Usbekische Sprache

am weitesten verbreitete Turksprache Zentralasiens
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Die usbekische Sprache (Eigenbezeichnung: O‘zbek tili, Kurzform: O‘zbekcha) ist die am weitesten verbreitete Turksprache Zentralasiens. Es entstand unmittelbar aus dem Tschagataiischen.

Datei:Verbreitungsgebiet der Turkvölker.PNG
Lage des Usbekischen innerhalb der heutigen Turksprachen

Als Alternativbezeichnung wird in der türkischen Turkologie auch Özbek Türkçesi (Usbeko-Türkisch) verwendet. Die Eigenbezeichnung des Usbekischen in Afghanistan lautet Uzbek tili, Uzbeki, Uzbaki oder Uzbekcha. Die Sprachbezeichnung als solche führt sich auf den damaligen Kasachenherrscher Usbek Khan zurück, der im 16. Jahrhundert das eigentliche usbekische Volkstum begründen sollte.

Die am engsten mit dem Usbekischen verwandte Sprache ist das im chinesischen Sinkiang gesprochene Uigurische.

Die Sprachkürzel nach ISO 639.1/639.2 sind uz und uzb.

Sprecherzahl und Verbreitungsgebiete

Weltweit gibt es über 20 Millionen Sprecher des Usbekischen.

In den GUS-Staaten leben heute rund 16,7 Millionen Menschen, die einen usbekischen Dialekt sprechen. In Usbekistan sprechen 99 % der über 14,142 Millionen Usbeken Usbekisch als Muttersprache. Im benachbarten Tadschikistan sprechen heute rund 1,2 Millionen Menschen Usbekisch, in Kirgisistan sind es 550.096, in Kasachstan 332.017 und in Turkmenistan 317.333.

Im chinesischen Sinkiang sprachen laut der Volkszählung von 1990 noch rund 3.000 Menschen Usbekisch.

Die rund 1,4 Millionen Köpfe umfassenden afghanischen Usbeken gehörten bis ins 19. Jahrhundert zum Khanat Buchara. 1886/93 kamen die südlichen Randgebiete des Khanates zu Persien und als sich die Afghanen kurze Zeit später unabhängig machten, kamen die Usbeken zum Emirat Afghanistan. Heute machen die Usbeken 9 % der Bevölkerung Afghanistans aus. 20 % von ihnen beherrschen neben dem Südusbekischen auch Persisch. Die in Afghanistan gesprochnene Form des Usbekischen wird zur Unterscheidung von der in Usbekistan und den anderen GUS-Staaten verwendeten Sprachform auch als Südusbekisch bezeichnet. Diese Bezeichnung ist allerdings missverständlich, da Südusbekisch anderseits auch eine der usbekischen Dialektgruppen bezeichnet, die auch von einem großen Teil der Einwohner Usbekistans gesprochen wird

Im 20. Jahrhundert wurden Usbeken als Gastarbeiter in die Türkei gerufen, und so gaben 1982 genau 1.981 Menschen in der Türkei Usbekisch als Muttersprache an.

Kleinere Gruppen von Sprechern des Usbekischen leben auch in Deutschland und in Pakistan.

Dialekte

Die usbekische Sprache gliedert sich im Wesentlichen in vier Dialektgruppen:

  • Das Nordusbekische wird von der sesshaften usbekischen Bevölkerung im Süden Kasachstans gesprochen.
  • Das Südusbekische wird von der sesshaften usbekischen Bevölkerung im zentralen und östlichen Usbekistan und im Norden Afghanistans gesprochen. Innerhalb des Südusbekischen können iranisierte und teiliranisierte Dialekte unterschieden werden. Die iranisierten Dialekte weisen aufgrund langandauernder Koexistenz mit iranischen Sprachen (Persisch bzw. Tadschikisch) zahlreiche Einflüsse dieser Sprachen nicht nur auf lexikalischem, sodern auch auf phonetischem Gebiet auf. Insbesondere ist in den iranisierten Dialekten die ansonsten in den Turksprachen geltende Vokalharmonie fast vollständig verlorengegangen. In den teiliranisierten Dialekten ist hingegen die Vokalharmonie teilweise erhalten. Iranisierte Dialekte des Südusbekischen werden in den größeren Städten des zentralen Usbekistan, vor allem in Buchara, Samarkand und Taschkent, sowie von der städtischen usbekischen Bevölkerung im Norden Afghanistans gesprochen. Teiliranisierte Dialekte werden in den ländlichen Gebieten zwischen den vorgenannten Städten sowie im Ferghanatal gesprochen. Der zu den iranisierten Dialekten gehörende Stadtdialekt von Taschkent ist Grundlage der Aussprachenorm der usbekischen Standardsprache.
  • Das Kyptschak-Usbekische, das aus systemlinguistischer Sicht dem Kasachischen näher steht als den übrigen usbekischen Dialekten, wird von den bis in die jüngere Zeit nomadisch oder teilnomadisch lebenden usbekischen Bevölkerungsgruppen gesprochen. Diese leben bzw. lebten in für nomadische Lebensformen geeigenten Gegenden über das gesamte usbekische Siedlungsgebiet verstreut. Sie waren bis in die jüngere Vergangenheit noch in Stammesverbände gegliedert, so dass sich das Kyptschak-Usbekische nicht wie die anderen usbekischen Dialekte in Stadt- und Ortsmundarten, sondern in Stammesmundarten gliedert.
  • Das Oghus-Usbekische, das aus systemlinguistischer Sicht einen Übergangsdialekt zum benachbarten Turkmenischen bildet, wird von der sesshaften Bevölkerung im südwestlichen Usbekistan gesprochen.

Entwicklung der Schriftsprache und Alphabete

Seit der Islamisierung wurde in Usbekistan bis 1923 – wie in ganz ZentralasienTschagataiisch als Schriftsprache gebraucht, das in persisch-arabischen Buchstaben geschrieben wurde.

Im Jahre 1923 wurde dieses Alphabet reformiert, der usbekischen Sprache angepasst und Usbekisch zur Schriftsprache in Usbekistan.

1929 wurde das Einheitliche türkische Alphabet eingeführt, und das Usbekische begann, sich den südtürkischen Sprachen anzupassen. Lautlich war diese usbekische Schriftsprache nach dem Nordusbekischen und grammatisch nach dem (teiliranisierten) Südusbekischen Taschkents ausgerichtet.

Im Laufe der 1930er Jahre wurde im Zuge von Änderungen der normativen Grammatik auch das Lautsystem am Südusbekischen ausgerichtet, was auch erneute Änderungen der Orthographie nach sich zog.

1939/40 wurde ein angepasstes kyrillisches Alphabet eingeführt, das auf der für das Russische üblichen Schrift aufbaut, jedoch um zusätzliche Buchstaben für die spezifisch usbekischen Laute erweitert.

Zur Zeit des Zusammenbruches der UdSSR (1988/89) gab es – im Zuge der Re-Nationalisierung und Islamisierung – Bestrebungen, das persisch-arabische Alphabet wieder einzuführen. Diese hatten jedoch mangels staatlicher Unterstützung keinen Erfolg. Lediglich in Publikationen islamischer/islamistischen Gruppierungen wird das Usbekische heute oft in arabischer Schrift geschrieben.

Nachdem auf dem ersten Treffen aller turksprachigen Präsidenten (Ankara 1992) beschlossen worden war, für die Turksprachen der ehemaligen Sowjetunion das Neue türkische Alphabet zu übernehmen beziehungsweise bei dessen Nichtübernahme ein latein-basiertes Alphabet zu entwickeln, wurde 1993 zunächst ein Entwurf für ein lateinisches Alphabet für das Usbekische vorgelegt, das zahlreiche diakritische Zeichen vorsah.

1995 beschloss die usbekische Regierung jedoch, stattdessen das lateinisches Alphabet ohne Zusatzzeichen anzunehmen. Dies sollte unter anderem die Verwendung der normalen englischen Schreibmaschinen- und Computertastatur ermöglichen und den zusätzlichen Aufwand für einen eigenen Zeichensatz vermeiden. Für diejenigen Laute, für deren Wiedergabe kein geeigneter lateinischer Buchstabe vorhanden war, wurden Digraphen eingeführt, bei deren Lautwert man sich an den Lautwerten der Konsonantenkombinationen im Englischen orientierte. Lediglich die Buchstaben g‘ und o‘ verwenden einen Haken als diakritisches Zeichen, der in seiner normativ korrekten Form nicht mit dem Apostroph identisch ist, sondern vielmehr einer kleinen 6 ähnelt.

Seit 1997 begann der langsame Übergang zur lateinischen Schrift, und die endgültige Übernahme des Lateinalphabetes soll bis 2005 abgeschlossen sein.

De facto sind heute die kyrillische und die lateinische Schrift parallel im Gebrauch. Unterschiedliche persönliche Präferenzen vor allem der älteren Generation sowie der durch die schlechte wirtschaftliche Lage bedingte chronische Geldmangel, der den Druck neuer Publikationen in lateinischer Schrift behindert, lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass noch auf unbestimmte Zeit beide Alphabete nebeneinander im Gebrauch bleiben werden.

Das usbekische Lateinalphabet (seit 1995)
Buchstabe Aussprache nach IPA
A a [a], [æ]
B b [b]
D d [d]
E e [ɛ], [e]
F f [f]
G g [g]
H h [h]
I i [i], [ɨ], [ɪ]
J j [dʒ], [ʒ]
K k [k]
L l [l]
M m [m]
N n [n]
O o [ɒ]
P p [p]
Q q [q]
R r [r]
S s [s]
T t [t]
U u [u], [y]
V v [w], [v]
X x [x], [χ]
Y y [j]
Z z [z]
O‘ o‘ 1 [o], [ø]
G‘ g‘ 1 [ɣ]
Sh sh [ʃ]
Ch ch [tʃ]
Ng ng [ŋ]
' 2 [ʔ], -

1Das diakritische Zeichen der Buchstaben O‘ o‘ und G‘ g‘ ist in normativer Form nicht mit dem Apostroph identisch, sondern ähnelt vielmehr einer kleinen 6. In Schreibschrift kann es auch durch einen über den Buchstaben gesetzten Strich ersetzt werden.
2Apostroph. Nach Konsonanten bei folgendem Vokal meist [ʔ], bewirkt nach Vokal eine Längung des vorangehenden Vokals; in der Umgangssprache oft stumm. In der Buchstabengruppe s'h dient es nur zur Unterscheidung vom Digraphen sh.

Siehe auch

Literatur

  • Ingeborg Baldauf: Schriftreform und Schriftwechsel bei den muslimischen Russland- und Sowjettürken (1850–1937): ein Symptom ideengeschichtlicher und kulturpolitischer Entwicklungen. – Budapest : Akad. Kiadó, 1993. (Bibliotheca Orientalis Hungarica; 40)
  • Khayrulla Ismatulla: Modern literary Uzbek. 1. Ed. by Walter Feldman. – Bloomington, Ind.: Indiana Univ., 1995. (Indiana University Uralic and Altaic series; 161)
  • Karl A. Krippes: Uzbek-English dictionary. – Kensington, Md.: Dunwoody, 1996.
  • Andrée F. Sjoberg: Uzbek Structural Grammar. – Den Haag, 1963. (Indiana University Uralic and Altaic series; 18)
  • Natalie Waterson [Hrsg.]: Uzbek – English dictionary. Comp. by Natalie Waterson. – Oxford [u. a.]: Oxford Univ. Press, 1980.
  • Stefan Wurm: Das Özbekische. - Philologiae Turcicae Fundamenta : Bd. I. Wiesbaden 1959, S. 489-524.