Sechste Flottille (Volksmarine)

Schnellbootsverband der Volksmarine der DDR
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Die 6. Flottille der Volksmarine der DDR war der Schnellbootsverband der Volksmarine. Sie war einen von 3 Flottillen der Volksmarine und wurde am 1. Mai 1963 gegründet. Am 8. Mai 1965 bezog sie ihren Stützpunkt auf der Halbinsel Bug bei Dranske auf Rügen. Die Auflösung der Flottille fand am 2. Oktober 1990 statt.


Geschichte der Flottille

Aufbau

  • Mit Befehl 4/56 des Ministers für Nationale Verteidigung der DDR, Generaloberst Willi Stoph, wurde Anfang 1956 mit der Bildung der Seestreitkräften der DDR begonnen.
  • Am 8. Oktober 1957 erfolgte die Indienststellung der ersten sechs sowjetischen Torpedoschnellbotte, TS-Boote Projekt 183.
  • 1959 wurde aus den TS-Booten die Schnellbootsbrigade (TSB-Brigade) als selbständiger Truppenteil gebildet.
  • In den Jahren 1957 bis 1960 wurden insgesamt 27 sowjetischen TS-Boote, in Dienst gestellt.
  • Anlässlich des 42. Jahrestages des Aufstandes der Kieler Matrosen wird am 3. November 1960 den Seestreitkräften der NVA, in Anlehnung an die Volksmarinedivision, der Ehrenname "Volksmarine" verliehen.
  • Im August 1961 wird der erste schwimmende Stützpunkt, Projekt 62, Versorgungs- und Wohnschiff aus eigener Produktion in Dienst gestellt.
  • Im September 1962 beginnt die Indienstellung der ersten leichten Torpedoschnellbooten, LTS-Booten Projekt 63.300 "Wolgast" und 68.200 "Berlin", eigener Produktion.
  • Am 26. November 1962 wurden die ersten beiden sowjetischen Raketenschnellboote, RS-Boote Projekt 205, in Dienst gestellt.

1963 - 1989

  • Auf Befehl des Ministers für Nationale Verteidigung der DDR, Armeegeneral Karl-Heinz Hoffmann, wurde am 1. Mai 1963 der Verband der Schiffsstoßkräfte der Volksmarine geschaffen. Der Verband bestand aus RS-, TS- und LTS-Booten sowie Küstenschutz-, Landungs- und Hilfsschiffen. Neben den bereits bestehenden TSB- und RSB-Brigaden, wurde mit Gründung des Verbandes auch die LTSB-Brigade gebildet.
  • Am 8. Mai 1965 erfolgte die Umstrukturierung des Verbandes. Die Küstenschutz- und Landungsschiffe wurden aus dem Verband herausgelöst und anderen Verbänden unterstellt.
  • Am selben Tag erfolgte auch die Einweihung des Stützpunktes Bug/Dranske mit einem militärischen Zeremoniell und wird damit Heimathafen der TS-, RS- und LTS-Boote, die bisher an unterschiedlichen Standorten stationierten waren.
  • Im November 1967 beginnt die Außerdienststellung der ersten acht TS-Boote Projekt 183. Sie werden verschrottet oder als Seenotrettungsboote, Zielboote und Grenzboote weiterverwendet. Drei Boote wurden zum Schutz vor Wind und Wellen um den Fischereihafen Dranske versenkt. [1]
  • In den ersten Stunden des 31. August 1968 kollidierte das TS-Boot 844 "Willi Bänsch" bei dichtem Nebel mit der schwedischen Fähre DROTTNINGEN und sank. Sieben Besatzungsmitglieder fanden dabei den Tod. In Gedenken an die Kameraden wurde im Stützpunkt ein Gedenkstein aufgestellt. Heute befindet sich der Gedenkstein auf dem Friedhof von Dranske. [2]
  • Am 14. Oktober 1968 wurde das erste sowjetische TS-Boot, Projekt 206, übernommen. Bis zum Jahre 1971 wurden 14 dieser Torpedoträger in Dienst gestellt.
  • Am 1. Dezember 1971 erfolgte einen erneute Umstrukturierung des Verbandes. Die bisher Typenreinen Truppenteile wurden zu Brigaden, bestehen aus 4 RS- (205), 5 TS-Booten (206) und einen schwimmenden Stützpunkt umformiert und heißen ab jetzt RTSB-Brigaden. Es gab drei RTSB-Brigaden, die 1., 3. und 5. Brigade.
  • Am 22. Dezember 1974 begann die Indienststellung der kleinen Torpedoschnellboote, KTS-Boote Projekt 131, und gleichzeitig beginnt die Außerdienststellung der LTS-Boote.
  • Die LTSB-Brigaden werden am 1. Dezember 1982 in TSB-Brigaden umbenannt.
  • Am 1. Juli 1984 wurden einige KTS-Boote außer Dienst gestellt.
  • Ab dem 25. Mai 1984 erfolgt die Außerdienststellung der schwimmenden Stützpunkte, Projekt 62, und ab dem 5. September 1984 die Indienststellung der schwimmenden Stützpunkte neuer Generation, Projekt 162.
  • Am 7. Juni 1986 kam es vor Hiddensee zwischen dem KTS-Boot 951 und einem kleinen Raketenschiff vom Projekt 1241 zu einer Kollision, bei der das KTS-Boot sank und der Ari-Gast (Artillerie-Gast) ums Leben. Das KTS-Boot wurde nach der Bergung am 30. Juni 1986 außer Dienst gestellt. (siehe Diskussion)

9. November 1989 bis 2. Oktober 1990

  • Am 31. August 1990 wurde der Befehl zur Entmunitionierung der Gefechtsfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge vom Ministerium für Abrüstung und Verteidigung herrausgegeben.
  • Am 2. Oktober 1990, dem Vortag der deutschen Wiedervereinigung, wurde die NVA mit all ihren Streitkräften aufgelöst.

nach dem 3. Oktober 1990

  • Am 3. Oktober 1990 übernahm der Bundesminister der Verteidigung Gerhard Stoltenberg die Befehls- und Kommandogewalt über die aufgelöste NVA. Die noch bestehenden Truppenteile gingen in der Bundeswehr auf. Reste der 6. Flottille der Volksmarine wurden in die Bundesmarine, jetzt Deutsche Marine, übernommen und nach kurzer Zeit außer Dienst gestellt.
  • Der Stützpunkt Dranske wurde als erster Stützpunkt der Volksmarine geschlossen und an einen privaten Investor verkauft.
  • Als einzige Fahrzeuge der Volksmarine sind heute noch einige der früher als schwimmende Stützpunkte bezeichneten Wohnschiffe und einige Schlepper im Dienst. Über den Verbleib der Schiffe und Boote siehe bei den einzelnen Schiffs- und Bootstypen.

Schiffs- und Bootstypen der Flottille

Die angegebene Anzahl der Schiffe und Boote bezieht sich auf die insgesamt in Dienst gestellten Fahrzeuge.

Kampfschiffe und -boote

leichtes Torpedoschnellboot LTS-Boot Projekt 63.300 Iltis-Klasse 30 Boote
leichtes Torpedoschnellboot LTS-Boot Projekt 68.200 Hydra-Klasse 26 Boote
kleines Torpedoschnellboot KTS-Boot Projekt 131 Libelle-Klasse 34 Boote
Torpedoschnellboot TS-Boot Projekt 183 P6-Klasse 27 Boote
Raketenschnellboot RS-Boot Projekt 205 OSA-I-Klasse 15 Boote
Torpedoschnellboot TS-Boot Projekt 206 Shershen-Klasse 18 Boote
Kleines Raketenschiff Projekt 1241 Tarantul-I-Klasse 5 Schiffe

Hilfsschiffe

Schwimmender Stützpunkt Wohnschiff Projekt 62 Jugend-Klasse 9 Schiffe
Schwimmender Stützpunkt Wohnschiff Projekt 162 Ohre-Klasse 5 Schiffe
Reedeschlepper Schlepper Projekt 270 Havel-Klasse 2 Schiffe
Reedeschlepper Schlepper Projekt 414 Zander-Klasse 1 Schiff
Reedeschlepper Schlepper Projekt M-9 Ehle-Klasse 1 Schiff
Torpedofangboot "Libben" Projekt 65 Kondor-Klasse 1 Schiff
Hochseeversorger "Wittow" Projekt 602 Darss-Klasse 1 Schiff
Tankschiff Tanker Projekt 600 Riems-Klasse 1 Schiff
Hafentankfahrzeug Tanker Projekt 2855/56 Königs-Klasse 2 Schiffe

weitere Einheiten der Flottille

Auswerte- Rechen- und Informationsgruppe 6 ARIG-6
Fernmeldetechnischer Zug FmTeZ stationiert in Saßnitz
Instandsetzungsbasis 6 Ibas-6
Kraftfahrzeugkompanie 6 KfzK-6
Kraftfahrzeuginstandsetzungszug 6 KfzIZ-6
Lehrbasis 6 LehrBas-6
Munitionslager 6 ML-6 stationiert in Sehlen
Marinepionierzug 6 MpiZ-6
Nachrichtenkompanie 6 NK-6
Raketentechnische Abteilung 6 RteA-6 stationiert in Bergen
Versorgung- und Ausrüstungslager 6 VAL-6
Zug chemische Abwehr 6 ZchA-6
Musikkorps
Haus der NVA Dranske HdADranske

Führung des Verbandes

Chef der Flottille

1. Mai 1963 - 30. Oktober 1963 Kapitän zur See Hellmut Neumeister
1. November 1963 - 30. April 1971 Fregattenkapitän Gustav Hesse
1. Mai 1971 - 30. November 1974 Fregattenkapitän Theodor Hoffmann
1. Dezember 1974 - 30. April 1983 Kapitän zur See Hans-Joachim Dönitz
1. Mai 1983 - 31. Oktober 1987 Kapitän zur See Eberhard Grießbach
1. November 1987 - 2. Oktober 1990 Kapitän zur See Werner Murzynowski

Gäste des Verbandes

6. Juli 1965 Walter Ulbricht Vorsitzender des Staatsrates der DDR
9. August 1967 Erich Honecker Vorsitzender des Staatsrates der DDR
1967 Armeegeneral Heinz Hoffmann Minister für Nationale Verteidigung der DDR
1972 Armeegeneral Dobri Dshurow Minister für Volksverteidigung der Volksrepublik Bulgarien
1972 Fidel Castro Erster Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas
1972 Gustav Husak Generalsekretär des Zentralkomitee der Kommunistische Partei der Tschechoslowakei
1974 Marschall der Sowjetunion Iwan Ignatjewitsch Jakubowski Oberkommandierender der Vereinten Streitkräfte der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages
1977 Armeegeneral Vo Nguyen Giap Verteidigungsminister der Sozialistische Republik Vietnam
15. Dezember 1978 Oberst Sigmund Jähn erster Deutscher im Weltall
16. August 1981 Armeegeneral Michail Saizew Oberkommandierender der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland GSSD
5. April 1982 Marschall der Sowjetunion Wiktor Georgijewitsch Kulikow Oberkommandierender der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Vertrages
12. Mai 1986 Erich Mückenberger Präsident der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft

Auszeichnungen des Verbandes

1959 Ehrenbanner des Zentralrates der FDJ für hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb
1971 "Bester Verband der Volksmarine"
1971 "Goldener Lorbeer" für ausgezeichnete Unterstützung des Fernsehfilms "Rottenknechte"
1978 Bronzerelief anlässlich des gemeinsamen Weltraumfluges UdSSR-DDR
1979 Ehrenbanner des ZK der SED, des Ministerrates und des Bundesvorstandes des FDGB - Für hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb zu Ehren des 30. Jahrestages der DDR
1982 Ehrenplakette des Präsidiums des DTSB der DDR - Für verdienstvolle Arbeit auf dem Gebiet von Körperkultur und Sport
1984 Karl-Marx-Orden
1984 Ehrenbanner des Solidaritätskomitees der DDR
1986 Ehrenbanner der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft

Literatur

  • Autorenkollektiv des Verbandes: „Schnellbootsverband Gefechtsbereit“, zum 25. Jahrestag der Gründung, für die Angehörigen des Verbandes
  • Manfred Röseberg: „Schiffe und Boote der Volksmarine der DDR“, Rostock, ISBN 3-935319-82-7