Christa Wolf (* 18. März 1929 in Landsberg an der Warthe als Christa Ihlenfeld) ist eine deutsche Schriftstellerin.


Leben
Christa Wolf wurde als Tochter des Kaufmanns Otto Ihlenfeld in Landsberg an der Warthe , heute Gorzów Wielkopolski, Polen, geboren. Sie besuchte dort bis kurz vor Kriegsende die Schule. Nach der Vertreibung durch die anziehenden sowjetischen Truppen fand die Familie 1945 vorerst in Mecklenburg eine neue Heimat. Christa arbeitete als Schreibhilfe beim Bürgermeister des Dorfes Gammelin bei Schwerin. Sie beendete die Oberschule 1949 mit dem Abitur in Bad Frankenhausen und trat im gleichen Jahr in die SED ein. Sie blieb Mitglied bis Juni 1989. Von 1949 bis 1953 studierte sie Germanistik in Jena und Leipzig, unter anderem bei Hans Mayer. 1951 heiratete sie den Schriftsteller Gerhard Wolf. Ein Jahr später wurde ihre erste Tochter, Annette, geboren.
Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Schriftstellerverband und als Lektorin verschiedener Verlage sowie als Redakteurin bei der Zeitschrift „neue deutsche literatur“. Von 1955 bis 1977 war sie Mitglied im Vorstand des Schriftstellerverbands der DDR. Vier Jahre nach Geburt ihres ersten Kindes wurde die zweite Tochter Katrin („Tinka“) geboren. Seit 1962 ist sie freie Schriftstellerin. Sie lebte von 1962 bis 1976 in Kleinmachnow bei Berlin und seit 1976 in Berlin. Seit 1974 war sie Mitglied der Akademie der Künste der DDR. Bereits 1972 unternahm sie eine Reise nach Paris und wurde 1984 Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Paris. Zwei Jahre später trat sie der Freien Akademie der Künste in Hamburg bei. 1976 wurde sie aufgrund der Mitunterzeichnung des „offenen Briefes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns“ aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen. Wolf unternahm viele Lesereisen, unter anderem nach Schweden, Finnland, Frankreich und in die USA, wo sie das Ehrendoktorat der Ohio State University erhielt. Sie zählt zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen der Gegenwart. Ihr Werk wurde in viele Sprachen übersetzt.
Am 4. November 1989 hielt Christa Wolf auf dem Berliner Alexanderplatz die Rede „Sprache der Wende“. An die Auflösung oder Zerstörung des Staates DDR glaubte im November/Dezember 1989 nur eine Minderheit der Bürger; auch nicht Christa Wolf und viele ihrer Schriftstellerkollegen und -kolleginnen. Sie hatten wie etliche DDR-Intellektuelle noch einige Zeit Illusionen über die Reformierbarkeit des Sozialismus unter anderer Führung. Am 26. November 1989 traten sie im Aufruf Für unser Land[1] für die DDR und gegen den „Ausverkauf unserer materiellen und moralischen Werte“ ein. Christa Wolf ließ in dieser Zeit keinen Zweifel daran, dass die Veränderungen in der DDR nicht der Stabilisierung des Staatswesens gelten dürften, sondern der Fortentwicklung des Sozialismus. Deshalb lehnte sie die Metapher „Wende“, die Krenz zum Amtsantritt eingebracht hatte, entschieden ab, diese könne zu Missverständnissen im Sinne einer Kehrtwende führen, einer Restauration oder einer Wendung zum Westen hin.[2]
Anfang der 1990er Jahre wurde bekannt, dass sie von 1959 bis 1962 als „IM Margarete“ beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR geführt worden war. Sie hat drei Berichte verfasst, die allerdings ein ausschließlich positives Bild der betroffenen Personen zeichneten. Das leitete zusammen mit der Kritik an ihrer Erzählung Was bleibt den sogenannten Literaturstreit ein. Die harte Auseinandersetzung über ihre Stasiverpflichtung in der Presse empfand sie als ungerechtfertigte Abrechnung mit ihrer DDR-Biographie. Sie versuchte den Medien mit längeren Aufenthalten in den USA zu entkommen und reagierte körperlich mit Krankheit (dokumentiert unter anderem in der Erzählung Leibhaftig). Im Herbst 2008 erschien der gemeinsam mit ihrem Mann verfasste Band Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht: Projektionsraum Romantik.
Auszeichnungen
- 1961 Kunstpreis der Stadt Halle
- 1963 Heinrich-Mann-Preis
- 1964 Nationalpreis 3. Klasse der DDR
- 1972 Theodor-Fontane-Preis
- 1977 Bremer Literaturpreis
- 1980 Georg-Büchner-Preis
- 1983 Franz-Nabl-Preis, Schiller-Gedächtnispreis
- 1985 Österreichischer Staatspreis für Europäische Literatur
- 1987 Geschwister-Scholl-Preis, Weinpreis für Literatur, Nationalpreis 1. Klasse der DDR
- 1994 Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille der Stadt Berlin
- 1999 Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis, Samuel-Bogumil-Linde-Preis, Nelly-Sachs-Preis
- 2001 Plakette der Freien Akademie der Künste Hamburg
- 2002 Deutscher Bücherpreis
- 2005 Hermann-Sinsheimer-Preis
Werke
Texte
- Moskauer Novelle, 1961
- Der geteilte Himmel. Erzählung, 1963
- Nachdenken über Christa T., 1968 (ISBN 3-630-62032-9)
- Lesen und Schreiben. Aufsätze und Betrachtungen, 1972
- Till Eulenspiegel, 1972
- Unter den Linden. Drei unwahrscheinliche Geschichten, 1974
- Kindheitsmuster, 1976
- Kein Ort. Nirgends, 1979
- Fortgesetzter Versuch. Aufsätze, Gespräche, Essays; 1979
- Geschlechtertausch. Drei Erzählungen, zus. m. Sarah Kirsch und Irmtraud Morgner, 1980
- Lesen und Schreiben. Neue Sammlung, 1980
- Kassandra. Erzählung, 1983 (ISBN 3-423-11870-9)
- Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Frankfurter Poetik-Vorlesungen, 1983
- Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht. Gesprächsraum Romantik. Prosa. Essays, zus. m. Gerhard Wolf´, 1985
- Die Dimension des Autors. Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche. 1959 - 1985, 1986
- Störfall. Nachrichten eines Tages, 1987
- Ansprachen, 1988
- Sommerstück, 1989
- Was bleibt. Erzählung, 1990 (entstanden 1979)
- Reden im Herbst, 1990
- Sei gegrüßt und lebe. Eine Freundschaft in Briefen, 1964-1973. Christa Wolf und Brigitte Reimann, hg. v. A. Drescher, 1993
- Auf dem Weg nach Tabou. Texte 1990-1994, 1994
- Christa Wolf und Franz Fühmann. Monsieur - wir finden uns wieder. Briefe 1968-1984, hg. v. A. Drescher, 1995
- Medea: Stimmen, 1996 (ISBN 3-423-25157-3)
- Hierzulande Andernorts. Erzählungen und andere Texte 1994-1998, 1999 (ISBN 3423128542)
- Leibhaftig. Erzählung, 2002 (ISBN 3-630-62064-7)
- Ein Tag im Jahr. 1960-2000, 2003 (ISBN 3-630-87149-6) Leseprobe (Vorwort und Eintrag für 1960)
- Mit anderem Blick. Erzählungen 2005 Suhrkamp(ISBN 3-518-41720-7)
Hörspiele
- Kein Ort. Nirgends, Hörspielfassung zusammen mit Gerhard Wolf, WDR 1982
- Medea Stimmen, Hörspielfassung (unbekanntes Datum)
Filme
- Der geteilte Himmel; Regie: Konrad Wolf; Buch: Christa und Gerhard Wolf; 1964
- Fräulein Schmetterling; Regie: Kurt Barthel; Buch: Christa und Gerhard Wolf (nach dem Rohschnitt abgebrochen); 1966
- Die Toten bleiben jung; nach dem Roman von Anna Seghers; Regie: Joachim Kunert; Buch: Christa Wolf, Joachim Kunert, Gerhard Helwig; 1968
- Till Eulenspiegel; nach der Filmerzählung von Christa und Gerhard Wolf; Regie: Rainer Simon; Buch: Rainer Simon, Jürgen Klauß; 1975
Interview
- Bei mir dauert alles sehr lange in: Die Zeit, Nr. 40, 9.2005
Literatur
- Peter Böthig (Hg.): Christa Wolf - Eine Biographie in Bildern und Texten, Luchterhand, München, 2004
- Sonja Hilzinger: Christa Wolf. Leben, Werk, Wirkung, Suhrkamp, Frankfurt/M. 2007, ISBN 3-51818-224-2
- Jörg Magenau: Christa Wolf - Eine Biographie, Kindler, Berlin, 2002
- Gisela Stockmann: Christa Wolf. Amselweg, In: Gisela Stockmann: Schritte aus dem Schatten. Frauen in Sachsen-Anhalt, Dingsda-Verlag, Querfurt 1993
Film
- Ein Tag, ein Jahr, ein Leben. Die Schriftstellerin Christa Wolf. Kulturdokumentation, 50 Min., ein Film von Gabriele Conrad und Gabriele Denecke, Produktion: RBB, arte, Sendung: 29. Juli 2005 bei arte, u.a. mit Günter Grass, Friedrich Schorlemmer (Inhaltsangabe des SWR und Interview mit der Regisseurin Conrad)
Fußnoten
- ↑ Aufruf: Für unser Land
- ↑ vgl. Paul Gerhard Klussmann: „Die Geschichte ist offen“. Utopie und Utopieverlust am Ende des Jahres 1989, in: ders. und Frank Hoffmann (Hg.): Das Epochejahr 1989 in Deutschland, Kleine Schriften aus dem Institut für Deutschlandforschung, Bochum 2000
Weblinks
- Vorlage:PND
- Vorlage:IMDb Name
- www.ub.fu-berlin.de Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- LeMO - Biografie Christa Wolf
- Projekt: Schriftstellerinnen der DDR. Christa Wolf.
- Literaturport: Christa Wolfs Büchnerpreisrede 1980
- Christa Wolf / Luchterhand Literaturverlag
- Christa Wolf. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
Personendaten | |
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NAME | Wolf, Christa |
ALTERNATIVNAMEN | Ihlenfeld, Christa |
KURZBESCHREIBUNG | Deutsche Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 18. März 1929 |
GEBURTSORT | Landsberg an der Warthe |