Lili Marleen ist ein Lied, das in der Fassung von Lale Andersen berühmt wurde.


Geschichte
Der Schriftsteller und Dichter Hans Leip schrieb den Text im Ersten Weltkrieg vor seiner Abfahrt an die russische Front Anfang April 1915, während einer Wache vor der Gardefüsilierkaserne in der Kesselstraße in Berlin. Er war verliebt in zwei Mädchen – Lili und Marleen –, die sich in dichterischer Freiheit zu einer einzigen zusammenfügten.
Eine andere Version der Entstehungsgeschichte des Liedes ist folgende: Hans Leip war verliebt in Lilly Freud (1888–1970), Tochter von Sigmund Freuds Schwester Marie. Hans Leip selbst gab später zu, Lilly Freud gekannt zu haben. Die Schauspielerin verließ ihn jedoch und heiratete 1917 den Schauspieler und Theaterleiter Arnold Marlé. Leip schrieb daraufhin das Lied, aus „Lilly Marlé“ wurde „Lili Marleen“. Lilly Freud-Marlé selbst erklärte stets, die „Lili Marleen“ aus dem Lied zu sein, in der Familie wird die Geschichte immer noch erzählt. Stimmt die Geschichte, wäre sie voller Ironie: Die deutschen Wehrmachtssoldaten sangen ein Lied über ein jüdisches Mädchen …
Leip hatte vorerst nur die ersten drei Strophen veröffentlicht. Erst für die Gedichtsammlung Die kleine Hafenorgel, die bei Christian Wegner 1937 in Hamburg erschien, fügte Leip die letzten beiden Verse hinzu. Mit der Vertonung gelang dem Komponisten Norbert Schultze 1938 einer der größten Liederfolge aller Zeiten. Zuvor war das Gedicht schon von Hans Leip selbst und von dem Münchener Komponisten Rudolf Zink vertont worden.
Lale Andersen hatte das Lied in der melancholischeren Fassung von Rudolf Zink schon seit einiger Zeit in ihren Bühnenprogrammen gesungen, als Norbert Schultze ihr seine Version zur Aufnahme anbot. Obwohl die Andersen selbst sich ihr Leben lang wenig für die damals neue Fassung erwärmen konnte, war Schultze von der Neuaufnahme angetan. Die Andersen konnte keinen rechten Gefallen an der für sie ungewohnten und ihrer Meinung nach unpassenden Melodie finden, während Schultze nie wirklich zufrieden mit ihren Betonungen, dem marschartigen Rhythmus und dem Männerchor im Hintergrund war, der sich nach seiner Ansicht „wie ein Kastratenchor“ anhörte. Trotz dieser Unstimmigkeiten, für die zeitlebens kein Konsens gefunden werden konnte, wurde diese Version, die 1938 in den Berliner Electrola-Studios aufgenommen worden war, schließlich auf Schallplatte veröffentlicht.
Zur Verbreitung und Popularität des Liedes gibt es mehrere Versionen:
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Lied erst vom Soldatensender Belgrad, dem dortigen Sender der Wehrmacht, jeden Abend gesendet. Man hatte bei der Übernahme der Station einige Platten vom Wiener Rundfunk erbeten und einiges erhalten, das selten gespielt wurde – darunter eben auch die Lili Marleen-Scheibe von Lale Andersen. Man spielte diese Platte aus Mangel anderer öfter, bis von Berlin Einspruch erhoben wurde und man es unterließ. Kurze Zeit später kamen von allen Frontseiten Anfragen, warum man Lili Marleen nicht mehr spiele. Und danach wurde sie jeden Abend zum Sendeschluss kurz vor 22 Uhr gespielt.
Eine etwas andere Version hat Paul Carell in seinem Buch Die Wüstenfüchse: Mit Rommel in Afrika veröffentlicht (Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung):
In Krefeld jedoch fand sie im Frühjahr 1940 vor dem Frankreichfeldzug bei der 2. Panzerspähkompanie der Aufklärungsabteilung 3 Beachtung. Dort hörten die Unteroffiziere der Kompanie jeden Abend das Lied, das ihnen gefiel. Zur Kompanie gehörte auch der damalige Feldwebel d. Res. Karl-Heinz Reintgen, der vom Sender Berlin kam. Ihm gefiel Lili Marleen besonders gut. Die Kompanie wurde im Frühjahr 1941 nach Afrika verlegt; Reintgen, mittlerweile Leutnant, wurde Sendeleiter am Wehrmachtsender Belgrad. Er hatte dorthin die Platte mitgenommen und spielte sie aus Anhänglichkeit zu seiner alten Kompanie jeden Abend um 21.57 Uhr.
Bald breitete sich das Lied über alle anderen Wehrmachtssender aus. So wurde Lili Marleen, obwohl das NS-Regime das Lied wegen seines „morbiden und depressiven“ Textes vorübergehend verbot, zu einem „Schicksalslied“ des Zweiten Weltkriegs.
Auch unter den alliierten Soldaten wurde Lili Marleen gesungen. Bereits 1941 wurde es durch englische Truppen in Nordafrika so oft mitgesungen, dass die Generalität einschreiten musste. Als Marlene Dietrich ab 1943 das Lied vor amerikanischen Soldaten sang und es damit bei den Truppen der Alliierten richtig populär machte, störte es niemanden, dass vom gleichen Komponisten die Musik für Propagandamärsche wie Bomben auf Engeland oder das U-Boot-Lied geschrieben wurde.
1944 wurde in England ein Film mit dem Titel The True Story of Lili Marleen gedreht – das Lied ging in ca. 40 Übersetzungen um die Welt. Vier Jahre nach dem Krieg erbat sich Winston Churchill das Lied von einer Tanzkapelle an der Riviera. Und General Eisenhower sagte, Leip sei der einzige Deutsche gewesen, der während des Krieges der ganzen Welt Freude gemacht habe.
Obwohl das Lied aus dem Blickwinkel eines Soldaten geschrieben ist, wird es meistens von Sängerinnen vorgetragen, unter anderem auch von Greta Garbo, Connie Francis und Suzy Solidor die es in einer französischen Version sang. Moderne Fassungen des Liedes gibt es unter anderem von Atrocity aus dem Jahr 2000, von der italienischen Gruppe Camerata Mediolanese und von der thüringischen Metal-Band Eisregen, die es 2005 auf der EP Hexenhaus coverte.
Die ungebrochene Popularität kann man an den anfallenden GEMA-Gebühren sehen: So erhielt die Witwe des Texters Hans Leip in den 80er Jahren rund 60.000 Schweizer Franken pro Jahr aus dieser Quelle.
1981 drehte Rainer Werner Fassbinder einen Film gleichen Namens, in dem er die fiktive Geschichte der Kabarettsängerin Willie und ihres jüdischen Geliebten erzählt, die während des Zweiten Weltkriegs das Lied Lilli Marleen populär machen.
Heute erklingt das Lied, gesendet durch den Soldatensender Radio Andernach, allabendlich in Feldlagern der Bundeswehr, wie in Camp Warehouse in Afghanistan.
Diskographie
- Lili Marleen an allen Fronten. Hambergen: Bear Family Records, 2006. 7 CDs mit 180-seitigem Booklet, ISBN 3-89916-154-8 (Enthält fast 200 Versionen von Lili Marleen).
Literatur
- Hans Leip: Die kleine Hafenorgel. Gedichte und Zeichnungen. Mit zahlr. Textill., Christian Wegner, Hamburg, 1937
- Lale Andersen: Leben mit einem Lied. dtv, München 1981, ISBN 3-423-01003-7
- Paul Carell: Die Wüstenfüchse: Mit Rommel in Afrika. Nannen, Hamburg 1975, ISBN 3548024882
Weblinks
- Lili Marleen bei ingeb.org (deutsch/englisch; mit Musikbeispielen)
- Vorlage:IMDb Name (über Fassbinders Film)