Die Firma Winchester Repeating Arms Company entwickelt und baut seit 1860 in den Vereinigten Staaten Gewehre. Seit 1866 werden diese unter der bekannten Marke Winchester vertieben. Umgangssprachlich steht eine Winchester für Unterhebelrepetierer, jedoch etwicklete Winchester Repeating Arms auch andere Gewehrtypen.
Kennzeichnend für die vielen Modelle, die Winchester seit den 1860er Jahren auf den Markt brachte, ist die Benennung nach dem Jahr der Einführung (Winchester 66, Winchester 73, Winchester 76 Winchester 86, Winchester 92, Winchester 94, Winchester 95 usw.) später wurde allerdings von diesem Prinzip abgegangen.
Vorläufer
Erste Merkmale der späteren Winchester finden sich in Experimentalmodellen der Firma Hunt & Jennings in Vermont und in der von Smith & Wesson entwickelten und am 14. Februar 1854 patentierten Magazinpistole, welche hülsenlose Munition verschoss. Das unten offene Röhrenmagazin war unter dem Lauf angebracht. Nachgeladen wurde mit dem Abzugbügel, der den Verschluss über ein Kniegelenk betätigte und verriegelte. Das System bewährte sich nicht, da die in der hohlen Kugel liegende Pulverladung zu schwach war und der Gasaustritt wegen fehlender Liderung die Anfangsgeschwindigkeit noch mehr verminderte.

Die Pistole und ein Gewehr nach dem gleichen Prinzip verkauften sich schlecht. 1885, nachdem sich Horace Smith und Daniel Wesson entschieden hatten, in die Revolverproduktion einzusteigen, überliessen sie die Produktion der neu gegründeten VOLCANIC REPEATING ARMS COMPANY. Schon am Anfang daran beteiligt und ab 1856 Präsident und wichtigster Geldgeber war Oliver Winchester, der die Firma bereits im Frühjahr 1857 umorganisierte und neu unter NEW HAVEN ARMS Co. registrieren liess. Gesamthaft wurden etwas über 3000 Volcanicpistolen und etwa 1000 Volcanicgewehre unter der Ägide von Oliver Winchester hergestellt.
Unterhebelrepetierer
Henry-Rifle 1860
- Hauptartikel: Henry-Gewehr
Ein ehemaliger Mitarbeiter von Hunt & Jennings, Benjamin Tyler Henry, jetzt Betriebsleiter (engl: Superintendent) bei der NEW HAVEN ARMS Co. von Oliver Winchester, entwickelte auf der Basis der Volcanic ein Repetiergewehr, das er am 16. Oktober 1860 patentieren liess.
Die charakteristischen Merkmale des Henry-Gewehrs waren: Die Verwendung einer von ihm entwickelten Randfeuerpatrone im Kaliber .44 mit Hülse, welche die Liderung garantiert; ein Verschlussgehäuse aus Bronze; ein Verschluss, der horizontal durch einen „Unterhebel“, d.h. den verlängerten und zum Handschutz umgeformten Abzugsbügel, vor- und zurückbewegt wird; ein Kniegelenk, das die Bewegung des Unterhebels auf den Verschluss überträgt und diesen in vorderster Stellung blockiert; ein außenliegender Hahn, der durch die Verschlussbewegung niedergedrückt und gespannt wird; ein langes, als integrierter Teil des Laufes angeordnetes Magazin in Form eines unten offenen Rohres, in dem 15 Patronen hintereinander liegen; ein Hebel, der (mit dem Unterhebel gekoppelt) den Patronenzuführer senkrecht nach oben hebt, der Patronenzuführer wirft gleichzeitig die abgeschossene Patronenhülse aus. Beim Schließen des Verschlusses wird die zugeführte Patrone vom Verschluss ins Patronenlager geschoben, und die Waffe ist schussbereit.
Die Einrichtung der Fertigungsanlagen und die Materialbeschaffung nahmen viel Zeit in Anspruch und erst im Juli 1862 konnte die erste nach ihrem Konstrukteur benannte Henry-Rifle ausgeliefert werden.
In den USA war damals wegen des amerikanischen Bürgerkriegs ein enormer Bedarf an Waffen vorhanden, und so wurden zwischen 1862 und dem Ende des Krieges am 9. April 1865 etwas über 8600 Henrygewehre hergestellt. Davon gingen 1103 Gewehre an die U.S.Armee, 800 davon trugen die Inspektormarke von C.G.C. (Charles G. Chapman). Mit den Lieferungen nach Friedensschluss erhielt die Armee total 1731 Henrys. Eine grosse Zahl der Waffen wurde direkt von Einheitskommandanten der Union für ihre Truppen erworben und viele Henrys wurden direkt von Kriegsteilnehmern gekauft. Die Gesamtproduktion betrug Ende 1866 über 12 800 Waffen. Da die Henrys und die ersten Winchester Mod. 1866 in der gleichen Nummernreihe liefen, können Henrys mit wesentlich höheren Serienummern, bis über 14 000 gefunden werden.
Mehrere Repetiersysteme erreichten zu dieser Zeit Marktreife, darunter – neben der Henry – der bekannte Spencer-Karabiner und ab 1855 auch das Colt Roots-Revolvergewehr. Die Kriegsteilnehmer, vor allem Truppen der Nordisten setzten diese während des Krieges nebeneinander ein, wobei sich Henry und Spencer am besten bewährten.
Mit dem Umzug der Fertigungsstätten von Winchester nach Bridgeport CT wurde die Firma im Mai 1866 auf Winchester Repeating Arms Company umbenannt. Dadurch trat der Name Henry-Rifle in den Hintergrund.
Modell 66
Die vom Nachfolger von B. Tyler Henry, Nelson King, aus dem Henrygewehr entwickelte Winchester Modell 1866 im Henrykaliber hatte ein geschlossenes Röhrenmagazin, das von hinten durch eine seitlich angebrachte Ladeklappe geladen wurde (King's improvement, Patent vom 22. May 1866). Damit war der Hauptnachteil der Henry, verschmutzte Patronen, behoben.
Das Modell 66 wurde bald zum Verkaufsschlager und trat seinen Siegeszug als Karabiner und Jagdgewehr in der nach dem Bürgerkrieg stürmisch einsetzenden Besiedlung des Westens an. Vom Modell 66 wurden gesamthaft etwa 170 000 Stück hergestellt, 3/4 davon waren Karabiner mit 20 Zoll-Läufen, der Rest Jagdgewehre, zum Teil mit Achtkantläufen und Infanteriegewehre mit Bajonetthalter. Wichtigster Abnehmer der Militärwaffen war die Türkei mit 46 000 Infanteriegewehren (Im Vertragstext zwischen Winchester und der Türkei "Muskets" genannt), und 5000 Karabinern. Auch Frankreich erwarb 3000 Infanteriegewehre und 3000 Karabiner Modell 66. Die "Muskets" waren für Tüllenbajonette, später wahlweise für Säbelbajonette eingerichtet. Das Modell 66 war als Militärwaffe allerdings weniger geeignet, da es keine starken Gewehrpatronen verschoss.
Modell 73
1873 brachte Winchester eine verstärkte Version des Modell 66 heraus. Die neue Waffe verschoss neu entwickelte Zentralfeuerpatronen, zuerst im Kaliber .44 WCF (Winchester Center Fire). Der Verschlusskasten war nicht mehr aus Bronze, sondern aus Eisen, der Kniegelenkverschluss wurde jedoch beibehalten. Auch von dieser Waffe wurden Karabiner und Jagdgewehre hergestellt. Sie war das erste Erfolgsmodell der Firma. Zwischen 1873 und 1923 wurden über 720 000 Winchester Modell 73 hergestellt, davon 36% Karabiner und 58% Jagdgewehre, der Rest waren Musketen. Die Schwäche der Waffe war zugleich ihre Stärke, denn üblicherweise verschoss sie Patronen im Kaliber 44 - 40 WCF, die auch in den gebräuchlichsten Revolvermodellen des Wilden Westens Verwendung fanden (dem Single Action Army – auch Peacemaker – von Colt, in diesem Kaliber hieß er "Frontier Six Shooter", dem Remington Single Action Mod. 1875 und Mod. 1890, dem New Model No. 3 von Smith & Wesson). Der Besitzer war so in der Lage, die gleiche Patronensorte sowohl im Gewehr als auch in seiner Faustfeuerwaffe zu verwenden. Bei diesen Patronen handelte es sich um die .44-40 WCF, die .38-40 WCF und die .32-20 WCF (.44 = Kaliber; 40 = Grains Schwarzpulver). Reine Revolverpatronen wie die .45 Colt und andere Kaliber waren für Gewehre nicht geeignet, da der Hülsenrand zu schmal war um das sichere Ausziehen der Hülse zu gewährleisten. Eine selten anzutreffende Variante des Modell 73 wurde im Kaliber .22 Randfeuer für Schiessbuden und Kleinkaliberschützen hergestellt. Es war erkennbar am Fehlen der Ladeöffnung.
Modell 76
Das Modell 1876 war eine schwerere Ausführung des Modell 73 mit einem längeren Verschlussgehäuse und einen redimensionierten Kniegelenkverschluss. Es verschoss wesentlich stärkere Schwarzpulverpatronen, die auch für die Grosswildjagd geeignet waren. Zwischen 1876 und 1898 wurden 63 871 dieser Waffe hergestellt. Entwickelt als Jagdgewehr, wurde sie jedoch als Karabiner im Kaliber .45-75 bis 1905 von der Kanadischen Berittenen Polizei geführt.
Modell 86
Erst 1886 brachte Winchester ein Gewehr heraus, das später auch rauchloses Pulver verdaute, da John Moses Browning ein neues Unterhebelsystem entwickelt hatte. Bei diesem war das Kniegelenk durch einen Blockverschluss ersetzt. Der Ladehebel zog einen Verriegelungsblock nach unten, bevor er den Verschluss bewegte. Die Waffe verschoss diverse Patronen vom Jagdkaliber .33 über die .45-70 Armeepatrone bis zu .50 Grosswildpatronen. Vom Modell 86 und der späteren Variante Modell 71 wurden zwischen 1886 und 1922 über 159 000 Stück hergestellt.
Modell 92
1892 folgte die kleine Schwester des Modell 86, die Winchester Modell 1892. Sie war der Nachfolger des Modell 73, allerdings verschoss sie, im Gegensatz zum Modell 73, rauchlose Patronen im Kaliber .44-40 WCF, .38-40 WCF und .32-20 WCF, später kam noch die .25-20 und die .218 Bee Kleinwildpatrone dazu. Von der Winchester 92 und ihren späteren Varianten Mod 53 und Mod 65 wurden 1 001 324 Stück hergestellt, die letzte 1932.
Modell 94
Das Modell 1894 hatte das gleiche Verschlussprinzip und war erkennbar am unten offenen Verschlussgehäuse und dem bei der Ladebewegung herausklappenden Führungshebel. Es verschoss zuerst Schwarzpulverpatronen .32-40 und .38-55, welche später auch rauchlos geladen wurden. Später kamen moderne .32 Spezial, die klassische .30-30 und für Kleinwild die .25-35, und die .219 Zipper Patrone dazu, alles rauchlose Mittelpatronen. Bis 1932 waren rund 1 Million Waffen hergestellt, 1964 war die Waffennummer 2 600 000 erreicht und Kopien aus Italien und Japan werden heute noch angeboten. Bekannt wurde die Waffe in der Jahrhundertwende durch ihre Verwendung im Goldrush in Alaska, wo sie auch bei klirrender Kälte immer funktionierte. Als einzige, klassische Winchester wurde die Winchester 94 nahezu unverändert - vor allem im jagdtauglichen Kaliber .30-30 - bis 2006 gebaut. Regelmäßig brachte Winchester hochwertig ausgestattete „Commemorative“ Modelle für Sammler heraus, die zumeist historischen Persönlichkeiten oder Ereignissen gewidmet waren: z.B. die Winchester 94 Bicentennial 1976 zum 200. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.
Modell 95
In allen diesen Waffen mit Röhrenmagazin konnten keine Spitzpatronen verschossen werden, die Gefahr von Magazinzündern war zu groß. 1895 legte die Winchester Repeating Arms Company schließlich ein Modell vor, auch eine Browning-Entwicklung, das ein Kastenmagazin hatte und somit auch moderne Spitzpatronen verschießen konnte. Das Modell 95 wurde als Großwildwaffe verwendet, aber auch in großer Zahl an die russische Armee verkauft, wo es die gleiche Patrone wie das Mosin Nagant Gewehr verschoss.
Winchester Selbstladegewehre
Das Modell 03
1903 brachte Winchester das erste Selbstladegewehr, das Modell 03 im Kaliber ’’.22 Automatic Winchester Rimfire’’ auf den Markt. Es handelte sich dabei um ein Gewehr mit einem unverriegelten Massenverschluss mit der Vorholfeder im Vorderschaft, die Ladebewegung erfolgte über einen vorne aus dem Vorderschaft herausragenden Ladestift. Das Röhrenmagazin im Kolben wurde durch eine seitlich angebrachte Öffnung gefüllt. Eine von hinten in den Kolben eingeführte Röhre mit einer Feder für den Patronennachschub verschloss zugleich die Ladeöffnung. Die Munition zu diesem Gewehr war eine speziell hergestellte .22er (.22 l.r.) Randfeuer-Patrone, die aufgrund ihrer Dimension nicht in anderen .22-Waffen verwendet werden konnte.
Da der Verkauf der Winchester 03 schlecht lief, führte 1933 Winchester eine gleich konstruierte Waffe, das Modell 63 für die weitverbreitete und stärkere Patrone 22LongRifle ein. Von 1903 bis 1936 wurden 122 000 der Winchester 03 hergestellt und das Modell 63 brachte es von 1933 bis 1943 auf 51 000 Exemplare.
Das Modell 05
Aus patentrechtlichen Gründen war es Winchester nicht möglich, rasch eine Selbstladebüchse verriegelten Verschluss für stärkere Munition auf den Markt zu bringen. Das System mit Massenverschluss wurde deshalb weiterverfolgt, allerdings musste die Verschlussmasse wesentlich vergrössert werden, um ein einwandfreies Funktionieren der Waffe zu gewährleisten. Thomas C. Johnson, der schon das Modell 03 entwickelt hatte, brachte deshalb im hohlen Vorderschaft eine zusätzliche Verschlussmasse an. Das Kastenmagazin vor dem Abzugbügel fasste 5 Patronen im Kaliber .32 SL (Self Loading) oder .35 SL. Vom Modell 05 wurden bis 1923 etwas über 31 000 Stück hergestellt.
Beide Patronen waren zur Jagd zu schwach. Bereits nach 2 Jahren kam deshalb das Modell 07 auf den Markt, das eine wesentlich stärkere Munition im Kaliber .351 SL verschoss; 1910 folgte noch das Modell 10 im Kaliber .401 SL. Die Patronen all dieser Selbstladegewehre hatten zylindrische dickwandige Hülsen um beim Rücklauf des Verschlusses Gasaustritte zu verhindern. Die Modelle 07 und 10 wurden auch bei Polizeieinheiten und in Gefängnissen eingesetzt und hatten dort 10-Schuss Magazine. Bis 1943 wurden vom Modell 07 49 000 Stück hergestellt, das Modell 10 brachte es bis 1936 auf etwa 20 000 Waffen.
Andere Modelle
Die Zusammenarbeit mit John Moses Browning fing 1885 an, nachdem er der Firma Winchester ein einschüssiges Gewehr mit Fallblockverschluss und untenliegenden Ladehebel angeboten hatte, welches als High-Wall und Low-Wall Mod. 1885 fabriziert wurde.
Auch die Konstruktion der Vorderschaft-Repetierflinte (die Pump-Action Flinte oder Pump-Gun) geht auf Winchester und Browning zurück. Die Winchester 1897 wurde ein beachtlicher kommerzieller Erfolg und von der U.S. Army noch in den Weltkriegen in den Schützengräben als sogenannte Trench-Gun zum Nahkampf eingesetzt. In beiden Weltkriegen baute Winchester im Regierungsauftrag auch große Mengen von Fremdkonstruktionen für das Militär und etablierte darüber hinaus eine bedeutende Munitionsfertigung.
Weitgehend unbekannt ist das Winchester Modell 1887, welches ebenfalls Schrotpatronen im Kaliber 12/70 verschießt, jedoch ein Unterhebelverschlusssystem benutzt. Dieses System wurde von auch Moses Browning konstruiert, konnte sich aber nie besonders durchsetzen. Später folgte noch ein Modell 1902 im Kaliber 10. Bekannt wurde die Winchester 1887 durch die Verwendung im Film "Terminator 2", wo Arnold Schwarzenegger ein verkürztes und modifiziertes Modell "schwingt".
Heute produziert die Firma Winchester vor allem hochwertige Jagdgewehre (Repetierbüchsen und Flinten) in allen gängigen Konfigurationen und Kalibern. Daneben vertreibt Winchester Munition für Jagd und Sport, Fan-Artikel und vielfältige Accessoires für Jäger und Sportschützen. Zahlreiche andere Firmen kopieren heute klassische Winchester-Modelle (einschließlich der Henry und der berühmten Winchester 73) für Liebhaber und zum sportlichen Schießen.
Siehe auch
Sonstiges
Das berühmteste Winchester-Modell der Geschichte war die Winchester 73. In dem gleichnamigen Western Winchester '73 mit dem Schauspieler James Stewart wird die Geschichte eines dieser Gewehre erzählt.
Weblinks
- Winchester Rifles & Shotguns
- [1]
- Henry repeating rifle US Patent no. 30,446 & other resources
- Winchester Model 1866 US Patent no. 55,012 - 57,808 & other resources
- Winchester Model 1885 US Patent no. 220,271 & other resources
- Winchester Model 1886 US Patent no. 306,577 & other resources
- Winchester Model 1887 US Patent no. 336,287 & other resources
- Winchester Model 1890 US Patent no. 385,238 & other resources
- Winchester Model 1894 US Patent no. 524,702 & other resources
- Winchester Model 1895 US Patent no. 549,345 & other resources