Dynamische Fahrgastinformation

System zur informierung von Fahrgästen über aktuell angebotenen Fahrten
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Eine dynamische Fahrgastinformation (DFI) soll Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr über die aktuell angebotenen Fahrten unterrichten. Dafür werden die Daten der langfristig - statisch - festgelegten Fahrpläne um fortlaufend - dynamisch - festgestellte Fahrplanabweichungen ergänzt. Die DFI stellt somit eine Erweiterung der herkömmlichen (statischen) Fahrgastinformation dar.


Anwendung

Eine häufige Forderung von Fahrgästen an die Verkehrsunternehmen ist eine geeignete Echtzeit-Information. Diese ist unaufgefordert bei jeder Abweichung vom abgedruckten statischen Fahrplan abzugeben. Im Sinne der Verfügbarkeit steht der Anbieter hier in der Bringschuld zum Beispiel bei Baustellen, Umleitungen/Ersatzverkehren, Verspätungen und Ausfällen. Ein funktionierendes DFI-System kann solche Informationen an Bahnhöfen und Haltestellen, in den Fahrzeugen oder in Informationssystemen (World Wide Web/WAP, SMS, Teletext/Videotext, telefonische Abfrage) präsentieren. So kann eine DFI vermeiden, dass Fahrgäste sich "stehen gelassen" oder "dumm gehalten" fühlen.

Im Einzelfall haben Fahrgäste auch die Möglichkeit, sich durch die dynamische Fahrgastinformation zu ihrem Vorteil lenken zu lassen:

  • Wenn Fahrten in die gleiche Richtung von verschiedenen Stellen (Haltestellen, Gleisen) abfahren, kann eine DFI der sofortigen Orientierung auch ohne Fahrplankenntnis dienen, weswegen an großen oder unübersichtlichen Haltestellen/Bahnhöfen bevorzugt große Abfahrt-Anzeigetafeln angebracht werden.
  • Gelegentlich bietet es sich an, auf andere Strecken oder Individualverkehrsmittel (zu Fuß gehen, Taxi etc.) auszuweichen.

Verkehrsunternehmen schaffen in zunehmendem Umfang DFI-Systeme an, weil diese die Akzeptanz des öffentlichen Verkehrs steigern. Inzwischen sind solche Anlagen bei Eisenbahnen und im öffentlichen Personennahverkehr größerer deutscher Städte üblich.

Komponenten einer DFI-Anlage

Ein DFI-System besteht im Allgemeinen aus mehreren Komponenten, die die Informationen sammeln, aufbereiten und präsentieren. Die ersten DFI-Anlagen wurden als Zusatz zu vorhandenen rechnergestützten Leitsystemen (RBL), die unter anderem dem Personal Informationen zum aktuellen Fahrbetrieb liefern, realisiert und von den Herstellern solcher Anlagen angeboten. Hochentwickelte computergestützte Leitsysteme besitzen Informationen über den Fahrplan, die Streckenführung und die aktuellen Fahrzeugbewegungen, und sie verfügen über Datenwege zu einigen der Orte, an denen die Information präsentiert werden soll. Die Informationsbeschaffung bei unterschiedlichen Quellen (zum Beispiel für verkehrsbetriebsübergreifende Umsteiger-Informationen) und die gewünschte, auf moderne Präsentationsmedien mögliche, flexible Informationsdarstellung erfordert eine erhebliche Komplexität der Hardware und Software. Aus diesem Grund verstärkt sich in letzter Zeit (Stand 2005) der Trend, ein DFI-System als eigenständige Funktionseinheit zu sehen. Diese Installationen arbeiten oft eng mit Leitsystemen zusammen. In bestimmten Fällen ist bei Installation einer hochentwickelten DFI-Anlage, die auch das Betriebspersonal ausreichend informiert, die Notwendigkeit eines Leitsystems nicht mehr gegeben.

Die Komponenten einer DFI-Anlage können in folgende Funktionsgruppen eingeteilt werden: Bedienung durch das Personal, Datenerfassung, Datenaufbereitung, Datenübertragung, Präsentation für den Fahrgast.

Bedienung

Da diverse Parameter, die teilweise oft verändert werden müssen (zum Beispiel Fahrtausfälle, Sonderfahrten, anzuzeigende Sondertexte), die Funktion der DFI-Anlage beeinflussen, ist es notwendig, eine Bedienmöglichkeit für das Personal bereitzustellen. Zusätzlich kann ein solcher Bedienplatz das Personal über die aktuellen Fahrzeugpositionen, die Text-Inhalte aller Anzeiger und mögliche Fehlerbedingungen informieren. In manchen Fällen wird dieser Arbeitsplatz mit dem Bedienplatz eines Leitrechners kombiniert.

Datenerfassung

Grundlage der DFI ist die dynamische Echtzeit-Information über die aktuellen Fahrzeugbewegungen. Das DFI-System erhält diese Informationen aus einem Leitrechner (entweder Fahrzeugpositionen oder bereits aufbereitete prognostizierte Ankunfts- und Abfahrtszeiten) oder aus speziell der DFI zugeordneten Fahrzeugortungssystemen. Für Schienenfahrzeuge sind mit Datenkabeln angebundene Überfahrtsensoren üblich, Busse müssen meist mit funkgestützten Einrichtungen lokalisiert werden. Die Fahrzeuge erkennen ihre Position beispielsweise durch GPS oder durch die Vorbeifahrt an speziellen Infrarotsendern und übermitteln diese Information mittels analogem oder digitalem privatem Betriebsfunk oder über ein öffentliches Netz wie GPRS.

Neben den aktuellen Fahrzeugbewegungen importieren DFI-Anlagen in manchen Fällen auch Fahrplandaten (inklusive aktuellen Änderungen) automatisch von einem entsprechenden Rechnersystem.

Datenaufbereitung

Diese zentrale Funktionalität der DFI berechnet anhand einer "Anzeige-Strategie" die zu präsentierende Information aus den Parametern und den erfassten dynamischen Daten. Hierzu zählt die Prognose der zukünftigen Fahrzeugbewegung (sofern diese Daten nicht bereits von einem Leitsystem übernommen werden können) und die Berechnung der wechselnden Texte und Grafiken für die verschiedenen Präsentationsmedien. Besonders für stationäre Haltestellen-Anzeiger (siehe unten) ist eine komplexe Anzeige-Strategie zu beachten, die Informationen wie "nächste Fahrt: Linie X nach Y in Z Minuten" (möglichst groß und von weitem lesbar), "die nächsten Fahrten an diesem Haltepunkt" (möglichst viele Fahrten sind anzuzeigen), Sondertexte etc. nach einer Prioritätssteuerung zeitlich abwechselnd oder in einem flexiblen Layout geeignet gemischt darstellen kann.

Datenübertragung

Die DFI benötigt ein umfangreiches Netz aus Datenwegen zur Informationsbeschaffung und zur Versorgung der Präsentationseinrichtungen. Hier werden je nach Umfeld verschiedenartige Techniken eingesetzt: dezidierte elektrische und optische Kabelwege und Weitverkehrsnetzwerke, Mitbenutzung von Standardnetzwerken wie großräumigen Ethernet-Installationen, ATM und OTN, Mitbenutzung der Kabel- oder Funkdatenwege eines Leitsystems, dezidierte Funkstrecken, beispielsweise auf DECT-Basis, öffentliche paketorientierte Funknetze wie GPRS und UMTS, VPN-Strecken über Internetverbindungen.

Präsentation

Der Fahrgast kann je nach Systemauslegung über verschiedene Medien auf die Information der DFI zugreifen: elektronische Anzeigetafeln in Fahrzeugen und stationär an Haltestellen, automatische akustische Durchsagen in Fahrzeugen und stationär an Haltestellen, Webseiten im Internet, automatische Telefonansagen, SMS-Abruf mittels Mobiltelefon. Jede dieser Einrichtungen erfordert entsprechend ausgelegte Hardware, Software und Datenwege.

Im Fahrzeug-Innenraum sind Lautsprecherdurchsagen und zeichenbasierte LCD-Anzeigen üblich. Vollgrafische Displays (z.B. TFT-Monitore) und LED-Anzeiger sind ebenfalls im Einsatz. Über die aktuelle Position des Fahrzeugs informieren in einigen Fällen auch "Perlschnur-Anzeiger", bei denen entweder Leuchtpunkte auf einem Fahrtroutenplan die nächste Haltestelle markieren, oder kleine Textdisplays einige folgende Haltestellen auf der Route zeigen. Momentan (Stand 2005) sind Angaben über die Zeiten, zu denen Haltepunkte erreicht werden, und aktuelle Anschlussinformationen noch nicht üblich. In seltenen Fällen werden vollgrafische Displays zusätzlich zu Werbezwecken verwendet. Die Datenversorgung der Informationsmedien im Fahrzeug-Innenraum geschieht meist durch den im Leitsystem eingebundenen Bordrechner.

Stationäre Installationen an Haltestellen und Bahnhöfen können aus optischen Anzeigern und akustischen Durchsagegeräten bestehen. Während sich die akustischen Ansagen auf die Ankündigung der nächsten Fahrt beschränken müssen, können Anzeigegeräte unterschiedliche Informationen präsentieren.

Volltext-Fallblatt-Anzeiger mit wechselnden beschrifteten Schildern sind wegen der geringen Flexibilität und des hohen mechanischen Verschleißes trotz der optimalen Lesbarkeit nicht mehr sehr gefragt und werden für Neuinstallationen nur noch von der Deutschen Bahn eingesetzt.

LCD-Anzeiger wurden eine Zeitlang im ÖPNV häufig eingesetzt und sind seit neuestem (Stand 2005) bei der Deutschen Bahn zugelassen. LCD-Anzeiger können zeichenbasiert oder (mit Einschränkungen) als vollgrafische Matrix hergestellt werden.

In letzter Zeit (Stand 2005) schreiben die ÖPNV-Betriebe hauptsächlich LED-basierte Anzeigegeräte aus, die keinem Verschleiß unterliegen und keine Beleuchtung durch verschleißbehaftete und energieintensive Leuchtstoffröhren benötigen. LED-Anzeiger können zeilenorientiert oder als vollgrafische Matrix ausgelegt werden.

Die höchste Flexibilität bieten naturgemäß Vollmatrix-Anzeiger, die allerdings auch die größte Menge an aktiven Elementen benötigen. Solche Anzeigegeräte können die Information in einem der jeweiligen Situation angepassten Layout darstellen. Üblich ist es, einige Zeilen mit den Daten und Abfahrtszeiten der nächsten Fahrten zu präsentieren und kurz vor Eintreffen eines Fahrzeugs auf ein Layout zur Anzeige einer Fahrt mit vergrößerter Darstellung von Linie und Ziel und Aufzählung der wichtigsten Zwischenziele ("über...") umzuschalten. Sonderinformationen können durch spezielle Layouts eingemischt und hervorgehoben werden. Lange Texte werden in Laufschrift präsentiert und Listen (z.B. Zwischenziele) können durch vertikales "Scrollen" übersichtlich und platzsparend angezeigt werden.

Die Anzeigesysteme werden je nach örtlichen Bedingungen per Kabel (Feldbus, Ethernet) oder über Funkstrecken (Betriebsfunk, DECT, GPRS) mit Daten versorgt.

Neben den an Haltestellen eingesetzten akustischen und optischen Informationen können im Zulauf-Bereich auch bedienbare Computerterminals zur Abfrage der dynamischen Fahrgastinformationen bereitgestellt werden.

Verkehrsbetriebs-übergreifende Fahrgastinformation

Datenaustausch zwischen Nahverkehrsbetrieben

Im Jahr 2003 hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) herstellerübergreifende Schnittstellen für die Zusammenarbeit benachbarter Verkehrsbetriebe bei Anschlusssicherung (VDV 453) und "dynamischer Fahrplanauskunft" (VDV 454) definiert. Zur Zeit (Stand 2005) entstehen die ersten DFI-Systeme, die in der Lage sind, dynamische Informationen von benachbarten Verkehrsbetrieben zu übernehmen und gemischt mit eigenen Daten zu präsentieren. Systeme, die vollständig nach VDV 454 arbeiten, befinden sich noch in der Planungsphase.

Datenaustausch zwischen Deutscher Bahn und anderen Nahverkehrsbetrieben

Die Deutsche Bahn AG nennt vertragsrechtliche Hindernisse, Echtzeit-Informationen über die tatsächlichen Fahrtdaten der Personenzüge an Systeme anderer Betreiber zu übergeben. Aus diesem Grunde ist momentan (Stand Sommer 2005) erst eine einzige Installation bekannt, bei der dynamische Anschlussinformationen von S-Bahn-Zügen auf DFI-Anlagen eines lokalen Verkehrsbetriebs angezeigt werden. Technisch dagegen sind gerade bei der Deutschen Bahn ideale Voraussetzungen zur Weitergabe dynamischer Umsteigerinformationen gegeben: das UIC-Datennetz kann über eine gut zugängliche genormte Schnittstelle zuverlässig Realtime-Daten (allerdings in regional unterschiedlicher Genauigkeit) liefern.

Auch umgekehrt ist es noch nicht üblich, direkt am Bahngleis dem aussteigenden Fahrgast dynamische Informationen über die tatsächlich erreichbaren Nahverkehrsmittel an die Hand zu geben.

Bilder

Layout-Zeichnung: Vorankündiger

in LED-Matrix Technik mit 128 * 192 Pixeln

 
Layout-Zeichnung: Vorankündiger im LED-Matrix 128 * 192

Vorankündigung mit Fahrten des Nah- und Fernverkehrs.

Am oberen Rand werden das Logo der Verkehrsgesellschaft und die aktuelle Uhrzeit gezeigt. Dazwischen das Motto der Verkehrsgesellschaft in Laufschrift.

Die Nahverkehrsfahrten werden mit der voraussichtlichen Abfahrtszeit (in .. Min) angezeigt, die Fernverkehrsfahrten mit der planmäßigen Abfahrtszeit. Bei bekannten Verspätungen wechselt hier regelmäßig das Ziel mit einem entsprechenden Hinweis.

Wie inzwischen üblich werden also alle dem Fahplan entnommene Zeitpunkte explizit mit Stunde und Minute präsentiert, während prognostizierte Abfahrtszeiten in einer "in .. Minuten" Form angegeben werden.


Layout-Zeichnung: Zug-Ankündigung

auf einem Bahnsteig-Anzeiger in LED-Matrix Technik mit 48 * 192 Pixeln

 
Layout-Zeichnung: Zug-Ankündigung

Am Bahnsteig werden hier die fünf nächsten Fahrten mit den minutengenau prognostizierten Abfahrtzeiten angegeben.


Layout-Zeichnung: Zug-Ziel-Anzeige

auf einem Bahnsteig-Anzeiger in LED-Matrix Technik mit 48 * 192 Pixeln

 
Layout-Zeichnung: Zug-Ziel-Anzeige

Kurz vor Einfahrt eines Fahrzeugs wechselt die Darstellung auf ein für diese Fahr spezifisches Bild mit vergößerter, weithin sichtbarer Fahrt-Definition, "über-Orten" und einem Symbol zur Angabe der Zuglänge und Halteposition.


Einige in der Branche tätige Firmen (Stand 2005)

Siehe auch

Abkürzungen

ÖPNV "Öffentlicher Personen Nah Verkehr"
DFI "Dynamische Fahrgast Information"
LED "Light emitting Diode": Leuchtdiode
DCF DCF77 ist der Langwellensender, der die meisten funkgesteuerten Uhren in Deutschland mit der genauen Zeit versorgt
SMS "Short Message Service"
WAP "Wireless Application Protocol": vereinfachter Internet Zugriff per Handy
ATM "Asynchronous Transfer Mode": Netzwerk-Technologie
OTN "Optical Transport Network": proprietäre Netzwerk-Technologie von Siemens
GSM "Global System for Mobile Communications": Handy-Funknetz
GPRS "General Packet Radio Service": Übertragung von (z.B. TCP/IP) Datenprotokollen zwischen Internet-Teilnehmern und GSM-Endgeräten
UMTS "Universal Mobile Telecommunications System". UMTS wird in Zukunft alle GSM-Dienste ersetzen und bietet höhere Übertragungsraten und flexiblere Kommunikationsmöglichkeiten als GPRS
DECT "Digital Enhanced Cordless Telecommunications": anmeldefreier Kurzstrecken-Funk-Übertragungsstandard für tragbare Telefone und Datenendgeräte
LSA , LSAB "Licht Signal Anlagen Beeinflussung": Verfahren, durch das Busse und Straßenbahnen sich eine "grüne Welle" schalten können. Wird mittels eines Betriebsfunk-Kanals realisiert.
IBIS "Integriertes Bord Informations System": An den Betriebsfunk gekoppeltes Rechnersystem in Fahrzeugen des ÖPNV
TCP/IP "Transmission Control Protokoll / Internet Protokoll": Standard-Übertragungsprotokoll im Internet und in lokalen Netzwerken
RBL "Rechnergestütztes Betriebs-Leitsystem": unter anderem verfolgt ein RBL automatisch die Positionen der Fahrzeuge
UIC "International Union of Railways": International genormte Schnittstelle, über die Daten über die Fahrten im Eisenbahnverkehr bezogen werden können
VDV "Verband Deutscher Verkehrsunternehmen" (http://www.vdv.de)