Als Säkularisation wird ursprünglich die Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer (Land oder Vermögen) in weltliche Hände (meist durch den Staat) bezeichnet. Im engeren Sinne versteht man unter Säkularisation die Einverleibung der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten während des Napoleonischen Zeitalters.
Der Begriff leitet sich von lat. saeculum = „Jahrhundert“ ab und bezeichnet allgemein den Übergang von 'ewigen' zu 'zeitlichen' Werten. Als Begriff für die Enteignung von Kirchengut fiel das Wort Säkularisation wahrscheinlich zum ersten Mal am 8. Mai 1646, und zwar bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster durch den französischen Gesandten Henry d' Orléans. Dieser bezeichnete mit der Formel séculariser den Übergang von katholischen Gütern in protestantischen Besitz. Neueren Etymologien zufolge muss die Verwendung des lateinischen Substantivs saecularisatio allerdings um fast ein Jahrhundert vordatiert werden: es war bereits 1559 in Verwendung, das entsprechende Verb 1586[1].
Einbeziehung der kirchlichen güter in der revolution
Politische Folgen
Insbesondere profitierten der König von Preußen, der Kurfürst von Bayern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt von der Säkularisation. Allein in Baden vervierfachte sich die Fläche des Landes, die Zahl der Einwohner verfünffachte sich durch den Landzugewinn. Württemberg konnte seine Fläche und Einwohnerzahl immerhin verdoppeln.
Durch die Enteignung kirchlicher Güter verlor insbesondere (aber nicht nur) die katholische Kirche einen großen Teil ihrer weltlichen Macht. Dadurch wiederum wurde die Aufklärung weiter gefördert und auch das entstehende Bürgertum gestärkt.
Soziale Folgen
Die enteigneten Klöster wurden teils als Staatsgebäude (z.B. Gefängnisse) übernommen, teils meistbietend an Unternehmer versteigert. Vor allem das weltliche Dienstpersonal im Kloster, sowie die unmittelbar vom Kloster abhängigen Handwerker und Gewerbetreibenden, verloren ihre Arbeitsplätze und gerieten in eine bedrohliche Armut. Wertvolle Kunstbestände und Archivalien wurden verstreut oder durch unsachgemäße Behandlung zerstört.
Der enteignete - teilweise sehr große - Grundbesitz wurde oftmals dem Lehnsherrn bzw. Staat direkt zugeschlagen, teilweise aber auch an Bauern und Besitzlose verteilt oder in Stiftungen eingebracht, um dem bisherigen Zweck weiter zu dienen. Die vermögensrechtlichen Folgen der Enteignungen stellen noch heute in Form der Staatsleistungen ein staatskirchenrechtliches Problem dar.
Siehe auch
Literatur
- Alfons Maria Scheglmann: Geschichte der Säkularisation im rechtsrheinischen Bayern, 3 Bände, Habbel, Regensburg 1903-1908
- Dietmar Stutzer: Die Säkularisation 1803. Der Sturm auf Bayerns Kirchen und Klöster. Rosenheimer Verlagshaus Alfred Förg, Rosenheim 1976, ISBN 3-475-52237-3
- Christian Bartz: Die Säkularisation der Abtei Laach im Jahre 1802. Eine Fallstudie, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 62 (1998), S. 238-307
- Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Thorbecke, Ostfildern 2003, ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband)
- Marcel Albert: Die Gedenkveranstaltungen zum 200. Jahrestag der Säkularisation 1803-2003. Ein kritischer Rückblick, in: Römische Quartalschrift 100 (2005) S. 240-274.
Weblinks
- Westfalen regional: Säkularisation – das Ende der westfälischen Klöster? Zäsur – Umbruch – Neubeginn
- Feature Geschichte der Säkularisation in Bayern auf Bayern 2 Radiowissen
Fußnoten
- ↑ vgl. Marie-Luisa Frick, Andreas Oberprantacher, Uni Innsbruck: „Wiederkehr des Verdrängten? Die ‚Krise‘ der Säkularisierungsthese im Spiegel gegenwärtiger Debatten über das Phänomen ‚Religion‘ in Europa“, Innsbrucker Diskussionspapiere zu Weltordnung, Religion und Gewalt, Nr. 24 (2008), unter Bezugnahme dort auf Strätz, Hans-Wolfgang: „Säkularisation, II. Der kanonistische und staatskirchenrechtliche Begriff“, ersch. in: Conze, Werner. „Säkularisation, Säkularisierung“ - Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hrsg. Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck. Bd. 5. Stuttgart: Klett-Cotta, 1984. S. 792 ff