Schärfentiefe

Maß für die Ausdehnung des scharfen Bereichs im Objektraum eines abbildenden optischen Systems
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Der als Schärfentiefe (auch als Abbildungstiefe, manchmal falsch als Tiefenschärfe) bezeichnete Schärfebereich ist die Ausdehnung des scharf abgebildeten Bereichs entlang der optischen Achse eines optischen Systems.

Geometrische Schärfentiefe

Datei:A4 blendenwirkung.jpg
Geometrische Schärfentiefe

In der geometrischen Optik kann streng genommen ein völlig scharfes Bild auf der Bildebene nur von einer einzigen Gegenstandsebene erzielt werden. Nur von dieser einzigen Gegenstandsebene werden sämtliche Punkte als Bildpunkte (ein Punkt hat genau genommen keine Ausdehnung) wiedergegeben. Alle anderen Punkte, die sich in näher oder weiter liegenden Ebenen befinden, erscheinen nicht mehr als Punkte, sondern als Scheibchen, so genannte Zerstreuungskreise oder Unschärfekreise (Z). Sie entstehen, weil die vom Objektiv auf den Film fallenden Lichtkörper Kegel sind; gerät die Kegelspitze hinter den Film, weil nicht genau auf diesen Punkt fokussiert ist, wird die Spitze abgeschnitten, endet die Kegelspitze vor der Filmebene, werden die Oberflächenlinien des Kegels dorthin verlängert (analog Spiegelbild des Kegels) und es entsteht ebenso ein Zerstreungskreis auf dem Film (siehe Grafik).

Eng nebeneinander liegende Punkte, die nicht in der Gegenstandsebene liegen, werden durch eng nebeneinander liegende Zerstreuungskreise abgebildet, die sich überdecken und in den Randbereichen vermischen, wodurch ein unscharfes Bild ensteht.

Die Größe des maximalen Zerstreuungskreises Z ist abhängig vom Aufnahmeformat; teilweise ist sie genormt. Die folgende Tabelle veranschaulicht die maximale Größe der Zerstreuungskreise je nach Aufnahmeformat des jeweiligen Fotoapparats:

Aufnahmeformat Abbildungsgröße Z Bemerkung
1/2,7"-Digitalkamera-Sensor 5,3 x 3,9 mm 0,005 mm z.B. Canon Powershot A70 mit 3,2 Megapixel Auflösung
1/1,8"-Digitalkamera-Sensor 7,2 x 5,3 mm 0,006 mm z.B. Canon Powershot G3 mit 4,2 Megapixel Auflösung
2/3"-Digitalkamera-Sensor 8,8 x 6,6 mm 0,008 mm z.B. Minolta Dimage A1 mit 5 Megapixel Auflösung
Kleinbildformat 24 x 36 mm 0,03mm
Mittelformat 57x57mm 0,05mm
Großformate z.B. 9x12cm 0,09-0,1mm
Größere Formate > 0,1mm

Zu den Sensorgrößen siehe Auflösungen von Filmen. Eine Liste der Zerstreuungskreise von Digitalkameras verschiedenster Hersteller findet sich unter DOF - Circles of Confusion for Digital Kameras (englisch).

Solange die Unschärfekreise nicht größer als Z werden, wird die Abbildung als scharf erachtet. Dabei entsteht der Eindruck, das Bild weise nicht nur eine Schärfenebene, sondern einen Schärfebereich auf.

Anwendung in der Fotografie

 
Blende f22, die Schärfe reicht von vorne bis hinten
 
Blende f10, vorne und hinten leicht unscharf
 
Blende f2, nur noch die Margeriten in der Bildmitte sind scharf

Der Schärfebereich kann durch mehrere Faktoren (siehe Abschnitt Schärfentiefe_berechnen) beeinflusst werden:

  • Durch Abblenden der Blende wird er ausgedehnt und durch Aufblenden eingeengt. Je kleiner die Blende ist, desto größer ist also der Schärfebereich.
  • Eine weitere Einflussgröße auf die Schärfentiefe ist der Abbildungsmaßstab. Der Abbildungsmaßstab hängt von der Brennweite des Objektivs und der Gegenstandsweite ab. Je kleiner der Abbildungsmaßstab, desto größer ist die Schärfentiefe. Ein Weitwinkelobjektiv mit einer kürzeren Brennweite erzeugt eine größere Schärfentiefe als ein Teleobjektiv mit einer langen Brennweite.
  • Wenn die Gegenstandsweite klein ist, also nah fokussiert wird (weniger als hyperfokalen Entfernung plus Brennweite), ist der Schärfentiefebereich begrenzt. Je näher fokussiert wird, umso kleiner wird er.
  • Wenn die Gegenstandsweite groß ist, also fern fokussiert wird, geht der Schärfebereich ins Unendliche. Der Schärfebereich beginnt umso näher, je weiter weg fokussiert wird.
  • Der zulässige Zerstreuungskreis der Kamera wirkt sich ebenfalls auf die Schärfentiefe aus.


Kameras lassen sich manuell, teilautomatisch oder auch vollautomatisch einstellen.

  • Beim manuellen Einstellen der Kamera ist es bis zu einem Abbildungsmaßstab von 1:1 (nicht im Makrobereich) üblich, den Schärfebereich über Blende und Abbildungsmaßstab zu bestimmen (mit Objektivtabellen, entsprechenden Schieberechnern). Dafür gibt es Formeln (siehe z.B. unten). Dies wird ausführlich in der Photoschule Großformat erläutert.
  • Bei Kameras mit computergestützten Automatik-Funktionen wird der Maßstab in Brennweite und Abstand aufgelöst. Bei diesen Kameras kann der Schärfentiefebereich bei vorgegebener Gegenstandsweite über die Arbeitsblende und die Brennweite beeinflusst werden. Dies gilt nicht für Vollautomatik-Programme.


Die Verteilung der Schärfentiefe vor und hinter dem fokussierten Objekt variiert mit der eingestellten Entfernung: im engen Nahbereich wird ungefähr ein Verhältnis von 1:1 erreicht, mit wachsender Entfernung wächst der Anteil hinter dem fokussierten Objekt kontinuierlich an; letzteres extrem, wenn die Unendlicheinstellung noch eben in den Schärfebereich gelegt wird (= halbe hyperfokale Entfernung; die hyperfokale Entfernung entspricht der Fokussierung auf den Punkt "Unendlich").

Der gezielte Einsatz der Schärfentiefe durch Einstellen der Blende, der Entfernung und der Brennweite ermöglicht es, den Blick des Betrachters auf das Hauptmotiv zu lenken. Dazu schränkt der Fotograf die Schärfentiefe so eng wie möglich um die Ebene ein, auf dem sich das zentrale Bildelement befindet. Der Vorder- und Hintergrund wird dadurch unscharf dargestellt und lenkt nicht mehr vom zentralen Element ab.

Bei der Fachkamera kann mit der Scheimpflug-Einstellung der Schärfebreich auch von oben, unten, links nach rechts oder diagonal in das Motiv gelegt werden.

Schärfentiefe berechnen

 
Verschiedene Strahlengänge zum Bestimmen der Schärfentiefe. Es wird auf die hyperfokale Entfernung fokussiert. Der Fernpunkt liegt damit im Unendlichen.
 
Verschiedene Strahlengänge zur Bestimmung der Schärfentiefe. Fokussierung vor der hyperfokalen Entfernung. Der Fernpunkt liegt nicht im Unendlichen.

Folgende Variablen werden benötigt:

  • die Objektiv-Brennweite   in mm, z.B. 7,2 mm, 35 mm oder 200 mm
  • die Blendenzahl   (Arbeitsblende, dimensionslos), z.B. 5,6 oder 22
  • die fokussierte Entfernung (Gegenstandsweite vom Linsenmittelpunkt aus)   in mm, z.B. 500 mm

Ferner wird für die Schärfentiefen-Berechnung eine kameraabhängige Konstante benötigt:

Zuerst wird die hyperfokale Entfernung   vom Linsenmittelpunkt aus in mm berechnet:

 
Ein Objektiv, das auf die hyperfokale Entfernung fokussiert ist, bildet alle Gegenstände, die zwischen der hyperfokalen Entfernung und Unendlich liegen, in guter Näherung scharf ab. Die Schärfentiefe ersteckt sich dabei von der halben hyperfokalen Entfernung bis Unendlich.

Anschließend können wir den Nahpunkt   berechnen:

 
Die Formel liefert die Entfernung zum Nahpunkt vom Linsenmittelpunkt aus in mm.

Ebenso können wir den Fernpunkt   berechnen:

 
Die Formel liefert die Entfernung zum Fernpunkt vom Linsenmittelpunkt aus in mm.

Der Schärfentiefebereich   erstreckt sich vom Nahpunkt   bis zum Fernpunkt  :

 

Zum weiterlesen: Ein Blick auf die Schärfentiefe (PDF).

Wellenoptische Schärfentiefe

Alle optischen Abbildungen sind durch Beugung begrenzt, so dass ein einzelner Punkt niemals auf einen Punkt, sondern nur auf ein Beugungsscheibchen (oder Airyscheibchen) abgebildet werden kann. Die Trennschärfe zweier benachbarter Beugungsscheibchen definiert analog zum fotografischen Film einen maximal zulässigen Zerstreuungskreis. Nach dem Rayleigh-Kriterium muss die Intensität zwischen zwei benachbarten Bildpunkten um 20% abfallen, um als scharf zu gelten. Die Größe des Beugungsscheibchens ist abhängig von der Wellenlänge des Lichts. Man definiert die Rayleighsche Schärfentiefe als

 

Hierbei ist   die Wellenlänge, n der Brechungsindex und u der Aperturwinkel des abbildenden Systems.

Die Rayleighsche Schärfentiefe ist bei beugungsbegrenzten optischen Systemen relevant, zum Beispiel in der Mikroskopie oder in der Fotolithografie.

Siehe auch

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Literatur

  • Berechnungsgrundlagen und Beispiele optische Systeme einschließlich Betrachtungen zur Wellenoptik im Buch von H. Haferkorn, Optik Physikalisch-technische Grundlagen und Anwendungen, Verlag Harri Deutsch Frankfurt/Main, 1981, ISBN 3-8744-570-3, Kap. 6.4.3, Seite 562-573