Geschlechterrolle

Summe von Verhaltensweisen, die in einer Kultur für ein bestimmtes Geschlecht als typisch oder akzeptabel gelten und Personen zugewiesen werden.
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Unter einer Geschlechtsrolle versteht man

  • die Verhaltensweisen, die in einer Kultur für ein bestimmtes Geschlecht als typisch oder akzeptabel gelten (kulturelle Geschlechtsrolle)
  • die Verhaltensweisen eines Individuums, die dieses mit seiner Geschlechtsidentität in Verbindung bringt und/oder mit denen es seine Geschlechtsidentität zum Ausdruck bringen will (individuelle Geschlechtsrolle)

Kulturelle Geschlechtsrollen sind größtenteils einem ständigen Wandel unterworfen; lediglich die unterschiedlichen biologischen Rollen von Frauen und Männern bei der Fortpflanzung waren bis zur Mitte des 20sten Jahrhunderts undiskutiert gewesen. Erst seitdem die Medizin hier - zur Zeit allerdings noch größtenteils theoretische - Möglichkeiten bietet, diese biologischen Rollen teilweise zu verändern, wird auch dieser Teil der Geschlechtsrollen diskutiert; allerdings ist diese Debatte noch auf Randbereiche der Gesellschaft beschränkt.

Der nicht strikt biologische Aspekt der kulturellen Geschlechtsrollen ist sehr breit gefächert, auch wenn gewisse generelle Tendenzen erkennbar sind, so sind doch letztendlich fast alle Möglichkeiten der kulturellen Aufgabenteilung irgendwo und irgendwann praktiziert worden.

Die bekannteste Norm für kulturelle Geschlechtsrollen dürfte die heteronormative oder patriarchalische sein, welche im Westen zu Beginn des vorigen Jahrunderts ihren Höhepunkt hatte und seitdem zunehmend modifiziert wird.
Die ursprünglich religiöse Begründung für diese Rollenteilung wurde zunehmend durch wissenschaftliche Argumente, meist aus den Bereichen Anthropologie und Biologie ersetzt. Beide Argumentationsstränge und ihre Folgerungen werden nicht nur von der Frauenbewegung kritisiert. In dieser wird vorausgesetzt:

  • Es gibt genau zwei Geschlechter (Mann und Frau) und jeder Mensch ist genau einem von diesen beiden Geschlechtern zuordnenbar.
  • Es gibt "natürliche" und strikt voneinandern getrennte Geschlechtsrollen, welche Männer und Frauen automatisch auszufüllen wünschen. Diese Geschlechtsrollen sind:
    • Männer
      • Oberhaupt und Ernährer der Familie
      • Zuständig für Kontakte nach Außen
      • Stark, rational, kämpferisch, sexuell aktiv
      • Männer als "Jäger"
    • Frauen
      • Abhängig von und unterworfen einem männlichen Beschützer (Vater, Ehemann etc.)
      • Zuständig für die sozialen Bindungen innerhalb der Familie
      • Schwach, emotional und irrational, ausgleichend, sexuell passiv oder desinteressiert
      • Frauen als auf Jäger angewiesene "Brutversorgerinnen"

Sowohl die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommende Frauenbewegung als auch politische Veränderungen wie die Industrialisierung und insbesondere die Weltkriege, die es erforderten, daß Frauen den "angestammten" Platz verließen, führten zu starken Veränderungen der Möglichkeiten innerhalb der Geschlechtsrollen; dabei wurde die weibliche Geschlechtsrolle wesentlich stärker liberalisiert als die männliche, so daß heute die Bandbreite der Möglichkeiten für Frauen wesentlich größer ist als für Männer.
Gleichfalls wurden die wissenschaftlichen Grundlagen der Rollenteilung immer häufiger widerlegt.
Und auch die Prämisse, daß es überhaupt genau zwei strikt von einander getrennte Geschlechter gebe, gerät zunehmend ins Wanken, hier ist vor allem die Transgender-Bewegung und die zunehmende Wahrnehmung von Intersexualität zu nennen.