und gehorsame Kinder hat in aller Ehrbarkeit. Denn wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er für die Gemeinde Gottes sorgen? Er soll kein Neugetaufter sein, damit er sich nicht aufblase und dem Urteil des Teufels verfalle. Er muss aber auch einen guten Ruf haben bei denen, die draußen sind, damit er nicht geschmäht werde und sich nicht fange in der Schlinge des Teufels. (1. Tim. 3,2-7 wiedergegeben nach der Lutherbibel (Ausgabe 1984))
Literatur
- Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, hrsg. von Erwin Gatz unter Mitwirkung von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker & Humboldt 1996, XCVI und 871 S., ISBN 3-428-08422-5
- Erler, Adalbert. Juristische Kurzlehrbücher. Kirchenrecht. Ein Studienbuch, 4. Auflage, München: C.H. Beck, 1975.
Weblinks
Siehe auch
(s. Kirchenamt, Religiöser Titel) vgl. Visitation) ; lat. Lehnübersetzung superintendens;