Arzt-Patient-Beziehung
Unter der Arzt-Patient-Beziehung (auch: Patient-Arzt-Beziehung) versteht man die Beziehung zwischen einem Arzt und dem Patienten, der sich vom Arzt beraten oder behandeln lässt. Wegen großer Informations- und Kompetenzunterschiede ist die Beziehung asymmetrisch. Wesentliche Orte der Arzt-Patient-Beziehung sind anamnestisches und therapeutisches Gespräch sowie Interaktionen bei diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen. Zu nichtärztlichen Therapeuten wie Psychologen, Heilpraktikern, Krankenschwestern und -pflegern besteht ein der Arzt-Patient-Beziehung eng verwandtes Verhältnis.
Regeln für die Patient-Arzt-Beziehung werden im Eid des Hippokrates, im Genfer Ärztegelöbnis und in berufsethischen oder standesrechtlichen Richtlinien angegeben. Auch allgemein-rechtliche Bestimmungen, u.a. bezüglich des Behandlungsauftrags, den der Patient dem Arzt erteilt, sind Grundlage des Verhältnisses zwischen Patient und Arzt. Die ärztliche Schweigepflicht gewährleistet, dass die Beziehung in einem geschützten Raum stattfindet.
Alle für die Arzt-Patient-Beziehung wichtigen Faktoren sind im Idealfall so zu gestalten, dass Patient und Arzt einander Vertrauen schenken, der Patient kompetente fachliche Beratung erhält, bestmögliche Behandlung erfährt und mit der Behandlung zufrieden ist. Das verlangt vom Arzt sowohl medizinische als auch psychosoziale Kompetenz. Der englische Arzt Michael Balint hat eine an der Psychoanalyse orientierte Methode entwickelt, die in Balint-Gruppen praktiziert wird und dem Arzt helfen kann, die Arzt-Patient-Beziehung und ihre Auswirkungen auf den Erfolg der Behandlung besser verstehen zu können.
Einer guten Arzt-Patient-Beziehung wird ein wichtiger Einfluss auf Krankheitsverlauf und Behandlungserfolg zugeschrieben. Ohne sie laufen therapeutische Maßnahmen Gefahr, erfolglos zu bleiben, weil der Patient nicht kooperiert und beispielsweise Ratschläge nicht befolgt oder verordnete Medikamente nicht einnimmt (Non-Compliance).
Aus rein wirtschaftsorienter Sicht kommt die Arzt-Patient-Beziehung primär durch einen Vertrag des bürgerlichen Rechts über ärztliche Leistungen zustande, der Arzt ist Leistungserbringer, der Patient Kunde, es entsteht ein reines Dienstleistungsverhältnis, ein besonderes Vertrauensverhältnis ist nicht angestrebt. Hintergrund dieser Sichtweise ist ein beschränktes Krankheitsmodell, das Krankheit reduziert auf Dysfunktionalitäten des Körpers und persönlichkeits- und sozialbedingte Anteile ignoriert. Der Arzt darf den Patient nur dann ausschließlich als Kunden betrachten, wenn der Patient keinen Auftrag zu heilen, zu lindern oder vorzubeugen erteilt, wie es beispielsweise bei Verfahren der kosmetischen Chirurgie, der Reproduktionsmedizin oder der medizinisch assistierten Leistungssteigerung in der Sportmedizin der Fall sein kann.
Unter rechtlichen Gesichtspunkten wird das Verhältnis zwischen Patient und Arzt problematisiert im Medizinrecht im allgemeinen und im Arzthaftungsrecht im besonderen.
Unstandesgemäßes Verhalten
Sowohl aus ethischen als auch aus therapeutischen Gründen widerspricht es der ärztlichen Rolle, wenn der Arzt mit einem Patienten eine sexuelle Beziehung eingeht. Es wird von einem Arzt erwartet, dass er solche Beziehungen nicht zustande kommen lässt, weil sich der Patient in einer Form von Abhängigkeit befindet, die wesentlich zur Arzt-Patient-Beziehung gehört. Wenn der Arzt registriert, dass von Patientenseite die Beziehung einen erotischen Anteil erfährt, muss er dies dem Patienten gegenüber ansprechen und im Gespräch als Übertragung therapeutisch zu bearbeiten versuchen.
Siehe auch: Patientenrecht, Patientenverantwortung, Kunstfehler
Weblinks
- Arzt-Patient-Verhältnis in: Abschlussbericht der Enquête-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" 14.Mai 2002 S. 201-203 dip.bundestag.de
- Linus Geisler: Arzt-Patient-Beziehung im Wandel. Stärkung des dialogischen Prinzips. In: Abschlussbericht der Enquête-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin"[1] 14.Mai 2002 S. 216-220 www.linus-geisler.de
- J. Philip Zindel: Sexuelle Beziehungen zwischen Therapeuten und Patientinnen. Stellungnahme der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Hypnose SMSH[2] www.psychiatrie.ch