Silvio Berlusconi
Silvio Berlusconi (* 29. September 1936 in Mailand) ist ein italienischer Politiker und der amtierende Ministerpräsident und damit Regierungschef seines Landes.
Er gilt als reichster Mann Italiens und beherrscht als Unternehmer die italienische Medienlandschaft. Seine Mediengruppe "Mediaset" (eingebettet in die "Fininvest"-Holding, an der die Familie Berlusconi knapp 51 Prozent hält) besitzt die drei überregionalen Privat-Fernsehsender Italia 1, Rete 4 und Canale 5. Berlusconi kontrolliert 70% aller italienischen Medien direkt oder indirekt. Seit 2002 versucht er, auch noch die staatlichen Rundfunkanstalten "RAI" unter seine Kontrolle zu bringen. Sein Einfluss, den er als charismatischer Politiker vor allem durch die Massenmedien bestreitet, wird von Gegnern auch als Telekratie beschrieben. Zugleich ist Berlusconi Vorsitzender der Partei Forza Italia und Besitzer des erfolgreichen Fußballclubs AC Mailand. Die Keimzelle seines vom Forbes Magazine 2005 auf 12 Milliarden Euro (2004: 10 Milliarden) geschätzen Vermögens, das ihn zu einem der 50 Reichsten der Welt macht, waren Geschäfte im Bausektor, deren bislang unbekannte Finanzierung Gegenstand zu weitreichenden Spekulationen bietet.
Lebenslauf
- 1936: geboren in Mailand als Sohn eines Bankangestellten
- 1961: Gründer einer Bau-Holding
- 1961: Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften mit dem Staatsexamen
- 1973: Einstieg ins Werbe- und Mediengeschäft
- 26. Januar 1978: Eintritt in die Geheimloge P2, eine Organisation des einstigen Mussolini-Anhängers und Hitler-Kollaborateurs Licio Gelli
- Sommer 1978: Berlusconi gründet mit Hilfe der Monte Dei Paschi Bank den lokalen Fernsehsender Tele Milano
- 1980: Aus Tele Milano wird 1980 der erste landesweite kommerzielle Fernsehsender Canale 5
- 1982: Kauf des Senders Italia 1
- 1984: Kauf des Senders Rete 4
- 1986: Ausweitung auf dem europäischen Medienmarkt mit La Cinq in Frankreich
- 1987: Ausweitung auf dem europäischen Medienmarkt mit Tele 5 in Deutschland
- 1989: Ausweitung auf dem europäischen Medienmarkt mit Telecinco in Spanien
- Vorlage:Einzug Jahreszahl1989: Durch den Erwerb des Verlagshauses Mondadori wird die Gruppe 1989 zum führenden Buch- und Zeitschriftenunternehmen Italiens
- 1993: Einstieg in die Politik und Gründung der Forza Italia 94
- 1993, August: Berlusconi unterstützt den postfaschistischen Movimento Sociale Italiano/Destra nazionale (MSI), indem er öffentlich bekannt gibt, er zögere keine Minute, Gianfranco Fini bei den Stichwahlen für den Posten des Bürgermeisters am 5. Dezember in Rom seine Stimme zu geben
- 1994, 12. Februar: Paolo Berlusconi, der Bruder von Silvio Berlusconi, wird wegen des Verdachts der Korruption verhaftet. Er wird im April 1996 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
- 1994, März: gemeinsames Koalitionsbündnis mit der Lega Nord des Umberto Bossi
- 1994: Wahl zum Ministerpräsidenten. Nach sieben Monaten im Amt Rücktritt am 22. Dezember. Grund sind Konflikte mit dem Koalitionspartner Umberto Bossi über Berlusconis Verwicklung in Korruptionsaffären.
- 1997: Verurteilung wegen Bilanzfälschung
- 2001: Spitzenkandidat des Wahlbündnisses Casa delle Libertà (Haus der Freiheiten) für die Parlamentswahlen am 13. Mai. Wahlsieg seiner Partei Forza Italia und der Partner-Parteien. Wahl zum Ministerpräsidenten der 59. Nachkriegsregierung Italiens.
- 2001: Einladung zum CSU-Parteitag in Nürnberg
- 2003: Jegliche Ermittlungen gegen Berlusconi sind wegen eines erlassenen Immunitätsgesetzes ausgesetzt (bis zur Aufhebung des Gesetzes könnte sogar so viel Zeit vergehen, dass die Klagen verjährt sind und somit nicht mehr weiterbearbeitet werden)
- 2003 (1. Juli-31. Dezember): EU-Ratspräsident (turnusmäßig als italienischer Ministerpräsident)
- 2004 (13. Januar): Das italienische Verfassungsgericht lehnt das vielfach als „Lex Berlusconi“ bezeichnete Immunitätsgesetz ab und bereitet so den Weg für die Wiederaufnahme der Prozesse gegen Berlusconi wg. u.a. Bestechung von Richtern, Bilanzfälschung u.v.a.m. Berlusconi denkt in der Folge öffentlich und spontan über Neuwahlen nach.
- 2004 (10. Dezember): Von einem Mailänder Gericht wird nach langen Beratungen ein Schlussstrich unter den Verkauf des staatlichen Lebensmittelkonzerns SME gezogen: Aufgrund mildernder Umstände gelte für Berlusconi im Falle der 1991 erfolgten Zahlungen von 434.000 Dollar an den römischen Richter Renato Squillante eine verkürzte Verjährungsfrist - der mit diesen Zahlungen beauftragte Berlusconi-Vertraute Cesare Previti war am 22. November 2003 noch zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. In den anderen Anklagepunkten wird der Ministerpräsident freigesprochen.
- 2005 (20. April): Silvio Berlusconi tritt nach einigem Hin und Her zurück. Der Rücktritt ist allerdings eine reine Formalie. Er kündigte bereits an, eine neue Regierung bilden zu wollen.
Kritik an Berlusconi
Am 12. November 2004 hat die Staatsanwaltschaft im Strafprozess gegen den italienischen Ministerpräsidenten und Medienunternehmer wegen Bestechung von Richtern im Zusammenhang mit dem Skandal um seine Holding Fininvest acht Jahre Haft beantragt. Die Entscheidung des Gerichts wurde am 3. Dezember 2004 erwartet und erbrachte einen Freispruch "aufgrund von eingetretener Verjährung", was aber nur zustande kam, weil Berlusconi als Ministerpräsident diese Verjährung maßgeschneidert dekretiert hatte.
Schon vor Beginn seiner politischen Karriere war Berlusconi in zahlreiche Korruptionsaffären verwickelt. So wurde er in Italien und Spanien in rund einem Dutzend Verfahren angeklagt.
Zu den Vorwürfen, die Berlusconi seit Jahren gemacht werden gehörten Meineid, Bestechung, illegale Parteienfinanzierung, Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung und Mafiakontakte. Bis 2001 wurde er viermal erstinstanzlich zu Haftstrafen verurteilt, aber jeweils zweitinstanzlich freigesprochen. Die Freisprüche erfolgten meist wegen Verjährung.
Berlusconi bestritt die jeweiligen Vorwürfe und vermutete im Gegenzug politische Motivationen zu Gunsten der Linken. Bemerkenswert ist deswegen auch, dass er intensive Kontakte zum früheren sozialistischen Ministerpräsidenten Bettino Craxi während dessen Amtszeit pflegte, der wegen Korruption aus dem Amt gejagt und inzwischen auch zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurde.
Nachdem Berlusconi unter Eid bestritten hatte, Mitglied der Geheimloge Propaganda Due (P2) zu sein, ihm dies dann aber nachzuweisen war, wurde er wegen Meineides verurteilt. In einer allgemeinen Amnestie wurde ihm jedoch die Strafe erlassen.
Nachdem ein enger Vertrauter wegen Richterbestechung zugunsten Berlusconis Firma zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, wurde Berlusconi ebenfalls deswegen angeklagt.
Immer wieder ließ er durch seine Mehrheit in Parlament und Senat Gesetze auf seine Person zuschneidern (z.B. „Lex Berlusconi“), um seine Macht zu vergrößern aber auch, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Berlusconi kämpfte ständig gegen die seiner Ansicht nach zu große Unabhängigkeit der Justiz und verschaffte sich im Juni 2003 unaufhebbare Immunität. Die laufenden Strafverfahren gegen ihn wurden daraufhin eingestellt. Auch andere Angeklagte könnten von den Gesetzen profitieren, insbesondere Mafia-Mitglieder, zu denen Berlusconi enge Kontakte nachgesagt werden. (z. B. [1], [2])
Die anhaltenden Bestrebungen, sich immer mehr Macht zu verschaffen, unter offensichtlicher Aushebelung der Gewaltenteilung, sind der Grund, warum ihm seine Gegner sogar vorwerfen, einen Staatsstreich zu unternehmen. Dies demonstriert das vergiftete politische Klima in Italien. Aktuell strebt Berlusconi eine Verfassungsreform an, die es ihm ermöglichen soll, selbst das Parlament auflösen zu können. Gewisse Parallelen zum Ermächtigungsgesetz und Medien-Gleichschaltung drängen sich auf.
Am 2. Juli 2003, einen Tag nachdem er die turnusmäßige Präsidentschaft des EU-Rates übernommen hatte, wurde er vom deutschen Abgeordneten Martin Schulz (SPD) auch wegen seiner Innenpolitik heftig kritisiert. Berlusconi erwiderte:
- „Signor Schulz, so che in Italia c'è un produttore che sta montando un film sui campi di concentramento nazisti: la suggerirò per il ruolo di kapò. Lei è perfetto!“
- Auf Deutsch: Herr Schulz, ich kenne einen Film-Produzenten in Italien, der einen Film über Konzentrationslager der Nazis macht. Ich werde sie für die Rolle eines Kapos vorschlagen. Sie wären dafür wie geschaffen.
Wahrscheinlich bezog sich Berlusconi auf die im deutschsprachigen Raum unter dem Namen Ein Käfig voller Helden bekannte Fernsehserie, in der ein dümmlicher deutscher Aufseher namens Schulz vorkommt.
Obwohl Berlusconi insistierte, einen Scherz gemacht zu haben, verursachte dieser Nazi-Vergleich eine kurze diplomatische Krise zwischen Italien und Deutschland, die sich aber nach einer Erklärung Berlusonis gegenüber Bundeskanzler Gerhard Schröder wieder langsam beruhigte.
Außenpolitisch hat Berlusconi sich eng an die USA-Regierung unter George W. Bush angelehnt. Dies kennzeichnet auch folgender Absatz aus einer Rede nach dem 11. September 2001:
- „Wir müssen uns der Überlegenheit unserer Zivilisation bewusst sein, die aus Prinzipien und Werten besteht, die einen breiten Wohlstand für die Allgemeinheit gebracht haben. Der Westen wird weiterhin Völker erobern, so wie es ihm gelungen ist, die kommunistische Welt und einen Teil der islamischen Welt zu erobern, aber ein anderer Teil davon ist um 1.400 Jahre zurückgeblieben. Die westliche Gesellschaft hat Werte wie Freiheitsliebe, die Freiheit der Völker und des Einzelnen, die sicherlich nicht zum Erbgut anderer Zivilisationen, wie der islamischen, gehören ...“ (Silvio Berlusconi)
Ein Mediengesetz, das Berlusconi Kontrolle auch über öffentlich-rechtliche Medien in großem Umfang gegeben hätte, wurde von Präsident Ciampi im Dezember 2003 gestoppt.
Aufsehen erregte Berlusconi auch mit seinen Schönheitsoperationen. So zeigte er sich im Januar 2004 erst nach über einem Monat wieder im Rampenlicht, nachdem er sich vermutlich Falten in einer Schönheitsklinik entfernen lassen hatte. Kritiker warfen ihm vor, er konzentriere sich auf sein Äußeres, statt auf die Probleme des Landes.
Argumente für Berlusconi
Positiv wird Berlusconi von vielen Landsleuten angerechnet, dass seine Regierung stabiler arbeitet als die vorhergehenden. Außerdem vertrete Berlusconi den italienischen Staat im Ausland auf angemessene Art und Weise. "Kleine Fehler" wie z.B. sein Versuch, die eigene Körpergröße aufzuwerten, nehmen die Italiener mit Humor zur Kenntnis.
Siehe auch
Weblinks
- Artikel im Lexikon Rechtsradikalismus über Silvio Berlusconi
- http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15149/1.html
- http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID575552_TYP1_NAVSPM3~1961002_REF,00.html
- http://www.ftd.de/db/mu/1056704881944.html?nv=se
- http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/boerse/magazin/44196/
- wortschatz.uni-leipzig.de:wort-des-tages/2004/12/10/
- http://www.fininvest.it
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Personendaten | |
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NAME | Berlusconi, Silvio |
KURZBESCHREIBUNG | Italienischer Politiker und Ministerpräsident |
GEBURTSDATUM | 29. September 1936 |
GEBURTSORT | Mailand |