Föderalismus

politisches System, Organisationsprinzip von Staaten
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Vorlage:Doppeleintrag Föderalismus ist ein Begriff aus der Politikwissenschaft. Er bezeichnet ein Organisationsprinzip von Staaten und Organisationen (beispielsweise mehrere Staaten unter einer gemeinsamen Regierung), mit teilweise eigenständigen und gleichberechtigten Gliedern, die zu einem einheitlichen Ganzen zusammengeschlossen sind, mit (im Idealfall) klar geregelten Kompetenzen zwischen dem Bund und den Gliedern der Organisation. Der Begriff leitet sich vom lat.: foedus, foedera (Bund, Bündnis, Vertrag) ab.

Meist wird der Begriff Föderalismus auf souveräne Staaten bezogen, die mehreren geografisch eingegrenzten Teilgebieten ihres Staates eine gewisse politische Autonomie einräumen. Diese darf nicht ohne weiteres wieder entzogen werden und ist meist in der Verfassung festgelegt. Die so genannten Gliedstaaten besitzen eigene politische Organe und eigene Kompetenzen zur Regelung ihrer Angebote und leiten diese Rechte nicht vom Zentralstaat ab. Im Gegensatz zum Staatenbund besitzt der Gesamtstaat im Föderalismus auch eigene Kompetenzen, die er ohne die Zustimmung der Gliedstaaten regeln kann.

Beispiel für institutionellen Föderalismus sind manche Parteien, die sich, zum Beispiel in Deutschland, in den Gliedstaaten bilden und Aufgaben und Kompetenzen der Organisation auf eine Dachorganisation übertragen, die in Teilgebieten eigenständig agieren kann, in anderen Teilen jedoch auf die Teilorganisation angewiesen sind.

Der Föderalismus ist immer geprägt vom Spannungsfeld der Beziehungen zwischen Zentralstaat und den Gliedstaaten, so dass es durchaus zu Pendelbewegungen hin zu mehr Zentralisierung oder zu mehr Dezentralisierung kommen kann.

Abgrenzung zu Zentralstaaten und zum Staatenbund

Föderalismus grenzt sich zum einen vom Zentralismus, zum anderen vom Staatenbund ab. Betrachtet werden hierbei im Sinne des Völkerrechts souveräne Staaten, die ihre innerstaatlichen Angelegenheiten ohne Einmischung anderer Staaten regeln. Ausnahme kann die freiwillige Übertragung von Kompetenzen an überstaatliche Organisationen (beispielsweise die EU) sein. Ein zentralistischer Staat hat nur eine politische Entscheidungsebene, die zentral alle Angelegenheiten des Staates bestimmt oder diese lokalen politischen Behörden kommissarisch überträgt. Diese lokalen Behörden haben jedoch keine eigenen Rechte, die den Zentralstaat hindern diese Kompetenzen wieder zu entziehen oder die Behörde aufzulösen. Beispiel hierfür ist Frankreich. Ein Staatenbund hingegen entsteht durch Zusammenschluss mehrerer souveräner Staaten auf Basis von Verträgen. Hier können zwar gemeinsame Institutionen gebildet werden. Ein Staat kann jedoch jederzeit wieder aus alleiniger Entscheidung austreten. Ein Beispiel ist die UNO.

Eigenschaften föderaler Staaten

Föderale Staaten besitzen meist eine Verfassung, die nur durch die Mehrheit der Gliedstaaten und die Mehrheit der gesamtstaatlichen Legislative geändert werden kann. Diese legt Kompetenzen für Gliedstaaten und Gesamtstaat fest. In jedem Gliedstaat gibt es legislative, exekutive und judikative Organe. Dies erweitert die vertikale Gewaltenteilung um eine horizontale Gewaltenteilung, die eine hemmende Wirkung entfachen kann und damit die Stabilität des politischen Systems fördert. Gleichzeitig entlastet die Bearbeitung politischer Probleme durch die Gliedstaaten den Gesamtstaat. Die Bürger können sowohl ein gesamtstaatliches als auch ein gliedstaatliches Parlament wählen. Meist besitzt die gesamtstaatliche Ebene zwei Parlamentskammern. Die eine vertritt dabei auch gliedstaatliche Interessen.

Föderales Europa

Lange Zeit konnte man bei der EWG und EG von einem Staatenbund sprechen. Verträge wie die Montanunion hatten sogar ein Ablaufdatum. Heute besitzt die EU neben einer Verwaltung auch feste Kompetenzen, die auf Basis der EU-Verträge vom Europäischem Gerichtshof überprüft werden. Solange die EU noch keine eigene Verfassung besitzt, kann man zwar noch nicht von einem föderalen Staat sprechen; aber die EU ist auf dem Weg, zu einem Staat über Staaten zu werden, der mehr ist als ein Staatenbund. Manche bezeichnen die EU deshalb heute als Staatenverbund.

Liste föderal verfasster Staaten

  • Argentinien, 23 Provinzen, 1 Bundesdistrikt, 1 Nationalterritorium, Verfassung von 1994
  • Äthiopien, 9 Regionen, 2 Gebiete mit Sonderstatus, Verfassung von 1995
  • Australien, 6 Bundesstaaten, 2 Territorien, 3 Außengebiete, Verfassung von 1901
  • Belgien, 3 Regionen, 3 Sprachgebiete, Verfassung von 1994
  • Brasilien, 26 Bundesstaaten, 1 Bundesdistrikt, Verfassung von 1988
  • Bundesrepublik Deutschland, 16 Bundesländer, Grundgesetz von 1949
  • Kanada, 10 Provinzen, 3 Territorien, Verfassung von 1867/1982
  • Indien, 28 Staaten, 7 Territorien, Verfassung von 1950
  • Komoren, 3 Territorien, Verfassung von 2001
  • Malaysia, 13 Bundesstaaten, 3 Territorien, Verfassung von 1957
  • Mexiko, 31 Bundesstaaten, 1 Territorium, Verfassung von 1917
  • Mikronesien, 4 Teilstaaten, Verfassung von 1979
  • Nigeria, 36 Bundesstaaten, 1 Territorium, Verfassung von 1979
  • Österreich, 9 Bundesländer, Verfassung von 1929.
  • Pakistan, 4 Provinzen, 2 Territorien, Verfassung von 1973
  • Russland, 21 Republiken, 1 Autonomes Gebiet, 10 Autonome Kreise, 6 Regionen, 49 Gebiete und 2 Städte mit Subjektstatus, Verfassung von 1993
  • Schweiz, 26 Kantone, Verfassung von 1998
  • Spanien, 19 Autonome Regionen, Verfassung von 1978
  • Südafrika, 9 Provinzen, Verfassung von 1996
  • St. Kitts und Nevis
  • Venezuela, 23 Bundesstaaten, 1 Bundesdistrikt, Verfassung von 1999
  • Vereinigte Arabische Emirate, 7 Emirate, Verfassung von 1971
  • Vereinigte Staaten von Amerika, 50 Bundesstaaten, 1 Bundesdistrikt, Verfassung von 1787

Siehe auch:

Bundesstaat, Subsidiarität, Exekutivföderalismus, Statistik der deutschen Länder von 1925

Einzelne Artikel für Staaten: Föderalismus in Deutschland, Föderalismus in der Schweiz