Konzerthaus Dortmund

Konzerthaus in Dortmund (NRW)
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Das Konzerthaus Dortmund im Dortmunder Stadtkern wurde im September 2002 eröffnet. Es liegt im Brückstraßenviertel an der Kreuzung der Brückstraße mit der Ludwigstraße. Der Saal verfügt über 1500 Sitzplätze, davon 900 als Kleiner Saal nutzbar, und ist durch eine moderne Stahl-Glas-Architektur geprägt. Das Konzerthaus ist Sitz der 1887 gegründeten Dortmunder Philharmoniker. Gründungsintendat und einer der Hauptinitiatoren für das "Projekt Konzerthaus" war Ulrich Andreas Vogt. Seit 2004 ist Benedikt Stampa Intendant und Geschäftsführer.

Saal des Konzerthauses Dortmund, der Philharmonie für Westfalen

Geschichte

Machbarkeitsstudie und Abriss des Universum-Kinos

Da das Brückstraßenviertel Mitte der Neunziger durch verschiedene Maßnahmen aufgewertet werden sollte, sah die Stadt Dortmund dieses Viertel als optimalen Standort für das "Projekt Konzerthaus" und so gab man 1997 eine Studie in Auftrag, die klären sollte, wie man das alte Universum-Kino in der Brückstraße zu einem Konzertsaal umbauen könne. Experten kam zum Ergebnis, dass dies nur durch einen Neubau unter Einbeziehung eines angrenzende Kaufhauses möglich wäre, da ansonsten eine große Zuschauerkapazität, Podiumsgröße und eine gute Akustik nicht möglich wären. Aus diesem Grund begann man am 1. Februar 1999 mit dem Abriss der zu dem Zeitpunkt leerstehenden Gebäuden des Kinos und des Kaufhauses. Die statischen Gegebenheiten in der Blockbebauung verlangten ein etagenweises Abtragen, um die Standsicherheit nicht zu gefährden. Beim Abriss entstanden, in acht Monaten, 45.000 Kubikmeter Schutt.

Bau des Konzerthauses

 
Das Konzerthaus als integraler Bestandteil der urbanen Bebauung

Das Konzerthaus (auch Philharmonie für Westfalen genannt) wurde vom Architekturbüro Schröder Schulte-Ladbeck mit dem projektleitenden Architekt Michel Raimo Famulicki konzipiert. Im Juli 2000 bezogen die Generalunternehmer Freundlieb und Hochtief ihr Baubüro in der Reinoldistraße. Aufgrund der dichten Bebauung war kein Platz für ein Containerdorf vorhanden, wie normalerweise üblich. Das Grundstück der Baustelle betrug 2500 Quadratmeter. Insgesamt dauerte die Einrichtung der Baustelle rund eine Woche und es arbeiteten bis zu 200 Handwerker gleichzeitig.

Am 16. Oktober 2000 wurde der erste Grundstein gelegt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Sauer setzte die letzten Hammerschläge auf einen Stein mit besonderen Inhalt. Im Stein war ein Glückspfennig (gefunden in der Berliner Philharmonie beim ersten Besuch des damaligen Intendanten Ulrich Andreas Vogt), ein Manuskript des Komponisten Matthias Pintscher, ein geflügeltes Nashorn (Symbol des Konzerthauses), mehrere Tageszeitungen, ein Taktstock, eine Taschenpartitur von Beethovens Fidelio (mit einer Widmung von Wilhelm Schüchter) und eine Bibel. Am gleichen Tag nahmen zwei Kräne (jeweils 44 und 46 m hoch) den Betrieb auf. Da angepasste Zufahrtswege für die Lieferung von Baustoffen fehlten, mussten die termingerecht gelieferten Baustoffe vorher angemeldet werden. In den Hochzeiten des Hochbaus fuhren 40 bis 50 Lkws die Baustelle an. Insgesamt waren für den Rohbau 9000 Kubikmeter Beton und 1300 Tonnen Bewehrungsstahl nötig. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Akustik gelegt, und somit musste jeder Bauschritt mit Akustikern abgesprochen sein.

Im September 2001 begann der Innenausbau. Der Rohbau verfügte über eine Bruttogeschossfläche von 17.000 Quadratmetern. Das Gebäude ist 32 Meter hoch und geht acht Meter unter die Erde. Im März 2002 wurden spezielle Akustik-Elemente aus Gips installiert, die den Schall isolieren, aber nicht schlucken. Die konvexen Vollgipselemente sind genau berechnet und der Abstand beziehungsweise die Tiefe kleiner Einschubkästen sind verantwortlich für die Schallbrechung. Im April 2002 endete die handwerkliche Arbeit im Konzertsaal, damit, ohne Staub, 1550 Stühle und das Parkett verlegt werden konnte. Die Orgel der Orgelmanufaktur Klais wurde gebaut und am 25. April 2002 eingestimmt. Im September 2002 wurde das Konzerthaus mit einer Konzertreihe festlich eingeweiht.

Die Baukosten wurden ursprünglich mit 60 Millionen DM veranschlagt, sie betrugen nach Fertigstellung 95 Millionen DM (ca. 48 Mio Euro), eine vergleichsweise niedrige Summe. Die Stadtväter legten Werte darauf, dass der Konzertbau nicht zu Lasten von Schulen oder Kindergärten gegangen sei.

Architektur

 
Ätzglasfassade
 
Konzert Carmina Burana 2005
 
Innenansicht
 
Das Konzerthaus-Logo

Außenfassade

Das Konzerthaus besitzt zur Brück- und Ludwigstraße Ätzglasfassaden mit LED-Leuchten, die per Computer stufenlos das ganze Farbenspektrum darstellen können. Da kein Vorplatz vorhanden ist, hat man keine Hemmschranke zum Beispiel in Form eines Portals eingefügt. Dies hat den Vorteil, dass der Eingangsbereich durch die durchsichtige Glasfront einladend wirkt. Des Weiteren reiht es sich in die vorhandene Fassadenreihe ein, aber sticht gleichzeitig durch die Eckposition und die schräge Ätzglasfassade heraus. Um aber die Verbindung zu den anderen Fassaden optisch zu ermöglichen, hat man sich entschlossen, zwischen Konzerthaus und Nachbargebäude eine gläserne Passage verlaufen zu lassen.

Innenbereich

Über den Haupteingang an der Brückstraße gelangt man zum Stadtfoyer. Im Stadtfoyer sind eine Bar, das Musikgeschäft Aktivissimo und die Abendkasse vorhanden. Von hier sieht man den eigentlichen freistehenden Konzertsaal, welcher im ersten Stock beginnt. In diesem Bereich wird der ganze Saal nur durch zwei Betonpfeiler gehalten. Insgesamt wirkt das ganze Gebäude um den Saal sehr transparent und optisch hell. Zugang zum Saal erhält man jeweils von links und rechts über Treppen oder über zwei behindertengerechte Fahrstühle.

Konzertsaal

Von Außen ist der Saal völlig geschlossen und schwarz. Insgesamt liegt der Saal im Gebäude wie ein schräg gestellter Kasten. Im Inneren ist es konträr vorwiegend weiß. Insgesamt verfügt der Saal über 1.550 Plätze, die sich über drei Ränge erstrecken. Mit Hilfe eines Vorhangs ist es möglich den Saal auf eine Besucherkapazität von 900 Personen zu verkleinern. 800 Personen haben im ansteigenden Parkett Platz. Die drei Ränge bieten zwei Sitzreihen, die sich über die ganze Seitenlänge erstrecken. Die zwei oberesten Ränge bieten außerdem an der Rückwand große Balkone. Die Orgel hinter dem Orchester-Podium ist bewusst nicht im sakralen kirchlichen Stil gebaut, sondern wie ein Wandbild, welches mit Ahornholz optisch zurückgenommen ist. Der Saal verfügt über eine ausgeklügelte Beleuchtung, so dass unterschiedliche Lichteffekte erzielt werden können. Auch kann die Bühne für Shows oder Ballett genutzt werden.

Akustik

Der Konzertsaal wurde von seinem Klangraum her vom Dortmunder Architekturbüro Schröder Schulte-Ladbeck in Zusammenarbeit mit der Raumakustikerin Brigitte Graner konzipiert. Im Allgemeinen ist der Konzertsaal akustisch an den Saal des Wiener Musikvereins angelehnt. Eine Nachhallzeit von etwa zwei Sekunden garantiert eine herausragende Akustik. Die genaue Planung der Akustik-Elemente hat das Architektenbüro Graner+Partner in einem Labor vollzogen, wo Klangelemente per Computersimulation getestet werden konnten. Maßgeblich für die Tongestaltung in Raum sind die gerundeten Gipswände, die so genannte Einschubkästen (im Konzerthaus Klangwelle genannt) mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Tiefen beinhalten, welche den Klang reflektieren.

Ein weiteres wichtiges Akustikelement (welches auch optisch interessant ist) sind die zwölf Segel aus Holz, die an der Decke über dem Podium hängen. Diese ermöglichen den Musikern das bessere gegenseitige Hören und unterstützen auch die Reflektionszeit für das Publikum, indem der Klang reflektiert wird. Die Decke selbst ist mit großen Schuppen aus Gipskarton-Platten ausgestattet, die die Klänge auffangen. Die Oberfläche ist glatt und hat eine Biegung, um eine diffuse Streuung zu erreichen. Außerdem sind die Stühle ein wichtiges Element für die Klangverteilung. Aus diesem Grund ist die Form und Gestaltung genau berechnet. Zum Beispiel besitzen die Stühle hinter der Rückenlehne eine Lochplatte aus Holz.

Von Anfang an wurde der Schwerpunkt des Konzerthauses auf Klang ausgerichtet. Folgerichtig wurde als Logo ein Symbol für Hören gewählt, das „rhinoceros alatus“ (das geflügelte Nashorn), weil nämlich das Nashorn mit seinen kleinen, stets sich bewegenden Ohren, eines der besten Hör-Tiere ist. Dass es auch zusätzlich fliegen kann und ziemlich gut gepanzert und widerstandsfähig ist, soll als weiteres Symbol gelten. Inzwischen heißt der Slogen: So klingt nur Dortmund!

Da unterschiedliche Veranstaltungen von Anfang an geplant waren, hat man eine elektroakustische Verstärkung inklusive einem Lautsprechersystem entwickelt. Über die Tontechniker-Kabine in der dritten Etage ist es möglich, CD-Aufnahmen vorzunehmen. Die Wiener Philharmoniker sagten – zum ersten Mal in ihrer Geschichte – im Konzerthaus Dortmund in einem Saal ein Konzert zu, in dem zum Vertragsabschlusszeitpunkt noch nie ein Orchester gespielt hatte.

Orgel

Die Orgel wurde von der Orgelmanufaktur Klais in einjähriger Bauzeit gefertigt und feierte den ersten Ton am 25. April 2002. Der gradlinige Grundentwurf des Architekten Michel Raimo Famulicki fügt sich unaufdringlich in die moderne Architektur des Saales ein. Sie ist 10,60 Meter breit, 12,50 Meter hoch, wiegt 20 Tonnen und besteht aus 3565 Pfeifen, davon 306 aus Holz und 3259 aus Zinn. Der Klang des Musikinstruments gilt als warm und weich. Für die Disposition war Bernhard Buttman zuständig. Die Kosten in Höhe von 920.000 Euro wurden von der Kulturstiftung der Industrie- und Handelskammer finanziert.

Insgesamt besteht die Orgel aus 53 klingenden Registern, zwei Tremulanten und 15 verschiedenen Koppeln. Den Grundstock in fast der Hälfte der Register bildet das 8-Fuß-Register, welches aus drei Manualen Charakteristisch sind die vielen solistisch prägnanten Pfeifenregister. In den 14 Registern des ersten Manuals sind dies etwa die Viola da gamba, das Gemshorn oder das Bordun. Im zweiten Manual sticht die Flaute dolce mit dem milden Klang und das Progressio-Regsiter mit hohen Aliquoten heraus. Im dritten Manual ist es besonders die Aeoline, die ausdruckstark klingt. Im Hochdruckwerk des Schwellkasten befinden sich u. a. die Soloregister Konzertflöte, Stentorgambe und Tuba. Das Fundament wird im Pedal durch das Kontrabass, Posauenbass und Violinenbass gebildet. Der Quintbass erstellt klanglich, zusammen mit dem 16-Fuß-Kontrabass, die 32-Fuß-Akustikflöte. Um Obertöne zu erstellen, sind Zungenregister in der Orgel.

In der Vorderansicht, dem Prospekt, sind nur 41 Pfeifen aus Zinn ersichtlich. Die kleinste Pfeife der Orgel misst acht Millimeter; die größte ist die 16-Fuß-Principal, die inklusive Fuß 8,13 Meter lang und 400 Kilogramm schwer ist. Der elektrische Spieltisch mit 61 Tasten pro Manual (C bis c4) und 32 Pedaltasten (C bis g1) ist auf dem Podium fahrbar. 70 Registerzüge und Kippschalter bieten die Möglichkeit, 400 Klangkombinationen einzustellen.

Veranstaltungen

Das Konzerthaus bietet zirka 200 Veranstaltungen pro Spielzeit (die Spielzeit beginnt im Spätsommer und dauert ein Jahr). Bei der Auswahl wird auf eine große Vielfalt wert gelegt. So rief das Konzerthaus Dortmund im Jahre 2006 das deutschlandweit erste Pop-Abo ins Leben: Mit "pop_unplugged" wird eine jüngere Zielgruppe an die Strukturen eines klassischen Konzert-Abonnements herangeführt.

Erste Saison

Die Dortmunder Philharmoniker sind in der ersten Spielzeit, größtenteils dirigiert durch den damaligen Dortmunder Generalmusikdirektor Arthur Fagen, insgesamt zwanzig Mal aufgetreten. Gespielt wurden vor allem Stücke von Mozart oder Haydn. Ein weiterer Schwerpunkt war die Romantik mit Mendelssohn, Bruckner und Brahms. Als moderne Kompositionen wurden unter anderen Stücke von Aribert Reimann und Matthias Pintscher gespielt. Als Gastorchester spielten die Wiener Philharmoniker, das Chinese National Traditional Orchester, Strauß Festival Orchester, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, die Münchner Philharmoniker und mehrere Orchester aus Nordrhein Westfalen, beispielsweise die Orchester aus Essen, Bochum, Duisburg oder Münster.

Des Weiteren legte man das Augenmerk auf Gala-Abende mit Opernstars, beispielsweise Lucia Aliberti, Vesselina Kasarova, Edita Gruberova oder Ben Heppner. Als ein vielbeachtetes „Leuchturmprojekt“ wurde in den Jahren 2003 bis 2004 eine halbszenische, konzertante Aufführung des Ring des Nibelungen von Richard Wagner mit internationaler Starbesetzung unter der Leitung von Hans Wallat aufgeführt.

In Europa etabliert

Das Konzerthaus wurde von Anfang an in die "Premiumklasse" der weltweiten Konzerthäuser eingestuft (International Society of the Performing Arts). Inzwischen ist das Dortmunder Konzerthaus aufgrund seiner außergewöhnlichen Akustik und des dankbaren Publikums für viele Orchester und Künstler ein beliebter Aufführungsort. Besonders geeignet ist der Saal für Solisten und Sänger(innen). So gastierten (teils mehrmals) Anne-Sophie Mutter, Anna Netrebko, Ben Heppner, Edita Gruberova, Cecilia Bartoli, Waltraud Meier, Thomas Hampson, Thomas Quasthoff, Matti Salminen, Yo-Yo Ma, Martin Stadtfeld oder Alfred Brendel.

Inzwischen gibt es über 4000 Abonnenten und viele unterschiedliche Konzertreihen, so die Konzertreihe next generation, die junge Künstler vorstellt. Des Weiteren hat die Mozartgesellschaft und die Chor-Akademie verschiedene Gastveranstaltungen organisiert.

Koordinaten: 51° 30′ 58″ N, 7° 28′ 0″ O