Lockheed F-104 Starfighter | |
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Einsitziger Jäger | |
Antrieb | |
1 GE J79-GE-11A Turbojet | |
Abmessungen | |
Länge | 16,69 m |
Spannweite | 6,68 m |
Höhe | 4,09 m |
Flügelfläche | 18,22 m² |
Gewichte | |
Leergewicht | 6.348 kg (6.760 kg als F-104S) |
Maximales Startgewicht | 13.170 kg (14.060 kg als F-104S) |
Leistung | |
Höchstgeschwindigkeit | 1.845 km/h (2330 km/h als F-104S) |
Operative Reichweite | 1.740 km |
Dienstgipfelhöhe | 15.240 m |
Bewaffnung | |
Kanone | 1 x 20 mm |
Raketen | 2 x Luft-Luft |
Bomben | 1.814 kg |
Der offizielle Name der Lockheed F-104 war Starfighter, bekannt wurde das Flugzeug jedoch auch unter den Namen Witwenmacher, Fliegender Sarg, Fallfighter oder auch "Erdnagel", was auf ihre beispiellos hohe Unfallquote (siehe Twistringen) anspielte. Der Jet war ein reiner Tagjäger, optimiert für hohe Geschwindigkeiten und Steigraten. Von der amerikanischen Luftwaffe, die ihn in Auftrag gegeben hatte, wurde er nur kurz eingesetzt, da man größeren und vielseitigeren Typen der Vorzug gab, er erfreute sich jedoch eines vergleichsweise langen Lebens im Ausland, wo er teilweise noch bis 2004 (in Italien) eingesetzt wurde.
Geschichte
Im Dezember 1951 reiste Kelly Johnson, Chefingenieur der Lockheed Advanced Development Projects Unit (besser bekannt als Skunk Works), nach Korea und fragte Jägerpiloten, was für ein Flugzeug sie haben wollten. Zu dieser Zeit trafen die US-Piloten mit ihren F-86 auf die MiG-15, und obwohl die MiG-15 von schlechteren Piloten geflogen wurde, war das Flugzeug der größeren und komplexeren F-86 in vielen Dingen überlegen. Fast alle Piloten, mit denen Johnson sprach, wünschten sich ein kleineres und einfacheres, aber dennoch leistungsfähiges Flugzeug.
Sobald er wieder in den Staaten war, begann Johnson mit dem Design eines genau solchen Flugzeugs. Knapp ein Jahr später war der Prototyp Lockheed L-246 startbereit, der dem späteren Starfighter schon sehr ähnlich sah.
Das Design wurde der Air Force im November 1952 präsentiert, und die Verantwortlichen dort waren interessiert genug, um eine entsprechende Ausschreibung auch an andere Hersteller zu senden. Drei zusätzliche Designs wurden evaluiert, die Republic AP-55, eine verbesserte Version des Prototypen XF-91 Thunderceptor, die North American NA-212, aus der später die F-107 wurde, und die Northrop N-102 Fang, ein neues Design mit dem J79-Triebwerk. Obwohl sie alle interessant waren, hatte Lockheed eine uneinholbare Führung und erhielt im März 1953 einen Entwicklungsvertrag.
Die Arbeit ging schnell voran, und bereits Ende Mai konnte mit dem Bau von zwei neuen Prototypen begonnen werden. Da das J79-Triebwerk noch nicht fertig war, benutzten beide Prototypen stattdessen das Wright J65, ein Lizenzbau des Armstrong Siddeley Sapphire. Der Jungfernflug eines Starfighters fand am 7. Februar 1954 statt. Die Gesamtzeit zwischen Design und Flug betrug nur etwa zwei Jahre, etwas, das es vorher nicht gab und später auch nicht mehr (heute benötigen neue Jets eine Entwicklungszeit von etwa 10-15 Jahren).
Design
Um die Leistung zu erreichen, die die Lockheed-Ingenieure haben wollten, benutzte der Starfighter ein radikal neues Konzept für den Flügel. Um den Luftwiderstand im Überschallbereich zu vermindern, sollte der Flügel so dünn wie möglich sein und relativ kurz. Dies reduziert die Änderungsrate des Luftflusses über den Flügel und vermindert den Wellenwiderstand, der die Schallmauer verursacht. Die meisten anderen Flugzeuge aus der Ära des Starfighters benutzten einen zurückgeschwungenen Flügel, der selbst bei geringer Spannweite eine lange Flügelsehne ermöglichte und Platz für die Steuerelemente, Fahrwerk und interne Tanks bot.
Die Lockheed-Ingenieure entschieden sich gegen einen geschwungenen Flügel und bauten stattdessen einen sehr dünnen kurzen. Der Flügel war so dünn, dass innen kein Platz für Fahrwerk oder Treibstoff war, die beide im hinteren Teil des Rumpfes untergebracht wurden. Die Kanten waren so scharf geschliffen, dass die erste Aufgabe des Bodenpersonals nach der Landung die Anbringung von Gummileisten an den Flügeln war, damit sich niemand verletzte. Vorteil dieser Konstruktion war ein exzellentes Steigraten/Luftwiderstand-Verhältnis unter den meisten Bedingungen — außer im Kampf, wo dieser Flügel in scharfen Wendungen sehr hohen Widerstand hervorrufen konnte.
Ein weiterer Nebeneffekt des kleinen Flügels war die sehr hohe Landegeschwindigkeit, deshalb hatte das Flugzeug spezielle Klappen, die bei der Landung Luft aus den Triebwerken über den hinteren Teil des Flügels leiteten und so für mehr Auftrieb sorgten. Dieses System war zur Zeit des Starfighters der letzte Schrei, doch erwies sich bei allen Typen, die es verwendeten, als schwer wartbar.
Der Rumpf war sehr lang und pfeilförmig, was den Schlüssel zu hoher Performance im Überschallbereich bildete. Da man wie gesagt das Fahrwerk und den Treibstoff auch noch im kleinen Rumpf unterbringen musste, hatte das Flugzeug ohne Außentanks nur eine sehr beschränkte Reichweite, und außen angebrachte Zusatztanks verminderten die ohnehin schon sehr beschränkte Möglichkeit zum Tragen von Waffen und Ausrüstung noch weiter. Im Luftkampf erwies sich die F-104 als bestenfalls unterdurchschnittlich, da ihre kleinen Flügel die Manövrierbarkeit einschränkten, und sie hatte Probleme beim Einsatz in schlechtem oder regnerischem Wetter. Das wurde vor allem während der diversen indisch-pakistanischen Konflikte deutlich, als pakistanische Starfighter auf indische MiG-21 trafen. In den sich entwickelnden Luftgefechten in niedriger Höhe machte das Flugzeug keine gute Figur - was wenig verwunderlich war, war das Entwicklungsziel doch ein Flugzeug, das in großer Höhe einfliegende sowjetische Bomber abfangen sollte.
Dazu kam noch, dass das Flugzeug schwer zu fliegen war, was sich in der Gesamtzahl von 292 Abstürzen allein in Deutschland während der trotz allem langen Karriere der F-104 manifestierte.
Technische Probleme
- Die deutsche Luftwaffe durfte keine zuverlässigeren britischen Schleudersitze einbauen (jene von Martin Baker), sondern war verpflichtet, eine Zeit lang die amerikanischen zu verwenden.
- Nach dem Start gibt es jeweils ein sehr kurzes Zeitfenster, in dem der Pilot die Fahrwerke einziehen muss. Tut er dies zu spät, entstehen gefährliche Turbulenzen.
- Die Mechanik der Landeklappen wurde immer wieder beschädigt. Beim Landeanflug kam es vor, dass wegen dem Defekt die eine Landeklappe nicht benutzt werden konnte, während die andere ausgefahren wurde. Dies resultierte in einem sehr schnellen, nicht mehr kontrollierbaren Schraubenflug.
Produktion
Der Starfighter wurde in zwei Hauptversionen produziert. Mit einer sechsläufigen 20 mm M61 Vulcan-Kanone diente er als taktischer Jäger, und mit zusätzlichen wärmesuchenden AIM-9 Sidewinder-Raketen als Tag/Nacht-Abfangjäger. Am 18. Mai 1958 stellte eine F-104A mit 2.530 km/h einen Geschwindigkeits-Weltrekord auf, und am 14. Dezember 1959 erreichte eine F-104C die Weltrekordhöhe von 103.395 Fuß. Der Starfighter war das erste Flugzeug, das gleichzeitig die Rekorde für Geschwindigkeit, Höhe und Steigzeit hielt.
Die US Air Force bestellte nur 296 Starfighter in ein- und zweisitzigen Versionen. Die F-104 wurde in dem Moment obsolet, als die Sowjetunion ihre Langstreckenbomber durch Interkontinentalraketen ersetzte.
Das Flugzeug schien für die NATO-Partner nützlicher zu sein, und 2.578 Stück wurden in den USA und unter Lizenz im Rahmen eines Militärhilfe-Programms an verschiedene Länder geliefert, unter anderem nach Kanada, Westdeutschland, Italien, Norwegen, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Griechenland, die Türkei, Spanien (das übrigens keinen einzigen Starfighter verlor), Taiwan und Japan.
Der Starfighter in Deutschland
Die Deutsche Luftwaffe hatte bei der Suche nach einem Abfangjäger prinzipiell die Wahl zwischen Lockheeds Starfighter oder der französischen Mirage I. Auf allerhöchster Ebene und gegen den Rat praktisch aller Experten wurde entschieden, dass der künftige deutsche Abfangjäger Starfighter heißen würde. Zwei Testpiloten der Luftwaffe reisten in die USA, um die F-104 probezufliegen. Das Ergebnis kam einem vernichtenden Urteil gleich, aber von Seiten des Verteidigungsministeriums wurde unbeirrt an der F-104 festgehalten. Die schlimmsten Mängel versuchte man auszubügeln, indem in die deutsche Version F-104F ein neues Radar, ein stärkerer Rumpf, stärkere Triebwerke und eine komplett überarbeitete Navigationsausrüstung eingebaut wurden. Obwohl also von vornherein klar sein musste, dass man hier viel Geld für ein technisch unzulängliches Flugzeug ausgab, kam es schließlich zur Bestellung der nochmals verbesserten Version F-104G ("G" für "Germany").
Nachdem die ersten F-104 in Deutschland eingetroffen waren, stellte man als erstes fest, dass einige Cockpitinstrumente nicht funktionsfähig waren. Dies wurde reklamiert und irgendwann auch behoben. Im Juli 1962 hatte man genügend Starfighter erhalten, um das erste Geschwader zu bilden. Aus diesem Anlass sollte in Nörvenich eine Feierstunde und ein Flugtag mit Kunstflugdarbietungen stattfinden. Leider kam es drei Tage vor der geplanten Veranstaltung durch einen Pilotenfehler zu einem schweren Unfall der Starfighter-Kunstflugformation, wobei alle vier Piloten ihr Leben verloren. Es war zwar nicht der erste Unfall mit Starfightern in Deutschland (vorher war es im Testbetrieb schon zu Triebwerksausfällen und einem Bruch des Bugfahrwerks gekommen), aber der erste tödliche. Der Flugtag und die offizielle Übergabe der F-104 an die Luftwaffe mussten danach ausfallen.
Noch bevor weitere Unfälle geschahen, bekam Verteidigungsminister Franz Josef Strauß ernsthafte Probleme wegen des Starfighters. Nach Enthüllungen des Spiegels (siehe auch: Spiegel-Affäre) interessierte sich die Öffentlichkeit plötzlich dafür, unter welchen Umständen der Vertragsabschluss mit Lockheed zustande gekommen war und wieso nicht die technisch eindeutig bessere Mirage gekauft worden war. Es wurde bekannt, dass Strauß, der ein Verfechter der atomaren Aufrüstung Deutschlands war, ein Flugzeug haben wollte, das Atomwaffen tragen konnte. Die Franzosen hätten ihm zwar gerne die Mirage verkauft, aber zu einem atomaren Bündnis waren sie nicht bereit. Die Amerikaner dagegen versprachen Strauß, im Ernstfall auch Sprengköpfe zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Ziel der Untersuchungen in der Starfighter-Affäre war Strauß' merkwürdiger Besuch bei Lockheed. Es war bekannt, dass Lockheed beim Export des Starfighters in andere Länder Schmiergeld gezahlt hatte. Da Strauß auch vor seinem Besuch noch die Mirage favorisierte und sich nach seiner Rückkehr für die F-104 aussprach, kam schnell der Verdacht auf, dass auch der deutsche Minister bestochen worden sei. Ein entsprechender Untersuchungsausschuss des Bundestags kam zu dem Schluss, dass sich eine Bestechung nicht nachweisen ließ und der Vorwurf daher fallen gelassen werden musste.
1965 kam es zu mehreren Unfällen, an denen F-104G beteiligt waren. Der Zusammenstoß von Hauptmann Heltzel mit einer zivilen Do-28 und die anschließende Notlandung war dabei noch der harmloseste. Hauptmann Heltzel erfuhr für seine Landung in Nörvenich eine späte Ehrung: 1988 wurde er ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen, da er mit 435 km/h die höchste Geschwindigkeit erreicht hatte, mit der je ein Flugzeug aufgesetzt hatte. Nach weiteren, teilweise tödlichen Unfällen, erhielt die gesamte F-104-Flotte der Luftwaffe im gleichen Jahr zweimal ein völliges Startverbot. Doch auch nach verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen gelang es nicht, den Jet in einen dauerhaft flugsicheren Zustand zu bringen, zumindest nicht mit amerikanischer Technik. Häufigste Absturzursachen blieben Ausfälle der Elektronik und des Triebwerks. Dies lag zum Teil daran, dass die Maschinen aus Mangel an Hangars unter freiem Himmel geparkt werden mussten und so dem Wetter ausgesetzt waren. Man stellte fest, dass sich die Zuverlässigkeit des Starfighters durch Einbau von deutschen statt amerikanischen Ersatzteilen wesentlich verbessern ließ. Trotzdem fanden bis 1990, als die letzten Starfighter der Luftwaffe ausgemustert wurden, 115 deutsche Piloten den Tod. Unter anderem starb auch der Sohn des Verteidigungsministers Kai-Uwe von Hassel, der Nachfolger von Franz Josef Strauß, Oberleutnant der Luftwaffe Joachim von Hassel bei einem Starfighter-Absturz.
Der Starfighter wurde auch von den deutschen Marinefliegergeschwadern 1 und 2 eingesetzt. Er war auch das erste Flugzeug, mit dem ein "Demonstration Team", unter dem Namen "Vikings", gegründet wurde. Die Piloten des Marinefliegergeschwaders 2 führen mit dem zurzeit eingesetzten MRCA Tornado die erfolgreiche Kunstflug-Tätigkeit fort.
Die Bundeswehr setzte insgesamt 916 Starfighter ein; davon gingen knapp ein Drittel, nämlich 292 Maschinen, durch Unfälle verloren.
Zur Entlastung der F-104 sollte gesagt werden, dass sie besonders in ihren letzten Jahren bei der Luftwaffe durchaus beliebt war. Die Piloten ließen nichts auf ihre "bemannte Rakete" kommen, und viele waren enttäuscht, als ihre Geschwader auf F-4 Phantom II oder Tornado umgestellt wurden.
Versionen
- YF-104A - Prototypen und Vorserie
- F-104A - Erste Produktionsversion
- NF-104A - Eine raketengetriebene Version für das Astronauten-Training in Höhen über 120.000 Fuß.
- QF-104A - Wurde als ferngesteuertes Testflugzeug benutzt
- F-104B - Trainer
- F-104C - Version für taktische Luftschläge
- F-104D - Trainer
- F-104DJ - Japanische Version
- F-104F - Deutscher Trainer
- F-104G - Version für Deutschland und verbesserte Produktionsversion
- RF-104G - Aufklärer-Version
- TF-104G - Trainer
- F-104J - Lizenzbau von Mitsubishi
- F-104N - NASA-Version
- F-104S - Italienische Version
- F-104S-ASA - Verbesserte italienische Version
- CF-104 - Kanadische Version, Lizenzbau von Canadair
- CF-104D - Trainer
Weblinks
Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen