Dieser Artikel beschäftigt sich mit der natürlichen menschlichen Sprache. Für die Verwendung des Begriffes Sprache in der Mathematik und Informatik, siehe formale Sprache und Programmiersprache.
Sprache hat zwei eng mitverwandte Bedeutungen, die Sprache (ohne Plural) oder eine Sprache/Sprachen.
Die Sprache bezeichnet die Kommunikationsformen des Menschen. Die bewusste Kommunikation wird durch Lautsprache, Gebärdensprache und Schriftsprache vollzogen. Die unbewusste Kommunikation vollzieht sich beispielsweise durch Körpersprache. Die Wissenschaft von der Sprache heißt Linguistik, die Lehre zur Bedeutungsherkunft einzelner Wörter Etymologie.
Definition nach Edward Sapir (1921):
- "Sprache ist eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen." (zitiert nach John Lyons, 4. Auflage, 1992, S. 13)
Hierbei ist allerdings die rege Diskussion anzumerken, die Sprache nicht nur als Mittel zur Übermittlung von geistigen Vorgängen ansieht, sondern die Sprache auch an der Beschaffenheit eben dieser geistigen Konzepte (Wünsche, Gedanken) irgendwie konstitutiv beteiligt sieht. Solch geartete Diskussionen sind häufig eng mit dem Mediendiskurs verbunden.
Eine Sprache dagegen ist jedes einzelne Zeichensystem, das der Kommunikation dient, also menschliche Einzelsprachen (beispielsweise Deutsch), Fachsprachen (beispielsweise Rechtssprache), Computersprachen (beispielsweise Prolog) etc. (siehe nachstehende Unterkapitel). Die Wissenschaften einzelner Sprachen sind beispielsweise die Philologien (Anglistik, Germanistik). Die Linguistik dagegen beschäftigt sich mit einzelnen Sprachen nur als "Beleg" für Theorien über die Sprache im allgemeinen.
Entwicklung von Sprache
Das Verstehen und das Bilden bedeutungsvoller Lautketten in Echtzeit stellt große Anforderungen an die Planung wie an die auditive beziehungsweise visuelle Verarbeitung im Gehirn. Bei Legasthenikern oder Polterern kann diese Planung gestört sein.
Die Entwicklung der menschlichen Sprache ermöglichte die kulturelle Evolution des Menschen (Hominisation) (vergleiche dazu: Anthropologie und Biosoziologie). Auch die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins steht vermutlich in engem Zusammenhang mit der Entstehung der Sprache. Seit langem wird die Sprache als Wesensmerkmal des Menschen betrachtet. Der Neanderthaler, die letzte weitverbreitete andere Menschenart verfügte nach neueren Untersuchungen ebenfalls über die Voraussetzungen für Sprache. Tiere haben Signalsysteme, die in ihrer Komplexität offensichtlich menschlicher Sprache nicht vergleichbar sind. Einige Tierarten können zwar kulturelle Elemente weitergeben, wie wir aus der Affenforschung wissen, ihre Fähigkeit zum Erlernen menschlicher Sprache hat sich aber als sehr eingeschränkt erwiesen.
Noam Chomsky sieht zumindest das Sprachpotential als eine angeborene Fähigkeit. Stephen Pinker spricht nach Beobachtungen von Kindern im Spracherwerbsalter sogar vom "Sprachinstinkt", allerdings weicht sein Begriff vom Instinkt Darwins ab. Sprache ist Medium der Weitergabe und Organisation menschlichen Wissens. Sie wird in spezifischen Lehr-Lern-Dialogen an Kinder weitergegeben, die eine eigene Struktur haben, in denen sich die Bezugspersonen stark an die Kinder anpassen (Stimmfrequenz, Modellierung von Dialogen). Dies haben unter anderem Bruner und Tomasello gezeigt.
Menschliche Sprache ist wenigstens 40.000 Jahre alt. Sie ist zunächst zur mündlichen Verständigung in Situationen mit anwesenden Partnern entwickelt. Die schriftlichen Formen sind sekundär und haben sich spät (6.-5. Jahrtausend v.Chr.) entwickelt. Vorläufer der Schriftzeichen waren unter anderem Höhlenmalereien, Stäbe mit symbolischen Einkerbungen, Knotenschnüre der Inkas und insbesondere Zählsteine, die Einheiten von Gegenständen für den Warenaustausch symbolisierten, in Mesopotamien. Doch auch die für gehörlose und/oder stumme Menschen entwickelten Gebärdensprachen haben eine der gesprochenen Sprache ebenbürtige Komplexität und Ausdrucksvielfalt.
Linguistik
Die Sprachwissenschaft (Linguistik) untersucht die menschliche Sprache. Die vergleichende Sprachwissenschaft und die Sprachtypologie befassen sich mit der genetischen Verwandtschaft von Sprachen, die in Sprachfamilien geordnet werden können. Die meisten Sprachwissenschaftler behandeln Einzelsprachen oder Sprachfamilien. So beispielsweise befasst sich die Indogermanistik mit der indogermanischen Sprachfamilie, sachlich korrekter auch indoeuropäische Sprachfamilie genannt. Annahmen über eine (Ursprache) der Menschheit sind spekulativ. Die Struktur und Verwendung von Sprachen wird in Grammatiken, der Wortschatz und Wortgebrauch in Wörterbüchern beschrieben. Die Etymologie ist eine Forschungsrichtung, die sich mit dem Ursprung und der Geschichte der Worte befasst. Künstliche Sprachen (siehe Formale Sprache) sind mit Mitteln von Logik und Mengenlehre beschreibbar (aufzählbare Menge der Basisausdrücke, Regeln der Komposition, wohlgeformte Ausdrücke). Die Beschreibungsprinzipien der formalen Logik werden auch auf die natürliche Sprache angewendet; Pionierarbeit hat dazu der amerikanische Logiker Richard Montague geleistet. Eine vollständige Rekonstruktion ist allerdings nicht möglich. Denn auch die Logik ist aus der natürlichen Sprache abgeleitet. Letztlich müssen wir alles in der natürlichen Sprache austragen (Wittgenstein). Zu den Disziplinen, die sich besonders intensiv mit Sprache auseinandersetzen, gehören auch die Rhetorik, die Literaturwissenschaft, die Sprachphilosophie und die Ethnologie.
Einzelsprache
Im speziellen Sinn bezeichnet Sprache eine bestimmte Einzelsprache wie Deutsch oder Japanisch. Die gesprochenen Sprachen der Menschheit werden in Sprachfamilien eingeteilt; anhand der Language Codes (nach ISO 639-1 beziehungsweise 639-2) können Sprachen international eindeutig identifiziert werden. Von den heute etwa 6500 auf der Welt gesprochenen Sprachen sind mehr als die Hälfte vom Aussterben bedroht, da sie kaum noch oder gar nicht mehr an Kinder weitergegeben werden. Von einigen Sprachen gibt es nur noch eine kleine Gruppe oft alter Muttersprachler. Dies wird höchstwahrscheinlich dazu führen, dass in den nächsten 100 Jahren Tausende von Sprachen verschwinden werden. Die "Gesellschaft für bedrohte Sprachen" [1] unterstützt die Beschäftigung mit und die Dokumentation solcher Sprachen, die zum Erbe der Menschheit zählen und sich zum Teil durch ganz besondere Eigenschaften auszeichnen, die nur an ihnen zu studieren sind.
Eine Sprache ist etwas Lebendiges, das entsteht, sich dauernd verändert und wieder vergeht - jedoch nicht im biologischen, sondern im übertragenen Sinne; Lebendigkeit steht hier für eine Vielfalt von Funktionen. Nicht mehr gebrauchte, auch tote Sprachen genannt, hinterlassen oftmals Spuren in Nachfolgesprachen; beispielsweise Latein in den romanischen Sprachen (Italienisch, Französisch etc.), aber auch in der englischen und deutschen Sprache sowie den anderen germanischen Sprachen.
Nicht-menschliche Sprachen
Sprachen bei Tieren, beispielsweise die Bienensprache, aber auch die Lautsprachen bei Vögeln, Delphinen oder Primaten unterscheiden sich grundsätzlich von denen des Menschen. Während in den Signalsystemen der Tiere jeder Laut eine feste Bedeutung hat, ist die Sprache des Menschen doppelt (beziehungsweise dreifach) gegliedert. Das heißt, Menschen können aus bedeutungsunterscheidenden, selbst nichts bedeutenden Lauten (erste Gliederungsebene) bedeutungstragende Einheiten (Morpheme, Wortformen) bilden (zweite Gliederungsebene). Aus Wortformen können Wortgruppen (Phrasen) und Sätze aufgebaut werden (dritte Ebene). Wenn ein Tier zwanzig Laute bilden kann, so kann es zwanzig Dinge ausdrücken. In der Sprache des Menschen gibt es durch die Ebenen unbegrenzte Kombinationsmöglichkeiten mit begrenzten Mitteln, so schon Wilhelm von Humboldt. Der Mensch kann verstehen, was er zuvor nie gehört hat.
Formale Sprachen
Auch in der Informatik wird von Sprachen gesprochen. Diese Sprachen, Formale Sprachen genannt, sind mathematische Modelle von Sprachen, die besonders in der theoretischen Informatik, insbesondere bei Berechenbarkeitstheorie und dem Compilerbau Anwendung finden.
Sprache als Medium
Viele Medientheorien – vor allem die technischen – fassen Sprache nicht als Medium, sondern als Kommunikationsinstrument auf, d.h. als neutrale Ermöglichungsbedingung für die eigentlichen Medien. Sprache dient solchen Auffassungen nach lediglich der Repräsentation oder auch Übermittlung mentaler Entitäten (Konzepte, Begriffe), wobei letztere als unabhängig von der Sprache gedacht werden. Man spricht deshalb von Repräsentationsmitteln. Die radikalste Form dieser „Sprachvergessenheit der Medientheorie“, wie Ludwig Jäger (2000) formuliert, findet sich im sogenannten Diskurs über „postsymbolic communication“, der davon ausgeht, dass die menschliche Kognition und Kommunikation zukünftig nicht mehr auf Sprachzeichen angewiesen seien, weil diese aufgrund der technischen Entwicklungen im Bereich der Forschungen zur Künstlichen Intelligenz obsolet werden. Jäger (2000) zufolge bleiben Debatten über die Wirkungsmacht von „neuen Medien“, wie etwa Computer und Internet, jedoch leer, wenn Sprache nicht als entscheidendes Rahmenmedium erkannt wird. Er plädiert deshalb dafür, den nicht-technischen (anthropologischen) Medienbegriff stärker in den Diskurs über technische Medien einzubeziehen und so die schlichte Dichotomie zwischen „neuen Medien“ und „Sprache“ aufzuweichen. Jäger (2000/2002) formuliert eine erkenntnistheoretische Medienauffassung, deren Kernaussage lautet, dass Mentalität erst durch die Medialität ermöglicht wird. Das heißt die menschliche Mentalität wird in ihrem heutigen Umfang erst durch Zeichenhandlungsprozesse, die sowohl ein Welt- als auch Ich-Bewusstsein konstituieren, ermöglicht. Die Sprache nimmt hierbei eine konstitutive Rolle ein. Wird also Sprache als Medium begriffen, ist schon die menschliche Mentalität medial geprägt. Es ist daher stets von der Sprache her zu beurteilen, wie sich neue Medien auf den Menschen auswirken können (vgl. Jäger 2000/2002). Diese Konzeption kann durch die Überlegungen Sibylle Krämers (2000) unterstrichen werden. Krämer meint, dass eine Botschaft, die in einem Medium vermittelt wird, die Spur seiner formalen Konstitution bewahrt – in diesem Fall besitzt die Mentalität des Menschen die Spur seiner semiologischen Performanzen. D.h.: Wird eine Äußerung getätigt, findet keine Reinvermittlung mentaler Konzepte statt, da diese durch die jeweilige Einzelsprache geprägt sind. Weiter stellt Krämer (1998) Medien als Apparate zur künstlichen Erzeugung neuer Welten dar (d.h.: neue Formen der Erfahrung, Vorstellungen), die es ohne das entsprechende Medium nicht geben würde. Die Sprache ermöglicht dem homo sapiens sapiens so gesehen nichts Minderes als die komplexere Erfahrbarmachung der tatsächlichen Welt in der uns heute geläufigen Weise.
Sprache im weiteren Sinne
Manche Leute bezeichnen die Musik als universelle Sprache, da sie von Menschen unterschiedlichster Herkunft verstanden wird. Hierbei dient die Sprache vor allem als Kommunikationsmittel für Gefühle. So werden die meisten Filme mit Musik untermalt, weil dadurch unterschwellig die Gefühlslage der Situation bzw. der Figuren kommuniziert wird. In indischen Filmen geht das sogar soweit, dass die Handlung stehen bleibt und die Gefühle in Liedern ausgedrückt werden, was man bei uns nur aus dem Musical-Genre kennt.
Hier stößt auf eine weitere Ebene der Sprache: Filme, Theaterstücke, Operetten usw. bedienen sich ebenfalls einer bestimmten Sprache. Die hier eingesetzten sprachlichen Mittel findet man im übertragenen Sinne auch in den Laut- und Schriftsprachen wieder.
Siehe auch
Abstandsprache, Amtssprache, analytische Philosophie, Ausbausprache, Babysprache, Dachsprache, Dialekt, Dichtersprache, Etymologie, Fachsprache, falsche Freunde, Geheimsprache, Gruppensprache, Hochsprache, inklusive Sprache, Jargon, künstliche Sprache, Lautsprache, Liste von Sprachen, Liturgiesprache, Medien, Medientheorie, Muttersprache, Neusprech, Plansprache, Programmiersprache, Seemannssprache, Semiotik, Signalsprachen, Spezialsprache, Spiegelneuronen, Standardsprache, Terminologie, Umgangssprache, Universal-Grammatik, Verkehrssprache, Weltsprache, Zeichen, Zungenbrecher
Literatur
- Ludwig Börne, "Bemerkungen über Sprache und Stil.", 1826, Sämtliche Schriften, Bd. II, Düsseldorf 1964.
- Geoffrey Sampson: "Schools of Linguistics." Hutchinson, London (1980), ISBN 0804710848
- David Crystal: "Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache." Campus Verlag, Frankfurt/Main (1995), ISBN 3880599548
- Wilhelm von Humboldt: "Grundzüge des allgemeinen Sprachtypus", 2004, Berlin: Philo, ISBN 3-8257-0068-2
- John Lyons: "Die Sprache." C.H. Beck, München (1992; 4. Auflage) ISBN 3406094007
- Steven Pinker: "Words and Rules: The Ingredients of Language." (1999) (dt. Worte und Regeln: Die Natur der Sprache.), ISBN 3827402972)
- Jäger, Ludwig (2000), „Die Sprachvergessenheit der Medientheorie. Ein Plädoyer für das Medium der Sprache.“ In: Kallmeyer, Werner (Hg.): Sprache und neue Medien. Berlin, New York: De Gruyter, 9-30
- Jäger, Ludwig (2002): Medialität und Mentalität. Die Sprache als Medium des Geistes. In: Krämer, Sybille, König, Ekkehard (Hgg.): Gibt es eine Sprache hinter dem Sprechen? Frankfurt am Main: Suhrkamp, 45-76
- Krämer, Sybille (²2000): „Das Medium als Spur und als Apparat.“ In: dies. (Hg.): Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 9-26
Weblinks
Vorlage:Wiktionary1 Vorlage:Wikibooks2
- http://www.rosettaproject.org/ - Rosettaprojekt: Informationen zu Sprachen der Welt (auf Englisch)
- http://www.ethnologue.com/ - Ethnologue: Informationen zu Sprachen der Welt (auf Englisch)
- http://portal.unesco.org/culture/admin/ev.php?URL_ID=8270&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201
- http://portal.unesco.org - UNESCO-Projekt: "Intangible Heritage - Endangered Languages"
- http://www.georgetown.edu/faculty/ballc/animals/animals.html - Tierlaute in verschiedenen Sprachen (auf Englisch)
- http://www.netz-tipp.de/sprachen.html - Statistik: Verbreitung der Sprachen im Internet
- http://home.edo.uni-dortmund.de/~hoffmann/Gruende/10Gruende.html - 10 Gründe, Sprachwissenschaft zu studieren
- http://www.heim2.tu-clausthal.de/~kermit/wte/sprache.html Sprache als Gefängnis: Vortrag im Rahmen der Reihe Wissenschaft, Technik und Ethik an der TU Clausthal
- Es werde Wort - und zwar schnell! Ein Bericht über die "rasante Entwicklung von Sprache"