Agnostic Front

amerikanische Hardcore-Band
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Agnostic Front (abgekürzt auch einfach „AF“ genannt) ist eine US-amerikanische Hardcore-Punk-Band, die seit den frühen 1980ern aktiv ist.

Agnostic Front
Agnostic Font 2005

Agnostic Font 2005

Allgemeine Informationen
Herkunft
Genre(s) Hardcore Punk
Aktive Jahre
Gründung 1982, 1998
Auflösung 1993
Website http://www.agnosticfront.com
Gründungsmitglieder
John Watson (1982)
Vinnie Stigma
Diego (1982)
Rob (1982)
Aktuelle Besetzung
Roger Miret (seit 1983)
Vinnie Stigma
Gitarre
Joseph Porfido (seit 2007)
Mike Gallo (seit 1999)
Steve Gallo (seit 1999)
Ehemalige Mitglieder
Gesang
Keith Kabula (1982)
Gesang
Jimmy „the Mad Russian“ (1982)
Gitarre
Alex Kinon (1986)
Gitarre
Steve Martin (1986–1989)
Gitarre
Matt Henderson (1992–1993, 2004)
Gitarre
Lenny Di Sclafani (2004–2006)
Bass
Adam Moochie (1983)
Bass
Rob Kabula (1984–1987, 1998–1999)
Bass
Alan Peters (1987–1988)
Bass
Craig Setari (1988–1993)
Schlagzeug
Raymond „Raybeez“ Barbieri (1983)
Schlagzeug
Dave Jones (1984)
Schlagzeug
Joe Montanero (1984–1986)
Schlagzeug
Louie Beatto (1986)
Schlagzeug
Will Shepler (1987–1993)
Schlagzeug
Jim Colletti (1998–2003)

Bandgeschichte

1982–1989

Agnostic Front wurde 1982 in New York von Vinnie Stigma (Gitarre) gegründet, unterstützt wurde er von Sänger John Watson, Bassist Diego und Schlagzeuger Rob. Die ersten Konzerte im Großraum New York endeten meist in wüsten Schlägereien. Nach einigen Versuchen mit den Sängern Jimmy „the Mad Russian“ und Keith Kabula stieg Roger Miret ein, der bereits bei diversen Punk- und Oi!-Bands mitwirkte. Erst ab dann kristallisierte sich ein beständiges Line-up mit Vinnie Stigma, Adam Moochie am Bass und Raymond „Raybeez“ Barbieri am Schlagzeug heraus. Nach diversen Konzerten mit Minor Threat, Negative Approach und Iron Cross spielte man die erste 7"-Single United Blood ein. Zwei Lieder stammten von Roger Mirets früherer Band, den Psychos. Die kurze Hardcore-Scheibe mit 10 Stücken, die noch voller Spielfehler war, machte Agnostic Front bereits über die Grenzen New Yorks bekannt.

Anfangs agierte die Gruppe, mit Ausnahme von Miret, der lange Haare trug, als Skinhead-Band mit Springerstiefeln und Tarnhosen. Ebenso waren britische Oi!-Bands wie The Business, Blitz und Angelic Upstarts eine große Inspirationsquelle. Dazu kamen noch frühe US-Hardcorebands wie Circle Jerks, SS Decontrol, Minor Threat und Negative Approach. Das Debütalbum der Gruppe Victim in Pain von 1984 stellte den Prototyp des New York Hardcores dar. Im Vergleich zur Debütsingle waren die Stücke ausgefeilter, boten aber den gleichen schnellen und direkten Hardcore. Nach der Veröffentlichung traten jedoch erste Probleme im Line-up zu Tage. Bei den Aufnahmen zum Nachfolger musste fast die komplette Band ausgewechselt werden. Rob Kabula fungierte als Bassist und Alex Kinon als zweiter Gitarrist. Barbieri hatte die Gruppe verlassen, um sich voll auf Warzone zu konzentrieren. Für das Schlagzeug hatte man einen Sessiondrummer namens Louie Beatto gewonnen. Roger Miret war nach internen Streitigkeiten mit Stigma für drei Monate ausgestiegen und stieß erst zu Beginn der Aufnahmen wieder zur Gruppe.

Nach dem großen Erfolg des Thrash Metals in den USA setzte auch bei Agnostic Front eine Hinwendung zu Metalelementen ein. In dieser frühen Phase beeinflussten sich Bands wie Anthrax, Overkill und Nuclear Assault auf der einen und Gruppen wie Agnostic Front, Cro-Mags und Warzone (ein Projekt von Barbieri) gegenseitig. Es entstanden auch Crossover-Gruppen wie S.O.D. und Corrosion of Conformity (C.O.C.). Cause for Alarm von 1986 trägt zu dieser Entwicklung bei, befinden sich doch auf dem Album einige Stücke, die vom amerikanischen Speed- und Thrash Metal beeinflusst waren.[1] Das Album löste einige Kontroversen aus, insbesondere wegen des Liedes Public Assistance, das aus der Feder von Peter Steele stammt und sich negativ über das amerikanische Sozialleistungssystem äußerte. Weitere Texte des Albums stammen von Billy Milano (S.O.D. und später M.O.D.). Beide Personen wurden immer wieder der Propagierung rechtsextremen Gedankenguts bezichtigt und insbesondere die deutliche Sprache von Public Assistance (Vorlage:"-en) lies auch bei Agnostic Front den Verdacht aufkommen, dass die Gruppe rechtes Gedankengut fördere.

Als fester Schlagzeuger stieg später Joe Montanero ein. Nach der ersten US-Tournee wurde Alex Kinon aus der Gruppe geworfen, da er mehr in Richtung Hair Metal gehen wollte, womit der Rest der Gruppe nicht einverstanden war. Für ihn stieg Gordon Ancis (ex-Mayhem aus New York City) ein. Es folgten weitere Auftritte mit Exodus, Slayer und Motörhead. Auch dieses Line-up hatte nur kurzen Bestand und so wurde das nächste Album mit Steve Martin (zweite Gitarre), Alan Peters (Bass) und Will Shepler (Schlagzeug) eingespielt.

1987 erschien Liberty & Justice for… und war wieder stärker am Hardcore Punk orientiert. Im Anschluss stieg mit Craig Setari (ehemals Straight Ahead) ein neuer Bassist ein. Am 21. Januar 1988 fand ein Gig im CBGBs statt, der für das erste Livealbum Live at CBGB mitgeschnitten wurde. Das Livealbum beinhaltete Lieder aus allen bisherigen Alben der Gruppe plus eine Rezitation der Pledge of Allegiance. Auch das Cover zeigte Agnostic Front als patriotische Band. Abgebildet ist die amerikanische Flagge, im Vordergrund befinden sich Springerstiefel mit roten Schnürsenkeln.

1990−1993

Nach der Veröffentlichung des Livealbums wird Roger Miret festgenommen und musste eine 18monatige Freiheitsstrafe wegen Drogenbesitzes verbüßen.[2] Während dieser Zeit lag die Band auf Eis. 1990 folgte die erste Europatournee, doch da Miret kein gültiges Visum hatte, musste er nach Amerika zurückkehren. Als Ersatz sang Roadie Mike Shost den Rest der Tournee. One Voice erschien 1992 und war das erste Studioalbum seit fünf Jahren. Auch hier handelte es sich wieder um ein verändertes Line-up, die Gitarre bediente nun Mike Henderson. Das Album floppte, die Band konnte von der gerade grassierenden Crossover-Welle um Biohazard nicht profitieren und hatten einen Großteil ihrer Anhängerschaft verloren.[2] Eine Bootleg-7" mit alten Demoaufnahmen sorgte für Aufsehen, da auf der Split-Seite Material der RAC-Band White Devil war. Obwohl die Gruppe mit der Veröffentlichung nichts zu tun hatte, musste Agnostic Front sich in Interviews erklären.

Nach einer weiteren Europa-Tour, diesmal mit dem Original-Sänger, machten sich die internen Spannungen zwischen Miret und Stigma bemerkbar. Zudem hatten hatten beide Familien gegründet und legten ihren Fokus nun auf andere Dinge. Das letzte Konzert fand am 20. Dezember 1992 im CBGBs statt und wurde mit der Live-CD Last Warnings (1993 auf Roadrunner Records) dokumentiert. Miret gründete mit seiner Ehefrau Denise Miret die Gruppe Lady Luck, die zwei Alben veröffentlichten (A New Beginning, 1997 und Life in Between, 2003) und auch heute noch bestehen. Stigma hatte bereits 1988, mit Mirets Bruder Freddy Cricien zusammen, Madball gegründet und konzentrierte sich bis 1994 auf diese Gruppe. Anschließend zog er sich ins Privatleben zurück.

Reunion 1998 bis heute

 
Logo auf Riot, Riot, Upstart (1999)

1998 waren Miret und Stigma zu Gast bei einem Auftritt von Madball, im Verlaufe dessen Cricien die beiden auf die Bühne rief, um ein Stück von Agnostic Front zu spielen. Daraus entstand die Idee zu einer Reunion und einer Single. Schon nach kurzer Zeit hatten die beiden jedoch mit Unterstützung von Jim Colletti (Schlagzeug) und dem ehemaligen Mitstreiter Rob Kabula am Bass ein komplettes Album fertig geschrieben. Something’s Gotta Give erschien 1998 über Epitaph Records und wurde von Billy Milano produziert. Es ist dem verstorbenen Schlagzeuger und Warzone-Sänger Raymond „Raybeez“ Barbieri gewidmet. Das Album zeigt deutlich die Oi!-Einflüsse der Gruppe und ist am Streetpunk orientiert. 1999 schiebt die Gruppe das Album Riot, Riot, Upstart nach, das musikalisch ähnlich ausgerichtet ist. Mit Lars Frederiksen (von Rancid) ist auch ein bekannter Gastmusiker des Epitaph-Labels auf dem Album vertreten.

Mit Mike Gallo stieg 2001 ein neuer Bassist ein und man veröffentlichte Dead Yuppies, welches allerdings keine neuen Impulse setzen konnte. Im gleichen Jahr erschien eine Split-CD mit den niederländischen Discipline auf dem deutschen Label Knock Out Records. Das Album beinhaltet einen Gig der beiden Bands in Belgien.

2005 erschien Another Voice, wieder mit Matt Henderson an der Gitarre. Musikalisch knüpft das Album an One Voice an, daher auch der ähnliche Titel.[3] Das Album wurde von Jamey Jasta, dem Sänger von Hatebreed. Mit Nuclear Blast hatte man außerdem eine neue Plattenfirma gefunden, auf dem auch die folgenden Werke erschienen. 2006 wurde ein neues Livealbum unter dem Titel Live at CBGB als DualDisc veröffentlicht. Das Album ist, trotz des gleichen Titels, keine Neuauflage des 1989er Livealbums, sondern stellte das neue Line-up vor. Das bis dato letzte Album Warriors erschien 2007. Neben Miret und Stigma spielten Joseph James (Gitarre), Mike Gallo (Bass) und Steve Gallo (Schlagzeug).

Stil

Musik

Agnostic Front spielen vom Oi!-geprägten Hardcore Punk, der zusammen mit den Cro-Mags als Begründer für den New York Hardcore getauften Stil darstellt. In den 1980ern traten vermehrt Metal-Elemente aus dem Thrash Metal und dem Speed Metal hinzu.[4] In den 1990ern kehrte man zum ursprünglichen Stil zurück. Nach der Reunion 1998 traten die Oi!- und Streetpunk-Elemente wieder vermehrt in den Vordergrund. dennoch lassen sich auch heute noch Metal-Elemente in der Musik finden. Agnostic front bevorzugen kurze, schnell gespielte Stücke und verzichten weitestgehend auf Solopassagen.[5] Mirets Gesang hat einen hohen Wiedererkennungswert[6] und ist eine Mischung aus dem tiefen Gesang des britischen Oi! und dem Hardcore-typischen Shouting. Lediglich auf Cause for Alarm experimentierte er mit einer eher am Metal angelehnten Stimme. [2] Auf manchen Alben neueren Datums verwenden Agnostic Front auch die Oi!- und streetpunk-spezifischen Singalongs aus mehreren Stimmen für den Refrain. Agnostic Front ist im Selbstverständnis eine Hardcore-Band, die Öffnung zur Metal-Szene stellt aus Sicht der Bandmitglieder eine natürliche Entwicklung da:

„When we started out, we were one of the first bands to pioneer what they called cross-over at the time, which is pretty much joining hardcore punk and the metal scene. (…) But what a person needs to understand is that it's fairly easy to cross over, because musically both genres very hard and it's very aggressive. Lyrically is where I never could relate to some of the metal bands.“

„Als wir anfingen waren wir eine der ersten Bands, die mit dem Stil, den sie heute Crossover nennen, was nichts anderes bedeutet als Metal und Hardcore Punk zu verbinden. Aber was man verstehen muss, ist das es sehr einfach ist, diese beiden Stile zu verbinden, denn musikalisch sind beide Stile sehr hart und aggressiv. Nur mit den Texten einiger Metalbands konnte ich nie etwas anfangen.“

Roger Miret: From the East Coast to the West Coast. Chat von Jackie Smit mit Agnostic Front.[7]

Texte

Die Texte von Agnostic Front haben häufig einen hohen subkulturellen Selbstbezug und verweisen auf die hardcor-Puk-Szene. Insbesondere spiegelt sich darin der „Unity“-Gedanke wieder. Man propagiert einen Schulterschluss der verschiedenen jugendkulturellen Subszenen und Gruppierungen. Dies schließt im Falle Agnostic Front eine Vereinigung der linken bzw. unpolitischen Skinhead-Szene, der Punk- sowie der Metal-Szene ein. Auch die seit Mitte der 1980er zerstrittenen Musikszenen des Westcoast- und der Eastcost-Hardcores sollen vereinigt werden.[8][9]

Weitere lyrische Inhalte sind der Straßenkampf, das Überleben in New York City, die sehr stark vom rauen Leben in Brooklyn geprägt sind, sowie Gesellschaftskritik, insbesondere am US-amerikanischen politischen System. Miret, der für einen Großteil der Texte verantwortlich ist, verfasst die meisten Texte vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen und Erlebnisse.[10]

Rezeption

Kontroverse

Innerhalb der Hardcoreszene sind Agnostic Front nicht unumstritten, da ihnen vorgeworfen wird, in älteren Songs aus der „Cause for Alarm“-Phase, wie z. B. im Lied „Public Assistance“, eine Anti-Sozialstaats-Message zu propagieren, und ihnen auch immer wieder Nationalismus-Vorwürfe gemacht wurden. Vom Rassismus und Faschismus distanzierten sich Agnostic Front allerdings schon immer, sowohl auf zahlreichen Konzerten als auch im Song „Fascist Attitudes“ (1984, Victim in Pain):

Your fascist attitudes – we need the least
With a scene that’s fighting for unity & peace
Don’t need more anger; no more danger
Don’t need to hate; stop before it’s too late

Bedeutung

Agnostic Front ist eine Unity-Band, die immer versucht hat die Hardcore-, Punk- und Skinhead-Szene zu vereinen. Sie zählen neben Warzone, Discipline und einigen Oi-Punk-Bands zu den seltenen Musikgruppen, denen das auch wirklich gelungen ist. Sie haben sich bis 1986 selber als Skins bezeichnet und schon damals explizit dazu aufgerufen, unabhängig von Hautfarbe und Herkunft zusammenzuhalten (z. B. im Song „United Blood“ oder „United and Strong“).

Diskografie

  • 1983: United Blood 7"
  • 1984: Victim In Pain LP
  • 1986: Cause For Alarm LP
  • 1987: Liberty And Justice LP
  • 1989: Live At CBGB LP
  • 1991: Banned in Europe 7"
  • 1992: One Voice LP
  • 1993: Last Warning LP
  • 1995: Raw Unleashed CD
  • 1997: Do or Die 7"
  • 1997: Por Vida 7"
  • 1998: Puro des madre 7"
  • 1998: Something’s Gotta Give LP
  • 1998: Police State 7"
  • 1999: Riot Riot Upstart LP
  • 1999: Agnostic Front/Dropkick Murphys Split 7"
  • 2001: Dead Yuppies LP
  • 2002: Working Class Heroes (Split mit Discipline) LP
  • 2004: Another Voice LP
  • 2006: Live At CBGB (DVD Video und Audio)
  • 2007: For my Family 7"
  • 2007: Warriors LP

Literatur

  • Matthias Mader: New York City Hardcore. The Way it was…. Berlin: I.P. Verlag Jeske/Mader GbR. 1. Auflage Mai 1999. ISBN 3931624102. S. 39–49

Einzelnachweise

  1. Cause for Alarm im All Music Guide
  2. a b c Biografie von Roger Miret im All Music Guide
  3. Dokumentation: Behind The Voice auf der DualDisc Live at the CBGB (2006)
  4. Matthias Herr: Heavy Metal Lexikon Vol. 5, Berlin: Eigenverlag. Oktober 1996
  5. Review zum Album Warriors auf Laut.de
  6. Matthias Mader: New York City Hardcore. The Way it was…. S. 46
  7. Jackie Smit: From the East Coast to the West Coast. CoC chats to Roger Miret from Agnostic Front. (englisch) vom 20. Januar 2005
  8. Text zu Gotta Go vom Album Something’s Gotta Give (1998)
  9. Biografie auf Laut.de
  10. Interview mit Roger Miret auf Skipmag.de vom 20. Oktober 2004