Die Hitler-Jugend (HJ) war die Jugend- und Nachwuchsorganisation der NSDAP, die zur "Erziehung" der Jugend diente und dafür sorgte, dass sich bei den Heranwachsenden ein Bewusstsein bildete, das dem Nationalsozialismus dienlich war.

Vorläufer
Die Geschichte der HJ beginnt bereits 1922 mit der Gründung des „Jugendbundes der NSDAP“ in München. Dieser Jugendbund war die erste offizielle Jugendorganisation der NSDAP, er war untergliedert in „Jungmannschaften“ (14-16Jährige) und den „Jungsturm Adolf Hitler“ (16-18-Jährige). Die Initiative zur Schaffung dieses Jugendbundes ging vom NSDAP-Parteimitglied Adolf Lenk und nicht etwa von der Parteiführung aus. Der Jugendbund wurde in den Parteiapparat eingebaut, der "Jungsturm Adolf Hitler" unterstand unmittelbar der SA-Führung. Er galt als Jugendabteilung der SA, anfangs trugen die Jugendlichen daher dieselbe Uniform wie die SA-Leute. Folglich wurde dieser Jugendbund in der Öffentlichkeit und sogar in weiten Teilen der Partei gar nicht als eigenständige Organisation wahrgenommen und blieb in einem relativ bedeutungslosen Stadium.
Nach dem gescheiterten Putsch von 1923 wurden verschiedene Gruppen des Jugendbundes unter Decknamen weitergeführt. Letztlich konnte sich nur eine Gruppe in Plauen/Vogtland um ihren Führer Kurt Gruber halten. Ihm gelang es, die Mitgliederzahl rasch zu steigern und 1926 kam auf Betreiben Grubers der Zusammenschluß einiger solcher Gruppen unter der Bezeichnung "Großdeutsche Jugendbewegung"(GDJB) zustande. Diese zunächst auf Sachsen beschränkte Bewegung unterstellte sich nun der nach Hitlers Entlassung neu gegründeten NSDAP, war aber keine Parteijugend. Mehrere Wehrjugendverbände konkurrierten um die parteiamtliche Anerkennung durch die NSDAP. Als schärfster Kontrahent zur GDJB erwies sich dabei die von Gerhard Roßbach gegründete „Schilljugend“. Nach einem kurzen Machtkampf setzte sich Gruber schließlich durch und die "Großdeutsche Jugendbewegung" wurde zur offiziellen Jugendorganisation der NSDAP.
Gründung
Auf dem 2. Reichsparteitag der NSDAP im Juli 1926 in Weimar wurde der GDJB dann in „Hitler-Jugend, Bund deutscher Arbeiterjugend“ umbenannt und war fortan einzige Jugendorganisation der NSDAP. Sie blieb allerdings bis zur Machtübernahme des Nationalsozialismus 1933 relativ unbedeutend. Namensgeber war Hans Severus Ziegler, später stellvertretender Gauleiter in Thüringen.
Führung der Hitler-Jugend
Die Hitler-Jugend war bis 1932 organisatorisch der SA unterstellt. Der erste "Reichsführer" der HJ wurde Kurt Gruber, der sie von Plauen aus leitete und 1931 durch Adrian Theodor von Renteln, zuvor Führer des NS-Schülerbundes, abgelöst wurde.
Auf persönlichen Wunsch von Adolf Hitler wurde Baldur von Schirach zum "Reichsjugendführer der NSDAP" ernannt, der zuvor Führer des NS-Studentenbundes gewesen war. Er fasste sämtliche NS-Jugendorganisationen zusammen und beerbte nach einigen Turbulenzen auch Rentelen im Amt. Schirach war von 1933 bis 1940 Reichsjugendführer und danach bis Kriegsende Gauleiter und Reichstatthalter von Wien.
Sein Nachfolger an der obersten Spitze der HJ wurde Arthur Axmann, der aus der Reichsjugendführung kam und den Reichsberufswettkampf initiiert hatte.
Die von den NS-Wahlkämpfern von 1933 in Saalschlachten und Massenprügeleien (z. B. in der Müllerstraße in Wedding) eingesetzte HJ hatte - ähnlich wie die SA in Horst Wessel - Opfergestalten bzw. "Märtyrer" in ihren Reihen zu beklagen. Die prominenteste Gestalt unter ihnen wurde Herbert Norkus. Der 15½ jährige HJ-Junge wurde am 24. Januar 1932 in Berlin Moabit von rund 40 Kommunisten derart zusammengeschlagen und misshandelt, dass er sich nur noch in einen nahe gelegenen Hauseingang, nach dem Attentat, retten konnte. Als man ihn dort fand, hatte er eine 3 cm dicke und 20 m lange Blutspur hinterlassen. Die Polizisten brachten ihn ins Moabiter Krankenhaus, wo der Arzt jedoch nur noch den inzwischen eingetretenen Tod feststellen konnte. Grund waren fünf Dolchstiche im Rücken und zwei in der Brust, von denen jeder einzelne tödlich gewesen war. Sein Gesicht wurde bis zur Unkenntlichkeit eingetreten und zerschlagen, sodass ihm sogar die Oberlippe fehlte. Diese Tat nutzte Joseph Goebbels damals als Propaganda der HJ mit den Worten: „Herbert Norkus ist ein Vorbild für die ganze deutsche Jugend (...) Dies ist ein Mann, der auch jetzt noch nicht verzagt, sondern in der deutschen Freiheitsbewegung weiterkämpft. Für den endgültigen Sieg Adolf Hitlers (...)“ Er ist auch Vorbild für das Buch "Der Hitlerjunge Quex", welches wenige Wochen nach dem Attentat von Karl Aloys Schenzinger geschrieben wurde. Die Hauptfigur heißt jedoch nicht Herbert Norkus, sondern Heini Völker. Dieser frühe HJ-Roman wurde 1933 unter der Regie von Hans Steinhoff mit Heinrich George u. a. verfilmt.
Pflichtmitgliedschaft
Seit dem 1. Dezember 1936 war die Mitgliedschaft gemäß dem "Gesetz über die Hitlerjugend" und zusätzlich bekräftigt durch die "Jugenddienstpflicht" (25. März 1939) nicht mehr freiwillig, das heißt, die Mitgliedschaft in der Hitler-Jugend konnte auch gegen den Willen der Eltern polizeilich erzwungen werden. Ab dieser Zeit wurde der Großteil der Jugend (Jungen und Mädchen) in der Hitler-Jugend erfasst.
Aufgaben
Die Aufgabe der Hitler-Jugend bestand darin, die Kinder bzw. Jugendlichen im Sinne der herrschenden nationalsozialistischen Ideologie zu erziehen und zu beeinflussen. Der Alltag in der Hitler-Jugend war militärisch organisiert. Auf dem täglichen Stundenplan standen Exerzieren, jede Art von Sport, Schießübungen, Fahnenappelle, Geländemärsche und Zeltlager. Fahrten durch Deutschland ergänzten das Programm. Bei all diesen Übungen und Veranstaltungen kam es den Führern der Hitler-Jugend nicht darauf an, das selbstständige und kritische Denken der Kinder zu fördern. Ziel war allein die körperliche Tüchtigkeit und die soldatische Disziplin der Mitglieder. Dabei sollte vor allem das Gefühl und das Empfinden der Kinder angesprochen werden, sie sollten von den gemeinsamen Ausflügen und Fahrten ein Gesamterlebnis "mitnehmen". Weiterhin wurden die Angehörigen des Jungvolks und der Hitler-Jugend zum Hilfsdienst für das "Winterhilfswerk" (WHW) herangezogen: Sammeln von Geldspenden mit Sammelbüchsen auf der Straße mit Abzeichenverkauf, Sortieren und Verpacken der Sachspenden. Es gab auch einen vorerst freiwilligen Reichsarbeitsdienst (RAD) für Jugendliche. Ab 1935 wurde dieser Pflicht für die männliche und ab 1939 für die weibliche Jugend. Dieser Dienst wurde u.a. beim Bau von Straßen, Kanälen und Befestigungen (z.B. Westwall) eingesetzt. Ab 1943 stand auch der Kriegsdienst als Luftwaffenhelfer und Marinehelfer in Verbindung mit der Hitler-Jugend.
Die HJ im "Volkssturm"
Im März 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs fanden in der Nähe des Berliner Olympiastadions Tausende jugendliche Mitglieder der Hitler-Jugend als Teil des so genannten Volkssturms den Tod. Sie wurden von den Anführern Carl Diem und Arthur Axmann und auf deren Veranlassung hin gegen die von Westen ins eingekreiste Berlin vorrückenden schwerbewaffneten russischen Panzertruppen als letzte Reserve dazu benutzt, das von Russen eingenommene Sportfeld zurückzuerobern.
Gliederung
Formationen der Hitler-Jugend
- das Deutsche Jungvolk (10- bis 14-jährige Jungen), seine Mitglieder Pimpfe genannt
- die eigentliche Hitler-Jugend (14- bis 18-jährige Jungen)
- der Jungmädelbund (10- bis 14-jährige Mädchen)
- der Bund Deutscher Mädel (BDM) (14- bis 18-jährige Mädchen)
- das Werk Glaube und Schönheit (17- bis 21-jährige Mädchen)
Sonderformationen
- die Flieger-HJ
- die Motor-HJ
- die Marine-HJ
- die Nachrichten-HJ
- die Reiter-HJ
- die HJ-Feuerwehrscharen
- die HJ-Bergfahrtengruppen
- der HJ-Streifendienst
- die HJ-Feldschere
- die BDM-Gesundheitsdienstmädel
Jährliche Parolen des Reichsjugendführers
Jedes Jahr stand unter einem besonderen Motto, nach dem der "Dienstplan" der HJ schwerpunktmäßig ausgerichtet wurde. Diese hießen im einzelnen:
- 1933 Jahr der Organisation
- 1934 Jahr der Schulung
- 1935 Jahr der Ertüchtigung
- 1936 Jahr des Jungvolks
- 1937 Jahr der Heimbeschaffung
- 1938 Jahr der Verständigung
- 1939 Jahr der Gesundheit
- 1940 Jahr der Bewährung
- 1941 Unser Leben: Ein Weg zum Führer
- 1942 Jahr des Osteinsatzes und des Landdienstes
- 1943 Kriegseinsatz der deutschen Jugend
- 1944 Jahr der Kriegsfreiwilligen
Literatur
- Michael Buddrus: Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik, hrsg. v. Institut f. Zeitgeschichte. Bd. 13/1 u. 2. München 2003.
- Karl-Heinz Huber: Jugend unterm Hakenkreuz. Frankfurt am Main-Berlin: Ullstein. 1986.
- Michael H. Kater: Hitler-Jugend, übersetzt von Jürgen Peter Krause, Darmstadt 2005.
- Arno Klönne: Jugend im Dritten Reich. Die Hitler-Jugend und ihre Gegner. Dokumente und Analysen. Düsseldorf 1982.
- Werner Klose: Generation im Gleichschritt. Die Hitlerjugend. Ein Dokumentarbericht. Oldenburg-Hamburg-München 1982.
- Hannsjoachim W. Koch: Geschichte der Hitlerjugend. Ihre Ursprünge und ihre Entwicklung 1922-1945. Percha 1975.
- Heinz Schreckenberg: Erziehung, Lebenswelt und Kriegseinsatz der deutschen Jugend unter Hitler. Münster 2001 (= Geschichte der Jugend; 25).
- Stachura, Peter D.: Nazi Youth in the Weimar Republic (= Studies in comparative politics; 5), Santa Barbara (Calif.), 1975, S. 20-40
- Schubert-Weller, Christoph: Hitlerjugend. Vom „Jungsturm Adolf Hitler“ zur Staatsjugend des Dritten Reiches. München: Weinheim. 1993.