Menes (ägypt. Meni) ist der Name eines sagenumwobenen ägyptischen Königs (Pharao) der 1. Dynastie, welcher um 3.000 v. Chr. das Ägyptische Reich gegründet haben soll.
Namen von Menes | |||||||||||||
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Eigenname |
Mn.j Der Bleibende
Mn.j | ||||||||||||
Königspapyrus Turin (Nr.II./11) |
Mn.j Der Bleibende (mit NamensIdeogramm für einen König, das den Horusfalken darstellt) | ||||||||||||
Königsliste von Abydos (Sethos I.) (Nr.1) |
Mn.j Der Bleibende | ||||||||||||
Griechisch bei Manetho lateinisch bei Eusebius |
Menes Meines |
Kein anderer Herrscher Ägyptens ist so umstritten und geheimnisvoll zugleich, Ägypter, Griechische Historiker und Ägyptologen widmen sich intensiv der Erforschung und Identifizierung der Person des Menes.
Belege
Der erste Beleg für den Namen "Menes" geht auf die Zeit von Königin Hatschepsut (18. Dynastie) zurück. Ein Skarabäussiegel zeigt auf seiner geprägten Unterseite oben den Namen Meni (Mnj) im Ring, darunter die Namen Hatschepsut und Thutmosis III..
Ferner steht er in der Königsliste von Abydos aus der Zeit Sethos I., welche Menes an die Spitze der Reihe der ägyptischen Könige stellt. Im Turiner Königspapyrus taucht der Name "Meni" gleich zweimal hintereinander auf: Einmal als vergöttlichter Ahnherr, danach als Name für einen verstorbenen Herrscher. In der Königsliste von Sakkara im Grab des Priesters Tiuloy erscheint Menes seltsamerweise nicht.
Traditionelle Überlieferungen
Dem Historiker Herodot (Buch II,99) zufolge, der Menes „Min“ nennt, wurde von ihm die Stadt Memphis (ägypt. Men-nefer auch Ineb-hedj, zu deutsch "Weiße Mauer") um 3000 v. Chr. gegründet. Der Gelehrte Manetho berichtet dasselbe und fügt dem hinzu, Menes sei durch ein roßgestaltiges Flußungeheuer (Nilpferd) dahingerafft worden.
Menes regierte nach Manetho 62 Jahre (so Africanus), 60 Jahre (Eusebius), oder 30 Jahre (armenische Version von Eusebius).
Gleichsetzungen mit zeitgenössischen Herrschern
Ägyptologen und Historikern fällt es außerordentlich schwer, Menes mit einem der frühdynastischen Herrscher zu identifizieren. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass die ägyptischen Herrscher von der Prädynastik bis zur Mitte der 1. Dynastie auf Tonsiegeln, Elfenbeinplaketten, Steingefäßen und Reliefs stets nur bei ihrem Horusnamen genannt werden. In den Königslisten erscheinen sie jedoch mit ihrem Geburtsnamen, der seit der 4. Dynastie in einer Kartusche geschrieben wird. Dieser Umstand lässt bei vielen Gelehrten die Frage aufkommen, woher denn z.B. ramessidische Schreiber bei der Verfassung ihrer Königslisten die Kartuschennamen für die ersten vier Herrscher bezogen, wenn der Geburtsname doch gar nicht inschriftlich festgehalten wurde.
Momentan haben sich in der Forschung zwei frühdynastische Herrscher als die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Gleichsetzung mit Menes herauskristallisiert: König Narmer und Hor Aha. Beide herrschten zu Beginn der 1. Dynastie. Im Folgenden werden die Darlegungen und Gegendarlegungen zu den Gleichsetzungen aufgeführt.
- Menes = Hor Narmer:
a) Für eine Gleichsetzung mit Narmer spricht der Umstand, dass dieser auf Prunkpaletten mit der Weißen Krone Unterägyptens und der Roten Krone Oberägyptens abgebildet ist. Zu seiner Zeit scheint Ägypten also bereits geeint gewesen zu sein.
b) Auf einem Elfenbeintäfelchen aus dem Grab des Aha bei Abydos ist eine der ältesten schriftlichen Darstellungen der Hieroglyphe Mn (Gardiner-Zeichen Y25) direkt gegenüber dem königlichen Serech des Aha eingraviert. Es befindet sich innerhalb eines zeltförmigen, dreifach ausgeführten Zierrahmens, zusammen mit einer alten Form des Nebti-Namens. Das zeltähnliche Gebilde ist ein Pavillon, der für Gedenkfeiern bei dem Tod eines Herrschers errichtet wurde. Wenn das Mn-Symbol tatsächlich den Namen "Meni" darstellen sollte, kann er nur Narmer meinen, denn Aha lebte laut Etikettenaufschrift noch, als der Pavillon aufgesucht wurde.
c) Auf dem berühmten Zepterknauf aus Hierakonpolis ist Narmer bei der Begehung einer Zeremonie dargestellt, die von Ägyptologen wie P. Newsberry als Hochzeitszeremonie gedeutet wird. Narmer vermählt sich ihm zufolge mit der unterägyptischen Erbprinzessin Neithhotep. Diese Hochzeit hätte Narmer dann als Herrscher von Ober- und Unterägypten bestätigt.
d) Auf dem vieldiskutierten Kairostein wird der dritte Herrscher Ägyptens, König Djer, als Iteti bezeichnet. Rückschließend darauf muss der Name Teti, der in den Königslisten stets als Zweiter erscheint, König Aha meinen und der Name Meni bleibt quasi nur für Narmer übrig.
Gegendarstellungen:
Gegen Punkt a) spricht die Tatsache, dass Narmer lediglich eine Militäroffensive gegen Unterägypten erfolgreich abgeschlossen hatte, natürlich ließ er sich als Sieger mit den Königsinsignien seines geschlagenen Gegners darstellen. Das bedeutet aber nicht, dass er bereits gemeinhin akzeptierter Alleinherrscher Ägyptens gewesen sein muss.
Gegen Punkt b) spricht, dass der Name von König Aha eigentlich ebenfalls als Nebtiname hätte erscheinen müssen, denn Aha war in Wirklichkeit tot, als das Elfenbeintäfelchen ins Grab gelangte! Außerdem ist nicht gesichert, dass das Wort Men für einen Personennamen steht, er kann genauso gut der Name des Gebäudes sein.
Gegen Punkt c) spricht, dass die einzige definitiv weibliche Person auf dem Prunkknauf nicht namentlich benannt ist, es muss sich also nicht zwangsläufig um Prinzessin Neithhotep handeln, zumal Narmer mit mehreren Frauen liiert war.
Und gegen Punkt d) schließlich spricht, dass Einträge zum Ende von Aha´s Regierungszeit und Djer´s Regierungsbeginn Hinweise auf eine Blitzherrschaft eines weiteren Herrschers liefern. Das würde bedeuten, dass der Name Teti eben nicht Hor Aha meint, sondern womöglich einen zusätzlichen, eigenständigen Herrscher.
- Menes = Hor Aha:
a) Für diese These spricht der Kairostein, dessen Inschrift Hinweise darauf liefert, dass zwischen Aha und König Djer noch ein anderer Herrscher für sehr kurze Zeit zwischenregiert haben muss. Da König Djer auf dem Kairostein als Iteti bezeichnet wird, bleibt in diesem Falle der Name "Meni" nur für Aha übrig, da "Teti" ein eigenständiger Herrscher zu sein scheint.
b) Elfenbeintäfelchen aus Aha´s Grab nennen als erste das Hieroglyphensymbol Rnpt (Renpet, zu deutsch "Jahr"), dargestellt durch eine kahle Palmrispe. Damit sind auf Aha´s Etiketten die ersten Kalendereinträge der ägyptischen Geschichte überliefert, das könnte ausreichend Anlass geboten haben, dass die Ägypter späterer Epochen in Aha einen "Begründer der Annalen" und damit den Initiator für die ägyptische Geschichtsschreibung sahen.
c) In Sakkara befindet sich die Mastaba S. 3357, in der Gefäßfragmente und Elfenbeinetiketten mit dem Namen des Aha gefunden wurden. Diese Mastaba ist eine der ältesten ihrer Art und Sakkara war die die königliche Nekropole von Memphis. Da hier kein Herrscher aus der Zeit vor Aha erscheint und Menes als Gründer von Memphis bezeichnet wird, scheint nahezuliegen, dass nur Aha hinter der Gründung von Memphis gesteckt haben kann und deshalb mit Menes identisch sein muss.
Gegendarstellungen:
Gegen Punkt a) spricht, dass der Kairostein hinsichtlich der Nennung von Kartuschennamen mit größter Vorsicht zu betrachten ist, denn die bloße Erwähnung von Kartuschennamen ist ein schwerwiegender Anachronismus, da zu Lebzeiten Ahas diese Titulatur unbekannt war.
Gegen Punkt b) spricht, dass Tonsiegel aus dem Grab von Königin Meritneith, der Gemahlin von König Wadji, die Namen Narmer, Aha, Djer und Wadji auflisten. Die Herrscherriege beginnt also gar nicht mit Aha, dieser wurde also zu Meritneith´s Zeiten nicht als erster Regent Ägyptens betrachtet. Man darf auch nicht vergessen, dass das oben erwähnte Renpet-Zeichen als Symbol für "Jahr" erst in späterer Zeit kalendarische Bedeutung erlangte, als es um das Erfassen verwaltungstechnischer Daten zwecks Steuererhebung und Ahnenehrung ging.
Gegen Punkt c) schlussendlich spricht, dass der Gründer einer Hauptstadt nicht zwangsläufig auch in der örtlichen Nekropole bestattet worden sein muss. Könige wie z.B. Chasechemui (2. Dynastie) regierten in Hierakonpolis, wurden aber in Abydos bestattet.
Alternative Theorie
Laut den Ägyptologen William Flinders Petrie, T. Smith und H. R. Hall zufolge besteht die Möglichkeit, dass der Name "Menes" ein Pseudonym ist, das mehrere Herrscher in sich vereint. Petrie und Smith vermuten, dass sich die Könige Narmer und Aha gemeinsam hinter dem Namen "Menes" verbergen. H. R. Hall vermutet sogar drei Herrscher, nämlich Skorpion II., Narmer und Aha, hinter dem Mythenkönig. Grund für die alternativen Thesen ist der Umstand, dass sich DIE Reichseinigung so nicht nachweisen lässt, sondern mit einiger Gewissheit ein langwieriger Prozess war, der sich über mehrere Generationen zog. [2]
Literatur
- Allgemeines
- Peter A. Clayton: Die Pharaonen. Bechtermünz, 1994, ISBN 3-8289-0661-3
- Walter B. Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit 3200-2800 v. Chr. Fourier, Wiesbaden 2002, ISBN 3-921695-39-2
- Thomas Schneider: Lexikon der Pharaonen. Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-96053-3
- Toby: A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt, Routledge, Taylor & Francis, London 1999, ISBN 0-415-18633-1
- Zum Namen
- Peter Kaplony: Inschriften der ägyptischen Frühzeit Bd. III, Harassowitz, Wiesbaden 1963, S. 10-11 (27 A-E). ISBN 3-447-00052-X
- Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägyptischen Königsnamen. Dt. Kunstverlag, München-Berlin 1984, S. 46, 171. ISBN 3-422-00832-2
- Detailfragen
- Wolfgang Helck: Wirtschaftsgeschichte des alten Ägypten im 3. und 2. Jahrtausend vor Chr. Brill, Leiden 1975, ISBN 90-04-04269-5, S. 21–32.
- Ditrich Wildung: Die Rolle ägyptischer Könige im Bewußtsein ihrer Nachwelt Teil 1 (Münchener Ägytologische Studien 17). Dt. Kunstverlag, München-Berlin 1969, S. 4-21
- Philippe Derchain: (Revue d´Egyptologie 18). 1966, S. 31-36
- Siegfried Morenz: Traditionen um Menes. Beiträge zur überlieferungsgeschichtlichen Methode in der Ägyptologie (Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 99). 1973, X-XVI
- Siegfried Morenz: Religion und Geschichte des alten Ägypten. 1975, S. 162-172. ISBN 3-412-04275-7
- Erich Hornung, Elisabeth Staehelin: Skarabäen und andere Siegelamulette aus Basler Sammlungen. von Zabern, Mainz, 1976, S. 44f. ISBN 3-8053-0296-7
- James P. Allen: Menes the Memphite (Göttinger Miszellen 126). 1992, S. 19-22
- Jürgen von Beckerath: Chronologie des pharaonischen Ägypten (Münchener Ägyptologische Studien 46). von Zabern, Mainz 1997, S. 5-6, 16-17, 24-25, 32, 34, 39, 56, 143, 149, 160, 165-169, 173, 175-179, 181, 187. ISBN 3-8053-2310-7
- Norbert Dautzenberg: Menes im Sothisbuch (Göttinger Miszellen 76), Göttingen 1984, S. 11-16
Einzelnachweise
Anmerkungen
- ↑ Der Eigenname, wie er ab der 4. Dynastie mit „Sa Ra“ eingeleitet wird, existiert zu dieser Zeit noch nicht, weswegen die Weiterleitung auf Eigenname (Pharao) im Grunde problematisch ist. Die Formulierung Eigenname basiert auf Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägyptischen Königsnamen.
- ↑ Schreibweise nach einem Skarabäus der Königin Hatschepsut
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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