Schulwandkarte

Wandkarte in der Schule
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Die Schulwandkarte ist eine auf Fernwirkung angelegte Schulkarte für den Unterricht. Sie stellt meist eine stärker generalisierte Abbildung dar als die entsprechende maßstabskleinere Schülerhand- oder Schulatlaskarte. Ihre Hauptaufgabe ist, einen grob orientierenden Gesamtüberblick des dargestellten Gebietes zu vermitteln, während von den Schülerkarten eine größere Vollständigkeit erwartet wird.

Mädchen vor einer Schulwandkarte

Die für Fernwirkung (3 - 10 Meter Betrachtungsentfernung) gestaltete analoge Wandkarte stellt daher in den meisten Fällen nicht eine Hochvergrößerung von Hand- bzw. Atlaskarten dar, sondern ist eine gesonderte Anfertigung. Zur Förderung der Orientierung sollten die Wandkarten allerdings den entsprechenden Schülerkarten im Blattschnitt und in der grafischen Gestaltung ähneln, was besonders für die unteren Jahrgangsstufen (Klassen 2-5) wichtig ist.

Anwendung

 
Ein Junge deutet mit einem Stock auf eine Wandkarte (Gemälde von J. F. L. Reinhold, um 1800)

Die Wandkarte ist ausschließlich für die Arbeit in der Schule bestimmt, dient als frontales Unterrichtsmittel didaktisch-methodisch der Konzentration und Steuerung des Unterrichts, dem Vormachen von Arbeitstechniken (z. B. kartometrische Übungen, Profilanfertigung), der Leistungskontrolle und ermöglicht unter Führung der Lehrkraft die zielgerichtete Aufmerksamkeit aller Schüler.

Schulwandkarten werden besonders in den Unterrichtsfächern Geografie, Geschichte, Sachkunde und Politik verwendet.

Das räumliche Vorstellungsbild und vor allem das „Weltbild“ der Schüler wurden und werden maßgeblich durch frontale, langzeitlich einwirkende kartografische Unterrichtsmedien gestaltet. Spätestens der Schulabgänger denkt „in Karten“ bei der Reproduktion georäumlicher Gedächtnisvorstellungen (als Tourist fährt er beispielsweise nach Dänemark „hoch“ oder nach Sizilien „hinunter“).

Formatgruppen

Es mögen drei Größengruppen von analogen Schulwandkarten unterschieden werden:

  • Kleinformatige Wandkarten bis ca. 1,0 m²
  • Mittelformatige Wandkarten ca. 1,0 bis 3,0 m²
  • Großformatige Wandkarten über ca. 3,0 m².

Als frontale Medien für den allgemeinbildenden Schulunterricht (Kartenständer, Kartenbühne mit Gleitschienen) am besten geeignet sind mittelformatige Wandkarten.

Kleinformatige Wandkarten bedingen im Unterricht oftmals den gleichzeitigen Einsatz von weitgehend identischen Schülerkarten (Hand-, Atlas- oder Lehrbuchkarte).

Großformatige Wandkarten – besonders solche mit „Überlängen“ (Höhen von ca. 2,0 m und mehr) – sind für den Schulunterricht vornehmlich als Seitenwandkarte mit Langzeitwirkung („Posterkarte“) nutzbar, können bei frontalem Einsatz unnötige Unruhe im Klassenraum erzeugen, da die südlichen Partien des Kartenbildes und oft auch die Legende nicht von allen Schülern einsehbar sind. Großformatige Wandkarten sind prädestiniert für den Hochschulunterricht in großen Hörsälen mit ansteigendem Gestühl. „Überbreiten“ (Breiten von ca. 2,0 m und mehr) sind aus Sicherheitsgründen für die Schule nicht empfehlenswert. Übergroße Wandkarten wirken mitunter wie „Dinosaurier aus schulkartografischer Vorzeit“.

In der Schulkartografie der DDR galten seit Mitte der siebziger Jahre für jede Wandkartenneuentwicklung Grenzwerte des Formats:

  • 2,00 m Breite
  • 1,75 m Höhe (Länge).

Dieser Formatbegrenzung waren Maßstabswahl und Blattschnitt untergeordnet.

Kartenformen

 
Einsatz einer Schulwandkarte im Gymnasium

Schulwandkarten können als Einzelkarte angelegt sein. Als Wandatlanten werden mitunter Serien von Wandkarten bezeichnet. Es können 2 Grundformen unterschieden werden:

  1. Gleicher Kartentyp mit einheitlichem Duktus für verschiedene Regionen, wie beispielsweise der „Geographische Wandatlas“ von Hermann Haack, der eine Serie von allgemein-geografischen (physischen) Karten unterschiedlicher Regionen und Maßstäbe repräsentiert. Diese Grundform ist heute auch im thematischen Bereich sehr verbreitet.
  2. Gleiche Region im thematischen Kartensatz, wie es heute im unterschiedlichen Umfang praktiziert wird.

Nach dem Beispiel der im Jahre 1969 in erster Auflage erschienenen Schulwandkarte „Bezirk Potsdam – Oberflächengestalt“ (1:200 000) im Umfang von 1 Kartensektion, in Auswertung der Erfahrungen des VEB H. Haack/Gotha mit kleinformatigen Wandkarten für einige Entwicklungsländer und im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer vierteiligen Posterkartenserie „RGW“ wurden in der DDR für das umfangreiche Kreiskartenwerk sowie für das Bezirkskartenwerk im Zeitraum 1976-1989 allgemein-geografische Einblatt-Wandkarten (EWK) entwickelt, die nur eine Sektion/ein Druckblatt (Maximalformat 0,95 m × 1,25 m) umfassten und auf Hekosyn, ein relativ reißfestes Spezialkartenpapier, gedruckt wurden.

Einblatt-Wandkarten mit/ohne Gestänge werden meist als Posterkarten bezeichnet. Die Posterkarten haben den Vorteil der „Langzeiteinwirkung“ auf die Schüler, indem sie beispielsweise an einer Wandleiste des Fachraumes bzw. des Klassenzimmers befestigt werden und von den Schülern in Nahbetrachtung informativ erschlossen werden können.

Kartentypen

Der vorherrschende Kartentyp unter den Schulwandkarten und im schulpraktischen Einsatz ist die allgemein-geografische Karte ("physische Karte"), die nicht nur im Geografieunterricht als "topografische Grundkarte" dient. Aber auch das thematische Titelsortiment ist heute als frontales kartografisches Medium sehr vielseitig (z.B. physisch-geografische Karten, Wirtschaftskarten, Geschichtskarten).

Die Schulwandkarten können einseitig (wie bei großformatigen, z.B. auf Leinen aufgezogenen Karten) oder auch doppelseitig (wie bei kleinformatigen Karten; beispielsweise Vorderseite: Allgemein-geographische Karte; Rückseite: Wirtschaftskarte, Satellitenbildkarte oder beschreib- und abwaschbare Umrisskarte) bedruckt sein. Die doppelseitig bedruckten kleinformatigen (ca. 1 Quadratmeter umfassenden) Wandkarten werden mitunter auch als "Duokarten" bezeichnet, die meist beiderseitig eine beschreib- und abwischbare Folienkaschierung und damit gleichzeitig eine bessere Stabilität besitzen.

Sowohl Wandkarten als auch vor allem Posterkarten weisen heutzutage mitunter auch die Kombination von Karte und Realaufnahmen auf, beispielsweise eine Landschaftskarte der Erde. Auch Kombinationen anderer Art (z.B. Hauptkarte - Nebenkarte oder Karte mit anderen grafischen Darstellungen kombiniert) sind vertreten.

Ausblick

Ein Teil der heutigen (2008) kleinformatigen und mittelformatigen Wandkartentitel (0,5 - 2,0 m²) der kartografisch implizierten Schulbuchverlage sind Einblatt-Wandkarten. Sehr hoch ist der Anteil von kleinformatigen Einblatt-Darstellungen selbstverständlich bei den (meist durch Folienkaschierung beschreib- und abwischbaren, mit oder ohne Leinwandverstärkung versehenen) Posterkarten; hier dominiert das Format 70 x 100 cm.

Immer forcierter behaupten sich heute "stumme Karten" und abwaschbare Umrisskarten, ergänzt durch Transparentfolienkarten, für frontale topografische Übungen.

Ebenfalls die digitale Beamer-Technik ermöglicht eine kurzzeitliche frontale Einblendung von Karten.

Geschichte

Auf Grund der frontalen Vielseitigkeit ihres Einsatzes und der hohen Anschaffungskosten waren vermutlich Wandkarten die ältesten Schulkarten (eine Karte für alle Schüler). Schon in den Lateinschulen des 16. Jahrhunderts sollen "Wandkarten" als Hilfsmittel des Unterrichts (vor allem zur religiösen Unterweisung) sporadisch eingesetzt worden sein. Die ersten Schulwandkarten wurden offiziell erst im 18. Jahrhundert entwickelt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es allein über Deutschland ca. 25 Titel bzw. Ausgaben, die als "Schulwandkarten" oder als "Wandkarten für die Schule" in Angebotslisten ausgewiesen worden waren.

Wie wohl kaum ein anderes Medium hat die Wandkarte den Erdkundeunterricht und das Fach Geschichte geprägt. Auch im Religionsunterricht nahmen die Schulwandkarten eine dominierende mediale Stellung ein.

Das räumliche Vorstellungsbild und vor allem das "Weltbild" der Schüler wurden und werden maßgeblich durch frontale kartografische Unterrichtsmedien gestaltet. Spätestens der Schulabgänger "denkt in Karten" bei der Reproduktion georäumlicher Gedächtnisvorstellungen (als Tourist fährt er beispielsweise nach Dänemark "hoch" oder nach Sizilien "runter").

Herstellung

Führend waren und sind in der Schulwandkarten-Produktion die Verlage von Karl Wenschow,(* 1884 in Benneckenstein; † 1947) , *www.wenschow.de; Justus Perthes in Gotha (1952–1992 in Darmstadt; 1955–1990 in Gotha als VEB Hermann Haack; heute als Klett-Perthes Teil der Klett-Gruppe) und Georg Westermann in Braunschweig. Nur als Verleger von Schulkarten mit breitem Wandkartensortiment fungiert der Stiefel Verlag in Ingolstadt.

Literatur

  • Breetz, Egon: Schulwandkarten. In: Potsd. Forsch., R.C, Heft 64 (1986), S. 54-62.
  • Breetz, Egon: Neue Projektionsfolienkartenart für den Geographieunterricht (FOWAK). In: Zt. f. d. Erdkundeunterr., H. 6/1986, S. 219-221
  • Breetz, Egon/ Dornbusch, Joachim/ Kunstmann, Gert: Hinweise zur Einblatt-Wandkartenserie "Sozialistische ökonomische Integration der Länder des RGW" für den Geographieunterricht der Klasse 10. In: Zt. f. d. Erdkundeunterricht, H. 7/1977, S. 251-255.
  • Brogiato, Heinz-Peter und Sperling, Walter: Betrachtungen zur Wandkarte "Asia" von Emil von Sydow (1838) - 150 Jahre Schulwandkarten bei Justus Perthes. Darmstadt 1989. Separatdruck, 8 S..
  • Hüttermann, Armin: Die Renaissance der Wandkarte. In: Geographie und ihre Didaktik, H. 3/1990, S. 117-129.
  • Plapper, Wolfgang: Aktuelle Darstellungsprobleme in Schulwandkarten. In: Bader, F. (Hrsg.): Festschrift für Georg Jentsch aus Anlaß seines 60. Geburtstages. = Abh. des 1. Geogr. Inst. der FU Berlin. Berlin 1974, S. 363-372.
  • Sperling, Walter: Wandkarte, Schulwandkarte. In: Brucker, A. (Hrsg.): Handbuch Medien im Geographie-Unterricht. Düsseldorf 1986, S. 145-160.
  • Stegner, Willi: Geschichtswandkarten im Verlagsschaffen der Gothaer Geographisch-Kartographischen Anstalt. In: Fortschritte in der geographischen Kartographie (= Wiss. Abh. d. Geogr. Gesellsch. d. DDR, Bd.18 ). Gotha 1985, S. 45-57.

Siehe auch