Eurabien

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Eurabien (Eurabia) ist ein politischer Kampfbegriff, der von der britisch-jüdischen Autorin Gisèle Littman, geb. Orebi, bekannter unter ihrem Pseudonym Bat Ye'or, geprägt wurde. Er insinuiert ein Europa, das politisch und kulturell zunehmend vom Islam geprägt wird.

Herkunft des Ausdrucks in Europa und den USA

„Eurabia“ ist der Titel einer Studie, die vom „Europäischen Komitee für die Koordination von freundschaftlichen Verbindungen mit der arabischen Welt“ (Paris) herausgegeben wurde. Sie wurde in Zusammenarbeit mit Middle East International (London), France-Pays Arabes (Paris) und der Groupe d’Etudes sur le Moyen-Orient (Genf) veröffentlicht. In ihrer zweiten Ausgabe (vom Juli 1975) veröffentlichte Eurabia die Resolutionen, die in Straßburg von der Vollversammlung der parlamentarischen Verbindung für euro-arabische Kooperation am 7./8. Juni 1975 einstimmig verabschiedet wurden. Die Verbindung besteht aus mehr als 200 Parlamentariern aus westeuropäischen Ländern, die alle Facetten des politischen Spektrums repräsentieren.

In ihrem Buch Eurabia: The Euro-Arab Axis zeichnet die britische Autorin Bat Ye'or den demografischen Wandel als Ergebnis einer ihrer Ansicht nach seit dreißig Jahren von Frankreich forcierten EU-Politik. Europa versuche zusammen mit der arabischen Welt ein Euro-arabisches Gegengewicht zu den USA herzustellen; dabei sei wegen wirtschaftlicher und politischer Interessen ein demografischer Wandel in West-Europa in Kauf genommen worden, eine Art „Öl gegen Menschen“.

Eurabien bezeichnet demgegenüber auch ein utopisches Konzept pragmatischer Intellektueller für ein geostrategisches Zusammengehen Europas mit der arabischen Welt bezüglich der (gescheiterten) EU-Aufnahmeanträge Marokkos, Syriens usw. Die „Festung Europa“ würde durch arabisches Öl unabhängig vom US-kontrollierten Weltölmarkt und hätte so günstige Voraussetzungen, ihre angestrebte wirtschaftliche Führungsposition in der Welt (vor den USA) zu erreichen. Zudem gewänne die EU einen Verbündeten im Kampf gegen den Terror, eine Freihandelszone rund ums Mittelmeer sowie eine Pufferzone gegen unerwünschte Einwanderung bei gleichzeitig kontrollierter Einwanderung, um die demographischen Rentenlücken aufzufüllen.

In diesem Zusammenhang dient Eurabia auch als polemische Bezeichnung für das vom ehemaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer angeregte Konzept der Schaffung einer Euro-Mediterranen Freihandelszone bis 2010.

Im erklärten Gegensatz zu Bat Ye'or [1] sieht Georg Meggle das von ihr beschworene Szenario Eurabien als "eine Vision" zur Stärkung arabischer und europäischer Identität und als Ausweg aus der gegenwärtigen Krise dieser Räume.[2]

Kritik

In seiner außenpolitischen und auch integrationspolitischen Akzentuierung wird der Begriff Eurabien deutlicher Kritik unterzogen und unter anderem als Verschwörungstheorie gedeutet. Der Eurabienvorstellung mangelt es an Differenzierung zwischen Nordafrika (dem Maghreb), der Türkei und der arabischen Welt, sie reduziert komplexe globale Zusammenhänge auf eine platte religiös-demographische Kernaussage.

Das Vorhaben, über eine stärkere Integration des Mittelmeerraumes eine Stärkung Europas gegenüber den bevölkerungsstarken Nordamerika wie Asien zu erreichen, enstammt traditionellen raum- und geopolitischen Vorstellungen Anfangs des 20. Jahrhunderts[3]. Grundsätzlich entspricht die von Frankreich angestrebte enge Kooperation mit dem Mittelmeerraum und inbesondere Algerien traditionellen französischen geopolitischen Ansätzen. Die Ablehnung einer EU Mitgliedschaft der Türkei geht damit konform, nicht aber die bei Eurabia vorgetragenen heimlichen EU-Arabische Partnerschaft. In Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg wurde stattdessen eine Integration mit der arabischen Welt angestrebt, deren Sinnbild unter anderem die Bagdadbahn war. Eine Integration des gesamten Mittelmeerraumes war beim Atlantropa Projekt angestrebt; generell war die propagandistische Tragweite der jeweiligen Projekte sehr unterschiedlich und zumeist mit der wirtschaftlichen Realität nicht in Übereinstimmung.

Bücher

Siehe auch

Quellen

  1. Lehre WS 2007/08, Universität Leipzig
  2. Meine Vision: EURABIA, Georg Meggle, 4.02.03
  3. Europas Zukunft liegt im Süden, Rudolf Maresch 31.01.2009, Mit der "Union für das Mittelmeer" kommen geopolitische Pläne und Vorstellungen Europas aus dem vorigen Jahrhundert wieder in den Blick, Telepolis [1]