Als eine Mumie bezeichnet man einen durch physikalische oder chemische Verhältnisse vor Verwesung geschützten und in seiner allgemeinen Form erhaltenen tierischen und menschlichen Körper. Der Prozess der Entstehung einer Mumie wird als Mumifizierung, das Endergebnis als mumifiziert bezeichnet.

Damit eine Mumie entstehen kann, muss der natürliche bakterielle Verwesungsvorgang aufgehalten werden. Dies kann durch Sauerstoffmangel, Trockenheit, Kälte oder Chemikalien erreicht werden.
Etymologie
Das Wort Mumie dürfte vom arabischen mumiyah abgeleitet sein, was Bitumen bedeutet. Man glaubte lange Zeit, dass die Ägypter ihre Mumien mittels Bitumen konservierten, doch die schwarze Masse, die man gefunden hatte, waren nur die verwendeten Öle und Harze, die sich im Laufe der Jahrtausende verändert hatten.
Natürliche Mumien
Natürliche Mumien werden erzeugt
- durch trockene, gut geheizte Wohnungen
- durch Trockenheit des Bodens am Begräbnisort, z. B. in der Sahara (weiße Mumien) oder in der peruanischen Wüste,
- wenn der Leichnam an einem sehr kalten Ort (z. B. Gletscher) begraben ist.
- einen kalten austrocknenden Luftzug, wie im Bleikeller des Doms zu Bremen oder auf dem Großen St. Bernhard,
- oder durch mineralische Bestandteile des Bodens (z. B. Alaungehalt).
Künstliche Mumien
Unter den künstlichen Mumien, die durch besondere Präparation mit fäulniswidrigen Stoffen erzeugt werden, sind die ägyptischen Mumien seit alter Zeit berühmt.
Schon Abdul Latif, ein arabischer Reisender des 12. Jahrhunderts, berichtet, dass man die nach Myrrhen duftenden Mumien in Ägypten zu medizinischen Zwecken verkaufe. Noch im 16. Jahrhundert und im Anfang des 17. Jahrhunderts wurde in Europa ein schwungvoller Handel damit betrieben, da sie als ein vorzügliches Heilmittel gegen Brüche, Wunden und Kontusionen galten; selbst Ende des 19. Jahrhunderts sollen in deutschen Apotheken noch vereinzelt Mumien nachgefragt worden sein.
Die Mumien liegen in den ägyptischen Gräbern zum Teil in Sarkophagen oder in Särgen, welche nicht selten die äußere Form einer Mumie haben; namentlich gilt dies von dem innersten Kasten, welcher oft nur aus einer Art von Pappe gemacht ist; sie sind mit einer außerordentlichen Menge von Binden aus Leinwand, dem Byssus der Antike, in seltenen Fällen aus Baumwolle, fest umwickelt, und der Kopf ist mitunter durch einen Hypokephalos gestützt.
In anderen Gräbern, z. B. in thebanischen Volksgräbern, liegen die Mumien uneingesargt in Haufen zu Hunderten und Tausenden. Sie sind lang gestreckt, mit den Händen über der Brust oder über der Schoßgegend gekreuzt oder mit eng an der Seite liegenden Armen, Frauen zuweilen in der Stellung der Venus von Medici.
Zwischen den Beinen oder Händen, seltener in den Achselhöhlen, findet man bei den Vornehmern religiöse Handschriften auf Papyrus, besonders aus dem Totenbuch, womit bei Ärmeren die Mumienbinden beschrieben sind. Am Bauch und auf der Brust, häufiger noch zwischen den Binden finden sich kleinere Amulette; die Mumien von Vornehmern sind oft mit Schmucksachen aus Gold und edlen Steinen, Halsbändern, Ringen, Ohrringen, Skarabäen, Amuletten und Götterfiguren geschmückt. Bei einigen hat man auch Kränze aus Blättern und Blumen von oft wunderbarer Erhaltung und Ketten von Beeren gefunden.
Die Haare sind meist kurz geschoren, bei Frauen manchmal lang und vortrefflich erhalten; die Schamhaare fehlen. Brust- und Bauchhöhle sind leer, durch Leinwandballen voneinander getrennt und mit einer harten, schwarzen, harzigen Substanz angefüllt. Die weiblichen Brüste finden sich nicht selten mit Leinwand ausgestopft oder mit Harz ausgegossen.
Die Mumien sind von den antiseptischen, harzigen und aromatischen Stoffen, mit welchen sie behandelt wurden, so vollständig durchdrungen, dass sie eine dunkelgelbe, rötliche, braune oder schwarze Farbe und einen nicht unangenehmen, aromatischen Geruch angenommen haben.
Die linke Hand ist fast immer mit Ringen oder Skarabäen geschmückt. Die Mumien der späteren Zeit sind schwarz und schwer und bilden mit den Binden eine unförmliche Masse. Schon der arabische Gelehrte Abdul Latif erzählt von Goldstückchen, welche sich auf den Mumien fänden, und in vielen Museen hat man Exemplare, welche Vergoldung im Gesicht, auf den Augenlidern, auf den Lippen, an den Geschlechtsteilen, an Händen und Füßen zeigen.
Mariette hat beobachtet, daß die Mumien von Memphis schwarz, ausgetrocknet und sehr zerbrechlich sind, während die von Theben gelb, mattglänzend und oft noch geschmeidig sind, was auf eine verschiedenartige Behandlungsweise hindeutet. Auch wurden Tiere, besonders Katzen und Hunde mumifiziert und als Grabbeigaben verwendet.
Die Art der Behandlung und Ausstattung ist bei den Mumien je nach Zeit, Ort und natürlich auch nach dem Stand eine sehr verschiedene gewesen; nach Herodotu Diodor gab es bei den alten Ägyptern drei Arten der Einbalsamierung: die erste habe 1 Talent gekostet, die zweite 20 Minen, die dritte sei vergleichsweise preiswert gewesen.
Nach der ersten Art, welche die Körperformen am besten konservierte, wurden zunächst von den "Paraschisten" durch einen Seiteneinschnitt, der mit steinernem Messer geschehen mußte, die Eingeweide herausgenommen, welche teils in den so genannten Kanopenvasen besonders einbalsamiert und beigesetzt, teils, wenn wir einer Nachricht des Porphyrius Glauben schenken dürfen, in den Nil geworfen wurden; das Gehirn wurde vermittelst eines Hakens durch die Nase herausgezogen. Danach wurde der Leichnam mit Palmwein und aromatischen Ölen gewaschen und mit Myrrhen und Kassie angefüllt, oder er wurde mit so genanntem Natron, einem von dem jetzt Natron genannten verschiedenen alkalischen Salz, imprägniert und danach mit Harzen und anderen aromatischen und fäulniswidrigen Stoffen angefüllt, worauf man ihn 70 Tage trocknen ließ und ihn dann in Binden wickelte.
Die Einbalsamierung der zweiten Art geschah ohne Seiteneinschnitt, indem man, nach Entleerung der Baucheingeweide durch den After, den Leichnam mit Zedernöl anfüllte. Dies Verfahren dauerte ebenfalls 70 Tage.
Die Einbalsamierung der dritten Art bestand im Waschen mit einer geringern Flüssigkeit (Syrmaia) und Einsalzung.
Viele Mumien wurden dann noch mit Pissasphalt, einem weniger reinen Asphalt, umgeben, so daß sie ganz schwarz und unkenntlich wurden. Die alten Schriftststeller haben indes nur im allgemeinen das Verfahren der Einbalsamierung beschrieben und erwähnen der Einzelheiten nicht, von denen die Einbalsamierungsrituale der alten Ägypter selbst sprechen.
Außer den alten Ägyptern verstanden sich auch die alten Guanchen auf den Kanarischen Inseln auf die Einbalsamierung; ihre Mumien sind in Ziegenfelle eingenäht und gut erhalten. Diese, wie auch die Mexikaner und Peruaner, trockneten, wie es scheint, die Leichname an der Luft oder durch Begraben in einem sehr trocknen Boden; die Mumien der letzteren finden sich in hockender Stellung, mit beiden Händen das Gesicht verdeckend (vgl. Reiß und Stübel, Das Totenfeld von Ancon in Peru, Berlin 1887).
Auch bei den birmanischen Priestern besteht die Sitte der Einbalsamierung, welche meistens mit dem Glauben an ein Wiederaufleben der toten Körper zusammenhängt.
In neuerer Zeit mit den Mitteln der fortgeschrittenen Chemie, würde man, wenn darauf Wert gelegt würde, ebenso vollkommene Mumien erzeugen können wie im alten Ägypten, wie unter anderen Brunnetti in Padua mit seinen künstlich versteinerten Leichen bewiesen hat.
Bekannte Mumien
aus Ägypten
Sonstige
- Ötzi
- Amazone von Bertek
- Marquise von Tal
- Alexander der Große (Honig-Mumie)
- Ritter Kahlbutz
- Der "Luftg'selchte Pfarrer"
Siehe auch: Lebendige Buddhas
Bekannte Fundstätten
- Tal der Könige (Theben-West)
- Tal der Königinnen (Theben-West)
- Bahariya, das Tal der goldenen Mumien
Varia
In dem Heilsystem des Paracelsus und seiner Nachfolger spielten neue Mumien, die man aus den Körpern von Gehenkten wie denjenigen lebender Menschen bereitete, eine große Rolle, ebenso im Hexenglauben, indem man durch Benutzung derselben den Lebenden schaden zu können glaubte (siehe Bildzauber, Voodoo). Daher die noch heute im Volk lebendige Vorsicht, Haare und Nägelabschnitte zu verbrennen, damit sie nicht in böse Hände fallen können.
Mumien finden als Untote in zahlreichen Horrorfilmen Verwendung. In dem Klassiker Die Mumie von 1932 (und dessen Remakes von 1959 und 1999) spielt eine Mumie sogar die Hauptrolle. Es gibt auch ein Rollenspiel des White Wolf-Verlags, Mummy: The Resurrection, in welchem man in die Rolle eines solchen Untoten schlüpft.
Literatur
- Alan Gardiner: Egypt of the Pharaos (1962), deutsch als: Geschichte des Alten Ägypten, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart
- Hans Georg Wunderlich: Wohin der Stier Europa trug (1975), englisch als: The Secret of Crete, Efstathiadis Publ., Anixi Attikis
- Mircea Eliade: Histoire des croyances et des idées religieuses (1976), Ed. Pavot, Paris, deutsch als: Geschichte der religiösen Ideen, Herder Verlag, Freiburg, 5 Bde.
- Jan Assmann: Tod und Jenseits im alten Ägypten (München: Beck, 2001)
- Milan Racek: Die nicht zu Erde wurden - Kulturgeschichte der konservierenden Bestattungsformen (Wien: BV, 1985)
- Renate Germer: Mumien (Artemis & Winkler, 2001)