The Sun

täglich erscheinende britische Boulevardzeitung
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The Sun ist eine englische Boulevardzeitung im Tabloid-Zeitungsformat (30 x 36,5cm) und zählt zu den einflussreichsten Zeitungen des Landes. Die Tageszeitung wird in London verlegt und hat mit 3,2 Millionen Exemplaren (2004) die höchste Auflage aller englischsprachigen Tageszeitungen. Herausgeber der Zeitung sind die News Group Newspapers der News International, einem Tochterunternehmen der News Corporation des Medienunternehmers Rupert Murdoch. The Sun erwirtschaftet schätzungsweise 100 Millionen Pfund jährlich. Ungeachtet seiner Popularität bemängeln Kritiker die Inhalte des Boulevardblatts als antieuropäisch, chauvinistisch, reißerisch und sensationslüstern.

Geschichte

1911 wurde der "Daily Herald" als Gewerkschaftsblatt der Londoner Drucker veröffentlicht, ein Jahr später als sozialistische Tageszeitung vertrieben und 1922 vom Gewerkschaftsverband TUC (Trades Union Congress) übernommen. 1933 war der Daily Herold mit einer Aufage von 2 Millionen Exemplaren die am häufigsten verkaufte Tageszeitung der Welt. Nachdem die Auflage jedoch in der Nachkriegszeit zurückging übernahm 1964 die Mirror Group of Newspapers den herausgebenden Verlag Odhams Press von TUC. Nach der Übernahme von Odham Press, George Newes und Amalgamated Press (später Fleetway Publications) änderte die Mirror Group of newspapers ihren Namen in International Publishing Corporation (IPC). 1964 wurde The Sun von IPC als Ersatz für den Daily Herald auf den Markt gebracht. Die Sun sollte nach Meinung von Marktforschern als Zeitung für die Arbeiterschicht, die kulturinterssiert und aufstrebend sei, eine neue Leserschaft bedienen. Das Motto der Zeitung lautete: "A paper born of the age we live in", "geboren in dem Zeitalter, in dem wir leben". Diese Leserschaft existierte jedoch nicht und die Auflage halbierte sich innerhalb von fünf Jahren auf 850.000. Die neuen Besitzverhältnisse brachten keine Verbesserung der Auflage, auch da IPC kein Konkurrenzblatt zum erfolgreichen hauseigenen Daily Mirror auf den Markt bringen wollte, so dass die Zeitung 1969 für £800,000 an Rupert Murdoch weiterverkauft wurde. Murdoch änderte das Zeitungsformat (Tabloid) und führte die Zeitung erneut ein, diesmal als freches, kompromissloses Boulevardblatt (Sex, Sport, Sensationen). Als eigentliche Geburtsstunde der Sun in ihrer heutigen Form wird das Jahr 1969 angesehen. Die Zeitung wurde jetzt wochentags auf den Druckerpressen der Sonntagszeitung News of the World (NOW) gedruckt, die Murdoch ein Jahr zuvor erworben hatte. Beide Zeitungen wurden von nun an von einer gemeinsamen Geschäftsführung geleitet.

Die Auflage stieg 1970 innerhalb eines Jahres um 40% auf 2,1 Millionen Ausgaben, insbesondere seitdem das Foto des Page Three Girls (Bildzeitung: Seite Eins Mädchen) zum Jahrestag 1970 kein Glamour-Girl, sondern ein Pin-Up-Girl zeigte. Das erste Pin-up-Girl auf der dritten Seite war 1970 die zwanzigjährige Deutsche Stephanie Rahn. Samantha Fox präsentierte sich 1984 siebzehnjährig und ist bis heute das bekannteste Page Three Girl. Die "Dritte Seite" war ursprünglich keine Rubrik der Zeitung. 1978 übertraf die Auflage der Sun die ihres ehemaligen "Stallgefährten" The Daily Mirror bei der International Publishing Corporation (IPC), nicht zuletzt dank einer aggressiven Werbekampagne des Schauspielers Christopher Timothy auf der Fernsehstation ITV. Seit 1981 nutzt The Sun Bingo als Vermarktungsinstrument um die Auflage weiter zu erhöhen.

Trotz der Arbeitsverhältnisse in den 1970er Jahren, den sogenannten Spanish Practices (dt. etwa: sich eingebürgerte laxe und inoffizielle Arbeitsmethoden) der Verlagsgewerkschaften, war die Sun sehr profitabel, was Murdoch ab 1973 ermöglichte in die USA zu expandieren. 1986 schloss Murdoch die Betriebsgebäude der Sun und News of the World in der Londoner Bouverie Street (einer Seitenstraße der Fleet Street), entließ etwa 5000 streikende Drucker und zog auf ein neues Betriebsgelände im Wapping Komplex, Teil des Londoner Stadtbezirks Tower Hamlets in den Docklands. In den neuen Produktionsstätten wurden die Zeitungen im Offsetdruck statt wie vorher mit Linotypen gedruckt, was für die große Anzahl von Entlassungen entscheidend war. Die beiden Zeitungen wurden kurze Zeit von einer Rumpfbelegschaft produziert. Der wirtschaftliche Erolg der zwei Zeitungen ermöglichte es Murdoch die British Sky Broadcasting Satellitenfernsehkanäle in Betrieb zu nehmen und ab 1993 einen Preiskampf (Räuberische Preissetzung) der seit 1981 hauseigenen The Times vor allem mit dem Konkurrenzblatt The Independent zu starten.

Politik

Die anfangs loyal zur Labour Party stehende ehemalige Gewerkschaftszeitung gehört mit etwa 10 Millionen Lesern täglich zu den einflussreichsten Zeitungen des Landes. In den 1970er Jahren fand die Zeitung die "skilled working class" (Social grade C2, Facharbeiter und Arbeiter) als neue Zielgruppe und bediente diese mit populistischen und sensationslüstern Artikeln. Der Einfluss der Zeitung auf Wahlen gilt als umstritten. Inhaltlich ist die Zeitung rechtsorientiert, standhaft antieuropäisch und konservativ, obgleich sie Tony Blair und New Labour (siehe Labour Party) bei den Wahlen 1997, 2001 und 2005 unterstützte. Kritiker des Blattes bemängeln die Tendenz der Zeitung die konservativen politischen Ansichten Rupert Murdochs zu reflektieren. The Sun ist für eine offen-antieuropäische und insbesondere auch anti-deutsche Haltung bekannt (German Bashing). Ein beliebtes Thema der Sun ist die sogenannte "destruction of the British way of live" (dt.: Zerstörung der britischen Lebensart) durch Europa und die EU.

In den beiden britischen Unterhauswahlen des Jahres 1974 war die Einstellung des Blattes zur Labour Party "skeptisch" (Roy Greenslade in "Press Gang", 2003). Der Chefredakteur Anthony Shrimsley (1972-75) war ein Anhänger der Conservative Party. Als die Labour Regierung politische Schwächen offenbarte und an Popularität verlor änderte die Zeitung in den 1970er Jahren ihre politische Haltung und sympathisierte mit den Konservativen.

"Vote for Maggie – to give you a better Britain"
Bei den Unterhauswahlen im Jahr 1979 bat die konservative Spitzenkanidatin der Opposition Margaret Thatcher die Sun um Unterstützung. Nach dem Sieg der Konservativen "belohnte" Thatcher den damaligen Chefradakteur Larry Lamb mit der Erhebung in den Adelsstand. 1980 ermöglichten die Konservativen Murdoch den Kauf der Times und der Sunday Times.

"If Kinnock wins today will the last person to leave Britain please turn out the lights"
"It was the SUN wot won it."
Bei den britischen Unterhauswahlen 1992 machte sich die Sun für den wahrscheinlichen Gewinner der Wahl den konservativen John Major stark und votierte gegen Neil Kinnock. Die Zeitung bildete Neil Kinnocks Kopf in einer leuchtenden Glühbirne ab und titlete Wenn Kinnock heute gewinnt, macht der letzte, der Großbritannien verlässt, bitte das Licht aus. Nach der von John Major gewonnen Wahl titelte die Zeitung einen Tag später prahlerisch und in englischem Slang, Es war die Sun, die die Wahl gewann ("wot": eine Form von "what").

"The Sun Backs Blair"
Vor der Wahl 1997 reiste der neue Spitzenkanidat der Labour Party Tony Blair in Rupert Murdochs Heimatland Australien und warb für eine Unterstützung seiner New Labour-Kampagne. Vier Tage vor der Wahl titelte die Sun Die Sun unterstützt Blair.

Boulevardblatt

Da in der britischen Boulevardpresse ein hoher Konkurrenzkampf herrscht – höher als in der deutschen mit dem Marktführer Bildzeitung – versucht sich die Sun mit den lautesten und radikalsten Schlagzeilen zu profilieren ("anti-establishment"). Der boulevardjournalistische Stil der Sun ist deshalb noch grobschlächtiger als der der Bildzeitung. Viele Schlagzeilen die in der Bildzeitung stehen, standen jedoch tags zuvor bereits in The Sun. Boulevardblätter, als Vertreter der Unterhaltungsindustrie, veröffentlichen weniger harte Nachrichten als Meinungen die als Nachrichten "verkleidet" sind. Neben der Politik beruhen die Meldungen der Zeitung auf Geschehnissen aus dem Showbusiness, dem Hochadel (siehe: Regenbogenpresse) und dem Sport. Die Autoren der Zeitung berichten jedoch nicht nur über Personen des öffentlichen Lebens und deren Homestorys oder die neusten Seifenopern, sondern sind auch stets daran interessiert, über Berühmtheiten in persönlichen Krisen, heiklen Situationen oder leicht bekleidet, zu berichten. Die Sun bevorzugt Bilder in ihrer Berichterstattung und ist eine der Daseinsberechtigungen für Paparazzi und Abnehmer von deren Fotos. Weitere Themen der Sun sind die Zuwanderung, Missbrauch und Pädophilie, wobei die Berichterstattung über Pädophilie auch schon von einem gleichzeitig laufenden Schönstes Baby-Wettbewerb untergraben wurde. Die Auflage der Sun sinkt stetig. Neue Klatschmagazine (Hello!, OK!) und deren Nachahmer, Hefte für junge Männer (Nuts, Zoo) und nicht zuletzt der fast vollständige Text der Printausgabe im dem gelungenen Internetauftritt (4,5 Mill Seitenaufrufe monatlich) bedrohen die Auflage. Fest gefügte Feindbilder des Blattes verschwimmen allmählich, und streitbare Haltungen wie etwa die für den Irakkrieg oder gegen die BBC, sowie missglückte Kampagnen, wie die gegen den Fußballnationaltorhüter David James, in dessen Folge Nationalspieler Interviews verweigerten, lassen die Zeitung nicht mehr so sicher wirken wie in vergangenen Jahren. Die Sun hat eine Auflage von 3,2 Millionen Exemplaren, zum Vergleich, USA Today: 2,25; The Times of India: 2,14; Bild-Zeitung: 3,8. Weitere Boulevardblätter die in Großbritannien verlegt werden sind der Daily Express (900.000), die Daily Mail (2,4 Mill), der The Daily Mirror (1,8 Mill), der Daily Star, und Daily Sport. Die Sun verkauft knapp eine Million mehr Examplare als der unmittelbare Konkurrent Daily Mail. Von diesen Zeitungen unterstützt einzig der Daily Mirror die Labour Party, die anderen sind konservativ orientiert. Das sonntägliche Equivalent der The Sun in Großbritannien ist die News of the World, die Sunday Sun steht zu diesen beiden Zeitungen in keiner Beziehung und wird in Newcastle upon Tyne verlegt.

Berüchtigte Schlagzeilen und Berichte

"Gotcha"
Die bis heute berühmteste Schlagzeile der Sun lautete "Gotcha" (dt.: Erwischt), als während des Falklandkrieges 1982 der argentinische Kreuzer General Belgrano versenkt wurde (321 Tote).

"Freddie Starr Ate My Hamster"
Freddie Starr war ein sehr populärer Komiker in Großbritannien. Die Schlagzeile Freddie Star hat meinen Hamster gegessen (1986) wurde im Artikel als Behauptung einer jungen Frau relativiert. Der Satz ist heute in Großbritannien ein geflügeltes Wort um etwas Unwahrscheinliches auszudrücken.

"Le worm"
Ausländische Staatsoberhäupter werden oft in ungeschminkter Manier mit Ausdrücken betitelt, wie beispielsweise Jacques Chirac, der Präsident Frankreichs, mit dem Begriff "le Worm" (dt.: der Wurm).

"Up Yours Delors"
Die Premierministerin Thatcher hielt 1990 vor dem englischen Unterhaus eine aggressive Rede gegen den Ecu und den Versuch der Europäischen Kommission "Großbritannien durch die Hintertür in die EU" zu führen. In Anlehnung an die Rede wurde dem EG Kommissionspräsidenten Jacques Delors von der Sun "der Finger" gezeigt. Einen Tag nach dem Artikel trat der Außenminister Großbritanniens Sir Geoffrey Howe zurück. Etwa 14 Tage später hielt Howe seine berühmte Rede zur Europapolitik Thatchers, die allgemein als der Anfang des Untergangs der Regierung Thatcher angesehen wird.

"Our Boys"
Die Unterstützung der kämpfenden britischen Armee, bezeichnet als "Our Boys" (dt.: Unsere Jungs), ist unmissverständlich. Die Zeitung unterstützte in vollem Umfang den Irak-Krieg.

"Gay Mafia"
Kontrovers wird auch der vermeintliche Heterosexismus des Blattes gesehen. Dieser begann als in den 1980ern die Greater London Council (Vorgängerin der Greater London Authority) unter der Leitung von Ken Livingstone damit anfing, Homosexuellenorganisationen mit geringen Beträgen finanziell zu unterstützen. Als der Labourabgeordnete Peter Mandelson von Mattew Paris, einem homosexuellen Politiker und Journalisten, in der Fersehsendung Newsnight im Oktober 1999 als homosexuell geoutet wurde, fragte die Zeitung, ob Großbritannien von einer "Gay Mafia" (dt.: "Schwulen-Mafia") regiert werde. Eine Auflistung von homosexuellen Abgeordneten wurde am nächsten Tag aufgrund der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit von der Zeitung revidiert. So waren beispielsweise Chris Smith, Nick Brown und Mandelson in keiner Weise liiert.

"The Truth", "Some fans picked pockets of victims"; "Some fans urinated on the brave cops"; "Some fans beat up PC giving kiss of life"
Die Sun wurde für ihre Berichterstattung über die Hillsborough-Katastrophe (96 Tote, 730 Verletzte) im Sheffielder Fuballstadion 1989, in der sie Fans des FC Liverpool vorverurteilt hatte (z.B. Taschendiebstahl bei den Opfern, Urinieren auf Polizisten und Leichen) öffentlich kritisiert. Mehrere andere Zeitungen brachten die gleichen Vorwürfe, die jedoch auch auf falschen Aussagen eins einzelnen Polizisten beruhten. Im Gegensatz zu den anderen Zeitungen verdiente sich die Sun besondere Schmach für die übergroße Schlagzeile "The Truth" (dt.: die Wahrheit). Die Zeitung wurde daraufhin in Liverpool boykottiert. Erst am 07.07.2004, 15 Jahre nach der Katastrophe, druckte die Sun eine von vielen als eigennützig bezeichnete ganzseitige "Entschuldigung". Die Entschuldigung kam auch zustande, da der für den Liverpooler Verein FC Everton spielende und gebürtige Liverpooler Wayne Rooney seine Biographie an die Sun verkauft hatte, die Zeitung aber kritisierte. Der Versuch der Sun mit der Biographie Rooneys in Liverpool Boden gutzumachen scheiterte, und Rooney wurde schließlich von der Sun als Bordellgänger bloßgestellt.

"Is this Europe’s most dangerous man?"
Der ehemalige Finanzminister Deutschlands Oskar Lafontaine wurde 1998 im Zuge einer Kampagne gegen die europäische Einheitswährung als gefährlichster Mann Europas hinterfragt. Im Artikel war zu lesen, Lafontaine sei die größte Gefährdung des British way of life seit 1945.

"From Hitler Youth to Papa Ratzi"
Zur Wahl des 78jährigen deutschen Kardinals Joseph Ratzinger zum Papst Benedikt XVI. 2005 titelte The Sun Von der Hitler-Jugend zum Papa Ratzi (siehe auch Paparazzi). 1945 zum Ende des zweiten Weltkrieges war Benedikt XVI. 18 Jahre alt.

Chefredakteure

  • Sidney Jacobsen (19641965) (vor dem Namenswechsel des Daily Herald)
  • Dick Dinsdale (19651969)
  • Lary Lamb (19691972) (Lamb war Chefredakteur der 'Sun' und der News of the Week)
  • Anthony Shrimsley (19721975)
  • Lary Lamb (19751980) (Lamb musste sich ein halbes Jahr beurlauben lassen (Sabbatical) bevor er von Murdoch entlassen wurde)
  • Kelvin MacKenzie (19811994)
  • Stuart Higgins (19941998)
  • David Yelland (19982003)
  • Rebekah Wade (2003–)

Die derzeitige Chefredakteurin und erste Frau in dieser Stellung ist Rebekah Wade.

Siehe auch: Liste von Zeitungen > Großbritannien