Thomas Quellinus
Thomas Quellinus (* ca. März 1661 in Antwerpen; † September 1709 ebenda) war ein hauptsächlich in Kopenhagen tätiger flämischer Bildhauer aus der Künstlerfamilie Quellinus.
Leben
Er wurde als Sohn des Artus Quellinus d.J. geboren, bei dem er auch die erste berufliche Unterweisung erhielt. Danach arbeitete er zunächst in London mit seinem Bruder Artus Quellinus III.. Ab Mitte 1689 kam er nach Kopenhagen, um die Ausführung des von seinem Vater geschaffenen Grabmals für den Feldmarschall Hans von Schack (1609-1676) in der Trinitatis-Kirche zu überwachen, und war sodann dort in eigener Werkstatt tätig. Er erwarb sich in Nordeuropa rasch einen Namen. 1707 kehrte er nach Antwerpen zurück.
Werk
Quellinus wurde hauptsächlich durch seine Grabmalproduktion berühmt. Er schuf eine neue Form, das "Staffage"-Epitaph, das weit stärker als die traditionelle Form auf Elemente des Andachtsbildes verzichtete und ganz der ausgeprägten und nach außen gerichteten Selbstdarstellung der Stifter diente. Viele seiner prachtvollen Grabmale zieren heute noch Kirchen in Dänemark, wie den Dom von Århus und die Kirche von Auning[1] sowie Kirchen in Schleswig-Holstein.
Weitere Arbeiten von Quellinus finden sich im Lübecker Dom: das fürstbischöfliche Grabmal für August Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorp und die Grabkapelle für den dänischen Kanzler Johann Hugo von Lente.
Nach dem Entwurf von Quellinus entstand auch die Grabkapelle und das Grabmal für die Familie v. Brockdorff in Kletkamp an der Kirche von Kirchnüchel in Holstein sowie der Sarkophag des dänischen Großkanzlers Conrad von Reventlow im Schleswiger Dom.
Fredenhagen-Altar
Sein größtes und bedeutendstes Werk jedoch ist der Fredenhagen-Altar, ein barocker Hochaltar, den er für die Lübecker Marienkirche schuf (aufgestellt 1697, eingeweiht am 15. August 1697). Der nach seinem Stifter, dem Kaufmann Thomas Fredenhagen benannte Altar aus weißem und schwarzem Marmor und Porphyr wurde beim Bombenangriff auf Lübeck und dem anschließenden Brand der Marienkirche 1942 schwer beschädigt; die durchaus wiederherstellungsfähige Ruine wurde 1958 durch Beschluss des Kirchenvorstands auf Antrag des damaligen Bischofs Heinrich Meyer abgebaut.[2] Eine im Beschluss zunächst vorgesehene Umsetzung in die Greveradenkapelle im Nordturm, die auch Bedingung für die Zustimmung des staatlichen Denkmalausschusses vom 7. Juli 1958 zum Abbruch war, wurde nicht verwirklicht; die Einzelteile wurden stattdessen in der Petrikirche eingelagert, von wo aus sie in den späten 1970er Jahre wieder zurückkehrten. Einzelteile wie die Abendmahlsdarstellung der Predella und die Kreuzigungsgruppe wurden 1977 im Zusammenhang der Hamburger Ausstellung Barockplastik in Norddeutschland teilrestauriert und 1978 im Chorumgang der Marienkirche aufgestellt.[3] Die Diskussionen über einen Wiederaufbau des Altars halten an.[4] Die zum Altar gehörige Büste des Stifters Thomas Fredenhagen befindet sich zusammen mit dem Gipsmodell heute im Lübecker St.-Annen-Museum.
Als Folge des Altars erhielt Quellinus vier Aufträge für Epitaphien in der Marienkirche: für den Ratsherrn Hartwich von Stiten († 1692, 1699), den Ratsherrn Adolf Brüning (1702, 1706), den Bürgermeister Hieronymus von Dorne († 1704) sowie den Bürgermeister Dr. Anton Winckler (1707), das als einziges unbeschädigt geblieben ist. Die anderen wurden in der ersten Phase des Wiederaufbaus zunächst bewusst vernachlässigt und erst ab 1973 in mehreren Etappen soweit möglich restauriert .
Gartenskulptur
Im von Peter dem Großen angelegten Sommergarten (Sankt Petersburg) finden sich heute noch drei Statuen von Thomas Quellinus. Es wird vermutet, dass diese (identifiziert als Minerva oder Athene, Ceres und Nymphe oder Flora(?)) eventuell der Rest einer größeren Gruppe sind.[5]
Literatur
- Sergej O. Androssow: Werke von Thomas Quellinus in Rußland und Polen. In: Studien zur barocken Gartenskulptur / Konstanty Kalinowski [Hrsg.]. – Poznań : Poznańska Drukarnia Naukowa, 1999. – (Seria historia sztuki ; 26). – ISBN 83-232-0886-7, S. 97-116
- Johannes Baltzer und Friedrich Bruns: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Herausgegeben von der Baubehörde. Band 3: Kirche zu Alt-Lübeck. Dom. Jakobikirche. Ägidienkirche. Verlag von Bernhard Nöhring: Lübeck 1920, S. 79-84. Unveränderter Nachdruck 2001: ISBN 3-89557-167-9
- Gustav Schaumann, Friedrich Bruns (Bearbeiter): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, hrsg. von der Baudeputation. Band 2, Teil 2: Die Marienkirche. Nöhring, Lübeck 1906.
- Heike Barth: Der Fredenhagen-Altar des Thomas Quellinus in der Marienkirche zu Lübeck. Marburg 1996
- Susanne Hecht: Der Fredenhagen-Altar in der Lübecker Marienkirche, Magisterarbeit, Berlin 2004
- auch in: ZVLGA 88 (2008), S. 149-199
- Anne-Dore Ketelsen-Volkhardt: Thomas Quellinus und das "Staffage"-Epitaph, in: Dies.: Schleswig-holsteinische Epitaphien des 16. und 17. Jahrhunderts. Neumünster: Wachholtz 1989 (in: Studien zur schleswig-holsteinischen Kunstgeschichte 15) ISBN 3-529-02515-1
- V. Thorlacius-Ussing: Billedhuggeren Thomas Quellinus, Kopenhagen 1926.
- Ders., Die Arbeiten der Künstlerfamilie Quellinus in den Herzogtümern und in Norddeutschland, in: Nordelbingen 6 (1927), S. 291-320
Einzelnachweise
- ↑ da:Auning Kirke
- ↑ Meyers Begründung findet sich im Jahrbuch des St.-Marien-Bauvereins 1959/60: Entscheidung über den Fredenhagen-Altar, S. 36-41.
- ↑ Rolf Saltzwedel: Ludwig Schirmeister, in: Der Wagen 1995/96, S. 187.
- ↑ Siehe zuletzt Manfred Finke: Pastor Paulsen und Marienvorstand auf Abwegen: Gott mag kein Barock. In: bürgernachrichten 31 (2008), Nr. 100, S. 10f.
- ↑ Androssow (Lit.), siehe auch italienische Zusammenfassung
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Quellinus, Thomas |
| KURZBESCHREIBUNG | flämischer Bildhauer |
| GEBURTSDATUM | um März 1661 |
| GEBURTSORT | Antwerpen |
| STERBEDATUM | September 1709 |
| STERBEORT | Antwerpen |