Tibet

Region in Zentralasien
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bod rang skyong lyongs
西藏自治区 (Xīzàng Zìzhìqū)
Abkürzung: 藏 zàng
Hauptstadt Lhasa
Fläche
 - Gesamt
 - % Wasser
2. Stelle
1.200.000 km²
xx%
Bevölkerung


 - Gesamt (2001)
 - Dichte

32. Stelle


2.630.000
2,2 Einwohner pro km²

Verwaltungstyp Autonome Region
Datei:China provinzen xizang.png

Tibet ist ein ausgedehntes Hochland in Zentralasien. Die Bezeichnung Tibet wird heute sowohl für das historische und unabhängige Tibet, als auch für das Verwaltungsgebiet der Volksrepublik China, offiziell "Autonome Region Tibet (ART)" (tibetisch: bod rang skyong lbyongs, chinesisch: 西藏自治区 Xīzàng zìzhìqū), verwendet. Im offiziellen chinesischen Sprachgebrauch steht der Begriff Tibet immer für die Autonome Region Tibet. Die Zugehörigkeit Tibets zur Volksrepublik China ist jedoch umstritten (siehe dazu: Politik / Aktuelle Lage).


Geographie

Die Tibetische Hochebene, die einen großen Teil des Himalaya-Gebirges umfasst und auf einer durchschnittlichen Höhe von 4000 Metern liegt, wird häufig als Dach der Welt bezeichnet und gilt als die höchstgelegende Region der Welt. Umschlossen wird Tibet von den Gebirgen des Himalaya im Süden, dem Karakorum im Westen und dem Kunlun Shan im Norden. Tibet grenzt an die indischen Bundesstaaten Jammu und Kaschmir, Himachal Pradesh, Uttaranchal, Sikkim und Assam (von Westen nach Osten), sowie an die Länder Nepal, Bhutan und Myanmar (Birma), mit einer Gesamtlänge der Grenze zu diesen drei Ländern von knapp 4000 km.

Das traditionelle Tibet erstreckt sich über eine Fläche von 2,5 Millionen km², und ist unterteilt in die drei Provinzen:

Datei:Tibet.png
Autonome Region Tibet (ART)
  • Amdo (Nordosten)
  • Kham (Südosten)
  • U-Tsang (West- und Zentraltibet)


Die Autonome Region Tibet bezeichnet ein Gebiet von 1,22 Millionen km². Sie umfasst nur die Provinz U-Tsang und den westlichen Teil der Provinz Kham. Der Großteil von Kham und die Provinz Amdo wurden den chinesischen Provinzen Sichuan, Yunnan, Qinghai und Gansu zugeteilt und zählen somit nicht zum Begriff der ART.

Bevölkerung

Nach Schätzungen der tibetischen Exilregierung leben im ursprünglichen Tibet heute 6 Millionen Tibeter und ca. 7,5 Millionen Chinesen. Durch die verstärkte Ansiedlungspolitik der Volksrepublik China nimmt die Zahl der nicht-tibetischen Einwanderer besonders in urbanen Gebieten stark zu. Insgesamt 131.000 Tibeter leben außerhalb von Tibet, davon 100.000 in Indien, 25.000 in Nepal, 2.000 in Bhutan, 2.000 in der Schweiz, 600 in Kanada und 150 in den USA.

Laut der 5. chinesischen Volkszählung im Jahr 2000 leben 2,61 Millionen Menschen in der Autonomen Region Tibet. Den größten Teil der Bevölkerung bilden die Tibeter mit 92,2%, den restlichen Anteil bilden Han-Chinesen (5,9%) und Angehörige anderer nationaler Minderheiten (1,9%). (Diese Zahlen sind allerdings sehr umstritten.) Im Stadtgebiet Lhasa leben ca. 130.000 Menschen, in Xigazê 120.000, Qamdo 25.000 und Nyingchi 16.000.

Kultur

 
Statue am Eingang des Potala-Palastes

Tibet ist das Zentrum des Tibetischen Buddhismus, der als Vajrayana oder Lamaismus bekannt ist. Sein weltliches Oberhaupt ist der Dalai Lama, der zugleich das geistige Oberhaupt einer der Vajrayana-Schulen (Gelug) ist. Die vorbuddhistische tibetische Religion ist der Bön, die von buddhistischen Einflüssen stark durchdrungen ist – ebenso wie der tibetische Buddhismus wiederum vom Bön beeinflusst wurde.

Chinesisch hat die Tibetische Sprache als Amtssprache ersetzt. Die tibetische Schrift gehört zu den nordindischen Silbenschriften.

Politik / Aktuelle Lage

Im Standpunkt der Volksrepublik China ist Tibet ein untrennbarer Teil Chinas. Der Anspruch auf Tibet beruht auf historischen Zusammenhängen, nach denen Tibet seit mehr als 700 Jahren fester Bestandteil des chinesischen Territoriums ist.

Die tibetische Exilregierung vertritt die Auffassung, dass Tibet zum Zeitpunkt der Invasion durch die Volksbefreiungsarmee ein unabhängiger Staat war und die militärische Invasion sowie die andauernde Besetzung ein Verstoß gegen internationales Recht und das Recht auf Selbstbestimmung darstellt. Auch sei Tibet nicht, wie die Volksrepublik darstellt, seit 700 Jahren fester Bestandteil Chinas. Tibet stand nur für kurze Zeiten unter dem Einfluss der Mongolen oder der Mandschus, jedoch nie unter Einfluss der Han-Chinesen.


Am 21. September 1987 machte der Dalai Lama einen Vorschlag zur Annäherung in Form eines Fünf-Punkte-Friedensplans.

  1. Umwandlung von ganz Tibet, einschließlich der östlichen Provinzen Kham und Amdo, in eine Zone der Gewaltlosigkeit
  2. Aufgabe der chinesischen Politik der Bevölkerungsumsiedlungen
  3. Achtung der grundlegenden Menschenrechte und demokratischen Freiheiten des tibetischen Volkes
  4. Wiederherstellung und Schutz der Umwelt Tibets
  5. Aufnahme ernsthafter Verhandlungen über den künftigen Status Tibets sowie Beziehungen zwischen dem tibetischen und dem chinesischen Volk

Die chinesische Regierung wies den Plan am 17. Oktober 1987 zurück und beschuldigte den Dalai Lama die Kluft zwischen ihm und der chinesischen Regierung zu vergrößern. Sie wirft ihm weiterhin vor ein politischer Exilant zu sein, der sich seit langem im Ausland um Chinas Spaltung bemüht. Ein Dialog mit dem Dalai Lama kommt für sie nur in Betracht, sobald dieser auf das Streben nach einer sogenannten Unabhängigkeit Tibets verzichtet. Hierzu müsse er in einer öffentlichen und eindeutigen Erklärung Tibet und Taiwan als untrennbare Teile des chinesischen Territoriums und die Volksrepublik China als die einzige legitime Regierung anerkennen, sowie sich zur Einstellung aller Aktivitäten zur Spaltung des Vaterlandes verpflichten.

Datei:TibetFlaggeGross.png
Flagge der tibetischen Exilregierung und Tibets vor der chinesischen Okkupation (Details). Diese Flagge ist in der Volksrepublik China verboten

Der völkerrechtliche Status Tibets ist ebenfalls umstritten. So betrachtet auf politischer Ebene die deutsche Bundesregierung in Übereinstimmung mit der gesamten Staatengemeinschaft Tibet als Teil des chinesischen Staatsverbandes, selbst wenn Tibet in der wechselvollen Geschichte die Voraussetzung eines unabhängigen Staates erfüllt haben sollte. Sie unterstützt aber den tibetischen Anspruch auf Autonomie, insbesondere im kulturellen und religiösen Bereich, als adäquaten Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des tibetischen Volkes. Weiterhin wird die Exilregierung Tibets nicht anerkannt, Kontakte zum Dalai Lama bestehen nur in dessen Eigenschaft als religiöser Führer.

Andere Stellen kommen zu anderen Ergebnissen in der völkerrechtlichen Frage. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte 1987 fest: Die Staatengemeinschaft geht zwar davon aus, daß Tibet Teil des chinesischen Staatsverbandes ist, doch wurde der Status Tibets nicht geklärt. Zum Zeitpunkt der gewaltsamen Einverleibung in den chinesischen Staatsverband war es ein eigenständiger Staat. China hat keinen wirksamen Gebietstitel erworben, weil es dem Grundprinzip des aus dem Gewaltverbot hervorgehenden Annexionsverbot entgegensteht. Die Effektivität tatsächlicher Herrschaftsgewalt über ein Gebiet vermag keinen Gebietserwerb zu bewirken. (Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Fachbereich II, Nr. WF II – 163/87 vom 12.08.1987)

In einer Resolution vom 15.12.1992 stellte das Europäische Parlament fest, dass das tibetische Volk ein Volk im Sinne des Völkerrechts ist und ihm das Recht auf Selbstbestimmung zustehe. Weiterhin verurteilte es die militärische Inbesitznahme Tibets durch chinesische Truppen.

Der US-Senat verabschiedete am 23.05.1991 eine Resolution, nach der Tibet, einschließlich derjenigen Regionen, die den chinesischen Provinzen einverleibt wurden, nach gängigen Richtlinien internationalen Rechtes ein besetztes Land bildet, dessen wahre Repräsentanten der Dalai Lama und die tibetische Exilregierung bilden.

Geschichte

  • 617-649: Kaiser Songtsen Gampo festigt die erste geschichtlich nachweisbare Monarchie in Tibet. Reichserweiterung nach Westen (Guge), Nepal und Nordosten (bis zum Kokonor-See). Zeitweilige Ausdehnung auch bis Chinesisch-Turkestan und auf die heutigen chinesischen Provinzen Gansu und Sichuan.
  • 634-649: Kriegerische Auseinandersetzungen mit China. Durch die Heirat von Kaiser Songtsen Gampo mit der chinesischen Prinzessin Wencheng und eine Tributpflicht Chinas an Tibet werden diese beigelegt.
  • 747: Der legendäre Inder Padmasambhava führt den Buddhismus in seiner tantrischen Form in Tibet ein. Er errichtet in Samye das erste buddhistische Kloster. Rasche Verbreitung der buddhistischen Lehre (Schule der Nyingmapa).
  • 763: Die Tibeter erobern vorübergehend die chinesische Hauptstadt Chang’an (heute: Xi’an). Der chin. Kaiser wollte der Tributpflicht nicht weiter nachkommen.
  • 836-842: Buddhistenverfolgung unter König Langdarma und Wiederaufleben der alten schamanistischen Bön-Religion. Verfall des Königtums.
  • 8./9. Jh.: Wiederbelebung des Buddhismus.
  • um 1050: Dom-Tön (1008-1064) gründet die Schule der Kadampa. Ihr Sitz ist das 1056 nördlich von Lhasa gegründete Kloster Reting.
  • um 1060: Entstehung der Schule der Kagyüpa.
  • 1073: Gründung des Klosters von Sakya in Shigatse. Die Sakyapa wächst zur bedeutendsten buddhistischen Schule ihrer Zeit heran.
  • 1185: Entstehung der Schule der Karma Kagyüpa.
  • 1280-1367: Unter der Herrschaft der mongolischen Yüan-Dynastie werden die zahlreichen Kleinstaaten Tibets reorganisiert. Kublai Khan, mongolischer Großfürst und Kaiser Chinas, verleiht den Äbten der Sakya-Klöster die Lehnsherrschaft über Tibet (Vizekönigtum). Mit dem Zusammenbruch der Yüan endet die Vorherrschaft der Sakya. Tibet wird eigenständige Monarchie.
  • 1400-1600: Hochblüte der tibetischen Klosterkultur.
  • 1409: Tsongkhapa (1357-1419) gründet das Kloster Ganden (östlich von Lhasa) und die Schule der Gelugpa (»Tugendschule«; auch »Gelbmützen« genannt), die sich bald zum wichtigsten religiösen und politischen Faktor entwickelt.
  • 1447: Errichtung des Klosters Tashilhünpo bei Shigatse, späterer Sitz des Panchen Lama.
  • 1578: Sönam Gyatso, der dritte Großabt der Gelugpa, erhält vom mongolischen Herrscher Altan Khan den Titel »Dalai Lama« (»Großer Ozean«) verliehen. Die Mongolen nehmen die buddhistische Lehre an.
  • um 1630: Löbsang Gyatso (1617-1682), der V. Dalai Lama, schafft in Tibet einen hierokratischen »Kirchenstaat«, setzt die Vorherrschaft der Gelugpa durch und errichtet den mächtigen Potala-Palast in Lhasa, der neuen Hauptstadt Tibets.
  • 1642-1959: Tibet unter der Herrschaft der Dalai Lamas (ab 1950/51 unter chinesischer Besatzung).
  • 1650: Errichtung der Institution des Panchen Lama, die nach dem Dalai Lama zweithöchste geistliche Hierarchie der Gelugpa.
  • 1653: Der Dalai Lama besucht als unabhängiger Herrscher den Ch’ing-Hof (Qing) in China.
  • 1720: Die Chinesen beanspruchen in Tibet – unter Gewährung der inneren Autonomie – die formale Oberhoheit.
  • 1727: Die Chinesen bedienen sich des Panchen Lama als politisches Gegengewicht zum Dalai Lama.
  • 1774: Die Briten versuchen, von Indien aus die wirtschaftliche Öffnung Tibets.
  • seit 1792: Tibet riegelt sich gegen ausländische Einflüsse ab.
  • 19. Jh.: Reformpolitik des XIII. Dalai Lama.
  • 1903: Im Versuch, Tibet den Interessen Großbritanniens fügsam zu machen, marschiert Oberst Francis Younghusband in Tibet ein.
  • 1904: Im Vertrag von Lhasa, der durch ein Zusatzabkommen von 1907 auch für China verbindlich wird, legt Großbritannien die tibetischen Grenzen fest und beansprucht Handelsprivilegien.
  • 1911: Nach dem Sturz der Qing-Dynastie in China werden die in Tibet stationierten chinesischen Garnisonen geräumt.
  • 1912 (Februar): Ausrufung der Chinesischen Republik. Tibet wird zur Provinz Chinas erklärt, doch bleibt das Land bis 1950 de facto unabhängig.
  • 1914 (3.7.): Britisch-Tibetisch-Chinesisches Abkommen von Simla, dessen Ratifizierung von China verweigert wird. China beansprucht weiterhin seine Oberhoheit über Tibet, während die Briten auf alle Gebietsansprüche verzichten.
  • 1939 (Juli): Tenzin Gyatso (geb. 6.7.1935) wird von der tibetischen Regierung offiziell als der XIV. Dalai Lama bestätigt.
  • 1940 (22.2.): Tenzin Gyatso wird als der XIV. Dalai Lama im Alter von 4½ Jahren inthronisiert. Erziehung und Ausbildung im Potala-Palast in Lhasa.
  • 1949 (1.10.): Proklamation der Volksrepublik China. Die chinesische Volksbefreiungsarmee besetzt große Teile der tibetischen Provinz Amdo.
  • 1950 (17.11.): Angesichts der chinesischen Bedrohung übernimmt der 16-jährige Dalai Lama vorzeitig die Regierungsgeschäfte.
  • 1951 (23.5.): Die Tibeter unterzeichnen unter Zwang ein »17-Punkte-Abkommen« mit der Volksrepublik China, das Tibet Autonomie und freie Religionsausübung zusichert. In Tibet werden zunehmend chinesische Zivil- und Militärbehörden eingesetzt. Das Land wird in drei Regionen eingeteilt.
  • 1954: Der Dalai führt in Peking Gespräche mit Mao Zedong (Mao Tse-tung) über eine friedliche Beilegung des Tibet-Konflikts. Die Mission endet ohne Ergebnisse.
  • 1959 (10.3.): Die chinesische Besetzung Tibets provoziert einen Volksaufstand, der blutig niedergeschlagen wird. Flucht des XIV. Dalai Lama nach Indien, wo er in Dharamsala (Himajal Pradesh) eine Exilregierung bildet. Dem Dalai Lama folgen Zehntausende Tibeter ins Exil.
  • seit 1960: Die sozialistische Gesellschaftsordnung Chinas wird auch in Tibet durchgesetzt.
  • 1962: Der X. Panchen Lama kritisiert nach einer Inspektionsreise durch Tibet die Misswirtschaft und die destruktive Politik der Volksrepublik China.
  • 1963 (10.3.): Der XIV. Dalai Lama verkündet im indischen Exil eine demokratische Verfassung für Tibet.
  • 1965 (9.9.): Gründung der »Autonomen Region Tibet«. Die Hälfte des ursprünglichen Staatsgebietes (Amdo und Kham) wird chinesischen Provinzen angegliedert.
  • 1966-1976: Während der chinesischen »Kulturrevolution« werden die meisten Kulturdenkmäler und religiösen Zentren (Klöster, Schulen, Bibliotheken usw.) Tibets zerstört, Mönche und Regimegegner verfolgt, gefoltert und hingerichtet. Nach Schätzungen beläuft sich die Zahl der tibetischen Opfer auf über 1 Million Menschen.
  • ab 1978: Allmähliche Liberalisierung der chinesischen Religionspolitik.
  • 1989 (5.10.): Dem XIV. Dalai Lama wird der Friedensnobelpreis verliehen.
  • 1992 (22.9.): Die chinesische Regierung veröffentlicht ein Weißbuch zu Tibet, in dem das Land als untrennbarer Teil Chinas bezeichnet wird.
  • 1995 (15.5.): Der XIV. Dalai Lama erkennt Gedhun Choekyi Nyima als Reinkarnation des X. Panchen Lama (gest. 1989) an. Die Chinesen reagieren darauf mit der Installation Gyaltsen Norbus als XI. Panchen Lama (29.11.) und verschleppen Gedhun Choekyi Nyima und seine Familie an einen unbekannten Ort.

Siehe auch