Alter Schlachthof (Frankenthal)

Gebäudeensemble in der pfälzischen Stadt Frankenthal (Rheinland-Pfalz)
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Der unter Denkmalschutz[1] stehende Schlachthof in der rheinland-pfälzischen Stadt Frankenthal gehört aufgrund seines Alters und seiner Größe mit den großzügigen kubischen Putzbauten zu den bedeutendsten Gebäudeensembles der Stadt. Die Anlage befindet sich nordöstlich außerhalb des historischen Stadtkerns an der Mörscher Straße, die zum gleichnamigen Stadtteil führt.

Ehemaliges Verwaltungsgebäude im April 2007

Geschichte

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Der Schlachthof wurde 1888 als städtische Einrichtung eingeweiht.[2] Die Stadtverwaltung geht jedoch davon aus, dass die ersten Gebäude schon im frühen 19. Jahrhundert erbaut wurden. Aufgabe des Schlachthofes war es, für die Metzgereien der Stadt die zum Genuss durch Menschen bestimmten Tiere zu schlachten. Zudem fanden die im Rahmen der staatlichen Gesetze vorgeschriebenen Fleischuntersuchungen statt, wodurch die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen und die Verbreitung von Tierseuchen durch infektiöses Fleisch verhindert werden sollte.

Nachdem um 1900 ein neues Verwaltungsgebäude errichtet worden war, wurde das Gelände 1927 erweitert und in den Jahren 1938/39 die Schlachthofanlage erheblich ausgebaut und modernisiert. So wurden auf dem Gelände Dienstwohnungen für dort beschäftigte städtische Beamte gebaut. Ferner wurde eine Kälberschlachthalle eingerichtet und eine Schweineschlachthalle neu gebaut. Das ebenfalls neue Kühl- und Gefrierhaus wies eine Lagerfläche von 544 m² auf, sein Boden konnte mit einer Tonne pro 544 m² belastet werden. Die Temperatur des Kühlhauses wurde ganzjährig zwischen minus 15 und minus 20° C gehalten.

Die Neu- und Ausbaukosten beliefen sich auf 575.000 RM. Außer einem Darlehen von 365.000 RM, das einen Schuldendienst von 20.075 RM verursachte, waren keine Bauschulden vorhanden; denn der ursprünglich kalkulierte Fehlbetrag konnte bereits 1939 beim Abschluss der Erweiterung aus Betriebsüberschüssen und einem Reichszuschuss gedeckt werden. Trotz erhöhter Ausgaben infolge des vergrößerten Betriebes wurden die Schlachthofgebühren beibehalten, obwohl sie schon vorher zu den niedrigsten in der Pfalz zählten und bis zum Jahr 1937 keinerlei Rücklagen gebildet worden waren.

Als Kantine diente dem Schlachthof die Gemeinschaftsküche des nahegelegenen Feierabendhauses.

Die Schlachthofanlage wurde nicht nur von den Metzgern der Stadt genutzt, sondern bediente zeitweise auch etliche Dörfer des Umlandes. Sie war so groß ausgelegt, dass sie ohne weitere Baumaßnahmen auch die doppelte Bevölkerungszahl hätte mit Fleisch versorgen können. In den Zeiten der höchsten Auslastung wurden jährlich bis zu 14.000 Tiere geschlachtet. Dass der Schlachthof als Reichsdepot beträchtliche Mengen Fleisch für den Gau Westmark vorrätig halten konnte, erwies es sich gerade in der Zeit des Zweiten Weltkriegs als vorteilhaft. Damals wurden im Schlachthofbetrieb auch Kriegsgefangene beschäftigt. Von Kriegsschäden blieb das Gelände weitgehend verschont, sogar während der verheerenden Bombardierung Frankenthals am 23. September 1943, als die Innenstadt zu 90 % zerstört wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Im März 1950 wurden anstehende Investitionen zurückgestellt. Weil viele Landmetzgereien nicht mehr im Schlachthof, sondern in ihrem Wohnort schlachteten, waren die Schlachtziffern beim Großvieh zurückgegangen. Waren im August 1949 noch 134 Stück Großvieh geschlachtet worden, so wies der Schlachthof im Januar und Februar 1950 nur noch einen monatlichen Schnitt von 70 Stück auf. Zu dieser Entwicklung dürfte auch der für damalige Verhältnisse hohe Rindfleischpreis beigetragen haben. Um den Rückgang zu kompensieren, wurden monatelang durchschnittlich 35 bis 40 Pferde geschlachtet.

Am 9. Oktober 1960 wurden die Bewohner der Stadt zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. In diesem Jahr hatte der Schlachthof einen Etat von etwa 300.000 DM. Der monatliche Schlachtungsdurchschnitt betrug 1000 Schweine, 130 Stück Großvieh und 60 Kälber. Trotz der Rückgänge wurden 1960 noch einmal Investitionen getätigt: Die Schlachthallen wurden mit einer Entnebelungs- und Klimaanlage ausgerüstet, die alte Heißwasserbereitungsanlage durch eine neue ersetzt und ein Transformatorenhaus zwecks Umstellung von 110 auf 220 V gebaut. Schlagzeilen in der Presse machte im Januar 1962 eine Münsterländer Herdbuchkuh mit einem Rekordgewicht von 1010 kg, die ein Metzger aus Mannheim auf dem Schlachthof in Frankenthal kaufte.[3]

Schließung

Bereits im August 1965 wurde angekündigt, dass der Schlachthof 1973 geschlossen werde. Ursächlich waren Nachwuchsschwierigkeiten, der ab 1973 anstehende Abbau der Ausgleichsabgabe und den zunehmenden Personalaufwand des Schlachthofs durch den sogenannten Totversand. So bezeichneten Fachkreise den Umstand, dass Fleischereibetriebe eigenes Personal abbauten und sich von den Schlachthöfen bereits bedarfsgerecht zerlegte Tiere anliefern ließen[4]. Die Empfehlung zur Schließung des Schlachthofes in Frankenthal sprach das rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerium aus. Die Tätigkeiten und das Personal sollten vom Schlachthof in Ludwigshafen übernommen werden. Dagegen wehrten sich die Frankenthaler Metzger, weil sie befürchteten, dass ihre Ware dann nicht mehr so frisch wie bisher in die Theke kommen werde und es zu Kapazitätsschwierigkeiten im ohnehin schon fast ausgelasteten Schlachthof in Ludwigshafen kommen würde. Die Proteste blieben jedoch vergeblich.[5]

Nach dem Auszug der Schlachter 1972 nutzten das städtische Betriebsamt und die Freiwillige Feuerwehr das Gelände.

Heutige Nutzung

Im Sommer 2001 entschied der Stadtrat das Gelände für die Frankenthaler Katastrophenschutz- und Rettungsdienstverbände herzurichten. Mit Zuschüssen der Landesregierung in Höhe von 3,5 Millionen € wurden in den Folgejahren fast alle ehemaligen Schlachthofgebäude saniert, nur einige Garagen und ein kleines Nebengebäude abgerissen.[6] [7]

Zuerst bezog der ASB das ehemalige Direktorengebäude. Danach wurde der DAV auf dem Gelände in einem neu erbauten Kletterzentrum angesiedelt. Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Schlachthofes und die Lagerhalle mit den gusseisernen Säulen sind seit 2004 die Unterkunft der Malteser. Für die DLRG wurde in einem Nebengebäude eine 400 m² große Nutzfläche wieder hergerichtet, das DRK nutzt den 370 m² großen ehemaligen Schweinestall. Zuletzt folgte der Einzug der Frankenthaler Tafel, die in den ehemaligen Büro- und Lagerräumen des Kühlhauses untergebracht wurde. Daneben dient das ehemalige Kühlhaus dem Erkenbert-Museum als Lager.[8]

Einzelnachweise

  1. Rheinland-Pfalz: Verzeichnis der Kulturdenkmäler Frankenthal, Mainz 11. Februar 2009
  2. Die Rheinpfalz, Frankenthaler Zeitung, 7. Juli 2008
  3. Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthal 22. Januar 1962
  4. Pfälzische Häuteverwertung: 75 Jahre im Dienst der Fleischer, Ludwigshafen 2000
  5. Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthal, 5. August 1965
  6. Informationstafel am Gelände (während der Baumaßnahmen)
  7. Die Rheinpfalz, Frankenthaler Zeitung, 22. Januar 2007
  8. Wochenblatt Frankenthal, 24. Januar 2007

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Koordinaten: 49° 32′ 28″ N, 8° 21′ 41″ O