Fürstbischof
Fürstbischöfe im Heiligen Römischen Reich
Ein Fürstbischof war ein Bischof im Fürstenrang. Sein Stand war der eines Reichsfürsten des Heiligen Römischen Reiches.
Diese weltliche Herrscher-Funktion von Bischöfen in Deutschland ging auf die Politik der frühmittelalterlichen deutschen Könige zurück, sich zur Eindämmung des Einflusses mächtiger Fürstenfamilien auf die von ihnen ernannten Bischöfe zu stützen. Etliche dieser Bischöfe erhielten damals königliche Rechte (Regalien) verliehen. Im Zuge der Entwicklung von Territorialfürstentümern bauten auch diese Bischöfe ihre Herrschaftsgebiete zu weltlichen Territorien aus, die als Hochstift bezeichnet wurden.
Die drei angesehensten geistlichen Fürsten des Reiches wurden 1356 durch die Goldene Bulle des Kaisers Karl IV. neben vier weltlichen Fürsten zu Kurfürsten des Reiches ernannt, d.h. zu königswahlberechtigten Fürsten: Dies waren die Fürst-Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier.
Im Jahre 1521 bestanden im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation 53 katholische geistliche Fürstentümer, Reformation und protestantische Säkularisation reduzierten diese Zahl bis 1648 auf 23, die sich im 18. Jahrhundert auf 26 wieder leicht erhöhten.
Im 16. und frühen 17. Jahrhundert hatte es neben diesen katholisch bleibenden Fürstbistümern auch eine Reihe protestantischer Fürstbistümer gegeben - allen voran das bedeutende Fürsterzbistum Magdeburg. Fast alle diese protestantischen geistlichen Staaten, die in der Regel von Prinzen mächtiger benachbarter protestantischer Dynastien regiert wurden, verwandelte der Westfälische Frieden von 1648 in weltliche Fürstentümer (zugunsten größerer weltlicher Staaten wie z.B. Brandenburg-Preußen), was zuletzt in Magdeburg 1680 umgesetzt wurde. Übrig blieb als protestantisches Fürstbistum einzig Bistum Lübeck, als Grenzfall ferner das konfessionell zwischen Katholiken und Lutheranern alternierend besetzte Bistum Osnabrück. Alle übrigen Fürstbistümer, die zwischen 1648 und 1802/03 noch bestanden, waren exklusiv katholisch. Es bestanden zusätzlich lediglich noch drei protestantische Reichsabteien.
Auch der Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ritterordens zählte seit 1526, ohne Fürstbischof zu sein, zu den geistlichen Reichsfürsten.
Zwischen dem 16. und frühen 19. Jahrhundert wurden die Fürstbischofs-Positionen nahezu ausschließlich mit Vertretern bestimmter Gruppen des Altadels besetzt - mit Fürstensöhnen, Reichsrittern und altem Mediatadel. Insofern war die deutsche Reichskirche bis 1803 in den Führungspositionen primär eine Adelskirche. Zugleich aber ermöglichte sie begrenzte Formen sozialer Mobilität, indem bestimmte nichtfürstliche Adlige und bis ins 17. Jahrhundert auch noch Bürgerliche durch ein Bischofsamt den persönlichen Aufstieg zur Reichsfürstenwürde nehmen konnten.
Der wachsende Legitimationsverlust geistlicher Staaten im Zeitalter von Rationalismus und Aufklärung, der ab 1792 hinzutretende Einfluss des revolutionären Frankreich, wo die Kirchengüter bereits "nationalisiert" und verkauft worden waren, und der materiell motivierte Annexionismus benachbarter weltlicher Staaten in Deutschland führten mit dem Frieden von Lunéville 1801 binnen eines knappen Jahrzehnts die Säkularisation aller geistlichen Staaten in Deutschland herbei. Fast alle Fürstbistümer wurden bereits im Jahre 1802 säkularisiert, was der Reichsdeputationshauptschluß 1803 auch reichsrechtlich sanktionierte. Die bis dahin regierenden Fürstbischöfe behielten den Status eines Reichsfürsten auf Lebenszeit.
Als einziger Fürstbischof konnte der letzte Kurfürst-Erzbischof von Mainz, Karl Theodor von Dalberg, als Kurerzkanzler des Reiches bzw. (ab 1806) als Fürstprimas des Rheinbundes für einige Jahre noch einen geistlichen Staat regieren (Schwerpunkte: Regensburg und Aschaffenburg), der 1810 jedoch ebenfalls säkularisiert und in das Großherzogtum Frankfurt verwandelt wurde, das Dalberg noch bis 1813 regierte.
Auch die geistlichen Ritterorden der Johanniter und des Deutschen Ordens wurden 1803 noch verschont, fielen jedoch ebenfalls binnen kurzem (1806 bzw. 1809) der Säkularisation zum Opfer.
Um das Jahr 1800 hatte das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" folgende Fürstbistümer:
- Kurfürstentum und Fürsterzbistum Mainz
- Kurfürstentum und Fürsterzbistum Köln
- Kurfürstentum und Fürsterzbistum Trier
- Fürsterzbistum Salzburg
- Fürstbistum Augsburg
- Fürstbistum Bamberg
- Fürstbistum Basel
- Fürstbistum Breslau
- Fürstbistum Brixen
- Fürstbistum Chur
- Fürstbistum Corvey
- Fürstbistum Eichstätt
- Fürstbistum Freising
- Fürstbistum Fulda
- Fürstbistum Hildesheim
- Fürstbistum Konstanz
- Fürstbistum Lübeck
- Fürstbistum Lüttich
- Fürstbistum Münster
- Fürstbistum Osnabrück
- Fürstbistum Paderborn
- Fürstbistum Passau
- Fürstbistum Regensburg
- Fürstbistum Speyer
- Fürstbistum Straßburg
- Fürstbistum Trient
- Fürstbistum Worms
- Fürstbistum Würzburg
Fürstbischöfe von Montenegro
Außerhalb des Heiligen Römischen Reiches gab es in der katholischen Kirche keine Fürstbischöfe, wenn man einmal von der höherrangigen Ausnahme des vom Papst, der zugleich ja Bischof von Rom war, regierten Kirchenstaates in Mittel-Italien absieht.
Auch in der orthodoxen Kirche Osteuropas war eine solche weltliche Herrschaft von Bischöfen nicht üblich. Einen Ausnahmefall bildet hier die sich seit dem 16. Jahrhundert herausbildende politische Rolle des orthodoxen Bischofs von Cetinje in der Region Montenegro (Crna Gora). Während das Osmanische Reich und sein Sultan nach der Eroberung Serbiens um 1470/80 auch die Herrschaft über Montenegro beanspruchten, wehrten sich die dortigen Bergstämme häufig erfolgreich gegen die faktische Umsetzung dieses Anspruchs. Der Bischof von Cetinje (Vladika) wurde von den Stammesführern als eine Art unparteiischer Präsident dieses lockeren Staatswesens genutzt und anerkannt. Danilo Petrovitsch Njegusch, der 1697 das Amt des Vladika übernahm, gelang es, einen Neffen zu seinem Nachfolger zu bestimmen, woraufhin das Amt im Laufe des 18. Jahrhunderts in seiner Familie erblich und folglich "dynastisiert" wurde. Doch erst Fürstbischof Peter I. (1782-1830) vermochte das weltlich-geistliche Führungsamt dauerhaft der Familie Petrowitsch Njegusch zu sichern, und erst sein Neffe Peter II. (1831-1851) schaltete einen rivalisierenden mächtigen Clan so weit aus, daß der Fürst-Bischof zum unangefochtenen politischen Führer in Montenegro aufstieg. Insofern war es folgerichtig, daß dessen Neffe und Nachfolger Danilo II. (1851-1860) bereits 1852 das Bischofsamt aufgab und sich zum weltlichen Fürsten von Montenegro proklamierte. Dieses Fürstentum der Petrowitsch Njegusch wurde unter Danilos Neffen und Nachfolger Nikolaus I. (Nikola, manchmal auch Nikita) (1860-1918) 1910 zum Königreich aufgewertet, wurde jedoch bereits 1918 dem neugegründeten "Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen" angeschlossen, dem späteren Jugoslawien.