Kurt Aland

deutscher Theologe und Professor für Neutestamentliche Einleitungswissenschaft und Kirchengeschichte
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Kurt Aland (* 28. März 1915 in Berlin-Steglitz; † 13. April 1994 in Münster/Westfalen) war ein deutscher Theologe und Professor für Neutestamentliche Einleitungswissenschaft und Kirchengeschichte.

Kurt Aland (um 1990)

Biografie

Kurt Aland studierte ab 1933 Evangelische Theologie an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. Sein theologisches Examen legte er vor dem Bruderrat der Bekennenden Kirche am 23. März 1938 ab. Bereits während des Studiums arbeitete er an der Zeitschrift der Bekennenden Kirche, Junge Kirche, mit. In der ideologiekritischen Broschüre Wer fälscht?, die sich unter anderem gegen die Nationalsozialistin Mathilde Ludendorff richtete, positionierte er sich deutlich auf der Seite der Bekennenden Kirche. Das Lizenziat erlangte er 1939 bei Hans Lietzmann. Aufgrund einer Kriegsverletzung (1940) wehrdienstunfähig geworden, übernahm er 1941 die Redaktion der Theologischen Literaturzeitung und nach dem Tod seines Lehrers Hans Lietzmann zunehmend Lehrstuhlaufgaben. 1941 habilitierte er sich, 1944 wurde er in Berlin-Steglitz zum evangelischen Pfarrer ordiniert.

Nach dem Krieg wurde er zum Extraordinarius an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität und 1947 zum ordentlichen Professor in Halle (Saale) unter gleichzeitiger Wahrnehmung des Lehrauftrags in Berlin ernannt.

Alands kritische Haltung zum marxistischen Regime der DDR führte zu Verfolgung. 1953 wurde er unter dem Vorwurf, Uhren nach Westberlin geschmuggelt zu haben, für drei Monate in Untersuchungshaft genommen. Auch wurden ihm Kontakte zum Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen und zum RIAS vorgeworfen. Aland sprach sich mehrfach öffentlich gegen die Unterdrückung der Kirchen und der Lehrfreiheit in der DDR aus. Wegen „böswilligen Hemmens der sozialistischen Umgestaltung der Universitäten“ wurde Aland am 14. Juli 1958 durch die Universität fristlos entlassen. Aland floh im September 1958 nach Westberlin. Seine 8000 Bände umfassende Bibliothek wurde in die Universitätsbibliothek eingegliedert.

1959 wurde Aland ordentlicher Professor an der Westfälischen Wilhelm-Universität Münster. Hier gründete er das Institut für Neutestamentliche Textforschung, dessen Leitung er bis 1983 innehatte. Das Institut erlangte mit der Herausgabe des unter dem Namen Nestle-Aland bekannt gewordenen Novum Testamentum Graece weltweite Bedeutung.

Ehrungen

Kurt Aland wurde 1950 von der Universität Göttingen die theologische Ehrendoktorwürde verliehen. Die Universität St Andrews (Schottland) ernannte ihn zum DD und durch das Wartburg College Waverley (Iowa) zum Doctor of Literature. Er war Mitglied in den Akademien der Wissenschaften Großbritannien (1969), Göttingen (1975) und Niederlande (1976).

Zur theologischen Bedeutung Alands

Kurt Aland kann in einer Zeit zunehmender Spezialisierung, auch innerhalb der Theologie, als einer der letzten Vertreter ebenso umfassender wie gründlicher historischer und theologischer wissenschaftlicher Arbeit gelten.

Auf dem Gebiet der neutestamentlichen Textkritik gilt seine Arbeit und die des nach seiner Emeritierung 1983 von seiner Frau Barbara Aland geleiteten Instituts für neutestamentliche Textforschung richtungsweisend. Er ist Autor einer Vielzahl textkritischer Veröffentlichungen. Bekannt ist vor allem die völlig neu bearbeiteten Ausgabe des Novum Testamentum Graece (Nestle/Aland) 1979. Schwerpunkt seiner Arbeit war die intensive und mitunter abenteuerliche Suche nach alten Handschriften, deren Auswertung bis heute andauert. Diese Textbasis dient der wissenschaftlichen Arbeit am Neuen Testament mit dem Ziel der größtmöglichen Annäherung an den „Urtext“ des Neuen Testaments.

Kurt Aland unternahm mehrfach Reisen unter anderem zu den Klöstern Russlands und Griechenlands, mit denen die „Entdeckung“ und Dokumentierung zahlreicher neutestamentlicher Handschriften verbunden war. Darüber hinaus wirkte er unter anderem durch die Hermann-Kunst-Stiftung, in der sich seit 1964 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft versammelten, zur Förderung und Unterstützung des Institutes für Neutestamentliche Textforschung.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit waren seine kirchenhistorischen Arbeiten auf, sowohl im altkirchlichen Bereich, wie in der Reformationsgeschichte, der neueren Kirchengeschichte des Pietismus und der beginnenden Erweckungsbewegung. Von Kritikern wird die Tiefe und Weite und die umfassende Quellenkenntnis Alands hervorgehoben. Diese verleihe den kirchengeschichtlichen Einzelarbeiten Alands eine Gegenwärtigkeit und Lebendigkeit, was ein wissenschaftsdidaktisch wichtiger Aspekt sei.

Kurt Aland vertrat die Grundüberzeugung, dass alle historische Arbeit letztlich von der Kenntnis, der Verlässlichkeit und der Zugänglichkeit ihrer Quellen lebt.

Mit dem Institut für Neutestamentliche Textforschung hat sich Kurt Aland nach Meinung der Fachwelt als großer Ökumeniker, der den engen Rahmen des Deutschen Protestantismus weit hinter sich ließ, erwiesen. Aland gehört in die Reihe großer Theologen des 20. Jahrhunderts.

Veröffentlichungen in Auswahl (chronologisch geordnet)

Die folgende Auswahl stellt nur einen Bruchteil des wissenschaftlichen Lebenswerkes dar, versucht aber dennoch einen Eindruck von ihrer Weite zu geben:

  • Spener-Studien, 1943, (=Arbeiten zur Geschichte des Pietismus I. Arbeiten zur Kirchengeschichte Bd. 28);
  • Kirchengeschichtliche Entwürfe. Alte Kirche - Reformation und Luthertum - Pietismus und Erweckungsbewegung, 1960;
  • Die Säuglingstaufe im Neuen Testament und in der alten Kirche. Eine Antwort an Joachim Jeremias, (=TEH; N.F. 86), 1961; Über den Glaubenswechsel in der Geschichte des Christentums, 1961;
  • Bibel und Bibeltexte bei August Hermann Francke und Johann Albrecht Bengel. In: Pietismus und Bibel, (=AGP; 9), 1970, 89-147;
  • Taufe und Kindertaufe. 40 Sätze zur Aussage des Neuen Testaments und dem historischen Befund, zur modernen Debatte darüber und den Folgerungen daraus für die kirchliche Praxis - zugleich eine Auseinandersetzung mit Karl Barths Lehre von der Taufe, 1971;
  • A Textual Commentary on the Greek New Testament. A Companion Volume to the United Bible Societies Greek New Testament (third edition) by B. M. Metzger on behalf of and in cooperation with the Editorial Committee of the United Bible Societies Greek New Testament K. Aland, M. Black, C. M. Martini, B. M. Metzger and A. Wikgren, 1971;
  • Neutestamentliche Entwürfe, (=Theol. Bücherei, NT; 63), 1979;
  • Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik (zusammen mit Barbara Aland), 1982;
  • Die Grundurkunde des Glaubens. Ein Bericht über 40 Jahre Arbeit an ihrem Text. In: Bericht der Hermann Kunst- Stiftung zur Förderung der Neutestamentlichen Textforschung für die Jahre 1982 bis 1984, 1985, 9-75;
  • Das Neue Testament - zuverlässig überliefert. Die Geschichte des neutestamentlichen Textes und die Ergebnisse der modernen Textforschung, (=Wissenswertes zur Bibel; 4), 1986;
  • Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Bd. I-III (=Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung), 1987 ff.;

Herausgebertätigkeit (Quellenwerke, Hilfsmittel)

  • Synopsis Quattuor Evangeliorum. Locis parallelis evangeliorum, apocryphorum et patrum adhibitis, ed. K. A., 1963;
  • Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Tridentinum, 61967 (1.-5. Aufl. hrsg. von Carl. Mirbt); Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus. Reihe II: Die Kirche nach dem 2. Vatikanischen Konzil, Bd. 1: Die Jahre 1966 und 1967;
  • Vollständige Konkordanz zum griechischen Neuen Testament, unter Zugrundelegung aller modernen kritischen Textausgaben und des textus receptus in Verbindung mit H. Riesenfeld, H.-U. Rosenbaum, Chr. Hannick, B. Bonsack, neu zusammengestellt unter der Leituug von K. A., 1975 ff.
  • Computer-Konkordanz zum Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland26 und zum Greek New Testament3. Hrsg. vom Institut für neutestamentliche Textforschung u. vom Rechenzentrum der Universität Münster, unter bes. Mitwirkung von H. Bachmann u. W. A. Slaby, 1977;
  • Novum Testamentum Graece post Eberhard Nestle et Erwin Nestle communiter ed. K. Aland, M. Black, C. M. Martini, B. M. Metzger, A. Wikgren, apparatum criticum recens. et editionem novis curis elaborav. K. Aland et B. Aland una cum Instituto studiorum textus Novi Testamenti Monasteriensi (Westphalia), 261979;
  • Luther Deutsch. Studienausgabe in 10 Bänden und 1 Registerband, 4. Aufl. Göttingen 1991 ISBN 3-8252-1656-X; entspricht Kurt Aland (Hrsg.): Martin Luther. Gesammelte Werke, CD-Rom, Direct Media Publishing GmbH Berlin 2003 ISBN 3-89853-163-5; beide Ausgaben in heutigem Deutsch
  • Novum Testamentum Latine. Novam Vulgatam Bibliorum Sacrorum Editionem secuti apparatibus titulisque additis ediderunt K. A. et Barbara Aland una cum Instituto studiorum textus Novi Testamenti Monasteriensi, 1984;
  • Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur von Walter Bauer. 6., völlig neu bearbeitete Auflage im Institut für Neutestamentliche Textforschung/Münster unter besonderer Mitwirkung von Viktor Reichmann hrsg. von K. A. u. Barbara Aland, 1988.

Literatur

  • H. Kunst, K. A.: eine Würdigung. In: Text - Wort - Glaube. Studien zur Überlieferung Interpretation und Autorisierung biblischer Texte, hrsg. von M. Brecht, 1980, 1-15;,
  • Grundlagen der Apologetik. K. A. zum 70. Geburtstag. Konsultation der landeskirchlichen Beauftragten für Weltanschauungsfragen, [=Dokumentations-Edition; 7], 1985;
  • P.S., Das Neue Testament neu geschrieben. Zum Tode des Münsteraner Bibelwissenschaftlers K. A. In: FAZ vom 16. April 1994, S. 4;
  • M. Hengel, Laudatio auf K. A. In: Hermann-Kunst-Stiftung (Hrsg.), K. A. in memoriam, 1995, 17-34; E. Mühlenberg, K. A. In: Gnomon 68 (1996) 92-94;
  • Robert Stupperich, Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster. in: Die Universität Münster 1780-1980, Hrsg. von H. Dollinger, 1980, 241-252, 249f.;