Matthias Sindelar

österreichischer Fußballspieler
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Matthias Sindelar (*10. Februar 1903 im Dorf Kozlau bei Iglau, †23. Januar 1939 in Wien)

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Matthias Sindelar

Die Jugend

Am 10. Februar 1903 wurde Matthias Sindelar im Dorf Kozlau, bei Iglau (Mähren) geboren. Wie viele Menschen aus Böhmen und Mähren suchte der Vater, ein Maurer, mit seiner Frau und seinen Kindern, neben Matthias drei Töchter, ein besseres Leben im K+K-Wien. Die Familie Sindelar zog nach Wien-Favoriten, in den Bezirk neuer Fabriken und Ziegeleien, wie zahlreiche andere „Ziegl-Behm" (verkürzt für in den Ziegeleien beschäftigte Einwanderer aus Böhmen), wie sie von den Einheimischen abschätzig genannt wurden. Ständig jagte der kleine „Motzl", so sein Spitzname, mit anderen Buben auf der „Gstettn" (einer unebenen Wiese) dem „Fetzenlaberl" (einem aus Stoffresten genähten Ball) hinterher und ließ seine erstaunten Mitspieler in nie zu berechnenden Dribblings ins Leere laufen. 1917 fiel sein Vater im Ersten Weltkrieg an der Isonzo-Front. 1918 wurde der Fünfzehnjährige in die Jugendmannschaft des Favoritner Clubs Hertha aufgenommen und arbeitete auch als Mechanikerlehrling. 1924 kam der Mittelstürmer zu den Amateuren (seit 1926 die Austria Wien). Der schmächtige, nahezu körperlos spielende Blondschopf hatte Schwierigkeiten, sich in der Kampfmannschaft zu behaupten. Anhaltende Knieschmerzen machten eine Meniskusoperation notwendig, die dank des berühmten Arztes Dr. Hans Spitzy hervorragend glückte. Zur Sicherheit trug Sindelar das rechte Knie in Zukunft immer bandagiert. Möglicherweise auch aus Angst vor Verletzungen, die das Ende seiner Karriere bedeutet hätten, kultivierte er sein elegantes, körperloses Spiel, das ihm den Künstlernamen „der Papierene" eintrug.

Die Erfolge

Bei der Austria sorgte der "Papierene" für die größten Erfolge der Vereinsgeschichte. Die Veilchen holten unter seiner Regie zweimal den Mitropacup (entspricht in etwa dem heutigen UEFA-Cup), 1933 im Finale gegen Ambrosiana Mailand (heute Inter Mailand), Ergebnis 2:1 auswärts verloren und 3:1 zu Hause gewonnen. 1936 hieß der Endspielgegner Sparta Prag. Keiner glaubte nach dem Hinspiel an einen Sieg der Austria, da zu Hause nur ein 0:0 erreicht wurde. Aber die Violetten siegten im Hexenkessel von Prag mit 1:0, der junge Jerusalem schoß das alles entscheidende Tor. Österreichischer Meister wurde Sindelar nur einmal, das war in der Saison 1925/26. Dafür erspielte "Motzl" mit den Veilchen fünf Cupsiege. Für die österreichische Nationalmannschaft trug er 43 mal das Trikot und erzielte 27 Tore. Mit dem Namen Matthias Sindelar ist der Begriff "Wunderteam" untrennbar verbunden. Die österreichische Nationalmannschaft unter Verbandspräsident Hugo Meisl feierte Anfang der 1930er Jahre einen Erfolg nach dem anderen. Die großen Nationalteams der damaligen Zeit wurden in Österreich aber auch auswärts klar besiegt. Begonnen hat diese Ära mit einem 5:0 Sieg gegen Schottland am 16. Mai 1931. Die Epoche Wunderteam endete mit der 1:2 Heimniederlage gegen die Tschechoslowakei am 9. April 1933. Sindelar gilt als der besten österreichische Fußballspieler überhaupt. 1934 belegte er mit der Nationalmannschaft nach einer 2:3-Niederlage im Spiel um den dritten Platz gegen Deutschland den vierten Platz bei der Fußballweltmeisterschaft in Italien. Aufgrund seiner kritischen Einstellung zu den Nationalsozialisten beendete Sindelar nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 seine Laufbahn in der Nationalmannschaft. Da die Nationalsozialisten den Profisport verboten, schuf sich Sindelar 1938 mit dem Erwerb eines Wiener Kaffeehauses ein neues Standbein.

Der Tod

Zuletzt spielte Sindelar am 26. Dezember 1938 mit seiner Austria in Berlin gegen Hertha BSC und schoß auch ein Tor. Am 23. Jänner 1939 starb er einen rätselhaften Tod, der ihn zum unsterblichen Mythos machte. Neben ihm lag auf dem Bett eine aus ihrer Bewußlosigkeit nicht mehr erwachende Frau, die er erst einige Tage gekannt hatte, die Italienerin Camilla Castagnola. Im Obduktionsbericht heißt es: „Vergiftung durch Kohlenmonoxid". Der „Unglücksfall" (durch einen schadhaften Abzug?) ist bis heute nicht restlos geklärt. Polizeiberichte zum Fall Sindelar sind verschwunden, sie gingen angeblich beim Kriegsende verloren. Der Spielmacher des Wunderteams ruht in einem Ehrengrab der Stadtgemeinde auf dem Wiener Zentralfriedhof. An seinem Todestag gedenken dort jährlich Manager und (ehemalige) Spieler der Wiener Austria des größten Fußballgenies, das Österreich im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat.