Als Feinstaub bezeichnet man die Teilmenge des Staubes, dessen Partikel einen aerodynamischen Durchmesser bis 10 Mikrometern (10 µm) haben. Da diese Partikelgröße nur bedingt von den Schleimhäuten im Nasen/Rachenraum bzw. den Härchen im Nasenbereich zurückgehalten werden, wird der Feinstaub auch als inhalierbarer Feinstaub bzw. als thorakaler Schwebstaub bezeichnet. Insgesamt können in Abhängigkeit von der Partikelgröße drei Feinstaubkategorien unterschieden werden:
- (inhalierbarer) Feinstaub, PM10: Partikeldurchmesser kleiner 10 µm
- lungengängiger (alveolengängiger) Feinstaub, PM2,5: Partikeldurchmesser kleiner 2,5 µ
- Ultrafeine Partikel, UP: Partikeldurchmesser kleiner 0,1 µm.
Aerodynamischer Durchmesser
Die geometrische Abmessung von Schwebstaubpartikeln lässt sich nur aufwändig ermitteln. Sie werden deshalb anhand des aerodynamischen Durchmessers in Größenklassen eingeteilt. Er ist der Durchmesser einer Kugel der Dichte 1 g/cm³, die in Luft genauso schnell sinkt wie der Partikel.
PM10 ist eine Abkürzung für das englische particulate matter und 10 µm, und bedeutet Partikel mit bis zu 10 Mikrometern aerodynamischem Durchmesser.
PM2,5 bezeichnet Feinstaub mit bis zu 2,5 µm aerodynamischem Durchmesser.
Entstehung
Was in der Alltagssprache einfach mit Staub bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit ein physikalisch-chemisch sehr komplexes Gemisch. Die Vielfalt dieses Gemisches ist erstaunlich – sowohl hinsichtlich seiner Struktur als auch die Inhaltsstoffe betreffend. Es besteht aus primären, direkt emittierten, sowie aus sekundär gebildeten Komponenten, die ihrerseits aus natürlichen und anthropogenen Quellen stammen. Durch ihre unterschiedlichen Eigenschaften kommen die vielfältigen Arten von „Staub“ zustande, unter denen Feinstäube eine wichtige Rolle einnehmen. Die anthropogenen Bestandteile entstehen hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen, aber auch bei mechanischen Prozessen wie dem Abrieb von Reifen.
Hauptverursacher des anthropogenen Anteils am Feinstaub sind (in Klammer: prozentualer Anteil in Deutschland laut Bundesumweltministerium, Stand 2001):
- die Industrie: 60 kt/a (35,1%)
- Privathaushalte und Kleinverbraucher: 33 kt/a (19,3%)
- Straßenverkehr (ohne Abrieb): Dieselmotoren (siehe: Dieselruß): 29 kt/a (17,0%)
- Kraft- und Fernheizwerke: 19 kt/a (11,1%)
- übriger Verkehr: 16 kt/a (9,4%)
- Schüttgutumschlag: 8 kt/a (4,7%)
- Industriefeuerungen: 6 kt/a (3,5%)
Beim o.g. Anteil des Straßenverkehrs sind jedoch Abrieb von Reifen, Bremsbelägen und Straßenasphalt nicht berücksichtigt. Der Reifenabrieb verursacht grob geschätzt rund 60.000 t/a (davon PM10-Anteil etwa 10%, also rund 6.000 t/a) und Bremsabrieb 5.500 - 8.500 t/a (überwiegend PM10) (Umweltbundesamt 2004). Über Emissionen von der Straßenoberfläche sind keine Schätzungen bekannt. Insbesondere in den Städten beträgt der Anteil des Verkehrs an den Feinstaubemissionen deutlich über 50 Prozent.
Des Weiteren fällt Feinstaub beim Schüttgutumschlag sowie der Industrieanfeuerung an. Außerdem entsteht er beim Ablauf von sekundären Prozessen (Bildung aus Schwefeldioxid, Stickoxiden und anderen Stoffen). Die Landwirtschaft trägt europaweit zu etwa 9 Prozent zu den Feinstaubemissionen bei.
Aber auch der Tonerstaub und der Rauch einer Zigarette trägt in geschlossenen Räumen zur Feinstaubbelastung bei. Bei einem Versuch in Italien wurde in einer geschlossenen Garage jeweils 30 Minuten drei Zigaretten abgebrannt und ein moderner Biodiesel-Pkw im Leerlauf laufen lassen. Die nach einer Stunde gemessene Feinstaubkonzentration war nach dem Abbrennen der Zigaretten rund zehnmal so hoch. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die meisten Diesel-Fahrzeuge dauerhaft nicht mit Biodiesel betrieben werden können und die Belastungen durch einen fahrenden Pkw durch Gas geben und Bremsen (Reifenabrieb) deutlich höher sind. Die in den Medien viel zitierte Behauptung, der Versuch hätte gezeigt, dass der Rauch einer Zigarette etwa so viel Feinstaub enthält, wie ein laufender Dieselmotor innerhalb von 100 Minuten abgibt, ist also falsch. Die Autoren selbst weisen in ihrer Studie darauf hin, dass ein anderes Experiment gezeigt hätte, dass die Feinstaubemissionen eines nicht abgasreduzierten Dieselmotors selbst im Leerlauf um ein Vielfaches höher sind als die von Zigaretten.
Für gewöhnlich binden sich kleinere Feinstäube an größere Partikel und bilden mit ihnen so genannte Konglomerate. Je größer diese Konglomerate werden, desto kürzer ist ihre Verweildauer in der Luft. Ebenso wird ihre Lungengängigkeit verringert.
Zu den natürlichen Staubquellen (auch von Feinstaub) zählen:
- Pollen
- die Erosion von Gesteinen (hauptsächlich durch Wasser, Stürme, Temperaturunterschiede und Gletscher)
- die Verteilung der Erosionspartikel durch lokalen Wind und globale Windsysteme (Beispiel: zeitweiliger Saharastaub in Europa)
- die Verwirbelung – großteils als lokale Effekte
- die Land- und Forstwirtschaft, welche natürliche Staubentwicklungen verstärkt.
Reduzierung
In London hat die 2003 eingeführte City-Maut in Höhe von ca. 7,50 € zu 18% weniger Verkehr und 12% weniger Feinstaub geführt.
In Italien gibt es Fahrverbote, die generell, nur sonntags oder abwechselnd für Fahrzeuge mit geradem oder ungeradem Kennzeichen gelten.
In Österreich gibt es Subventionen für Partikelfilter bei Dieselfahrzeugen sowie Förderung von Biodiesel.
Deutschland plant Subventionen für Partikelfilter, eine emissionsabhängige Maut für Lkw sowie Fahrverbote in Städten für nicht als emissionsarm gekennzeichnete Fahrzeuge.
Maßnahmen zur Senkung der Emission von Feinstaub muss dort ansetzen, wo er hauptsächlich entsteht. Anhand der Prozentzahlen zur Entstehung des Feinstaubs wird klar, daß die in der aktuellen Diskussion häufig geforderten Maßnahmen Partikelfilter, Fahrverbot, Umleitung und City-Maut die Gesamtbelastung nur zu einem kleinen Teil beeinflussen wird. Insbesondere auch der Saharastaub zeigt, dass es sich beim Feinstaub auch um ein überregionales Problem handelt.
Derzeit fordern einige politische Parteien in Deutschland die Einführung von Partikelfiltern in Dieselfahrzeugen und Vergünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer für damit ausgestattete Diesel-Fahrzeuge. Partikelfilter nach dem Wandstromprinzip stellen wegen ihres hohen Filtrationswirkungsgrades (>95%) für Partikel aller Größen eine wirksame Möglichkeit zur Reduzierung dieser Partikelemissionen dar. Dennoch dürfte die Auswirkung auf die gesamte Feinstaubbelastung gering sein.
Der Verband der Automobilindustrie hält eine regelmäßige Straßenreinigung in den Hauptverkehrsstraßen für effektiver zur Lösung des Feinstaub-Problems als die Einführung von Dieselrußfiltern.
Medizinische Effekte
Feinstaub PM10 erreicht teilweise die Lunge, da die Filterwirkung des Nasen-Rachenraumes für feine Partikel mit weniger als 10 Mikrometer Durchmesser nicht ausreicht. Je kleiner die Partikel sind, desto tiefer können sie in die Lunge vordringen. So gelangen ultrafeine Teilchen (Durchmesser unter 0,1 µm) bis in die Lungenbläschen (Alveolen) und werden von dort nur sehr langsam oder gar nicht wieder entfernt (Staublunge). Abgelagerte Partikel erhöhen die Anfälligkeit für Infektionen und begünstigen Entzündungen der Atemwege.Die Häufigkeit von Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen ist eng mit der PM10-Belastung verknüpft. Ein besonderes Problem stellen die feinteiligen Partikel der Dieselabgase dar. Da sie Träger krebserregender Stoffe sind, vergrößern sie das Lungenkrebsrisiko.
Epidemiologische Studien haben für eine Erhöhung der PM10-Konzentration in der Außenluft um 10 µg/m³ mit stark signifikantem Ergebnis ergeben, dass die Morbidität - gemessen an der Anzahl der Krankenhauseinweisungen infolge von Atemwegserkrankungen - um 0,5 bis 5,7% steigt, und die Mortalität (das Sterberisiko) um 0,2 bis 1,6% steigt. Die 2001-2004 durchgeführte Feinstaub-Kohortenstudie NRW untersuchte 4800 Frauen über 60 Jahre und ergab nach vorläufiger Auswertung eine um etwa 9% höhere Mortalität pro 10 µg/m³ Feinstaub.
Wegen des linearen Zusammenhangs gibt es keine unschädliche Feinstaubkonzentration. Für die Bevölkerung der europäische Union ergibt dies im Durchschnitt eine um mindestens ein Jahr reduzierte Lebenserwartung durch die Gesamtfeinstaubbelastung.
Die Studien sind zwar einen Hinweis auf Gesundheitsschäden; jedoch können eventuelle Störgrößen nicht ausgeschlossen werden, und ein wissenschaftlich bewiesener biologischer Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation wird deshalb kritisiert, diese Studien als Grundlage für von ihr geforderte schärfere Feinstaubgrenzwerte verwendet zu haben.
Jüngere Forschungen haben gezeigt, dass der PM2,5-Anteil am Feinstaub besonders gesundheitsgefährdend ist. Deshalb ist absehbar, dass Messungen und Maßnahmen sich in Zukunft auf diese Größen konzentrieren werden.
Recht
Europäische Union
Nach der 1980 beschlossenen Richtlinie 80/779/EWG [1] wurden die Mitgliedsstaaten zur Einhaltung folgender Grenzwerte ab 1. April 1983 verpflichtet:
- 80 µg/m³ für den Median der während des Jahres gemessenen Tagesmittelwerte von PM10;
- 130 µg/m³ für den Median der im Winter gemessenen Tagesmittelwerte von PM10;
- 250 µg/m³ für den 98-%-Wert der Summenhäufigkeit aller während des Jahres gemessenen Tagesmittelwerte von PM10, eine Überschreitung ist nur einmal an höchstens drei aufeinanderfolgenden Tagen erlaubt.
Der Europäische Gerichtshof hat 1991 festgestellt [2], dass die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt hat; die Grenzwerte wurden jedoch eingehalten.
Die 1996 beschlossenen Richtlinie 96/62/EG [3] schreibt Mess- und Informationspflichten auch zu Feinstaub vor. Wegen Verstoßes dagegen hat der Europäische Gerichtshof Frankreich und Spanien in Vertragsverletzungsverfahren verurteilt.
Die 1999 beschlossene Richtlinie 99/30/EG [4] legt für die Zeit ab 1. Januar 2005 folgende Grenzwerte fest:
- 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von PM10, es sind 35 Überschreitungen pro Jahr erlaubt;
- 40 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
Für die Zeit ab 1. Januar 2010 gelten folgende Grenzwerte:
- weiterhin 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von PM10, es sind jedoch nur noch 7 Überschreitungen pro Jahr erlaubt;
- 20 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
Die zuständigen Behörden müssen bei Überschreitungen kurzfristig mit Aktionsplänen Gegenmaßnahmen treffen. Sie sind verpflichtet, Luftreinhaltepläne aufzustellen, wenn zukünftig geltende Grenzwerte deutlich überschritten werden.
In mehreren europäischen Ballungsgebieten werden die Grenzwerte überschritten. Als erste deutsche Stadt hat Stuttgart am 13. März 2005 den Grenzwert zum 35. Mal überschritten.
Schweiz
In der Schweiz beträgt der Grenzwert für PM10 für den Jahresmittelwert 20 µg/m³. In dicht besiedelten Regionen und entlang von stark befahrenen Verkehrsachsen wurde dieser Wert im Jahr 2000 überschritten.
USA
Bei PM10 darf der Jahresmittelwert höchstens 50 µg/m³ betragen, der 24-Stunden-Mittelwert darf 150 µg/m³ höchstens einmal pro Jahr überschreiten.
Bei PM2,5 beträgt der Grenzwerte für den Mittelwert von drei Jahren 15 µg/m³. Zusätzlich muss der Mittelwert in der 98. Perzentile der 24-Stunden-Werte dreier Jahre 65 µg/m³ einhalten.
Die nationale Umweltschutzbehörde U.S. Environmental Protection Agency hatte die PM2,5-Grenzwerte 1997 erlassen, wogegen Industrieorganisationen und Bundesstaaten klagten und 1999 gewannen. Dieses Urteil wurde jedoch 2001 vom Bundesgericht „Supreme Court“ aufgehoben und festgestellt, dass die Umweltbehörde verfassungsgemäß ermächtigt wurde, Grenzwerte festzulegen, und dabei nicht die daraus resultierenden wirtschaftlichen Kosten zu beachten braucht. 2002 stellte ein Gericht dazu fest, dass die Umweltschutzbehörde weder ihren Ermessensspielraum überschritten noch willkürlich gehandelt hat.
Literatur
- H. E. Wichmann, Joachim Heinrich, A. Peters: Gesundheitliche Wirkungen von Feinstaub; Ecomed; 2002; ISBN 3609161051
- Andreas Hainsch: Ursachenanalyse der PM10-Immission in urbanen Gebieten am Beispiel der Stadt Berlin. Technische Universität Berlin, Berlin 2004, Die Deutsche Bibliothek, Leipzig 2004
Siehe auch
Weblinks
- Hintergrundpapier Staub/Feinstaub des deutschen Umweltbundesamtes vom März 2005
- Informationen des schweizerischen Umweltbundesamt
- Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen
- Feinstaubemission von Zigaretten und Dieselmotoren im Vergleich: Studie auf englisch, Meldung dazu aus den Medien
- Feinstaub aus dem Auto-Auspuff erhöht Herzinfarkt-Risiko (Bild der Wissenschaft 12.06.2001)
- Paper über Partikelgrößenverteilungen beim Diesel und Effizienz von DPF's
- Feinstaub - eine gesundheitspolitische Herausforderung, Vortrag von Dr. habil. Uwe Lahl Ministerialdirektor Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
- Feinstaub PM10 / Umwelt- und Gesundheitsschutz Stadt Zürich
- Zusammensetzung des Feinstaubs in Innenstädten laut Verband der Automobilindustrie