Die Rubikon-Rede war eine politische Rede, die Pieter Willem Botha, der damalige Präsident von Südafrika, am 15. August 1985 in Durban vor Mitgliedern der Nationalen Partei der Provinz Natal hielt. Die Bezeichnung der Rede geht zurück auf die Aussage „Heute, denke ich, überschreiten wir den Rubikon. Es kann keine Umkehr geben.“ vom Ende der Rede. Es handelte sich dabei um eine Metapher, die auf die Überquerung des Flusses Rubikon durch Gaius Iulius Caesar im Jahr 49 v. Chr. Bezug nimmt und allgemein das Übertreten einer bestimmten Grenze beschreibt, von der es kein Zurück mehr gibt. In Folge der Rede, mit der Botha die im Vorfeld entstandenen innen- und außenpolitischen Erwartungen hinsichtlich von gesellschaftlichen Reformen nicht erfüllte, kam es zu einer deutlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen und politischen Situation in Südafrika.
Inhalt der Rede
Sowohl in Südafrika als auch im Ausland traf die Rede auf großes Interesse, da aufgrund von vorherigen Aussagen des damaligen Außenministers Roelof Frederik Botha und von Spekulationen in der Presse die Ankündigung weitreichender Reformen zur Lösung der bestehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes erwartet wurde. Die Live-Übertragung wurde weltweit von rund 200 Millionen Menschen verfolgt. Botha verweigerte sich jedoch in der rund einstündigen Rede, trotz der von ihm gewählten Abschlussformulierung von der Überschreitung des Rubikon, nahezu allen Forderungen nach substantiellen Veränderungen und beschränkte sich auf die Zusammenfassung bisheriger Maßnahmen seiner Regierung sowie auf die unbestimmte Ankündigung von Empfehlungen, für deren Umsetzung er sich die Entscheidungsgewalt vorbehielt.
Er lehnte unter anderem die Wiederzulassung des African National Congress (ANC) und die Freilassung von Nelson Mandela ebenso ab wie die Durchführung von allgemeinen und freien Wahlen mit Beteiligung aller Südfrikaner. Die abschließenden Worte entstammten dabei einem Entwurf von Roelof Frederik Botha, der darüber hinaus auch schrittweise Veränderungen wie die Wiederherstellung der Bürgerrechte der afrikanischen Mehrheit sowie Verhandlungen mit deren Führern und die Abschaffung jedweder Diskriminierung enthalten hatte. Pieter Willem Botha übernahm jedoch diese Vorschläge seines Außenministers nicht, sondern ließ den Entwurf in weiten Teilen von einem engen Mitarbeiter umschreiben.
Auswirkungen
Die Rede hatte weitreichende Folgen für die weitere Entwicklung Südafrikas. Da es Botha mit seinen Äußerungen nicht gelang, die in ihn gesetzten Erwartungen auf innen- und außenpolitischer Ebene zu erfüllen, verschlechterten sich sowohl die diplomatischen Beziehungen Südafrikas zu anderen Ländern als auch die wirtschaftliche und soziale Situation im Inland erheblich. Die bereits zuvor stattfindende Abwertung der Landeswährung, des südafrikanische Rands, im Vergleich zu anderen Währungen setzte sich fort. Darüber hinaus kam es zu einer massiven Kapitalflucht sowie dem Ausbleiben von Auslandsinvestitionen und Krediten ausländischer Banken. In der Folge war Südafrika gezwungen, seine internationalen Zahlungsverpflichtungen vorübergehend einseitig auszusetzen. Im Jahr nach der Rede erklärte die Regierung des Landes aufgrund zunehmender innerer Spannungen und Proteste den Ausnahmezustand.
Die Rede war nach Einschätzung von Dave Steward, der zur damaligen Zeit als hochrangiger Mitarbeiter des südafrikanischen Außenministeriums und später als Berater von Bothas Nachfolger Frederik Willem de Klerk tätig war, gekennzeichnet durch einen absoluten Mangel an Verständnis für zeitgemäße politische Kommunikation sowie eine der eigentlichen Zielgruppe völlig unangemessene Wortwahl. Nach Ansicht von Robin Renwick, des späteren britischen Botschafters in Südafrika, stellte die Rede einen Wendepunkt in der Geschichte des Landes dar, da sie den Tag markierte, an dem die Apartheid-Regierung endgültig ihre internationale Glaubwürdigkeit sowie die politische, wirtschaftliche und diplomatische Handlungsfähigkeit verlor.
Literatur
- Hermann Giliomee: Great expectations: Pres. PW Botha's Rubicon speech of 1985. In: New Contree. A Journal of Historical and Human Sciences for Southern Africa. 55/2008 S. 1−40
Weblinks
- politicsweb: Text of PW Botha's Rubicon Speech August 15 1985 Text der Rede (englisch; PDF-Datei, ca. 1,5MB)
- politicsweb: The Rubicon revisited Artikel vom 20. August 2008 (englisch)
- Response to PW Botha's 'Rubicon' Speech Pressemitteilung des ANC vom 16. August 1985 (englisch)