Berlin-Prenzlauer Berg

Ortsteil von Berlin
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Prenzlauer Berg ist ein Ortsteil im Bezirk Pankow in Berlin. Bis zur Fusion mit Weißensee und Pankow im Jahr 2001 war Prenzlauer Berg ein eigenständiger Bezirk.

Lage des Prenzlauer Berg in Berlin
Blick über den Prenzlauer Berg

Der Name „Prenzlauer Berg“ kann mit oder ohne Artikel verwendet werden. Die Bewohner können „im“ Bezirk oder aber in, am oder „auf'm“ Prenzlauer Berg wohnen. Die Abkürzung Prenzl. Berg wird auch umgangssprachlich oft verwendet, teils auch Prenz(e)lberg geschrieben.

Stadtbild

Vor der deutschen Wiedervereinigung war Prenzlauer Berg ein Teil Ostberlins. Er ist geprägt durch Altbauten aus der Zeit um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Von Flächenbombardements im zweiten Weltkrieg verschont, in der DDR vernachlässigt, wurde die Gebäudesubstanz in den 1990er Jahren größtenteils saniert und bildet heute das wohl größte erhaltene Gründerzeitgebiet. Der innenstadtnahe Stadtteil ist von Restaurants und Bars geprägt, die sich besonders in der Kastanienallee, um Kollwitz- und Helmholtzplatz sammeln. Als Mittelpunkt des Nachtlebens kann der U-Bahnhof Eberswalder Straße angesehen werden, an dem sich u.a. Schönhauser Allee, Danziger Straße und Kastanienallee schneiden.

 
360°-Panorama der Kreuzung Schönhauser Allee mit Danziger Straße/Eberswalder Straße
v.l.n.r.: Einmündung Eberswalder Straße, Schönhauser Allee nach Norden (mit Hochbahnhof), Pappelallee, Einmündung Danziger Straße, Schönhauser Allee nach Süden (mit Konnopkes Imbiss), Kastanienallee

Die Sozialstruktur der 135.000 Einwohner des knapp 11 Quadratkilometer großen Gebiets befindet sich seit der Wende im Umbruch: das ursprüngliche Berliner Arbeitermilieu wird zunehmend verdrängt und auch die nachgezogene „alternative Szene“ beginnt langsam höheren Einkommensschichten zu weichen - nicht zuletzt wegen der steigenden Mieten im Zuge umfangreicher Sanierungen. Einhergehend mit den Bevölkerungsveränderungen ist die steigende Zahl von Kindern im Bezirk: So berichtete die Zeitung „Welt am Sonntag“ im Oktober 2004, der Prenzlauer Berg hätte „mit 2,1 Geburten pro Frau die höchste Geburtenrate in ganz Europa.“ Gleichzeitig ist auch der Anteil der schwulen Bewohner stark angestiegen, die schwule „Ost-Szene“ um die Greifenhagener Straße boomt und macht dem traditionellen Schwulenkiez in Berlin-Schöneberg, rund um den Nollendorffplatz, gehörige Konkurrenz.

Geographie / Namensgebung

 
Höhenprofil Prenzlauer Berg

Der Stadtteil Prenzlauer Berg ist Teil des Berliner Bezirks Pankow im Nordosten Berlins und grenzt im Südwesten an den Bezirk Mitte, im Südosten an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, im Osten an den Bezirk Lichtenberg, im Norden an die Ortsteile Weißensee und Pankow und im Westen an den Bezirk Reinickendorf.

Das alte Berlin reichte im Norden grade bis zum Ende des Spreetals heran und hinter der ehemaligen Stadtmauer steigt das Gebiet auf der gesamten Breite zum Plateau des Barnim an, daher wurde das Gebiet schon immer als „Berg“ – meist Windmühlenberg – bezeichnet. Da der ursprünglich geplante Bezirksname „Prenzlauer Tor“ auf ein schon zu diesem Zeitpunkt fünfzig Jahre nicht mehr existierendes Bauwerk hinwies, wurde der Name eines kleinen Berges im Süden des Gebiets für den gesamten Bezirk übernommen. Dieser Berg liegt an der Prenzlauer Allee, einer zentralen Ausfallstraße, die direkt in die uckermärkische Stadt Prenzlau führte, die ca. 90 km nördlich liegt. Erstmals dokumentiert ist der Name dieses Berges – und damit der Name des heutigen Stadtteils – in einem Schreiben vom Mai 1826.

Bevölkerung

Der Prenzlauer Berg als Stadtteil hat mit 134.861 Einwohnern (30. Juni 2003) die Dimension einer eigenen Großstadt auf dem relativ kleinen Gebiet von 10,95 km². Die Bevölkerungsdichte gehört mit 12.316 Einwohnern je Quadratkilometer zu den höchsten in Berlin. In einigen Bereichen - beispielsweise um den Helmholtzplatz - liegt diese nochmals höher bei um die 25.000 Einwohner je Quadratkilometer.

Auch die Altersstruktur ist bemerkenswert. Im Prenzlauer Berg leben überdurchschnittlich viele junge Menschen. 26,2% der Bevölkerung sind zwischen 15 und 30 Jahre alt (Berlin: 20,1%; Deutschland: 18,3%). Dies liegt sicher auch am hohen Anteil Ein- und Zweiraumwohnungen (70% gegenüber beispielsweise 60% im angrenzenden Stadtteil Weißensee oder 50% im angrenzenden Stadtteil Pankow). Der Anteil an ledigen Personen (1991: 46,2%) ist dementsprechend hoch. Anders als häufig behauptet herrscht jedoch auch in Prenzlauer Berg Kindermangel.

Der Ausländeranteil liegt bei 8,1% und somit ungefähr fünf Prozentpunkte unterm Berliner Durchschnitt.

Geschichte

Anfänge

 
Karte des Berliner Weichbildes im Nordosten
Die dicke Linie kennzeichnet die Grenze

Die Geschichte des Prenzlauer Bergs ist sehr jung. Zwar wurden die Wälder des Gebietes im 13. Jahrhundert größtenteils gerodet, doch zunächst nur als Ackerfläche genutzt, beispielsweise war der Weinbau bis zum sehr kalten Winter 1740/41 für die Region relativ bedeutend. Noch zur Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert befanden sich auf dem Gelände nur Äcker und wenige Windmühlen, die seit einigen Jahrzehnten vermehrt gebaut wurden. Siedlungen entstanden aber nicht. Die einzige Bebauung des Geländes war das Königliche Vorwerk, auf Erlass des Königs vom 31. März 1708 entstanden. Erste Erweiterungen über die alte Zoll- und Akzisemauer waren Friedhöfe: 1802 wurde der heute so genannte „Alte Friedhof“ der St. Marien- und St. Nicolai-Gemeinden vor dem Prenzlauer Tor angelegt. Die Stadtmauer wurde zu dieser Zeit noch erweitert und um den Friedhof herum gelegt, während der 1814 vor dem Königstor angelegte Friedhof der Georgen-Gemeinde außerhalb der Mauern Berlins blieb.

In den Einflussbereich Berlins fiel das Gebiet erst nach dem 19. November 1808, als in Preußen eine neue Städteordnung erlassen wurde. Mit dieser blieb das Umland einer Stadt zwar eigenständig, aber das Stadtrecht und somit die gesamte Gesetzgebung und das Steuerrecht galten nun auch dort. In Berlin wurden die nördlich gelegenen Felder 1831/32 in dieses so genannte Weichbild aufgenommen. Die erste Karte, die diese Grenzen zeigt stammt von 1840. Das Gebiet änderte sich in der Folgezeit nicht.

Mit den Stein- und Hardenbergischen Reformen (1807 bis 1810) wurden auch die Bauern nördlich Berlins von der Lehnsherrschaft befreit. Ihnen wurde zwischen 1822 und 1826 ihr Gelände als freies Grundeigentum überschrieben, wenn sie entweder die Hälfte ihrer Fläche abgaben oder das 18-fache eines Jahresertrages abführten. Gleichzeitig wurden gemeinsam bewirtschaftete Flächen im Zuge der Separation unter den Bauern aufgeteilt und die Flächen neu verteilt, sodass die Bauern zusammenhängende Flächen erhielten. Gewinner waren drei Familien: Griebenow, Büttner und Bötzow, die nun zusammen mehr als zwei Drittel der Fläche besaßen.

 
Der Berliner „Windmühlenberg“ um 1800

Kleinbauern hingegen hatten keine Chancen zu überleben. Entweder ihr Gebiet war durch das Abtreten der Hälfte der Fläche zu klein um auf dem unfruchtbaren Boden wirtschaftlich Landwirtschaft betreiben zu können oder sie waren auf Jahre verschuldet. Diese Bauern spezialisierten sich in den folgenden Jahren vorrangig auf die Weiterverarbeitung agrarischer Erzeugnisse: es wurden auf dem so genannten „Windmühlenberg“ (heute zwischen Schönhauser Allee und Prenzlauer Allee) viele weitere Windmühlen errichtet und einige Schnapsbrennereien entstanden. Der Windmühlenberg wurde der wichtigste Mühlenstandort Berlins. Andere Bauern begannen Bier zu brauen und so wurde der Prenzlauer Berg in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch zum bedeutendsten Brauereistandpunkt der Stadt. Nicht nur die Wasserqualität der Brunnen war hervorragend – auch eine dicke Tonschicht zur Anlage unterirdischer Kühlräume war vorhanden. So entstanden auch viele Ausflugslokale, Karusselle und eine Kegelbahn.

Erste Planungen

1827 beschloss der Berliner Magistrat, dass für das Umland ein Bebauungsplan erstellt werden sollte, da die Stadt innerhalb der Mauern stark wuchs. Zuständig dafür war das Preußische Innenministerium, das grade Pläne für das bisherige Stadtgebiet fertig gestellt hatte. Der zuständige Oberbaurat Johann Carl Ludwig Schmid teilte das Gebiet um Berlin dazu in fünf Planabschnitte ein, die im Uhrzeigersinn nummeriert wurden. Das Gebiet des heutigen Prenzlauer Berges fällt dabei komplett in den Plan I. Dieser orientierte sich an den bereits im 18. Jahrhundert entstandenen Chausseen (der heutigen Schönhauser Allee, Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße), sah aber eine Verdopplung der Straßenbreite vor. Die Größe der geplanten Grundstücke lässt aber darauf schließen, dass eine lockere Bebauung mit kleinen Gärten vorgesehen war. Der Plan wurde bis 1829 entwickelt und im darauf folgenden Jahr von König Friedrich Wilhelm III. genehmigt. Da der Plan viele große Straßen und Plätze vorsah und die dafür benötigten Gebiete entschädigungslos von den Bauern bereitgestellt werden sollte, scheiterte der Plan in den folgenden Jahren an deren Widerstand.

 
Gegend vor dem Prenzlauer Tor um 1847

Da die Bevölkerung der Stadt zwischen 1830 und 1840 weiter stark wuchs (von 250.000 auf 330.000 Einwohner) und eine Besiedlung der Umgebung zwangsläufig folgen musste, wurde 1840 ein Plan des Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné veröffentlicht, der einen großen Ringboulevard als Grenze nur wenige hundert Meter nördlich der vorhandenen Stadtmauern vorsah. Als Landschaftsarchitekt plante Lenné sehr großräumig ohne an die wirtschaftlichen Interessen der Grundbesitzer zu denken, sodass auch dieser Plan zum Scheitern verurteilt war. Schon wenige Jahre später wurde der geplante Boulevard durch erste Eisenbahnlinien zerschnitten, die Industrialisierung beschleunigte nochmals das Wachstum der Stadt, die in den 1840er Jahren von 330.000 Einwohnern auf 430.000 Einwohner wuchs und aus den Stadtmauern zu platzen drohte.

Der Hobrecht-Plan für die Umgebung Berlins

 
Nordöstlicher Ausschnitt des Hobrecht-Plans

Anfang der 1850er Jahre trug der damalige Bauinspektor Köbicke dann alle älteren Planungen zusammen und stellte dabei fest, dass es viele Ungenauigkeiten gab und die Teilung des Umlandes in fünf Planbereiche nicht ausreichend war und teilte das Umland daher in 14 Planabteilungen. Die alte Abteilung I wurde in die Abteilungen XI, XII und XIII überführt. Der heutige Prenzlauer Berg erstreckt sich dabei vom östlichen Bereich der Abteilung XI bis zum westlichen Bereich der Abteilung XIII (XIII-1). 1859 trat James Hobrecht die Nachfolge Köbickes an und veröffentlichte 1862 den so genannten Hobrecht-Plan. In diesem war auf dem inzwischen (seit dem 1. Januar 1861) zu Berlin gehörende Gebiet ein grobes Straßennetz mit einer Straßenbreite von 19 bis 68 Metern bei einer wirklichen Erweiterung der Stadt bis an die Grenzen des alten Weichbildes vorgesehen.

Freiräume wurden zum größten Teil auf Magistratsflächen geplant, nichtsdestotrotz mussten viele Plätze in den folgenden Jahren verkleinert oder aufgegeben werden, da die Grundstücksbesitzer wiederum unentschädigt bleiben sollten und sich daher wehrten. Neben den vorhandenen Chausseen, die verbreitert werden sollten, wurde einem seit 1822 existierenden Feldweg, der bis dato „Communication“ genannt wurde eine wichtige Rolle zuteil. Er sollte zusammen mit der Warschauer Straße und der Petersburger Straße Teil eines Ringes um die Stadt werden, der aber nie über diese Straße - die heutige Danziger Straße - hinaus nach Westen verlängert wurde.

Ein zweiter Ring sollte an der Grenze des alten Weichbildes im Norden verlaufen (heute Osloer Straße, Bornholmer Straße, Wisbyer Straße und Ostseestraße). Dies wurde kritisiert, da man sich nicht vorstellen konnte, dass die Stadt je bis dahin wachsen könne. 1862 wurde dieser Plan genehmigt und sollte die Grundlage für das Wachstum des Bezirks in den folgenden Jahrzehnten darstellen. Die Planungen beschränkten sich vollkommen auf die öffentlichen Flächen und trafen keine Beschränkungen bei der Art der Bebauung.

Erste Bebauungen

 
Erste, teils noch niedrige Bebauungen im Süden des Prenzlauer Berges
Lottumstraße 1871

Ab den 1840er Jahren wurden die stadtnahen Gebiete zunächst mit kleinen, zweigeschossigen Häusern bebaut, deren Dächer später ausgebaut wurden, um weiteren Wohnraum zu schaffen. Doch schon Ende der 1850er Jahre wurden diese Gebäude auf die gesamte Grundstücksbreite erweitert, tiefer gebaut und bis auf vier Etagen aufgestockt. In den 60er Jahren wurden langsam die Lücken geschlossen, sodass bis zu 300 Meter von der Stadtmauer entfernt geschlossene viergeschossige Häuserzeilen entstanden. Noch stehende Einzelgebäude wurden in dieser Zeit nach und nach abgerissen und durch größere Gebäude ersetzt. Die Fassaden waren einfach und hatten wenige Verzierungen und nur selten Balkone. Hinter den Vorderhäusern entstanden nun Wirtschaftsgebäude und Werkstätten, die in der folgenden Zeit auf zwei Etagen aufgestockt und über einen Seitenflügel mit dem Vorderhaus verbunden wurden. Eine Nutzung als Wohnraum wurde aber größtenteils noch untersagt. Erst in den 1870ern wurden mehrgeschossige Hinterhäuser und Seitenflügel als Wohnraum üblich, die volle Höhe erreichen sie jedoch erst in den 1880ern und bis zur Jahrhundertwende war auch diese Bauart Standard.

Die Gründerzeit: Rasantes Wachstum

 
„Tempo der Gründerzeit“ - zeitgenössische Darstellung

Die Stadt wuchs in den 1870ern fortwährend, nicht zuletzt durch die fünf Milliarden Goldfranc Kriegsentschädigung nach dem Deutsch-Französischen Krieg und die Ernennung Berlins zur Reichshauptstadt 1871. Lebten 1870 noch 800.000 Menschen in Berlin konnte sich die Stadt schon in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zu einer der weltweit sieben Millionenstädte zählen. In dieser Zeit wurde der Wohnungsbau industrialisiert. Baugesellschaften schufen ganze Fabriken, die nur mit der Produktion von Baumaterial beschäftigt waren und auf dem Gelände des heutigen Helmholtzplatzes wurde sogar eine Ziegelei errichtet. So konnte ein ganzes Grundstück mit fünfgeschossigem Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus in nur einem halben Jahr vom ersten Spatenstich bis zur Fertigstellung bebaut werden.

Kurze Rezession und städtische Baumaßnahmen

Ab 1870 wurden nur noch Baugenehmigungen erteilt, wenn die Straße befestigt und gepflastert war und im Jahr 1873 kam es zu einem großen Börsenkrach mit folgender Rezession. Die Bautätigkeit im Prenzlauer Berg nahm deshalb rapide ab. Da man die eigenen Versäumnisse bei der Besiedlung des Gebietes erkannt hatte und um die Bauwirtschaft anzukurbeln, begann die Stadt in den späten 1870ern damit, den späteren Prenzlauer Berg zu erschließen. Angeschlossen an die in diesem Bereich schon 1867 fertig gestellte Ringbahn wurde auf einem 20 ha großen Gelände zwischen eben dieser Ringbahn und der Danziger Straße die IV. Gasanstalt der Stadt errichtet. Der erste Gasbehälter wurde 1874 fertig gestellt und bis 1900 folgten fünf weitere.

Zwischen 1878 und 1881 wurde - ebenfalls mit Bahnanschluss - auf einem knapp 48 ha großen Gelände östlich der Landsberger Allee der „Central-Vieh- und Schlachthof“ errichtet, für viele Jahrzehnte eine der modernsten europäischen Anlagen dieser Art. 1886 folgten an der Prenzlauer Allee das Städtische Hospital (seit 1934 Bezirksamt Prenzlauer Berg) und das Städtische Obdach als Obdachlosenasyl. 1889 wurden im Stadtgebiet 13 Markthallen errichtet, um den Verkauf an zentrale Stelle zu verlagern und somit die Qualität der Waren überwachen zu können. In der Knaackstraße entstand die Markthalle XIII, die jedoch zu groß bemessen und aufgrund der Standgebühren sehr schlecht ausgelastet war. Schon 1916 wurde dieses Gebäude umgenutzt. Auch um die Frage der Kanalisation wurde sich nun gekümmert und ab 1873 wurde ein Kanalisationsplan von James Hobrecht umgesetzt. Die großen Alleen im Prenzlauer Berg waren um 1885 kanalisiert, in den kleineren Straßen dauerte dies noch einige Jahrzehnte länger.

Trotz der verstärkten öffentlichen Bautätigkeit, erholte sich die Bauwirtschaft auch in den 1880ern nur langsam. Die in den Jahren des Aufschwungs gebauten Wohnungen erwiesen sich als zu groß für den Normalverdiener und so wurden nun vorrangig Häuser mit kleiner zugeschnittenen Wohnungen gebaut.

Erneuter Aufschwung

Mitte der 1890er Jahre erholte sich die Bauwirtschaft und zur Jahrhundertwende wurde die Danziger Straße erreicht. Die neu erschlossenen Grundstücke wurden sehr dicht bebaut, sodass man sich gezwungen sah, Ende des 19. Jahrhunderts einige Einschränkungen in der Bauordnung zu erlassen. Ab 1887 wurde das Errichten von Kellerwohnungen verboten (es gab ca. 100.000 dieser Art in ganz Berlin) und 1897 gab es erstmals Vorschriften für größere Innenhöfe, sodass sich nun meist zwei Nachbargrundstücke einen Innenhof teilten um den Anforderungen gerecht zu werden. Die aufkommende Praxis einen Hof mit zwei Seitenflügeln zu umbauen wurde somit unterbunden. Trotzdem durfte weiterhin zwei Drittel des Grundstücks bebaut werden, bei bereits bebauten Grundstücken lag diese Grenze gar bei drei Vierteln.

In den Jahren um die Jahrhundertwende gab es wieder eine starke Bautätigkeit. Zwischen 1895 und 1910 entstanden Jahr für Jahr um die 100 neue Häuser, auch die Seitenstraßen wurden nun dicht bebaut. In dieser Zeit ähnelten sich die Häuser immer mehr und das typische Prenzlauer-Berg-Haus entstand: das 18 Meter breite Grundstück wurde mit einem fünfgeschossigem Vorderhaus bebaut, in dessen unterstem Stockwert Ladengeschäfte untergebracht waren. Darüber befanden sich pro Etage zwei Wohnungen, von der eine einen länglichen Raum hatte, der in den Seitenflügel hineinragte und von einem Fenster dort das Licht bekam: heute sind diese Räume unter dem Namen „Berliner Zimmer“ bekannt. Mit dem Nachbargrundstück teilte man sich einen Hinterhof - das wohl typischste Zeichen der so genannten Mietskasernen, von denen es im Prenzlauer Berg noch heute über 3.000 gibt. Im Hinterhaus gab es pro Etage meist vier Wohnungen für ärmere Bevölkerungsschichten. Insgesamt bestand ein solches Haus also aus ein bis zwei Läden und dreißig bis vierzig Wohnungen. Umso mehr sich der Aufbau der Häuser glich, umso mehr wurden sie einmalig verziert. Die aufkommende industrielle Produktion verschiedenster, genormter und daher zueinander passender Fliesen sorgte dafür, dass jedes Haus anders wirkte.

Vorantreiben der Bautätigkeit

Die Bautätigkeit in diesen Gebieten wurde häufig von den Besitzern der Grundstücke forciert. Die bereits angesprochenen Familien Griebenow, Büttner und Bötzow taten viel, um ihre Gebiete gut verkaufen zu können. So wurden nun Flächen freiwillig für Straßen an die Stadt übergeben und Ländereien an Kirchen verschenkt. So entstand die Immanuelkirche an der Prenzlauer Allee 1893 in völlig unbebautem Gebiet und auch um die im selben Jahr eingeweihte Gethsemanekirche befand sich zu dieser Zeit keine Bebauung. Beide Grundstücke wurden von den Großgrundbesitzern geschenkt: das Gelände der Immanuelkirche von der Familie Bötzow, das Gelände der Gethsemanekirche von der Witwe Griebenows, Caroline von Griebenow. Beide Schenkungen sollten sich rentieren, sollten die umliegenden Gebiete doch schon Ende der 1890ern vollkommen bebaut sein.

Der bereits 1877 komplettierten Ringbahn kam nun eine neue Bedeutung zu. Errichtet als Verbindung der Berliner Kopfbahnhöfe und der Vorstädte untereinander, wurde sie nun Teil des innerstädtischen Nahverkehrs. Nachdem ab dem 1. Januar 1872 der Personenverkehr zwischen Moabit und Schöneberg aufgenommen wurde, wurde bereits 1890 der Nordring viergleisig ausgebaut, um Güter- und Personenverkehr zu trennen. Verstärkt wurde die Nachfrage durch die Tatsache, dass die innerstädtischen Industriebetriebe - die das starke Wachstum des Prenzlauer Bergs auslösten - nun nach und nach in die Berliner Randbezirke zogen. So wurde die Bahn bereits 1892 von 30 Millionen Fahrgästen genutzt.

 
Blick über den Prenzlauer Berg in Richtung Westen

Abschwung der Bauwirtschaft

Um die Jahrhundertwende hatte Berlin die Zwei-Millionen-Grenze erreicht und wuchs weiterhin um ca. 50.000 Einwohner pro Jahr. Die Stadt hatte das Wachstum aber inzwischen im Griff, es entstanden Schulen und andere öffentliche Einrichtungen und 1908 wurde die Kanalisation endgültig fertig gestellt. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg verlor der Prenzlauer Berg an Bedeutung. Dazu beigetragen hat wohl auch die schlechte Anbindung an die Innenstadt, denn es existierte zwar die Ringbahn, aber es war keine Schnellbahn ins Zentrum vorhanden. Es existierten nur langsame Pferdeomnibuslinien, die später zu Pferdeeisenbahnlinien ausgebaut wurden, aber dennoch der mobilen Bevölkerung zu langsam waren. Die Planungen für eine Hochbahn vom Alexanderplatz zum Ring existierten zwar seit Anfang des Jahrhunderts, doch wehrten sich die Anlieger der Schönhauser Allee gegen die Ausführung der Bahn als Hochbahn und nicht als Untergrundbahn. Gegen diese Stimmen wurde die Ausführung als Hochbahn im Februar 1906 beschlossen, die Anlieger wehrten sich aber weiterhin, indem sie notwendige Grundstücke für den Bahnhofsbau nicht verkauften, sodass die Linie erst am 27. Juli 1913 eröffnet werden konnte. Die auf Mobilität angewiesene Bevölkerung zog es deshalb in die gut erschlossenen westlichen Vorstädte Schöneberg, Charlottenburg und Wilmersdorf.

Die Bautätigkeit im Prenzlauer Berg nahm zum Anfang der 1910er Jahre ab. 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam die Bautätigkeit ganz zum Erliegen. Als der Krieg 1918 endete kam es so einmal mehr zu großer Wohnungsnot. Die Wirtschaft lag am Boden und viele der Kriegsheimkehrer zog es in die Großstädte. Das bisher wenig genutzte Obdachlosenasyl an der Prenzlauer Allee, die „Palme“ (so genannt, weil anfangs eine Palme in einem Kübel am Einlass gestanden haben soll) stieß an die Grenzen seiner Kapazität - häufig nächtigten hier über 4000 Menschen. Die neue sozialdemokratische Regierung versuchte zudem Neubauten sozialer zu gestalten, indem das Baurecht schärfer wurde und Höchstmieten festgelegt wurden. Durch diese staatliche Regulierung kam es auch bis Anfang der 1920er kaum zu Neubauten.

Der Zusammenschluss zu Groß-Berlin

Einschneidend für die Geschichte Berlins ist der 1. Oktober 1920, an dem - nach über zehnjährigem Ringen - „Groß-Berlin“ gegründet wurde. Das alte Berlin und sieben weitere Stadtgemeinden, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke wurden nun auch organisatorisch zu einer Stadt zusammengefasst, nachdem sie bereits zusammengewachsen waren. Das neue Berlin war damit nach Los Angeles zur zweitflächengrößten Stadt der Welt geworden und war mit 3,8 Millionen Einwohnern die drittgrößte der Welt nach London und New York. Die Stadt wurde in 20 Bezirke geteilt, von denen einer das „Prenzlauer Tor“ (Bezirk IV) mit rund 10 Quadratkilometern und 300.000 Einwohnern wurde. Schon ein Jahr später wurde der Bezirk in „Prenzlauer Berg“ umbenannt.

 
Schlichte Fassaden der 20er Jahre

Da durch die staatlichen Restriktionen kaum gebaut wurde, wurde in der Weimarer Republik nach der Inflation ein Wohnungsbauprogramm gestartet. Da die Hausbesitzer durch die Inflation profitiert hatten, wurde ihnen nun eine so genannte Hauszinssteuer auferlegt, die sie auf eingenommene Mieten zahlen mussten. Diese Gelder kamen der neu gegründeten Wohnungsfürsorgegesellschaft zu Gute, die billige Kredite für Wohnungsneubauten vergab. So kam es ab Mitte der 1920er Jahre wieder zu einer verstärkten Bautätigkeit, vor allem nördlich der Ringbahn, aber auch an anderen Stellen wurden Baulücken geschlossen.

Die Gebäude dieser Zeit unterscheiden sich stark von den Gebäuden vorm Ersten Weltkrieg. Neubauten waren sozialer und wurden vor allem so gestaltet, dass die in ihnen lebende Bevölkerung gut leben konnte, wohingegen Verzierungen nach außen wegfielen. Die Häuser zeichnen sich durch einfache, unverzierte Vorderseiten aus und während früher jedes Grundstück durch eine andere Front auffiel, gab es nun durchgehende, gleiche Fassaden. Das bisher benutzte Schrägdach wurde durch Flachdächer ersetzt. So entstanden Ende der 20er Jahre tausende neue Wohnungen im Prenzlauer Berg. Da sich das Stadtwachstum inzwischen auf weiter außen liegende Bereiche verlagert hatte, blieb die Bevölkerungszahl des Prenzlauer Bergs konstant, und die neuen Wohnungen wurden genutzt, um die vorher herrschende Überbelegung zu reduzieren.

Das Ende der Bautätigkeit

 
Aktuelles Satellitenbild
Über 80% aller Wohnungen entstanden vor 1948

Ende der 1920er Jahre erreichte die Weltwirtschaftskrise Deutschland. Eine der Notverordnungen von Reichskanzler Heinrich Brüning kürzte die Hauszinssteuer, sodass der Hauptmotor des Wohnungsbauprogramms wegfiel und immer weniger gebaut wurde. Damit endet auch das Kapitel der massiven Überbauung. Zu diesem Zeitpunkt lebten im Prenzlauer Berg über 325.000 Menschen auf knapp mehr als 10 Quadratkilometern in 100.000 Wohnungen - Experten gehen davon aus, dass der Prenzlauer Berg zu dieser Zeit das dichtbesiedelsten Gebiete der Welt war, und das obwohl ein Viertel der Fläche noch immer unbebaut und zur Bebauung vorgesehen war. Eine Statistik vom Anfang des Jahrhunderts zeigt, wie dicht Berlin besiedelt war. So lebten in London pro Haus im Schnitt gerade einmal acht Menschen, in New York 17 - im gesamten Berlin waren es 76 und im Prenzlauer Berg um die 110. Das Ende der starken Berliner Bautätigkeit war aber nicht abgesehen worden - aus dem Jahr 1913 existieren Wohnungsplanungen für Berlin für 21 Millionen Menschen.

Auch nach der Machtübernahme Hitlers änderte sich nichts am massiven Baurückgang. Das Stadtbild des Prenzlauer Berges veränderte sich so in den 30er Jahren kaum. Einige provisorische Gebäude wurden durch Neubauten ersetzt, wenige Wohnsiedlungen entstanden und viele Straßen und Bürgersteige wurden saniert. Mit Beginn des Krieges kamen sämtliche Bautätigkeiten vollkommen zum erliegen.

Während dieser Zeit übten die Nationalsozialisten ihre Gräueltaten auch im Prenzlauer Berg aus. Im Zentrum des Bezirks entstand ein so genanntes „wildes Konzentrationslager“ zur Folterung und Ermordung von Gegnern des Regimes. Die Zahl der jüdischen Bewohner sank von über 20.000 schon bis 1939 auf unter 10.000. Nach Juden benannte Straßen wurden umbenannt.

Nach dem Krieg

 
Einwohnerentwicklung Prenzlauer Berg 1932 bis 2003

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Schadensbilanz erstellt und dafür jedes Haus klassifiziert. Da der Prenzlauer Berg keine Flächenbombardements ertragen musste, fiel diese Bilanz im Gegensatz zu anderen Bezirken relativ positiv aus. Etwa 10% der Gebäude galten als vollkommen zerstört, 7% als schwer beschädigt und 11% als „wieder herstellbar“. 72% der Gebäude hingegen waren nur leicht beschädigt und bewohnbar. Andere innerstädtische Bezirke wie Mitte und Tiergarten hatten 50% Verlust an Bausubstanz zu beklagen, der von der Bausubstanz ähnliche Friedrichshain 40%. Inwieweit der Prenzlauer Berg als Arbeiterbezirk von den Alliierten absichtlich nicht bombardiert wurde, ist ungeklärt. Von Zerstörungen besonders betroffen waren strategische Ziele, also das Gaswerk, Bahnanlagen und wichtige Zufahrtsstraßen.

Schon relativ schnell wurde begonnen, die Schäden zu reparieren und Lücken zu schließen. Dabei wurde behutsam vorgegangen, sodass der Gründerzeitstil erhalten blieb. Fassaden wurden zwar meist vereinfacht wiederhergestellt, Neubauten fügten sich aber in Größe und Form gut ins Stadtbild ein.

Die Teilung Berlins

Einen starken Einschnitt in die Stadtstruktur gab es am 13. August 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer. Die städtebaulich stark verbundenen Bezirke Wedding und Prenzlauer Berg wurden praktisch über Nacht getrennt. Die Bilder von Menschen, die aus Häusern in der Bernauer Straße teilweise mehrere Stockwerke tief in den Westen sprangen, gingen um die Welt. Entlang der Grenze entstand ein Sperrgürtel, der durch Gebäudeabrisse geschaffen wurde.

Mit dem Konzept der DDR-Führung für Berlin mit der Konzentration auf das Zentrum um den Alexanderplatz wurden die großen Chausseen - Schönhauser Allee, Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße - gefördert. Den Wohnarealen dazwischen wurde sich nicht gewidmet. Die alten gewerblichen Gebäude in den Höfen die nun ungenutzt waren, verfielen und auch die Wohnungen wurden zunehmend schlechter. Das Wohnungsbauprogramm der DDR war fast ausschließlich auf den Bau von Plattenbausiedlungen in bisher unbebauten Gebieten ausgelegt - im Altbaubestand wurden nicht einmal dringende Reparaturen durchgeführt. Durch das Desinteresse des Staates an der Bausubstanz wusste man teilweise nicht einmal mehr, welche Wohnungen noch bewohnbar beziehungsweise bewohnt waren oder wer sich dort niedergelassen hatte. Die Einwohnerzahl sank rapide - vor allem junge Familien mit Kindern verließen den Bezirk um in moderne Plattenbauwohnungen zu ziehen. Dies war aber auch die Zeit in der sich der alternative Touch des Bezirks bildete. Wohnungen insgesamt waren knapp und mit ein wenig Einsatz und Durchhaltewillen kam man hier schneller an eine eigene Wohnung als anderswo.

Sanierungsabsichten und Neubauten

Jahr für Jahr wurden aber mehr Wohnungen unbewohnbar. Die wenigen Instandsetzungen konnten dies nicht ansatzweise ausgleichen. Mitte der 70er Jahre änderte sich die Lage. Die immer noch vorhandenen Planungen den ganzen Bezirk oder zumindest den Süden abzureißen um Plattenbauten zu errichten, wurden aufgrund der Wohnungsnot auf Eis gelegt und die Stadtplanungsbüros angewiesen, Lösungen zu finden. Kurze Zeit später lief das erste Pilotprojekt rund um den Arnimplatz an. Die Überbauung wurde durch Abriss von Seitenflügeln und Quergebäuden reduziert, auf den Freiflächen Spielplätze angelegt und die verbleibenden Gebäude von Grund auf saniert. Durch Entkernungen und Grundrissvergrößerungen sank die Zahl der Wohnungen in dieser Zeit um 15%. Trotzdem wurde das Projekt nicht als Erfolg angesehen. Es wurden keine neuen Wohnungen geschaffen, für die Bewohner mussten gar Ausweichwohnungen freigehalten werden.

 
Thälmann-Park und Plattenbauten auf dem Gebiet des alten Gaswerks

Stattdessen wurde das im Mai 1981 stillgelegte Gaswerk an der Danziger Straße abgerissen um den schon zu NS-Zeiten bestehenden Plan, einen Volkspark anzulegen, umzusetzen. Die unter Denkmalschutz stehenden Gasometer - praktisch Wahrzeichen des Bezirks - wurden dabei unter dem Vorwand statischer Probleme quasi über Nacht abgerissen. Der für DDR-Zeiten starke zivile Widerstand sprach sich für eine kulturelle Nutzung aus, wurde aber ignoriert. Ein neu errichtetes Planetarium an der Prenzlauer Allee sollte die Gemüter beruhigen. Auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerkes entstanden neben dem „Ernst-Thälmann-Park“ inklusive gewaltigem Thälmann-Denkmal auch hunderte neuer Plattenbauwohnungen. Offizielle Einweihung war am 15. April 1986. Auch auf unbebauten Gartengrundstücken östlich der Greifswalder Straße entstand eine Plattenbausiedlung.

Vorbereitend für die 750-Jahr-Feier Berlins 1987 wurde Anfang der 80er auch wieder begonnen, Altbauten zu sanieren. Die Husemannstraße am Kollwitzplatz sollte praktisch als Freilichtmuseum das Gebiet um die Jahrhundertwende zeigen. Auch in anderen Straßen wurde wieder mehr saniert - aber nur, weil die Bausubstanz sonst kaum länger zu halten gewesen wäre. Schätzungsweise zwei Drittel der Dächer waren undicht. Die langfristigen Planungen des Staates sahen anders aus. Für das Jahr 1989 waren großflächige Abrissarbeiten im Bereich Rykestraße vorgesehen - es sollte Platz gemacht werden für neue Plattenbauten. In den Protokollen der Beratungen darüber finden sich eindeutige Vermerke darüber, dass auch dies kurzfristig geschehen sollte, um Widerstand in der Bevölkerung keine Chance zu lassen (beispielsweise sollte der Magistrat umgangen werden). Nur die politische Wende im Land ließ diese Planungen nie Wirklichkeit werden.

Die politische Wende in der DDR ging auch vom Prenzlauer Berg aus. Schon 1987 wurden aus den Räumlichkeiten der Zionskirchgemeinde heraus kritische Zeitschriften (bspw. „Grenzfall“) verbreitet. Am 25. November 1987 wurden daher sieben Oppositionelle (darunter ein 14-Jähriger) von der Stasi verhaftet. Ab dem 2. Oktober 1989 stand die Gethsemane-Kirche ständig für eine ununterbrochene Mahnwache für die politischen Gefangenen in der DDR offen - von hier aus organisierten sich auch neu gegründete Parteien und Organisationen. Zu guter letzt war es der Grenzübergang an der Bornholmer Straße im Prenzlauer Berg, der am 9. November 1989 als erstes geöffnet wurde.

Nach der Wende: Umfangreiche Sanierungsarbeiten

Datei:Prenzlauer Berg am U-Bhf Eberswalder Str.jpg
Blick auf die Kastanienallee am U-Bahnhof Eberswalder Straße

Zur Wende lebten trotz des Neubaus der Plattenbausiedlungen nur noch ca. 160.000 Menschen im Prenzlauer Berg - nur noch halb so viel wie noch Ende der 20er Jahre. Das Problem aber war die bereits erwähnte jahrzehntelange Vernachlässigung der Bausubstanz. Bleierne Wasserleitungen genauso wie undichte Gasleitungen, durch die unzählige Straßenbäume starben, waren erneuerungsbedürftig. Viele Wohnungen mussten noch immer mit Kohle beheizt werden und noch Anfang der 1980er gab es im Prenzlauer Berg über 16.000 Etagenklos. So wurde der Prenzlauer Berg Anfang der 1990er Jahre zum wohl größten Sanierungsgebiet Mitteleuropas. In fünf ausgeschriebenen Sanierungsgebieten wurde die Sanierung von 32.202 Wohneinheiten gefördert. Dabei sank die Anzahl der Wohnungen durch Vergrößerung der Fläche (z.B. zum Einbau von Innentoiletten) weiter. Sank diese Anzahl schon von 1981 bis 1991 um 2000, so waren es 1995 mit 86.435 Wohneinheiten nochmals 3000 Wohnungen weniger.

Heute sind große Teile des Bezirks saniert und bilden das wohl größte Gründerzeitgebiet - 67% aller Wohnungen stammen aus den wenigen Jahrzehnten zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg.

Leben & Kultur

Schon zu DDR-Zeiten prägten Studenten, Kulturinitiativen und Literaten das Image des Prenzlauer Bergs. Nach dem Fall der Mauer hat sich der Penzlauer Berg zum "Szeneviertel" entwickelt und ist vor allem für sein ausgeprägtes Nachtleben und die Vielzahl an Kneipen, Cafés und Clubs bekannt. Besonders am Kollwitz- und Helmholtzplatz gebt es viele unterschiedlichen Restaurants und Cafes. In der Kastanienallee finden sich außerdem viele kleinere Geschäfte, das Kino Lichtblick und das Dock11-Theater. Die Kulturbrauerei, die sich im Gebäudekomplex der ehemaligen Schultheiss-Brauerei an der Schönhauser Allee/Danziger Straße befindet, das von September 1998 bis Januar 2001 saniert wurde, ist ein Zentrum des kulturellen Lebens im Prenzlauer Berg. Hier befinden sich neben Kinos und Restaurants, das schon 1922 in Berlin gegründete russische Kammertheater, und das Theater Rambazamba, in dem der Verein Sonnenuhr e.V. mit geistig behinderten Künstlern arbeitet. Daneben befinden sich auf dem Areal auch Veranstaltungsräume, Clubs, und die "literaturWERKstatt".

Der kommerzielle Mittelpunkt des Stadtteils liegt beim S-Bahnhof Schönhauser Allee, wo die „Schönhauser Allee Arkaden“, ein Einkaufszentrum nach dem typischen Muster der ostdeutschen Nachwendejahre, Kunden auch aus dem ursprünglichen Pankow anziehen. Typisch für den Bezirk sind kleine autonome Läden wie das Hinterhof-Antiquariat.

Viele Klubs befinden sich im Prenzlauer Berg. Darunter die Stammclubs vieler Berliner Bands wie Rammstein, den Beatsteaks oder Rosenstolz. Wichtige Klubs sind beispielsweise der Knaack-Klub und der Magnet-Klub in der Greifswalder Straße, in der Kulturbrauerei neben dem Klub Kulturbrauerei der Frannz Klub, das Kesselhaus, und der Soda Club. Weiterhin Pfefferberg, Prater und Steinhaus.

Personen

Verkehr

 
Straßennetz im Prenzlauer Berg

Der Prenzlauer Berg ist gut erschlossen. Die wichtigsten Straßen sind die stadtauswärts führenden Chausseen (Greifswalder Straße; Prenzlauer Allee; Schönhauser Allee) und die dazu rechtwinklig führenden großen Straßen (Danziger Straße; Bornholmer Straße; Wisbyer Straße; Ostseestraße), die einst als Ringe um die Stadt konzipiert waren. Das Straßennetz mit 192 Straßen umfasst 92 Kilometer, bedingt durch die Blockstruktur vergleichsweise wenig. Weitere wichtige Straßen sind Bötzowstraße, Gneiststraße, Hufelandstraße, Kastanienallee, Kollwitzstraße, Oderbergerstraße, Pappelallee, Schwedter Straße und Stargarder Straße. Wichtige Plätze sind Arnimplatz, Falkplatz, Helmholtzplatz (Helmi), Humannplatz, Kollwitzplatz (Kolle), Senefelder Platz, Teutoburger Platz und Zionskirchplatz.

 
Öffentlicher Personennahverkehr im Prenzlauer Berg

Die wichtigsten Strecken des öffentlichen Personennahverkehrs sind der Teil der Ringbahn, der durch den Ortsteil führt mit fünf Bahnhöfen auf dem Gebiet und die U-Bahnlinie 2 mit drei Bahnhöfen. Weiterhin führen mehrere Straßenbahnlinien durch das Gebiet und im Ostteil kreuzen einige Buslinien den ehemaligen Bezirk.

Politik

Seit der Berliner Bezirksreform vom 1. Januar 2001 ist Prenzlauer Berg kein eigenständiger Bezirk mehr sondern ein Stadtteil des Großbezirks Pankow. Dabei wurde vor und nach der Durchführung immer wieder kontrovers über den Namen diskutiert, letztendlich bleibt der Name „Prenzlauer Berg“ aber nur noch für einen Stadtteil erhalten.

Ab der Gründung des Bezirks 1920 war die vorherrschende Kraft des Prenzlauer Bergs die sozialdemokratischen Parteien (USPD 29 von 61 Sitzen; SPD 12). Sie stellte bis 1933 die stärkste Kraft im Bezirksparlament und den Bürgermeister. Ab 1933 regierte auch hier die NSDAP. Gleich nach dem Krieg wurden verdiente Kommunisten mit dem Wiederaufbau beauftragt, doch bei den ersten Wahlen gewann die SPD. Ab 1948 musste deren Bürgermeister aber seinen Platz räumen und während der DDR-Zeit wurde offiziell natürlich nur die SED gewählt.

Heute zeigt sich bei Wahlen das für Ostberlin typische linke Profil mit typisch großstädtischem grünen Profil. Bei den letzten Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2001 erreichte die PDS 42,6% der Zweitstimmen, die SPD 24,2%, die Grünen 16,0%, die CDU 8,4% und die FDP 4,8%. Bei den Europawahlen 2004 hingegen waren die Grünen mit 41,7% der Stimmen stärkste Kraft vor der PDS mit 21,8% und der SPD mit 15,2%. Auch das bisher einzige Direktmandat der Grünen bei der Bundestagswahl 2002 (für Christian Ströbele) hat die Partei den Prenzlbergern zu verdanken: Der zwischen Prenzlauer Allee und der Grenze zu Friedrichshain gelegene Teil wurde mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zum Wahlkreis 84 zusammengelegt.

Wirtschaft

Wirtschaftlich war der Prenzlauer Berg schon immer unbedeutend. Neben dem Gaswerk waren Brauereien (Schultheiss, Landré, Pfeffer, Bötzow, Groterjan) die wichtigsten Betriebe im Bezirk. Heute dominiert vor allem der Einzelhandel und mittelständisches Gewerbe.

Literatur

  • Haeder, Alexander; Wüst, Ulrich: Prenzlauer Berg – Besichtigung einer Legende. edition q Verlags-GmbH, Berlin 1994 ISBN 3-86124-140-4
  • Dahn, Daniela: Prenzlauer Berg-Tour. Mitteldeutscher Verlag, Halle Leipzig 1987, ISBN 3-354-00139-9
  • Roder, Bernt; Tacke, Bettina: Prenzlauer Berg im Wandel der Geschichte – Leben rund um den Helmholtzplatz. be.bra Verlag 2004, ISBN 3-89809-051-5
  • Kirk, Marina; Kurch, Peter; Norden, Johnny; Richter, Frank; Seyfarth, Beate: Der Berliner Bezirk Prenzlauer Berg, Institut für Sozialdatenanalyse Berlin 1995, ISBN 3-89626-008-1
  • Grosinski, Klaus: Prenzlauer Berg. Dietz Berlin, 2000, ISBN 3-320-01938-4

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