Der Generalbass oder Basso continuo (ital. „ununterbrochener Bass“) bildet das harmonische Gerüst in der Barockmusik. Wegen der großen Bedeutung des Generalbasses in dieser Zeit wird diese Epoche auch Generalbasszeitalter (Hugo Riemann) genannt.

Auf diesem Gemälde sind drei für die Ausführung des Generalbasses wichtige Instrumente vereint: Das Cembalo, gespielt von Johann Adam Reincken, die Gambe, gespielt von Dietrich Buxtehude und die Laute, gespielt von der allegorischen Musica.
Der Generalbass besteht aus der tiefsten Instrumentalstimme (Basslinie) in Verbindung mit zur Melodie und zum musikalischen Ablauf passenden Akkorden. Diese werden nicht ausgeschrieben, sondern durch Ziffern und andere Symbole angegeben, die über oder unter die Noten der Generalbassstimme geschrieben werden (Bezifferung). Die genaue Realisierung der Akkorde ist damit dem Spieler überlassen und ist oft improvisiert. Moderne Notenausgaben enthalten aber oft eine vom Herausgeber angefertigte mögliche Realisierung der Akkorde in Notenschrift (ausgesetzter Generalbass). Sehr frühe Generalbassstimmen bei einfachen oder stilgebundenen Stücken haben oft keine Bezifferung, der Spieler kann dann die Akkorde aus dem musikalischen Zusammenhang erschließen.[1] Beispiele dafür sind Menuette (1728) und Fantasien (1737) bei Telemann und Kammerduette (1743) bei Händel.[2]

Für die Ausführung der Akkorde kommen Harmonieinstrumente wie z. B. die Orgel, das Orgelpositiv, das Cembalo, das Regal (nur im Frühbarock, es kam später aus der Mode), das Spinett, die Laute, die Theorbe, die Gitarre oder die Harfe in Frage. Die Bassstimme selbst wird in der Regel durch ein Bassinstrument wie z. B. ein Violoncello, eine Viola da gamba, ein Fagott, einen Bassdulzian, ein Rankett oder in größeren Besetzungen auch eine Posaune, außerdem dann auch durch ein die Baßstimme nach unten oktavierendes Instrument wie den Violone), verstärkt. In größeren Besetzungen können auch mehrere Akkord- und Bassinstrumente alternativ oder gleichzeitig eingesetzt werden. Es wird üblicherweise nicht angegeben, welches Instrument den Generalbass spielt, diese Entscheidung bleibt den Aufführenden überlassen und ist abhängig von der genauen Entstehungszeit, dem Entstehungsort und dem Charakter des Musikstücks, sowie nicht zuletzt den verfügbaren Musikern.
Geschichte
Anfänge der Generalbasspraxis im Frühbarock
Le musiche sopra l'Euridice
Der Generalbass entwickelte sich als Begleitung der um 1600 entstandenen Monodie. Ab 1600 wurde die polyphone Vokalmusik der vorangegangenen Epochen, die sog. „prima prattica“ als in mancherlei Hinsicht überholt betrachtet, da sie nicht in dem Maße den Gehalt des der Musik zugrundeliegenden Textes ausdeutete, in dem die Komponisten dieser Zeitenwende es für notwendig hielten. Man begann die entgegengesetzte Praxis, die Monodie oder „seconda prattica“, die sich am Sprachduktus und vor Allem auch der Dramaturgie der textlichen Aussage orientierte. Die Monodie war so flexibler und lebendiger als die alte Polyphonie; die Harmonie des Generalbasses band die Einzelstimmen in einen musikalischen Zusammenhang ein.
Diese Praxis wurde überhaupt erst mit der immer größer werdenen Eigenständigkeit der Instrumentalmusik gegenüber der Vokalmusik ab dem Übergang von der Renaissance zum Frühbarock denkbar. Sie entwickelte sich aus dem Basso pro organo des 16. Jahrhunderts, der als Basso seguente die jeweils tiefste momentan erklingende Stimme einer Komposition verstärkt und auch die restlichen Stimmen der Komposition aufgrund verschiedener schematisierter Intervallkonstellationen erschließt.
So wurde von den ausübenden Musikern der Renaissance erwartet, dass sie nicht nur ihre Stimme aus dem Stegreif ausführen und verzieren, sondern hierzu gegebenenfalls auch beliebige weitere Stimmen im Scheinkontrapunkt (contrapunto alla mente) improvisieren konnten. Die so extemporierten Stimmen mussten sich vor allem innerhalb konsonanter Intervalle zum Bass bewegen; die Ausführung solcher Stimmen war Gegenstand umfassenden Unterrichtes und wurde u. A. von Adriano Banchieri in seinem Essempio di Componere Varie Voci Sopra un Basso di Canto Fermo (1614) beschrieben. Zu dieser Zeit war es für den Instrumentalisten noch nicht notwendig, den gegebenen Bass zu beziffern, da sich die hinzugefügten Intervalle innerhalb eines engen, modalen Rahmens von selbst ergaben.
Darüber hinaus begann man aber auch, reine Vokalkompositionen zum Zweck ihrer besseren Stützung auf Instrumente zu übertragen. Dieses Intavolieren oder auch Absetzen einer Partitur (d.h. das Zusammenfassen in einer Orgel- oder Lautentabulatur ohne Ziffern wie z. B. dem Breslauer Tabulaturbuch) blieb besonders bei mehrstimmig-kontrapunktischen Sätzen noch lange Zeit üblich. Dieses Verfahren ermöglichte im Frühbarock zunächst das (auszugsweise) Mitspielen des jeweiligen Satzes durch die Orgel, das Cembalo oder auch Laute und Theorbe, um so die Sänger zu stützen bzw. etwa fehlende Singstimmen instrumental zu ersetzen; hieraus ergab sich auch die Kantorei- und die colla-parte-Praxis. Daneben wurden die so auf den spieltechnischen Gegebenheiten der einzelnen Instrumente angepaßten Vokalwerke auch zum solistischen instrumentalen Spiel ohne jedwede Beteiligung von Sängern verwendet und bilden eine wichtige Wurzel des virtuosen Instrumentalspieles.
Lodovico Grossi da Viadana veröffentlicht 1602 mit seinen in dieser Hinsicht revolutionären 100 Concerti ecclesiastici die ersten nachgewiesenen Solokompositionen in der Geschichte der Kirchenmusik, die ihre Harmonie nicht aus dem Miteinander verschiedener, kontrapunktisch gearbeiteter Solostimmen gewinnen, sondern vielmehr durch ein Tasten- oder auch Zupfinstrument gestützt werden. Die Mittelstimmen dieses Satzes werden zwar nicht mehr notiert, unterliegen jedoch nach wie vor den Regeln, die auch für die Mittelstimmen einer ausgeschriebenen Vokalkomposition gegolten hätten. Technisch entfernen sich diese in neuem Stil verfaßten Werke noch nicht allzuweit von den durchmitierenden Vokalsätzen der vorhergegangenen Epoche, es gelangt damit jedoch ein neues Bewußtsein vertikaler Beziehungen zwischen den Stimmen in die Musik, das folgerichtig Jahrzehnte später zur ersten Formulierung einer Harmonielehre durch Jean-Philippe Rameau[3] führen sollte.
Agostino Agazzari sprach sich 1607 für die Notation der Baßstimme mit hinzugefügten Ziffern aus. Dies wurde vor allem dadurch notwendig, dass die entsprechenden Kompositionen sich mehr und mehr von einem aus der Stimmführung erwachsenden Verlauf in einem engen modalen Rahmen ablösten und ihnen nun eher ein von der Harmonielehre her konstruierter Bauplan zugrunde lag. Der so bezeichnete basso continuo verbreitete sich von Italien aus rasch durch ganz Europa. Wohl als erster deutscher Komponist bezog sich 1607 Gregor Aichinger (nach Studienreisen nach Venedig und Rom) in der Vorrede zu seinen Cantiones ecclesiasticae auf sein Vorbild Viadana. 1619 – zeitgleich mit Michael Praetorius' Syntagma musicum – erschienen die Psalmen Davids (op. 2) von Heinrich Schütz „mit beygefügten Basso continovo, vor die Orgel/Lauten/Chitaron/ etc.“ Die Zeit von 1600 bis 1650 kann man nach Keller als Frühzeit des Basso continuo bezeichnen.
Giovanni Gabrieli, der Schütz und Praetorius ausbildete, machte schon früh Gebrauch vom Generalbass. Samuel Scheidt, der von einer anderen den Generalbass entwickelnden Komponistenpersönlichkeit des Übergangs von der Renaissance zum Barock, nämlich Jan Pieterszoon Sweelinck ausgebildet wurde, arbeitete mit Praetorius zusammen, wie der Thomaskantor Johann Hermann Schein mit Scheidt und Schütz. Sie führten verschiedene Schulen zusammen, die die aufkeimende Verwendung des Generalbasses etablierten.
Ausführung des Generalbasses im Hochbarock
Bezifferung über und unter dem Bass
Andreas Werckmeister umschrieb 1702, in der Hochzeit der Generalbasspraxis von 1650 bis 1750[4] einen Grundsatz der Generalbasspraxis mit den Worten, es solle „ohne viel Laufwerck und Gequirrle“ gespielt werden; er zog Arpeggien als Ornamente vor. Der Bass hatte mit einem andauernden Klangfluss die kontinuierliche Leitung zu übernehmen. Johann Friedrich Daube zufolge ist diese Spielart „…nützlich zu gebrauchen, wenn die beyden Stimmen in gleichgeltenden aber langsamen Tönen oder Noten einhergehen: …Sie kömmt hierinn mit dem Accompagnement der Theorbe oder Laute überein.“ (1756) Johann Sebastian Bach formulierte es in seiner Generalbass-Lehre (1738) so: „Er heist Bassus Continuus oder nach der Italiänischen Endung Basso contin[u]o, weil er continuirlich fortspielet, da mittels die andern Stimmen dann und wann pausiren…“ und führt hierzu weiter aus:
„Der General Bass ist das vollkommste Fundament der Music welcher mit bevden Händen gespielet wird dergestalt das die lincke Hand die vorgeschriebene Noten spielet die rechte aber Con- und Dissonantien darzu greifft damit dieses eine wolklingende Harmonie gebe zur Ehre Gottes und zulässiger Ergötzung des Gemüths und soll wie aller Music, also auch des Genaral-Basses Finis und End-Ursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ists keine eigentliche Music, sondern ein teuflisch Geplerr und Geleyer.“
Bach bezieht seine Regeln damit schon im Titel ausdrücklich auf eine vierstimmige Ausführung der Bezifferung. Diese Art des Generalbassspieles herrscht als die im 18. Jahrhundert in Deutschland wie auch in Italien standardisierte vor und ist durch Äußerungen z. B. Bachs und Johann Matthesons wie auch Johann David Heinichens bezeugt. Über Bachs Generalbassspiel urteilt Lorenz Christoph Mizler ein Jahr später:
„Wer das Delicate im General-Bass und was sehr woll accompagniren heißt, recht vernehmen will, darf sich nur bemühen, unsern Herrn Bach allhier zu hören, welcher einen jeden General-Bass zu einem Solo so accompagnirt, daß man denket, es sey ein Concert, und wäre die Melodey so er mit der rechten Hand machet, schon vorhero also gesetzet worden.“
Auch Daube bewunderte Johann Sebastian Bachs Art der Ausführung solcher Sätze; er schrieb, Bach habe die kunstreiche Art des Generalbassspieles im höchsten Grade beherrscht,
„durch ihn mußte die Oberstimme brillieren. Er gab ihr durch sein grundgeschicktes Accompagnieren das Leben, wenn sie keines hatte. Er wußte sie, entweder mit der rechten oder linken Hand, so geschickt nachzuahmen, oder ihr unversehens ein Gegenthema anzubringen, daß der Zuhörer schwören solte, es wäre mit allem Fleiß so gesetzt worden. Dabei wurde das ordentliche Accompagnement sehr wenig verkürzt. Überhaupt sein Accompagniren war allezeit wie eine mit dem allergrößten Fleiße ausgearbeitete, und der Oberstimme an die Seite gesetzte concertirende Stimme, wo zu rechter Zeit die Oberstimme brilliren mußte. Dieses recht wurde sodann auch dem Basse ohne Nachtheil der Oberstimme überlassen. Genug! Wer ihn nicht gehöret, hat sehr Vieles nicht gehöret.“
Der beschriebene, sogenannte "vollstimmige Satz" wurde vereinzelt auch bis zur Fünfstimmigkeit und sogar darüber hinaus erweitert, dies vor allem, um auch auf dem Cembalo mit seinem rasch verklingenden, wenig voluminösen Ton einen tragfähigen, vollen Klang zu erreichen. Heinichen, der noch 1711 die Ausführung des Generalbasses im vierstimmigen Satz gelehrt hatte, wendet sich nach seinem Italienaufenthalt in dne Jahren 1710-1717 mehr und mehr einer vollgriffigen Spielweise zu, Bei der dann natürlich zwangsläufig die Strenge des Satzes gegenüber der Klangfülle desselben in den Hintergrund treten muß. Er bemerkt bezüglich dieser neuen Art, den Generalbass auszuführen, dass bekannt sei,
„dass die alte Welt den General Bass nach der ersten Erfindung desselben sehr schwachstimmig tractirete, und war noch in denen letzten Jahren des verwichenen Seculi ein drey stimmiges Accompagnement, (da bald die rechte, bald die lincke Hand eine Stimme allein, die andere Hand aber die zween übrigen Stimmen führete, nicht eben gar zu rar. In folgenden Zeiten [...] wurde das 4.stimmige Accompagnement mehr Mode, welches man zwar anfänglich vor beyde Hände gleich theilte, nemlich zwey Stimmen in der rechten und zwey in der lincken Hand [...]. Weil aber diese Art nicht überall, und sonderlich bei nachgehends [...] eingeführten Gebrauch sehr geschwinder Bässe, nicht applicabel war: also wurde dieses 4.stimmige Accompagnement vor die Hände ungleich eingtheilet: nemlich drey Stimmen vor die rechte Hand, und die eintzige Bass-Stimme vor die lincke Hand.“
Diese Art der Ausführung der Bezifferungen ist Heinichen zufolge zwar die gebräuchliche, welche man auch
„allen Anfängern zu lehren pfleget [...]. Diejenigen aber, welche allbereit in der Kunst geübet, suchen gemeiniglich (sonderlich auf den Clavecins) die Harmonie noch mehr zu verstärcken, und mit der lincken Hand ebenso vollstimmig, als mit der rechten zu accompagnieren, woraus dann nach Gelegenhiet der Application beyder Hände ein 6.7. bis 8.stimmiges Accompagnement entsteht. [...] Je vollstimmiger man auf den Clavecins mit beyden Händen accompagnieret, je harmoniöser faellet es aus. Hingegen darff man sich freylich auf Orgeln, (sonderlich bey schwacher Music und ausser dem Tutti) nicht zu sehr in das allzu vollstimmige Accompagnement der lincken Hand verlieben, weil das beständige Gemurre so vieler tieffen Tone dem Ohre unangenehm, und dem concertirenden Sänger oder Instrumentisten nicht selten beschwerlich fället. Das Judicium muss hierbey das Beste tun.“
Dieser vollstimmige, akkordorientierte Satz gilt als der nun moderne Stil, nicht zuletzt, weil er eine sehr weit verfeinerte Behandlung der Dissonanzen gestattet; das durchsichtige dreistimmige Spiel war zu dieser Zeit nur noch üblich, wenn dabei der Melodieführung der einzelnen Stimmen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel Bach ging jedoch 1762 in der Endphase des Generalbassspiels vom vollstimmigen Spiel wieder ab; der Basso continuo war ihm nicht mehr ausschließlich Fundament, sondern vermehrt Accompagnement, Begleitung der dominierenden Melodik.
Bei der Ausführung des Generalbasses kamen neben Orgel und Cembalo, die für fast zweihundert Jahre das Rückgrat des Generalbasses bildeten, auch Zupfinstrumente wie Laute, Theorbe, Gitarre, Colascione, gelegentlich sogar die Harfe, zur Verstärkung der Bassstimme Violone, Posaune oder vereinzelt sogar der Serpent zum Einsatz. Jedes der genannten Akkordinstrumente bedingt durch die jeweils ihm eigene Spielweise noch einmal besondere Arten der Ausführung der Bezifferung, aber auch bezüglich der Behandlung des Cembalos bildeten sich aufgrund der klanglichen Eigenschaften der jeweiligen Instrumente (z. B. die sehr direkten italienischen Cembali gegenüber den prunkvoll rauschenden französischen Instrumenten) gewisse feine nationale Eigenheiten heraus.
Bezüglich der Besetzung der Continuogruppe bildete sich die Regel heraus, dass der Generalbass in geistlichen Werken des Barock meist von Orgel und Violone (vergleichbar mit dem heutigen Kontrabass) ausgeführt wurde; nach H. C. Robbins Landon bestand die Generalbassgruppe aus Violone, Fagott, Violoncello und Orgel. Bei nicht geistlichen Werken wurde der Part des die Harmonie spielenden Instrumentes für gewöhnlich durch ein Cembalo anstelle der Orgel, evtl. auch durch eine Laute ausgeführt. Sonderfälle stellen hierbei Werke dar, bei denen die Orgel als konzertierendes Instrument verwendet wird, so z. B. die Orgelkonzerte Georg Friedrich Händels, bei denen man heute davon ausgeht, daß auch hier ein zusätzliches Cembalo zur Ausführung des Generalbasses vorgesehen war.
Bei kammermusikalischen Besetzungen bestand und besteht außerdem eine gewisse Freiheit beim Einsatz der meist nicht näher bezeichneten, die Baßstimme verstärkenden Instrumente, wodurch es auch möglich und notwendig ist, diese ggf. der Art der jeweils verwendeten Melodieinstrumente anzupassen; so wird gerne bei einer Sonate für zwei Violinen und b. c. der Generalbass ebenfalls von einem Streichinstrument übernommen, bei einer Sonate für zwei Oboen aber dagegen von einem Fagott.
Bei größeren, orchestralen Besetzungen wurde eine dementsprechend größere Besetzung der Generalbaßgruppe verwendet; es etabliert sich nach und nach eine bevorzugt verwendete Besetzung des Barockorchesters, nach der gewisse, sich klanglich ergänzende Instrumente in eine ausgewogene Beziehung zueinander gesetzt werden. Gerade der rauschende Klang des den Generalbaß ausführenden Cembalos ist eines der auffallendsten Merkmale der Orchestermusik dieser Zeit.
Niedergang der Generalbasspraxis
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts, der Spätzeit bis Ende des 18. Jahrhunderts[4], kam der Generalbass allmählich wieder aus der Mode. Der Grund war vor allem der stilistische Wandel zum galanten Stil mit seinem Streben nach Leichtigkeit, aber auch das mehr und mehr offenkundige Stoßen an die Grenzen dieser Notationsweise: Harmonische Neuerungen, Ausweitungen und kühne Modulationen, wie sie in der expressiven Musik der nun heranbrechenden Epoche mehr und mehr erprobt wurden, ließen sich durch die starre Generalbaßnotation, die von einem, wie es in der barocken Kompositionsweise üblich war, klaren tonalen Zentrum ausgeht, das lediglich von verschiedenen, nah verwandten Tonarten aus beleuchtet wird, nicht mehr oder nur noch sehr schwer darstellen. Die Möglichkeit, einen Akkord auf verschiedene Weise deuten zu können, ließ diese Notationsweise angesichts dieser neuen Anforderungen mehr und mehr inkonsequent und oft auch mehr verwirrend als erhellend erscheinen. War Heinichen 1711 z. B. noch mit zwölf Signaturen ausgekommen, 1732 zeigte Jean-Philippe Rameau, dass für 30 Akkorde 62 verschiedene Bezifferungen im Gebrauch waren. Auch Beschwerden über gar nicht oder unzureichend bezifferten Generalbass begleiteten die Praxis fortwährend. Diese technischen Mängel der Generalbaßnotation hätten jedoch sicherlich überwunden werden können, wenn nicht ein gewichtiger innerer Grund dies verhindert hätte: Die Ausführung von Musikwerken mit einem durch das Cembalo mitgespielten Generalbaß erschien plötzlich altertümlich und „zopfig“. Inmitten der vielfach verfeinerten kompositorischen Mittel der Frühklassik und insbesondere der Mannheimer Schule mit ihren berühmten Manieren erscheint insbesondere das unflexible Cembalo des Generalbasses als Hemmschuh, der eine dramatische, expressive Entwicklung, wie sie nun angestrebt und idealisiert wird, verhindert. Auch strebten die Komponisten nun mehr und mehr danach, die Ausführung ihrer jeweiligen Werke bis in minutiöse Details festzulegen, wodurch die Freiräume für eine improvisierte Ausführung des Generalbasses, aber auch z. B. der Ornamentik oder später sogar der Solokadenzen in Instrumentalkonzerten immer stärker beschnitten wurden und der Gedanke einer Werktreue aufkam, der der Musikauffassung des Barock so noch fremd gewesen war. Dem barocken Verständnis eines musikalischen Werkes als ein Zeugnis einer gewissen Handwerkskunst trat das klassische Bild einer "Offenbarung" durch ein "Originalgenie" entgegen, hier konnte kein Platz mehr für willkürliche Hinzufügungen Dritter sein.
Sind auch z. B. die frühen Divertimenti Mozarts und Haydns noch mit Generalbaßbezifferung versehen, hielt sich auch die Praxis der Verstärkung des Basses durch die Orgel in geistlichen Werken wie Messen etc. sogar noch etwas länger als bei der weltlichen Musik in ihrem höfischen bzw. später bürgerlichen Umfeld, wurden auch noch die Rezitative der frühen und mittleren Opern Mozarts durch das Cembalo begleitet, so hat sich doch der Generalbaß um diese Zeit bereits selbst überlebt, und schon Beethoven schrieb, daß er mit einem „obligaten Accompagnement auf die Welt gekommen“ sei.
Manche Komponisten des 19. Jahrhunderts verwendeten die Bezifferung lediglich noch zum raschen Aufschreiben des harmonischen Verlaufes in Kompositionsskizzen, so beispielsweise Johannes Brahms.
Das Generalbassspiel wird heute im Zuge der Wiederentdeckung der Alten Musik vermehrt wieder aufgegriffen und auch an den Musikhochschulen gelehrt. Es ist auch Gegenstand oft speziellerer musikwissenschaftlicher Forschung. Es existieren eigene Generalbass-Studiengänge, außerdem ist Generalbassspiel schon immer Teil der Kirchenmusikerausbildung gewesen.
Registrieranweisungen für Orgel zum Generalbassspiel
Spezielle Anweisungen zur Begleitung im Generalbass decken sich mit allgemeinen Überlegungen: Hans Klotz empfiehlt, da weder Organist noch der Chor entscheiden können, ob die Begleitregister passen, sich jemand dafür ins Schiff begeben oder einen musikkundigen Zuhörer (auch im Schiff) fragen sollte. Im Prinzip werden für die Orgelbegleitung Grundregister benutzt (Prinzipal 8′). Einzelne obligate Motive (das kommt beim Generalbass auf die Fähigkeiten des Spielers an) können durch ähnliche, aber etwas stärkere Register hervorgehoben werden. Handelt es sich um vollständig durchgeführte Stimmen, so benutzt man eine unaufdringliches Soloregistermischung gegebenenfalls auf dem Rückpositiv. Das hängt dann vom Charakter des Stücks ab, ob es eher ein geistliches Lied mit unabhängiger Melodie ist, oder ein Choral, in dem die Oberstimme der Begleitung und die Singstimme zusammen gehen. Man muss im Zweifelsfall Frauen- und Männerstimme, die andere Register haben, gleichzeitig begleiten. Dann muss man entscheiden, wieviel verzierende Umspielungen der Singstimme, falls sie vorhanden sind, man mitmachen will, die Empfehlung ist eher weniger mitzumachen.[5]
- Claudio Monteverdi (1612): Für sein Magnificat von 1610 schreibt Monteverdi bei der Besetzung von sieben Vokal- und sechs Instrumentalstimmen für das Continuo das Register Principale (8') vor. Für das „Fecit Potentiam“ verlangt er das Register Fiffaro ò Voci umane. Der erste Satz („Magnificat“) fordert für den Organisten eine Steigerung von Principale über Ottava bis zur Quintadecima und der Schlußsatz ein pieno.
- Michael Praetorius empfiehlt 1618 zur Begleitung von Motetten ein Prinzipal 8' und für die „Concertat Stimmen“ ein „sanftes, liebliches und gelindes Gedeckt oder ein anderes sanftes stilles Flötenwerk“. Für den „Plenus Chorus“ gibt er in Werk oder Positiv ein scharfes Register doch „gleichwohl nicht das volle Werk“ an. An anderer Stelle erwähnt er auch „zur vollstimmigen Musik“ das „Ganze Werk in der Orgel“.
- Matthäus Hertels Empfehlung von 1660 für doppelchörige Motetten: Oberwerk: Prinzipal 8, Grobgedeckt 8, Rückpositiv: Quintadena 8', Kleingedeckt 4', Pedal: Unterbaß offen und gedeckt 16', Prinzipal 8'.
- Jakob Adlungs Anweisungen für das Generalbassspiel von 1758 notieren für die rechte Hand eine „stille achtfüßige Stimme“ für den Bass der linken Hand Quintaden 16' oder Bordun 16' mit Prinzipal 8' oder auch Prinzipal 16', Viola da Gamba 8' und Salizett 4'.[6]
Ausführung des Generalbasses
Die Bezifferung besteht aus einer oder mehreren Ziffern, die heute meist unter dem Basston vertikal angeordnet werden. Bei den alten Originalen steht die Bezifferung meist oben. Sie bedeuten leitereigene Intervalle zwischen dem Bass oder dem untersten Ton und weiteren Tönen des damit gemeinten Akkordes. Dabei werden in der Regel lediglich Abweichungen vom leitereigenen Dreiklang über dem Basston beziffert. Die Intervalle werden entweder in ihrer natürlichen Größe oder oktavversetzt nach oben gespielt.
Ein über einem unbezifferten Basston geforderter Dreiklang wird damit als sogenannter Grunddreiklang bezeichnet. Er besteht aus dem Basston mit der leitereigenen Terz (3, nicht beziffert) und Quinte (5, nicht beziffert). Eine Sexte (6, beziffert) bzw. eine Quarte (4, beziffert) ersetzen die Quinte bzw. die Terz, falls keine anderen Angaben gemacht werden. Eine 2 allein ist immer eine Kurzschreibweise für , oder missverständlicherweise auch , die einen Bassvorhalt bezeichnet. Alle anderen Ziffern gelten als Ergänzung des Dreiklanges, so dass eine notierte 7 als Vierklang aus Grundton, Terz, Quinte und Septime interpretiert wird.
C. P. E. Bachs „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“
Die Bezifferung gibt meist keinen Aufschluss über die Lage, also die Anordnung der entsprechenden Töne im Akkord und damit auch nicht über den jeweils obersten Ton desselben, sondern nur über seine sogenannte Umkehrung. In Einzelfällen wie z. B. nach Carl Philipp Emanuel Bachs „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen, Zweyter Teil“ (1762) wird der Generalbass für ein dreistimmiges Accompagnement im Galanten Stil – ähnlich wie in der Monodie – manchmal mit genauen Lagebezeichnungen versehen. Dabei werden die Zahlen 1 bis 12 verwendet.
Eine geschickte Verbindung der verschiedenen Akkorde und ihre Stimmführung im Einzelnen liegt ansonsten im Ermessen des Spielers, der die Bezifferung gebunden an die musikalischen Satzregeln, aber eben auch gleichzeitig dem spontanen Einfall folgend gestaltet und hier weitgehende Freiheiten bezüglich der melodischen und rhythmischen Gestalt wie auch der Ornamentik der Ausführung hat.
Da der Generalbass im allgemeinen aber zur Begleitung einer Melodie dient, muss die Wiedergabe der Akkorde mit dieser harmonieren und sich ihr gegebenenfalls unterordnen; es ist die Aufgabe des Begleiters, dies durch eine adäquate Ausführung seiner Partie sicherzustellen.
Es muss außerdem bemerkt werden, dass es keine ganz einheitlich verbindende Schreibweise und kein allgemein gültiges umfassendes Regelwerk gibt beziehungsweise gab, vielmehr wurde seitens der diese Kurzschrift verwendenden Komponisten eine tiefe Einsicht der Ausführenden in die Harmonielehre und die Aufführungspraxis vorausgesetzt, durch die zweifelhafte Zusammenhänge meist erschlossen werden können.
Typische Dreiklänge
(Hier am Beispiel C-Dur). Man muss die Intervalle immer vom Basston aus bilden.
- keine Bezifferung: Terz und Quinte (C–E–G), die Terz des Akkordes wird generell für jeden Akkord vorausgesetzt, es sei denn, sie ist Auflösung eines Vorhaltes oder dissonanter Ton.
- : Terz und Sexte (E–G–C), Sextakkord, entspricht der ersten Umkehrung. Es steht stets abgekürzt statt ([4]). Die Akkordterz wird in den Oberstimmen im Regelfall nicht verdoppelt. Ausnahmen hiervon stellt der Neapolitanische Sextakkord dar, bei dem in der Regel die Terz verdoppelt wird, oder sie ergeben sich aus Notwendigkeiten der Stimmführung in Sextakkordketten (s. auch Fehler und Fehlerquellen).
Die Zielsetzung einer möglichst fließenden Stimmführung kann hierbei auch bedingen, dass Stimmen auf demselben Ton zusammentreffen und so in diesem Moment real eine Dreistimmigkeit entsteht (s. Bsp.).
- : Quarte und Sexte (G–C–E), Quartsextakkord, entspricht der zweiten Umkehrung (da dieser Akkord ein typischer Vorhaltsklang ist, findet sich ein entsprechendes Beispiel dort).
-
Sextakkord
Typische Vierklänge
- (Subdominantische) Akkorde mit Sixte ajoutée (Bsp. 1)
- Dominantseptakkorde, (in Bsp. 2 der von C-Dur)
- : Terz, Quinte, Septime (G–H–D–F). Es steht immer statt .
- : Terz, Quinte und die Sexte (H–D–F–G), Bezeichnung: Quintsextakkord. Es steht immer statt . (s. Bsp.)
- : Terz, Quarte, Sexte (D–F–G–H), Bezeichnung: Terzquartakkord. Es steht immer statt .
- : Sekunde, Quarte, Sexte (F–G–H–D), Bezeichnung: Sekundakkord. Es steht oder statt teils auch statt . (Alle „statt“-Angaben[4]) (s. Bsp.)
-
Sixte Ajoutéeakkord
-
Sekundakkord
Typische Vorhalte
- : Die Quarte wird der Terz vorgehalten, es wird zunächst die Quarte gespielt und im gleichen Akkord dann zur Terz aufgelöst (C–F–G → C–E–G) (s. Bsp.)
- : Die Sexte wird der Quinte vorgehalten (C–E–A → C–E–G) (s. Bsp.)
- : Die Septime wir der Sexte vorgehalten (F–A–E → F–A–D (s. Bsp.)
- : Die None wird der Oktave vorgehalten. Damit ergibt sich ein Vierklang; der Grundton wird in der Auflösung durch die Oktave verdoppelt (C–E–G–D → C–E–G–C). (s. Bsp.)
- : Die Quarte und die Sexte werden der Terz und der Quinte vorgehalten (C–F–A → C–E–G). (s. Bsp.)
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Quartvorhalt
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Sextvorhalt
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Septimvorhalt
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Nonenvorhalt
-
Quartsextakkord, (
Alterationen
Der Generalbass geht grundsätzlich von leitereigenen Tönen aus. In einem Stück, das in C-Dur notiert ist, ergibt sich damit folgender Tonvorrat: C, D, E, F, G, A, H.
Da auch schon im Barock ein größerer Tonvorrat genutzt wird, gibt es Notationen, mit denen die Alteration eines leitereigenen Tons zu einem leiterfremden angezeigt wird. Beispiele:
- , , : Einzelne Versetzungszeichen beziehen sich auf die Terz; der Grunddreiklang wird hier also mit der leiterfremd alterierten Terz und damit ggf. auch im entgegengesetzten Tongeschlecht ausgeführt. In der Frühzeit des Generalbasses steht meist durchgängig für Erniedrigung, für Erhöhung (statt ); die verminderte Quinte bezeichnete man dann gerne mit , wenn sie leitereigen war[4].
- : Der Septakkord wird statt mit der leitereigenen kleinen Septime mit der leiterfremden großen Septime ausgeführt. Dies darf nicht mit verwechselt werden, wo sich die Alteration auf die Terz bezieht.
- Abgekürzt statt steht : Die Sexte als Leitton erhöht, wird schräg durchgestrichen notiert, ebenso für andere Ziffern, es wird vor allem bei 4 und 5 der Deutlichkeit halber der Schrägstrich auch dahinter gesetzt: [4].
- Bei bildet der Schrägstrich mit einem Zug der 6 ein „+“, zum Beispiel andersherum auch mit dem Hals oben (s. Abb), weshalb auch gleichbedeutend 6+ gesetzt wird. Da nicht immer benutzt wurde, bedeutet dies teils schlicht die Auflösung eines .[7] (s. Bsp.)
- Für Alterationen müssen dann wegelassene Zahlen wieder hinzugefügt werden, so zum Beispiel im Sekkundakkord die 4 oder die 6.
-
Alterierte Sexte
Auflösungstendenzen einzelner Intervalle
- Septimen lösen sich stets abwärts auf.
- „Leittöne“ lösen sich stets aufwärts auf.
Konventionen der Stimmführung
- Zwei aufeinanderfolgenden Akkorden gemeinsame Töne werden beide Male in gleicher Lage gespielt bzw. liegengelassen.
- Bei sich bewegenden Stimmen trachtet man danach, die Einzeltöne der jeweiligen Stimme auf möglichst kurzem Wege vom vorhergehenden Ton zu erreichen.
- Insgesamt ist auf Gegenbewegung, insbesondere zwischen Sopran und Bass des Satzes, zu achten.
Sonstiges
- Ein waagrechter Strich einige Noten lang zeigt an, dass die Bezifferung weiter dauert, die folgenden Noten werden nicht harmonisiert[4].
- Kurze schräge Striche einige Noten lang zeigen an, dass sich die Bezifferung wiederholt[4].
- „Tasto Solo“, „t. s.“ oder „0“ ist die Anweisung, nur die entsprechende Note ohne Aussetzung zu spielen[4].
- Ziffern unter einer Pause zeigen an, dass die Harmonie vorschlägt, der Bass folgt.
- Durchgänge und Wechselnoten im Bass, besonders in kleinen Notenwerten, erhalten keine Bezifferung und werden nicht ausgesetzt[4].
Fehler und Fehlerquellen
Generell gilt: Die Realisierung des bezifferten Basses soll in sich in jedem Falle rein, also ohne verbotene Fortschreitungen wie Oktav- und Quintparallelen sein. Parallelen zwischen der / den Solostimme(n) und dem Begleitinstrument können unter Umständen geduldet werden, sollten aber wenn möglich in die Mittelstimmen genommen werden.
- Bei Folgen von Sextakkorden muss abwechselnd die Terz, beim nächsten Akkord dann ein anderer Ton (Grundton oder Quinte) verdoppelt werden, da die Verdoppelung desselben Tones bei gleicher Lage in zwei aufeinanderfolgenden Akkorden per definitionem Parallelen bewirkt.
- Kurze Töne, zum Beispiel Achtel müssen dann ausgesetzt werden, wenn sie harmonisch wichtig sind, zum Beispiel einen Vorhalt auflösen.
Weitere Beispiele
- Hier ein Beispiel aus Johann Sebastian Bachs Johannespassion. Das recitativo secco wird mit „trockenen“ Akkorden begleitet:
- Der Generalbass zu den ersten Takten des „Lamentos“ aus dem „Capriccio BWV 992“ von Johann Sebastian Bach zeigt die selten anzutreffende genaue Lagebezeichnung von Dreiklängen. Die einzeln stehende 5 bedeutet Quintlage, die einzeln stehende 3 Terzlage:
- Abschließend ein Klangbeispiel aus Bachs Kantate "Wachet auf, ruft uns die Stimme" BWV 140
Grenzen der Generalbassnotation
Das Konzept der leitereigenen Töne beschränkt die Generalbassnotation praktisch auf Musik, die harmonisch im näheren Umfeld der Grundtonart bleibt (siehe Quintenzirkel), da Modulationen zu weiter entfernten Tonarten zu einem Übermaß von Alterationen führen und die Lesbarkeit der Notation beeinträchtigen würden.
Von Padre Stanislao Mattei (1750–1825) liegen allerdings in Pratica d’accompagnamente sopra bassi nomerati praktikable Modulationen von der Beispieltonart C-Dur nach allen Dur- und Molltonarten vor.
Damit ist der Generalbass fast für die gesamte Musik des Barocks geeignet. Die nachfolgenden Epochen haben sich größere harmonische Zusammenhänge erschlossen und die klangliche Differenzierung im Klangkörper weiter entwickelt, so dass es ab der Wiener Klassik beispielsweise nicht selbstverständlich ist, dass Fagott und Violoncelli dieselbe Stimme spielen, oder dass das harmonische Gerüst durch ein mehrstimmiges Instrument gestützt wird.
Es wurden in der Folge andere Notationen (obligates Accompagnement, d. h. also eine in allen erforderlichen Stimmen ausgeschriebene Partitur) und ein anderes Harmonieverständnis (Stufentheorie, später Funktionstheorie) erforderlich.
Quellen
- dtv-Atlas der Musik, dtv/Bärenreiter-Verlag 1995, Bd. 1, S.100
Literatur
- Johann David Heinichen: Der Generalbass in der Komposition, 1728
- Georg Philipp Telemann: Singe-, Spiel- und Generalbaß-Übungen, Hamburg 1733/34. Neuausgabe durch Max Seiffert, Kassel 1920.
- Johann Sebastian Bach: Vorschriften und Grundsätze zum vierstimmigen Spielen des General-Bass oder Accompagnement für seine Scholaren in der Music. 1738
- Carl Gottlieb Hering: Neue, sehr erleichterte, praktische Generalbaßschule für junge Musiker, zugleich als ein nöthiges Hülfsmittel für diejenigen, welche den Generalbaß ohne mündlichen Unterricht in kurzer Zeit leicht erlernen wollen, Oschatz und Leipzig 1805
- A. E. Müller: Grosse Fortepiano-Schule, Achte Auflage, mit vielen neuen Beyspielen und einem vollständigern Anhange vom Generalbass versehen von Carl Czerny. Leipzig 1825
- Johann Georg Albrechtsberger: Sämmtliche Schriften über Generalbaß, Harmonie-Lehre und Tonsetzkunst, 3 Bände. Wien 1837
- Matthäus Zeheter, Max Winkler: Generalbaß- und Harmonielehre für junge Musiker überhaupt, besonders aber für Orgelschüler, Schulseminaristen, Schullehrlinge und zum Selbstunterrichte bearbeitet…, 2 Bände. Nördlingen 1845
- Hugo Riemann: Anleitung zum Generalbaß-Spielen, Berlin 1909/1918
- Hermann Keller: Schule des Generalsbassspiels, Bärenreiter-Ausgabe 490, Erstauflage 1931, vierte 1955
- Walter Leib: Übungen im Generalbass-Spiel, Heidelberg 1948
- G. Kirchner: Der Generalbaß bei Heinrich Schütz, Kassel 1960
- Irmtraut Freiberg: Der frühe italienische Generalbass dargestellt anhand der Quellen von 1595 bis 1655, 2 Bände. 2004
- Daniel Gottlob Türk: Anweisung zum Generalsbaßspiel. Faksimile nach der Ausgabe Halle/Leipzig 1800. Eingeleitet von Rainer Bayreuther, Laaber-Verlag, Laaber, 2005, ISBN 978-3-89007-402-3
Anmerkungen
- ↑ Nach Keller werden auch zweistimmige Stücke als Stücke, die im Genralbass zu harmonisieren sind, aufgefasst.
- ↑ In heutigen Ausgaben wurde dann der Generalbass ergänzt, ist somit ein Vorschlag.
- ↑ Seine Grundlagenarbeit wird jedoch heute von verschiedenen Musiktheoretikern verschieden beurteilt.
- ↑ a b c d e f g h i j H. Keller, Schule des Generalbassspiels
- ↑ Hans Klotz, Das Buch von der Orgel, Bärenreiter, Kassel 2000, ISBN 3-7618-0826-7
- ↑ Hans Klotz: Die Orgelkunst der Gotik, der Renaissance und des Barock 1975; S. 137, 231
- ↑ www.lehrklaenge.de