Frühkindlicher Autismus

früherer Subtyp von Autismus
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Frühkindlicher Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die schon vor dem dritten Lebensjahr auftritt. Andere Bezeichnungen dafür sind Autistische Störung, Frühkindliche Psychose, Infantiler Autismus, Kanner-Syndrom.

Der Begriff "Autismus" wurde zum ersten Mal 1911 von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuler geprägt. Er beschrieb einen Zustand bei Schizophrenen, die sich in ihre eigene "Innenwelt" zurückzogen. Der amerikanische Psychiater Leo Kanner beschrieb 1943 erstmals den Frühkindlichen Autismus. Dieser ist abzugrenzen von dem Auftreten autistischen Verhaltens bei Schizophrenen.

Etwa 0,3 - 0,5% aller Menschen sind autistisch.

Weitere autistische Erkrankungen sind der Asperger-Autismus und der atypische Autismus.

Symptome und Beschwerden

Der Frühkindliche Autismus tritt vor dem dritten Lebensjahr auf. Typisch für diese Störung sind zum Beispiel Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen (Kontaktschwierigkeiten), das Vermeiden von Hör- und Blickkontakt, mangelnde oder fehlende Anschmiegsamkeit an die Eltern, eintönige Arm- und Handbewegungen (so genannte Stereotypien, oft fächelnd oder drehend, ausladende Armbewegungen), das Beharren auf gleich bleibenden Ritualen und Gewohnheiten (Veränderungen lösen Angst und Panik aus) und große Sprachstörungen. 50% der Patienten mit Frühkindlichem Autismus lernen nicht sprechen, sie greifen stark auf Körpersprache zurück bzw. teilen sich durch Schreien mit.

Dazu können noch eine Reihe weiterer Probleme, wie Phobien, selbstverletzendes Verhalten (Automutilation), Schlaf- und Essstörungen und Wutausbrüche kommen.

Folgen und Komplikationen

Der Frühkindliche Autismus führt zu einer weitesgehenden Isolierung des Patienten von der Umwelt und den Mitmenschen und zu erheblichen Verständigungsproblemen. Manche Autisten sind so stark betroffen, dass sie kaum noch am Umweltgeschehen teilnehmen können, sich wenig verständigen können und auch im Erwachsenenalter in speziellen Einrichtungen untergebracht werden müssen. (In vielen großen Städten gibt es Autismus-Ambulanzen, in Berlin, Bremen und Hamburg (?) auch stationäre Zentren.)

Die Stereotypien und die Angst des autistischen Patienten vor Veränderungen sowie die Wutausbrüche können die ganze Familie stark belasten.

Auch für die Eltern ist die Erkrankung eine schwere Belastung; häufig werden ihre Kinder als "ungezogen" angesehen (weil sie äußerlich "normal" wirken). Teilweise hält sich immer noch das Vorurteil, Autismus entstehe durch eine lieblose Erziehung durch die Eltern.

Autistisches Verhalten kann nicht nur bei frühkindlichem Autismus (Kanner-Syndrom) vorkommen, sondern auch bei andauernder Kindesmisshandlung, Verwahrlosung, Hospitalismus (Deprivation, Deprivationssyndrom), Asperger-Syndrom, schizoider Persönlichkeitsstörung, bei Fragilem X-Syndrom, bei Mutismus und bei bestimmten Formen der Schizophrenie.

Unterscheidungsmerkmale sind z. B. ein nachweisbar fehlerhaftes Erbgut (bei Fragilem X-Syndrom), Wahnsymptome (bei Schizophrenie), rasche Besserung der sprachlichen Fähigkeiten in adäquatem Milieu (bei Deprivation) und das Sozialverhalten (bei Sprachstörungen und Mutismus).

Ursachen

Die Ursachen des Frühkindlichen Autismus sind noch nicht restlos geklärt. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze:

In allerletzter Zeit hat man angefangen, die (möglicherweise vorhandene) genetische Komponente von Autismus zu erforschen ("Autismus-Gene").

Das alte Vorurteil, Autismus entstehe durch eine lieblose Erziehung oder durch Vernachlässigung des Kindes, gilt als widerlegt! Jegliche Schuldzuweisung an die Eltern, Geschwister oder Verwandten ist abwegig.

Eine Vorbeugung des frühkindlichen Autismus ist bislang nicht möglich.

Behandlung

Bei Frühkindlichem Autismus gibt es verschiedene Versuche einer Behandlung mit Sprach- und Verhaltenstherapie, wobei auch die Eltern und Geschwister des Kindes miteinbezogen werden. Der Erfolg hält sich meist in engen Grenzen, meist bleibt eine lebenslange Behinderung.

In einigen Fällen wird bei der Behandlung des Frühkindlichen Autismus das therapeutische Reiten eingesetzt.

Seit kurzer Zeit wird von guten Erfolgen mit einer Delfintherapie berichtet. Bei dieser Art von tiergestützter Therapie wirken die Medien warmes Wasser und Delfin zusammen. Im warmen Wasser kann der Patient sich entspannen. Es wird vermutet, dass die (gezähmten) Delfine sehr feine Sinnesempfindungen haben und die Emotionen des Patienten spüren. Wenn der Patient z. B. Angst hat, ziehen die Tiere sich zurück, wenn er Vertrauen findet, kommen sie auf ihn zu etc.

Die Delfintherapie wird (noch) nicht von den Krankenkassen bezahlt und sie ist sehr teuer. Bislang wird sie hauptsächlich im US-Bundesstaat Florida angeboten.

Einteilung nach ICD 10 und DSM-IV

Der frühkindliche Autismus wird im Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation ICD-10 unter dem Code F84.0 aufgeführt. Die US-amerikanische Klassifikation psychischer Störungen DSM-IV führt diese Erkrankung unter der Bezeichnung "Autistische Störung".

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