Invasion in der Schweinebucht
Die Invasion in der Schweinebucht war ein militärischer Angriff der USA auf Kuba. Sie wurde am 17. April 1961 mit Unterstützung der CIA von Exilkubanern durchgeführt als Maßnahme gegen das Revolutionsregime unter Fidel Castro. Die Invasion markierte einen ersten Höhepunkt der anti-kubanischen Aktionen der USA.

Im Weltsicherheitsrat kam es zu Debatten um die Rechtmäßigkeit des Angriffs. Kuba scheiterte jedoch mit seinem Antrag, die USA als Aggressor zu verurteilen, am Vetorecht der Vereinigten Staaten.
Die gescheiterte Invasion war nicht nur ein militärisches, sondern vor allem ein politisches Debakel für die Vereinigten Staaten. Neben scharfer Kritik im In- und Ausland und dem verlorenen Vertrauen in die nur 90 Tage alte Regierung unter John F. Kennedy führte sie zur Stärkung Castros und der kubanischen Revolution. Berechtigte Befürchtungen eines zweiten Invasionsversuches sorgten letztendlich auch für die zunehmende Annäherung Kubas an die Sowjetunion bis zur Eskalation in der Kuba-Krise 1962.
Geschichte der Schweinebuchtinvasion
Die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba
Kubas Politik und Wirtschaft wurde bis zur kubanischen Revolution stark von den USA beeinflusst. Nach dem Sturz Fulgencio Batistas ging die Regierung der USA davon aus, dass es sich bei der revolutinären Bewegung auf Kuba um eine der zahlreichen Versuche in Lateinamerika handelte, mit sozialer Demagogie neue Herrschaftseliten an die Macht zu bringen (Caudillismo). Als 1960 dann tatsächlich tiefgreifende Reformen (Enteignung von Großgrundbesitz über 128 Hektar gegen finanzielle Entschädigung) durchgeführt wurden, die auch US-Firmen betrafen (United Fruit Company), glaubten die USA, durch gezielte Warnsignale deutlich machen zu können, dass Kuba völlig von ihnen abhängig sei, ein Standpunkt, der zwischen 1898 (Spanisch-Amerikanischer Krieg) und 1959 (Kubanische Revolution) zu den Standards der Beziehungen zwischen den USA und Kuba gehörte.
Wirtschaftliche Intervention der USA auf Kuba
Die erste tiefgreifende Maßnahme war die Sperrung der Öllieferungen nach Kuba. Da die gesamte Stromerzeugung Kubas auf Basis der Ölverbrennung erfolgte, hätte damit die Revolution schon eine Ende haben können. Die kubanische Revolutionsregierung schaute sich jedoch auf dem Weltmarkt um und fand schließlich die UdSSR als neuen Erdöllieferanten. Der nächste Schritt der USA bestand nun darin, die US-amerikanischen Erdölraffinerien auf Kuba anzuweisen, kein sowjetisches Erdöl zu verarbeiten. Da diese Raffinerien ihre Monopolstellung auf der Grundlage eines Vertrages erhalten hatten, der sie verpflichtete, jedwedes Erdöl zu verarbeiten, stellte die kubanische Regierung nun diese Raffinerien unter staatliche Zwangsverwaltung.
USA verlieren ihren Einfluss auf Kuba
Die kubanischen Revolutionäre der Anfangszeit entstammten zum allergrößten Teil einer mittelständischen, von Antikommunismus geprägten Bevölkerungsschicht und hätten ohne die Not des US-Handelsboykotts nie den Kontakt zu kommunistischen Regierungen gesucht.
Nachdem die US-Regierung alle Register der politischen Erpressung (Aussetzung der Zuckerquote, keine Ersatzteillieferungen etc.) bis hin zum totalen Handelsembargo gezogen hatte und zusehen musste, wie die Revolutionäre den Ost-West-Konflikt für sich ausnutzten, indem sie die Handelsbeziehungen zu den USA durch andere Partner ersetzen (Spanien, Länder des sozialistischen Lagers), blieb als einziges Machtmittel gegen Kuba die militärische Intervention.
Die militärische Option
In der Atmosphäre des Kalten Krieges war jedoch die Kanonenbootpolitik wie vor dem 2. Weltkrieg nicht mehr möglich, da internationaler Protest wegen "Einmischung in die Angelegenheiten eines fremden Staates" unabsehbare geopolitische Reaktionen insbesondere in der Dritten Welt hätte auslösen können. Am 17. Februar 1961 fragte Kennedy seine Berater, ob man "den Sturz Castros mit Waffenlieferungen in Verbindung" bringen könnte. "Könnte man nicht behaupten, das eigentliche Angriffsziel wären moderne Düsenbomber und Raketen, die Amerikas Sicherheit bedrohten?" (zit. nach B.Greiner. Kuba-Krise) Der Plan taugte jedoch nicht für das Jahr 1961, da Kuba zu diesem Zeitpunkt nur wenige sowjetische Waffen hatte, die kubanische Luftwaffe bestand aus ein paar umgebauten Sportflugzeugen.
Die einzig politisch international vertretbare Option bestand darin, dass eine kubanische Gegenregierung von kubanischem Territorium aus die USA um Unterstützung bat und damit den Weg für das US-Militär zur Landung auf Kuba ebnete.
Die Aufstellung einer Geheimarmee
Bestärkt durch die Erfolge der CIA 1953 in Iran (Operation Ajax) und 1954 in Guatemala (Operation Erfolg), bei denen mit minimalen Aufwand das herrschende Regime durch Geheimdienstoperationen gestürzt werden konnte, wurden ab 1960 in Guatemala Exilkubaner (später bekannt als Brigade 2506) zuerst in Sabotagetechniken ausgebildet und später auf eine groß angelegte Invasion mit US-Unterstützung (Operation Zapata) vorbereitet.
Der Invasionsplan
Einzige Aufgabe der exilkubanischen Gegenrevolutionäre, zu denen neben Söhnen von Großgrundbesitzern auch viele Agenten des Geheimdienstes von Ex-Diktator Fulgencio Batista gehörten, war es, einen provisorischen Flugzeug-Landeplatz auf Kuba so lange militärisch abzusichern bis die in Miami gebildete kubanische Exilregierung landen und per Funk die USA um miliärischen Unterstützung bitten konnte. Die Schweinebucht schien ein idealer Platz für dieses Unternehmen zu sein:
- sie befindet sich an der Küste des Sumpfgebietes Cienaga de Zapata, das einen natürlichen Schutz gegen militärische Aktionen der kubanischen Revolutionsarmee bot.
- sie liegt am Rande des Escambray-Gebirges, von dem aus Konterrevolutionäre noch bis Mitte der sechziger Jahre militärische Aktionen gegen die kubanische Regierung durchführten.
- sie war nur wenig bevölkert, so dass mit lokalem Widerstand nicht gerechnet werden konnte.
Der von der CIA ausgearbeitete Plan ging außerdem von Geheimdienstberichten aus, die von interessierter Seite kamen (Revolutionsgegner auf Kuba), die alle ihre Hoffnungen auf ein militärisches Eingreifen der USA richteten und deshalb fälschlicherweise eine breite antirevolutionären Stimmung auf Kuba darstellten. Auch die Kampfkraft der im Escambray operierenden Revolutionsgegner wurde maßlos übertrieben. Die CIA ihrerseits versuchte durch noch weiter zugespitzte Berichte den gerade erst zum Präsidenten gewählten Kennedy, der noch zögerte, von einem unfehlbaren Erfolg der Aktion zu überzeugen. Am 14. April schließlich stimmte Kennedy der Durchführung des CIA-Planes zu.
Der Ablauf der Invasion
Zur Vorbereitung der Invasion bombardierten am 15. April 1961 amerikanische B-26-Flugzeuge drei kubanische Flugplätze. Die Bomber waren mit kubanischen Markierungen versehen worden und sollten den Anschein einer Gegenrevolution erwecken.
Am 17. April landeten in der Schweinebucht etwa 1.500 Exilanten unter dem Kommando zweier CIA-Beamten und mit der Unterstützung der US-Navy.
Nach drei Tagen waren die Truppen aufgerieben. Kuba meldete über 1.000 Gefangene. In einer öffentlichen Verhandlung wurde ihnen der Prozess gemacht. In dem von Hans Magnus Enzensberger dramatisierten Verhör von Havanna traten viele der von Batistas Geheimpolizei Gefolterten auf und erkannten in Teilnehmern des Invasionunternehmens ihre Folterer. Die anderen Gefangenen wurden später mit den USA gegen dringend benötigte Medikamente und Nahrungsmittel getauscht.
Das Scheitern der Invasion
Die Invasion scheiterte, weil es den Exilkubanern nicht gelang, die für die Landung vorgesehene Piste lang genug zu halten, dass die "Exilregierung" aus Miami einfliegen und ihren "Hilferuf" per Funk absetzen konnte. Damit war die für Kennedy politisch unverzichtbare Voraussetzung für ein Eingreifen der bereitstehenden US-Marineeinheiten nicht gegeben. Die Operation wurde auf Befehl von Präsident Kennedy abgebrochen. Der Gründe für die militärische Niederlage der Exilkubaner:
- der Invasionplan konnte nicht geheim gehalten werden, da viele Teilnehmer sich im "vertrauten Kreise" der Lokale von Miami ihrer künftigen Teilnahme rühmten.
- auch durch die ständigen Sabotageakte und auf kubanisches Territorium eindringende Flugzeuge aus den USA wurde die kubanische Revolutionsregierung auf eine bevorstehende Invasion hingewiesen.
- die Bevölkerung der Cienaga de Zapata bestand zum größten Teil aus der ärmsten Bevölkerungsgruppe Kuba, den Köhlern. Sie gehörten zu den ersten Nutznießern der Revolution (Bau von Schulen, medizinischer Versorgung, Anbindung an die Infrastruktur des Landes) und widersetzten sich als erste mit der Waffe den gelandeten Truppen. Das gab den Revolutionsstreitkräften die nötige Atempause zur Restrukturierung ihrer taktischen und strategischen Reserven.
- die kubanische Revolutionsarmee hatte gerade einen dreijährigen Guerillakrieg hinter sich und bestand aus hoch motivierten Kämpfern.
Diskussion in den USA über den Fehlschlag
Auch heute noch werfen Angehörige gefallener und gefangener Exilkubaner den US-Geheimdiensten und Militärs mangelhafte Unterstützung vor. In den USA existieren heute im wesentlichen zwei Ansichten über die Frage, wer den Fehlschlag der Aprilinvasion zu verantworten hat. Auf der einen Seite stehen die CIA und die Mitglieder der Exilanten-Brigade, die in Kennedy den allein Schuldigen sehen, da dieser Luftunterstützung und ein offenes Eingreifen von Marinetruppen verweigert hatte. Auf der anderen Seite stehen CIA-kritische Stimmen, die dem Geheimdienst vorwerfen, Kennedy falsch beraten und das ganze Unternehmen schlecht geplant zu haben oder sogar Kennedy
Historisch gesichert ist, dass Kennedy sich vom CIA hintergangen fühlte (bewusst falsche Darstellung der Stimmung auf Kuba) und es Pläne gab, der CIA durch Stärkung der NSA (National Security Agency) ihren bis dahin unangefochtenen Einfluss auf die US-amerikanische Politik zu nehmen.
Der bis heute rätselhafte Mord an Kennedy wurde immer wieder mit dem seit der Schweinebucht-Invasion gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Kennedy und dem CIA in Verbindung gebracht, wofür es allerdings keinen Beweis gibt.
Langfristige Konsequenzen
Es folgte eine in erster Linie von lateinamerikanischen Ländern ausgehende Welle der Sympathie für Kuba. In Mexiko demonstrierten am 21. April 15.000 Menschen, sowie 8.000 in Montevideo. Fidel Castro feierte seinen Erfolg und sein Regime nutzte die Zeit danach zu Verhaftungen von einigen hundert Regimegegnern.
Des weiteren brach eine Diskussion über die Rolle von Geheimdiensten in der Außenpolitik aus. Die Verantwortlichkeiten im Kalten Krieg verschoben sich im folgenden zunehmend zum Verteidigungsministerium.
Umfassende Kritik an der CIA übte Generalinspekteur Layman Kirkpatrick 1961 in seiner CIA-internen Untersuchung unter anderem am Selbstbild der CIA, ihrer Organisationsstruktur und der konkreten Durchführung des Unternehmens. Als personelle Folgen wurden der CIA-Direktor Allen Welsh Dulles, der Deputy Director Charles P. Cabell und Deputy Direktor Richard Bissell entlassen.
Die Kubakrise, welche die Welt an den Rand des Dritten Weltkrieges bringen sollte, wird heute auch als ein Versuch der Kennedy-Regierung interpretiert, ihr verlorenes Ansehen auf dem selben Schlachtfeld Kuba wiederzugewinnen. Sicher ist, dass der bis zur Kuba-Krise von der US-amerikanischen Öffentlichkeit als eher schwach eingeschätzte Kennedy erst mit und nach der Krise den Ruf erlangte, der ihn heute noch zur legendären Figur macht.
Randnotiz: Meyer Lansky, der berüchtigte "Pate der Paten" der US-amerikanischen Cosa Nostra, wartete mit einigen Getreuen und einem Schnellboot auf Key West den erwarteten Erfolg der Schweinebucht-Invasion ab. Schließlich hoffte er, seine durch die kubanische Revolution enteigneten Spielkasinos und Hotels (darunter das legendäre "Hotel Nacional") wieder zu bekommen.
Literatur
- Bernd Greiner. Kuba-Krise. Hamburg 1988 (Auswertung der Tonbandprotokolle der geheimen US-Präsidentenberatungen) ISBN 3-89190-956-X
- Blight, James G. / Kornbluh, Peter (Hrsg.) 1998: Politics of Illusion: The Bay of Pigs Invasion Reexamined; Lynne Rienner
- Kornbluh, Peter (Hrsg.) 1998: Bay of Pigs Declassified: The Secret CIA Report on the Invasion of Cuba; New York, New Press
- Wyden, Peter 1979: Bay of Pigs; London, Cape
Weblinks
- [1] The National Security Archive - Cuba Documentation Project
Siehe auch: Geschichte Kubas, Liste von Kriegen, Liste von Schlachten