Fallschirmjäger

Angehöriger einer Luftlandetruppe mit der Hauptaufgabe des infanteristischen Kampfes nach erfolgtem Absetzen
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Fallschirmjäger bezeichnet zum einen eine militärische Truppengattung, und zum anderen die dieser Truppengattung angehörenden Fallschirmjäger-Einheiten. Wenngleich der Begriff im engeren Sinn nur auf Soldaten mit abgeschlossenem Fallschirmspringerlehrgang angewandt werden kann, wird die Bezeichnung im weiteren Sinne vereinfachend auch für alle anderen Angehörigen dieser Einheiten verwandt: unabhängig davon, ob sie eine Fallschirmsprungausbildung absolviert haben und entsprechend eingesetzt werden oder nicht. In ziviler Berichterstattung werden Fallschirmjäger oft mit bloßen Fallschirmspringern verwechselt.

Barettabzeichen der deutschen Fallschirmjäger


Truppengliederung und militärische Ausbildung

Im engeren Sinn sind Fallschirmjäger die Soldaten, die zu einer Fallschirmjäger-Einheit gehören. Diese gehören zum "Truppengattungsverbund" der Infanterie. Ihre Mitglieder haben neben der normalen infanteristischen Ausbildung eine spezielle militärische Zusatzausbildung genossen, mit der sie Einsatzorte optional durch oder nach einem Fallschirmsprung erreichen können. Meist haben nicht alle Soldaten solcher Einheiten eine Sprungausbildung, gelten aber aufgrund ihrer Zugehörigkeit dennoch als Fallschirmjäger. Nach Verbringung an den Einsatzort (ggf. durch eine Luftlandung) kämpfen die Fallschirmjäger grundsätzlich wie "normale" Infanteristen. Bedingt durch den Mangel an Nachschub und Ersatz sind sie im Falle einer Brückenkopfbildung allerdings besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt und bedürfen nach wenigen Tagen des Entsatzes durch gepanzerte Kampftruppen. Außerdem sind Fallschirmjäger besonders für den Kampf in der Tiefe, also hinter den feindlichen Linien ausgebildet.

Im weiteren Sinn ist jeder Soldat ein Fallschirmjäger, der zur so genannten Truppengattung angehört, auch wenn er nicht Fallschirmspringen kann. Umgekehrt gelten Soldaten wie die Kampfschwimmer, die zwar eine Fallschirmsprungausbildung für spezielle Einsatzzwecke haben, aber nicht zu einer Fallschirmjägereinheit gehören, dann auch nicht als solche.

Der tatsächliche Sprungeinsatz ist abhängig von der militärischen Nutzbarkeit und kann auch bei Fallschirmjägereinheiten sogar zur Ausnahme werden. Aufgrund ihrer meist leichten Ausrüstung sind sie faktisch als Luftlandeeinheiten qualifiziert und stellen oft einen hohen, kampfkräftigen und hochmobilen Anteil innerhalb dieser Truppen. Bei praktisch allen Luftlandeeinsätzen mit "Fallschirmmassenabsprüngen" kann man davon ausgehen, dass es sich bei den springenden Soldaten um Fallschirmjäger handelt.

 
Deutsches Springerabzeichen in Stufe I - Bronze

Aufgrund hoher physischer und psychischer Leistungsfähigkeit sowie eines meist überdurchschnittlichen Freiwilligenanteils gelten Fallschirmjäger gemeinhin als Eliteeinheiten und stellen oft auch die Basis für Spezialeinheiten. In der Bundeswehr, wie auch in den meisten anderen Armeen der Welt, ist sogar für die eigentliche Sprungausbildung eine spezielle, freiwillige Meldung (fallschirmsprungwillig) notwendig. Ein dt. Fallschirmjäger kann jederzeit seinen Springerschein zurückgeben und wird dann, unter Aberkennung der Trageberechtigung des Fallschirmspringerabzeichens in der Regel in eine "nichtspringende" Einheit versetzt.

In der deutschen Bundeswehr sind Fallschirmjäger oft freiwillige Zeit- und Berufssoldaten oder Wehrpflichtige mit längerer Dienstzeit. Das Fallschirmspringerabzeichen erwirbt man durch Bestehen des vierwöchigen Fallschirmspringerlehrgangs an der Luftlande-Lufttransportschule in Altenstadt (Oberbayern).

Beim Einsatz von Fallschirmjägern gibt es im Wesentlichen zwei verschiedene Ansätze:

Reine Fallschirmjäger werden möglichst in der EG-Taktik eingesetzt, da sie durch ihre relativ leichte Bewaffnung verwundbar sind.

Die deutschen Fallschirmjäger gehören der Kampftruppe der deutschen Bundeswehr an. Diese verfügt zur Zeit über vier Fallschirmjägerbataillone, die zu zwei Brigaden gehören: Luftlandebrigade 26 und Luftlandebrigade 31 diese sind in der Division Spezielle Operationen (DSO) zusammengefasst.

So genannte Luftsturm-Truppen sind durch ihre größere Ausstattung mit Unterstützungsmitteln und Bewaffnung relativ schlagkräftige Einheiten/Truppenteile und durch ihre Lufttransportfähigkeit sehr mobil. Fallschirmjägern/Luftsturmtruppen werden zumeist wichtige strategische Aufgaben gestellt, die sie unter Ausnutzung des Überraschungsmomentes ausführen sollen.

Geschichte

Am 14. April 1889 wurde der erste militärische Absprung aus 1.000 m Höhe aus einem Gasballon von Charles Leroux in Berlin-Schöneberg vorgeführt. Den ersten Einsatz von Fallschirmjägern plante 1919 der US-Generalmajor William Mitchell, um die deutschen Truppen hinter der Frontlinie bekämpfen zu können. Aufgrund des Kriegsendes 1918 wurde dieser Plan nicht umgesetzt.

1930 übten die ersten Fallschirmjäger der UdSSR bei Moskau. Die Gründer der Fallschirmjägertruppe in der UdSSR wurden 1937 während der Säuberungswelle Stalins hingerichtet. Dadurch verzögerte sich der Aufbau dieses Truppenteils in der Sowjetunion.

Der Deutschen Wehrmacht wurde der Erfolg dieser Fallschirmjägertruppe bekannt und sie baute eine solche selbst auf. Die Rekrutierung erfolgte in der Wehrmacht sehr elitär. So wurde in der Anfangsphase des Aufbaus nur Soldaten als Fallschirmjäger eingesetzt, die sich zuvor als Infanterist bewährt hatten. Die Ausbildung war langwierig und hart, schuf aber eine Truppe, die durch bestmögliche infanteristische Fähigkeiten gekennzeichnet war.

Am 29. Januar 1936 wurde am Flugplatz Stendal die 1. Deutsche Fallschirmjägertruppe gegründet. Ausgebildet wurden die Fallschirmjäger unter anderem am Fliegerhorst in Châteaudun im besetzten Nordfrankreich. Der erste Luftlandeeinsatz war die Errichtung eines Brückenkopfes in Norwegen am 9. April 1940. Im Westfeldzug eroberten deutsche Fallschirmjäger das Fort Eben-Emael und ermöglichten so den Durchbruch nach Frankreich.

Die letzte große deutsche Luftlandeoperation des 2. Weltkrieges war die Luftlandeschlacht um Kreta (Operation Merkur). Nach dem Erfolg, aber auch den sehr hohen Verlusten wurde die geplante Eroberung Maltas schließlich nicht mehr durchgeführt. Hitler verbot persönlich, angesichts der großen Verluste des Kretaeinsatzes, weitere große Luftlandeoperationen.

Nach Abschluss der Operation Merkur kam es zu bis heute heftig umstrittenen so genannten Sühnemaßnahmen bzw. Repressalien von deutscher Seite, die als Antwort auf völkerrechtlich verbotene Partisanenkämpfe verhängt worden waren. So erschossen deutsche Soldaten am 2. Juni 1941 eine umstrittene Anzahl männlicher Bewohner des Ortes Kondomari. Umstritten ist bis heute auch die völkerrechtliche Bewertung der Hinrichtungen. Heutzutage werden sie mehrheitlich als Kriegsverbrechen angesehen. Kritiker dieser Sichtweise argumentieren, dass heutige rechtliche und ethische Maßstäbe nicht rückwirkend angewandt werden dürften und die damalige internationale Rechtsauslegung solche Repressalien durchaus als (letzte) Möglichkeit anerkannte. Unklar bleibt allerdings auch unter Berücksichtigung dieser Position, ob die Repressalie rechtmäßig zustande kam und verhältnismäßig war.

Die deutschen Fallschirmjäger wurden in der Folge an vielen Brennpunkten des Krieges als Elitetruppe im "Erdeinsatz" verwendet. Besonders bekannt wurde die Schlacht um Monte Cassino in Italien 1943, bei der die deutschen Truppen unter Führung der Fallschirmjäger ihre Stellungen gegen eine personelle und vor allem erdrückende materielle Übermacht der Alliierten von Januar bis Mai hielten und solange den Vormarsch auf Rom verhinderten.

Am 12. September 1943 befreiten deutsche Fallschirmjäger in Rahmen der Kommandooperation Eiche in einem Luftlandehandstreich den auf dem Gran Sasso von eigenen Truppen gefangengehaltenen italienischen Duce Benito Mussolini. Entgegen der von der Waffen-SS erfolgreich verbreiteten Version der Geschichte war der SS-Offizier Otto Skorzeny lediglich als Beobachter im Auftrag Hitlers an dieser Fallschirmjägeroperation beteiligt.

Während die Deutschen im 2. Weltkrieg nach der Eroberung Kretas keine weiteren Luftlandeoperationen größeren Stils mehr durchführten, begannen die westlichen Alliierten gerade mit dem Aufbau von Luftlandetruppen, die von den Amerikanern zunächst in Sizilien eingesetzt wurden. Die wirklich großen Luftlandeunternehmen fanden dann im Rahmen der Invasion in der Normandie (Operation Overlord), später im Rahmen der als teilweise misslungen zu bezeichnenden Operation Market Garden, statt.

Traditionspflege und Selbstverständnis

Die Hauptverantwortlichen für diese Massaker in Kreta wurden nie bestraft. Im Gegenteil in der Bundeswehr findet noch heute eine Traditionspflege statt, die die "Leistungen" der Fallschirmjäger auf Kreta würdigt. Auch in der Nähe von Feldbach in der Steiermark wurde von der Kameradschaft 1954 ein großes Denkmal errichtet.

Der Kommandeur des ehemaligen Fallschirmschirmjägerbataillons 271 in Iserlohn, Oberstleutnant Max Klaar, sammelte seit 1984 Spenden, um im Falle der Wiedervereinigung der Stadt Potsdam das Glockenspiel der Garnisonkirche neu zu stiften. In dieser Kirche wurde am 21. März 1933 der so genannten "Tag von Potsdam" begangen, bei dem der Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neu ernannten Reichskanzler Adolf Hitler die Hand drückte und damit die Verbindung von Militär (Reichswehr) und Nationalsozialismus symbolisierte.

Bedingt durch die hohe physischen und psychischen Anforderungen sind die Fallschirmjäger in allen Armeen der Welt für ihr elitäres Selbstbild und ihren hohen Korpsgeist bekannt. Wie kaum eine andere Truppengattung üben die Fallschirmjäger seit jeher im inter- und multinationalen Rahmen (so ist die deutsch-französische Luftlandeübung "Kolibri" in den fünfziger Jahren wahrscheinlich das erste internationale Großmanöver überhaupt gewesen an der die junge Bundeswehr teilnahm). Fast allen Fallschirmjägern weltweit ist das bordeaux-farbene Barett als Zeichen ihres besonderen Status gemein.

Obwohl die Traditionspflege sowohl in der politischen Führung der Bundeswehr als auch in der deutschen Öffentlichkeit durchaus umstritten ist, finden auch heute noch die soldatischen Leistungen der als "alte Adler" bezeichneten Fallschirmtruppe der Wehrmacht besonderen Respekt und Bewunderung innerhalb der heutigen deutschen Fallschirmjäger. So könnte man durchaus sagen, die Fallschirmjägertruppe würde ihre (inoffizielle) Tradition durchgängig bis 1936 zurückverfolgen.

Perspektive

Mit Verteidigungspolitischen Richtlinien in der Fassung von 2003 bekommt die Bundeswehr eine veränderte Funktion und Aufgabe zur Sicherung von deutschen Interessen und Ressourcen im weltweiten Einsatz. Hierbei haben die Luftlandetruppen eine Schlüsselfunktion. In der Bundeswehr bahnte sich diese Entwicklung zunehmend seit dem Somaliaeinsatz (an dem die Fallschirmjäger als Sicherungskomponente beteiligt waren), spätestens aber seit dem Kosovokrieg, an.

Als hochmobiler, schnell präsenter und durch Ausbildung und Selbstverständnis elitärer Anteil der Infanterie haben die Fallschirmjäger in den meisten westlichen Armeen in den letzten Jahre auf Grund der veränderten Sicherheits- und Einsatzlage an Bedeutung gewonnen. Auch durch die gestiegene Notwendigkeit des "Kampfes gegen irreguläre Kräfte" (im Rahmen der asymmetrischen Kriege) in den neuen Einsätzen der Bundeswehr und der steigenden Wahrscheinlichkeit von nationalen Einsätzen zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Krisengebieten (EvacOp) kommt den Luftlandetruppen neue Bedeutung zu.