August Thalheimer

deutscher kommunistischer Politiker und Theoretiker
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August Thalheimer (1884 - 1948) war ein deutscher marxistischer Politiker und Theoretiker. Geboren als Kind einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Affaltrach in Württemberg nahm er ein Studium der Sprachwissenschaft und der Ethnologie auf und trat kurz darauf in die SPD ein. Nach seiner Promotion übernahm er die Redaktion in zwei sozialdemokratischen Zeitungen. Nach Kriegsausbruch 1914 schloss er sich dem Kreis um die SPD-Linken Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg an, denen er in den Spartakusbund und in die KPD folgte. Er entwarf das Parteiprogramm und gehörte bis 1923 der Partei-Zentrale an. Er geriet dort in Konflikt mit der „ultralinken“ Parteilinie und musste die folgenden Jahre in Moskau verbringen, wo er am Marx-Engels-Institut Philosophie lehrte. Gegen den Willen der Komintern kehrte er 1928 nach Deutschland zurück. Er lehnte von nun an eine Übertragung der Methoden Stalins auf die Komintern und auf Deutschland ab, wie sie die KPD unter Führung Ernst Thälmanns unkritisch propagierte, auch wenn er weiterhin orthodoxer Marxist blieb und die Sowjetunion als „sozialistischen Staat“ verteidigte. Thalheimer sammelte rechtskommunistische Abweichler in der sog. KP-Opposition (KP-O) um sich, eine Splittergruppe, die von der SPD als „KP-Null“ verhöhnt wurde und unbedeutend blieb. 1933 emigrierte er nach Frankreich, von wo ihm nach dem deutschen Einmarsch 1941 die Flucht nach Kuba gelang. Dort starb er 1948.

Bedeutung erlangte Thalheimer durch seine Interpretation des Faschismus, die er ab 1930 in mehreren Aufsätzen vorlegte. Thalheimer deutete den Faschismus abweichend von der orthodoxen KP-Interpretation und in Anlehnung an Marx´ Bonapartismustheorie nämlich als gerade nicht wesensidentisch mit dem Kapitalismus: Aufgrund eines Kräftegleichgewichts im Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat hätten die faschistischen Bewegungen in Deutschland und Italien mit ihrem Massenanhang aus deklassierten oder von der Deklassierung bedrohten Angehörigen aller Klassen in relativer Autonomie von der Bourgeoisie die politische Exekutive erobern können. Zwar vertrete er objektiv noch die Interessen der Bourgeoisie, insofern er sie mit terroristischen Mitteln gegen die vermeintlich heranstürmende Revolution verteidigte. Dennoch sei er politisch unabhängig von ihr gewonnen, sodass sich auch die Versuche der faschistischen Exekutive, zwischen den Klassen zu vermitteln, und sogar Übergriffe der Faschisten auch gegen Unternehmer erklären ließen. Der Marburger Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth gab in den sechziger Jahren Thalheimers Aufsätze neu heraus. Sie gaben den faschismustheoretischen Diskussionen der 68er-Bewegung wichtige Impulse.

Weblinks: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/thalheimer/