Christenverfolgung
Rom und die Urchristen Unter Christenverfolgung versteht man klassischerweise die Unterdrückung der Christen im römischen Imperium bis zum Mailänder Toleranzedikt.
Wo Christen eine Minderheit sind, sind sie jedoch bis in die Gegenwart öfters Verfolgungen ausgesetzt. Verfolgung kann sich dabei auf grundlose Verhaftung, Gefangenschaft, Schläge, Folter oder Hinrichtung beziehen. Gelegentlich wird darunter auch die Konfiskation oder Zerstörung von kirchlichem Eigentum oder die Aufstachelung zum Hass auf die christliche Lehre oder die Christen selbst verstanden.
Viele Christen wurden jedoch auch durch ihre eigenen Glaubensgenossen verfolgt, weil sie einer abweichenden Lehre folgten. Siehe auch: Ketzerverfolgung
Allgemeines
Bei Christenverfolgungen unterscheidet die Kirchengeschichte
- die "klassischen" Christenverfolgungen im Römischen Reich und seinen Nachbarstaaten bis zum Toleranzedikt von Mailand 313,
- die Verfolgung des Christentums als Religion durch andere Religionen oder bestimmte Ideologien, z. B. im Islam oder durch den Stalinismus.
Die generalisierte Verwendung dieses Wortes außerhalb seines klassischen Kontextes ist jedoch umstritten. Manche kritisieren, dass sie dazu diene, eine sprachliche Analogie zur Judenverfolgung herzustellen, wodurch Christen in völlig unangemessener Weise zu permanenten Opfern der Geschichte stilisiert würden.
Von Christenverfolgungen, die um des Glaubens willen erfolgen, sind Verfolgungs- und Strafmaßnahmen gegen Christen z. B. aus wirtschaftlichen oder ethnischen Gründen zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist im konkreten Fall freilich schwierig, zumal solche Maßnahmen oft als Vorwand benutzt wurden und werden.
Von Christenverfolgung werden Glaubenskriege unterschieden.
Christenverfolgungen gab es im römischen Reich bis zum Toleranzedikt von Mailand 313, gelegentlich auch unter dem Islam und im fernen Osten.
Heute gibt es Christenverfolgungen in China, in Indien, in einigen islamischen Ländern wie Saudiarabien oder Pakistan und in einigen islamischen Regionen von multireligiösen Ländern wie Nigeria oder Indonesien, wo in den Auseinandersetzungen Andersgläubige Christen verfolgen.
Bei allen diesen Verfolgungen können neben religiösen auch wirtschaftliche, ethnische, nationalistische, rassistische oder politische Motive beteiligt sein. Verfolgungen, die neben Christen auch andere Minderheiten betreffen, sind ebenfalls differenziert zu betrachten. In diesem Falle geschieht die Verfolgung der Christen nicht aufgrund des Christ-Seins, sondern aufgrund des Anders-Seins.
In neutestamentlicher Zeit
Die Anhänger von Jesus von Nazareth wurden in Judäa zu neutestamentlicher Zeit vom jüdischen Hohen Rat, den Pharisäern und den Sadduzäern wegen Gotteslästerung verfolgt. Der erste Christ, der wegen seines (Irr-)Glaubens den Tod findet, ist der Diakon Stephanus, der in Jerusalem gesteinigt wird (Apg. 7,56-60).
Paulus von Tarsus berichtet selbst, wie er die Christen nach dem Tod von Stephanus verfolgte, um sie ins Gefängnis zu werfen. (1. Kor. 15,9 vgl. Apg. 8,3).
Der Apostel Jakobus der Ältere wird um 44 von Herodes Agrippa I. enthauptet (Apg. 12,2).
Flavius Josephus und Eusebius von Caesarea berichten, dass Jakobus der Gerechte, der Bruder von Jesus, im Jahr 62 in Jerusalem vom Hohenpriester getötet wurde.
Im Römischen Reich
Begrenzte Verfolgungen
Entgegen mancher Annahmen wurden Christen im römischen Reich nicht ständig und überall wegen ihres Glaubens verfolgt. Vor dem Toleranzedikt von Mailand 313 gab es nirgends im römischen Reich für Christen eine Rechtssicherheit oder Sicherheit vor Verfolgung.
Im Vergleich zu den anderen Religionen war das Christentum für die Menschen damals etwas Unbegreifliches. In allen Religionen gab es Götterbilder und Altäre, auf denen geopfert wurde. Die Christen taten dies nicht. Deswegen wurden die Christen anfangs auch als „gottlos“ verdächtigt.
So blieben die Christen im Römischen Reich vor Missgunst nicht verschont und bald blieb es nicht bei Neid und Verachtung, die auf Unwissenheit und Vorurteilen dem Christentum gegenüber begründet war.
So äußerte sich Caecilius Natalis, der Sprecher des Heidentums über die Christen:
- "Qui de ultima faece collectis imperitioribus, et mulieribus credulis, sexus sui facilitate labentibus, plebem profanae conjurationis instituunt".
- "Es sind das Leute, welche aus der untersten Hefe des Volkes unwissende und leichtgläubige Weiber, die ja schon wegen der Schwäche ihres Geschlechts leicht zu gewinnen sind, sammeln und eine ruchlose Verschwörerbande bilden."
Da das unbekannte Christentum auch als geheimnisvoll und gefährlich galt wurden bald alle unerklärlichen Dinge den Christen zugeschoben. So schrieb Tertullian:
- "Si Tiberis ascendit in moenia, si Nilus non ascendit in arva, si coelum stetit, si terra movit, si fames, si lues, statim CHRISTIANOS AD LEONEM".
- "Wenn der Tiber bis in die Stadtmauern steigt, wenn der Nil nicht bis über die Feldfluren steigt, wenn die Witterung nicht umschlagen will, wenn die Erde bebt, wenn es eine Hungersnot, wenn es eine Seuche gibt, sogleich wird das Geschrei gehört: "Die Christen vor die Löwen!""
Auch zur Zeit von Decius wurde den Christen die Schuld für Naturkatastrophen und die Invasion der Goten gegeben.
Die rechtliche Grundlage dieser Christenverfolgungen ist bis heute nicht vollständig geklärt, in den meisten Fällen dürfte die Grundlage kein kaiserliches Edikt, sondern die Polizeivollmacht der Provinzstatthalter gewesen sein. In manchen Fällen ging auch die Bevölkerung direkt gegen die Christen vor, ohne auf behördliche Genehmigung zu warten. Daneben gab es Kriminalprozesse wegen fiktiver Anschuldigungen wie Ritualmord (Abendmahl) oder Inzest. Gegen solche Anklagen wehren sich Apologeten wie Justin der Märtyrer oder Tertullian.
In den antiken Staaten war die Religion sehr eng mit dem Staatswesen verbunden. Die Römer waren aber gegenüber anderen Religionen tolerant, sofern diese sich an einer zusätzlichen Verehrung römischer Gottheiten beteiligten. Dies war bei den zu dieser Zeit üblichen polytheistischen Religionen kein Problem. Wer sich jedoch widersetzte, galt als Verschwörer des Reiches und gefährdete das Reich und bedrohte also direkt die Pax Romana.
Verfolgungen unter Nero (*37 †68)
Die Christenverfolgung unter Nero war keine prinzipielle Verfolgung der Christen aus religiösen Gründen: Nero suchte den Verdacht der Brandstiftung von sich auf die unbeliebte religiöse Minderheit zu lenken, was zu einer Art Kriminalverfolgung führte, die in einem Blutbad endete: Christen wurden gekreuzigt, in Säcke eingenäht und Hunden vorgeworfen oder als lebende Fackeln verbrannt. Die Apostel Petrus und Paulus wurden gemäß verschiedenen Kirchenvätern in Rom im Rahmen dieser Verfolgung hingerichtet, Paulus, als römischer Bürger, durch das Schwert, Petrus als Nichtbürger durch Kreuzigung.
Verfolgungen unter Trajan (*53 †117)
Anfang des Jahres 100 fragt der römische Statthalter Plinius in einem Brief an Kaiser Trajan um Hilfe, wie er sich gegen die Christen verhalten solle:
- "Neque ciuitates tantum sed uicos etiam atque agros superstitionis istius contagio peruagata est; quae uidetur siti et corrigi posse."
- "Nicht nur über die Städte, sondern auch über die Dörfer und das flache Land hat sich die Seuche dieses Aberglaubens verbreitet. Es scheint aber, dass es möglich ist, sie aufzuhalten und in die richtige Richtung zu lenken."
Kaiser Trajan gibt eine großzügige Antwort darauf. In seinem Antwortschreiben erkennt man aber, wie unsicher das Urteil über die Christen war:
- "Conquirendi non sunt: si deferantur et arguantur, puniendi sunt…Sine auctore uero propositi libelli in nullo crimine locum habere debent. Nam et pessimi exempli nec nostri saeculi est."
- "Sie aufspüren soll man nicht. Wenn sie angezeigt und überführt werden, müssen sie bestraft werden … Klageschriften ohne Autor dürfen bei keiner Straftat Platz haben. Denn das wäre ein sehr schlechtes Beispiel und passt nicht zu unserem Zeitalter."
Die Christen sollten nicht gezielt ausfindig gemacht werden, anonyme Anzeigen seien nicht zu berücksichtigen, jeder Christ, der das Opfer für den Kaiserkult verweigere, solle aber wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt hingerichtet werden. Nur der Vollzug des Opfers garantierte Straffreiheit. Nach dieser Regelung wurde für die nächsten hundert Jahre vorgegangen. Damit bestand für alle Christen eine permanente Rechtsunsicherheit, da jeder Römische Bürger sie anzeigen konnte.
Territorial begrenzte Verfolgungen
Ab dem Ende des ersten Jahrhunderts gab es unter praktisch allen Kaisern von Domitian (81-96) bis Commodus (180-192) territorial begrenzte Verfolgungen, die je nach Prokurator mehr oder weniger blutig waren. Eusebius von Caesarea zitiert in seiner Kirchengeschichte (V,1) einen Bericht der Gemeinde in Lugdunum (englisch) Lyon in Gallien aus dem Jahr 177.
Obwohl auch in den ersten zwei Jahrhunderten viele Christen wegen ihres Glaubens oft grausam hingerichtet wurden, waren dies noch keine allgemeinen Verfolgungen.
Allgemeine/prinzipielle Verfolgungen
Im dritten Jahrhundert begann dann die allgemeine Verfolgung des Christentums im gesamten Römischen Reich. Die Verfolgungen waren prinzipiell gegen die Christen und wurden administrativ und systematisch durchgeführt.
202 erließ Kaiser Septimius Severus ein Verbot aller Bekehrungen zum Christentum oder Judentum bei Todesstrafe. In der Folge kam es zu einer Häufung von lokalen Christenverfolgungen, die sich insbesondere gegen Katechumen, Neugetaufte und deren Lehrer richtete.
Verfolgungen unter Decius (*201 †251)
Zu solchen Verfolgungen kam es unter Kaiser Decius (249-253), nachdem sich das Christentum stark ausgebreitet hatte. Decius erließ 250 ein allgemeines Opfergebot. Jeder Bürger musste sich eine Bescheinigung (libelli) ausstellen lassen, dass er geopfert habe.
Viele Christen, die sich geweigert hatten, wurden gefangen gesetzt, gefoltert und grausam hingerichtet.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten hatten die Verfolgungen und vor allem die Folterungen eher den Zweck, die Christen von ihrem Glauben abzubringen.
Gründe dafür waren vermutlich:
- die römische Staatsreform bei der Tausendjahrfeier 247 (Gründung Roms 753 v. Chr.), die bewusst religiös orientiert war und den Kaiserkult festigte
- die Größe der christlichen Kirche, die sich betont vom öffentlichen Leben fernhielt und so als 'Staat im Staat' verdächtig wurde
- der Protest vieler Berufsgruppen (Priester, Götzenbildhersteller, Veranstalter von Spielen, etc.), die durch die Ablehnung seitens der immer zahlreicheren Christen ihre Existenz gefährdet sahen.
- die Bedrohung des Reichs durch die Germanen, die im Innern Einigkeit erforderte.
Meistens wurden die Christen verbrannt (Das Martyrium von Polykarp von Smyrna, der älteste Märtyrerbericht aus der Mitte des 2. Jahrhunderts). Römische Bürger, die sich zum Christentum bekannten, wurden enthauptet, in einigen Fällen gekreuzigt oder in der Arena von wilden Tieren zerrissen. Bei Bedarf sah man von der Todesstrafe ab und die Männer landeten in Bleibergwerken. Frauen und Mädchen wurden oft an Freudenhäuser ausgeliefert. Viele gaben dem Druck nach. Dennoch trotzten viele standhaft jeder Drohung. Märtyrer und Bekenner, die unter der Folter standhaft blieben, wurden zu dieser Zeit von ihren Glaubensgenossen hoch geachtet. Zwei typische Merkmale der christlichen Heiligenverehrung entstammen dieser Zeit: die jährliche Feier des Todestages und die Reliquienverehrung.
In der Folge dieser Christenverfolgung gab es neben so genannten Märtyrern auch Bekenner, Christen, die unter der Folter standhaft geblieben waren und die deshalb von ihren Glaubensgenossen hoch geachtet wurden. Die Ablehnung der Wiederaufnahme der Abgefallenen durch einige Bischöfe führte zu erheblichen innerkirchlichen Auseinandersetzungen. Die Bewegung der Donatisten spaltete die Kirche seit dem Toleranzedikt von Mailand. Der Streit endete erst, nachdem die Vandalen das nordafrikanische Zentrum der Donatisten ihrem Reich einverleibten.
Die Verfolgung unter Decius endete 251 mit dem Tod des Kaisers. Sein Nachfolger Valerian setzte sie nach wenigen Jahren verschärft fort, indem er 257 ein generelles Versammlungsverbot für Christen erließ und 258 die Verhaftung und Hinrichtung der christlichen Bischöfe anordnete, um die Organisation der Kirche zu zerstören. Diese Verfolgungen wurden 260 unter Valerians Sohn Gallienus, der mit einer Christin verheiratet war, wieder eingestellt.
Verfolgungen unter Diokletian (*240 †316)
Aus ähnlichen Gründen kam es unter Diokletian zur dritten allgemeinen und grausamsten Christenverfolgung von 303 bis 313. Auch er verlangte das Kaiseropfer und stellte eine Verweigerung des Opfers unter Todesstrafe. Zu den vorherigen Maßnahmen kamen jetzt die Zerstörung von Kirchen, die Vernichtung christlicher Schriften und die vermehrte Deportation standhafter Christen in die Bergwerke hinzu. Besonders im Osten des Reiches waren die Verfolgungen sehr blutig.
Als Diokletian 305 abdankte, setzten seine Mitkaiser und Nachfolger zunächst noch die gleiche Politik fort.
Ende der Verfolgungen
Toleranzedikt von Nikomedia
Erst Kaiser Galerius gestand im Toleranzedikt von Nikomedia im Jahre 311 die Erfolglosigkeit der Christenverfolgung:
- "Atque cum plurimi in proposito perseverarent ac videremus … promptissimam in his quoque indulgentiam nostram credidimus porrigendam. Ut denuo sint Chrsitiani et conventicula sua componant. … Unde iuxta debebunt deum suum orare pro salute nostra et rei publicae ac sua."
- "Und jetzt, da wir sahen, dass die meisten auf ihren Vorstellungen beständig verharrten … haben wir geglaubt, unsere sehr bereitwillige Nachsicht bis dahin ausdehnen zu müssen, dass sie wieder Christen sein und ihre Versammlungen wieder halten dürfen. … Weshalb sie nun auch verpflichtet sein werden, auf gleiche Weise für unser Wohl, für das des Staates und für das ihrige zu ihrem Gott zu beten."
Toleranzedikt von Mailand
Zwei Jahre später erließ Kaiser Konstantin in Mailand ein weiteres Toleranzedikt (Toleranzedikt von Mailand), das Galerius bestätigt. Konstantin und seine Mitkaiser erklärten in der berühmt gewordenen Vereinbarung:
- "... ut daremus et Christianis et omnibus liberam potestatem sequendi religionem quam quisque voluisset..."
- "Wir geben den Christen und anderen die politische Macht, derjenigen Religion zu folgen, die sie wollen."
Somit kam es 311 zum tatsächlichen Ende der Christenverfolgungen.
Die Wende
Durch das Toleranzedikt von Mailand wurde die christliche Kirche frei. Zusätzlich gab Konstantin allen Bischöfen Rechte und Ehren, die bis dahin ausschließlich den Senatoren zustanden. Die höheren Staatsämter, von denen die Gestaltung des öffentlichen Lebens abhing, wurden nach einiger Zeit mit Christen besetzt.
Der Sonntag wurde 321 ein gesetzlicher Ruhetag. Das Kreuz als Zeichen des christlichen Glaubens hielt jetzt Einzug in die Öffentlichkeit, und auf den Münzen erschienen bald christliche Symbole.
Die Folgen dessen waren, dass immer mehr Kirchen errichtet wurden und die Tempel über längere Zeit zerfielen. Christliche Gottesdienste, die vorher in Katakomben geheim abgehalten wurden, nahmen nun prunkvolle Zeremonien an. Aber viel mehr als das Römische Reich sich an die Christen anpasste, begann die Kirche, sich nach dem Modell des Römischen Reiches zu formen und anzupassen. Von nun an war es vorteilhaft, ein Christ zu sein.
Kaiser Konstantin griff allerdings auch aktiv in die inneren Angelegenheiten des Christentums ein, um das Christentum nach dem System Roms zu formen.
Theodosius erklärte 380 das Christentum zur offiziellen Religion. Er erließ 383 nach einem gescheiterten Religionsgespräch ein Häretikergesetz, das Arianer, Donatisten und Manichäer mit Verbannung bedrohte.
Mittelalter
Im Islam wurden Christen zwar prinzipiell geduldet -- wenn auch als Bürger zweiter Klasse -- aber im Mittelalter kam es in Kleinasien, Afrika und teilweise in Spanien gegenüber den katholischen und orthodoxen Christen zu kurzen, aber heftigen Verfolgungen.
Neuzeit
Französische Revolution
Die radikalen Fraktionen innerhalb der Französischen Revolution 1789 hatten die Abschaffung des Christentums als Religion zum Ziel. Bis zu 5.000 Geistliche wurden getötet bzw. deportiert, 1793 wurde die Religionsfreiheit widerrufen und das Christentum verboten. In den weniger radikalen späteren Jahren der Revolution nach Ende der "Terrorherrschaft" der Jakobiner, und endgültig unter Napoleon, wurde das Christentum rehabilitiert.
Nationalsozialismus
Der Nationalsozialismus bekannte sich zwar offiziell zu einem "positiven Christentum", ging gegen das existierende, seiner Ansicht nach "negative" Christentum als Weltanschauung aber vor. Mitglieder der NSDAP mussten ihren Kirchenaustritt belegen. Nicht bekämpft wurde der große Teil der evangelischen Christen, der sich als Deutsche Christen mit dem Nazisytem gleichschalten ließ. Mitglieder der Bekennenden Kirche verloren jedoch oft ihre Stellen als Pastoren, wurden teilweise verhaftet und in einigen Fällen auch in KZs eingeliefert und hingerichtet.
Auch gegen Vertreter der Katholischen Kirche wurde in bestimmten Fällen vorgegangen, wenn Rom auch mit Nazideutschland ein Reichskonkordat abgeschlossen hatte.
Die größte religiös verfolgte Gruppe nach den Juden bildeten die Zeugen Jehovas mit ca. 1.200 KZ-Todesopfern.
Sozialismus
Den politischen Säuberungen in der Sowjetunion seit der russischen Oktoberrevolution fiel eine unbekannte Zahl von christlichen Geistlichen zum Opfer. Die genauen Zahlen lassen sich nicht erfassen, weil Geistliche oft als Konterrevolutionäre verurteilt wurden, so dass nicht zwischen Geistlichen und Regimegegnern unterschieden werden kann. Die orthodoxe Kirche gibt an, dass zwischen 1917 und 1940 allein 120.000 Priester, Mönche, Nonnen und kirchliche Mitarbeiter verhaftet wurden; davon wurden 96.000 erschossen. Ende der dreißiger Jahre war weniger als ein Dutzend Kirchen noch offiziell geöffnet. Ab 1940 wurde die Verfolgung der Orthodoxen Kirche gemildert, da Stalin alle Kräfte für den Krieg mobilisieren wollte, auch die verbliebenen Gläubigen. Andere kleinere Kirchen wurden weiterhin verfolgt.
Vergleichsweise moderat verlief die antichristliche Politik in Rumänien, der ČSSR, relativ militant dagegen die Unterdrückung von muslimischen und christlichen Geistlichen in Albanien, so dass letzteres verkündete, erster atheistischer Staat der Welt zu sein.
In Ungarn, Jugoslawien, Polen sowie der DDR versuchte der sozialistische Staat seit den 1950er Jahren das Christentum durch gesellschaftliche Benachteiligung der Kirchenmitglieder aus der Öffentlickeit zu verdrängen. So wurden zum Beispiel 1953 in der DDR viele junge Christen von den Oberschulen relegiert, die Junge Gemeinde und die Studentengemeinde öffentlich als staatsfeindliche Organisationen bezeichnet und junge Menschen in Einzelfällen auch inhaftiert. Von einer systematischen Verfolgung kann hier jedoch keine Rede sein. Siehe auch Christen und Kirche in der DDR
Japanische Christenverfolgung
Nach der ersten Landung portugiesischer Seeleute auf Japan 1542 begann sehr bald eine christliche Missionierung unter Führung von Francisco Xavier. In den folgenden Jahrzehnten konvertierten mehrere hunderttausend Japaner, darunter auch einige Fürstenfamilien, unter Duldung der sich zu diesem Zeitpunkt erst bildenden Zentralregierung zum Christentum.
Zwar verwies bereits Toyotomi Hideyoshi um 1587 die Missionare des Landes, da er in der Einflussnahme jesuitischer, vor allem aber franziskanischer Mönche eine Bedrohung seiner Machtposition sah. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde dieser Erlass jedoch kaum durchgesetzt. Erst 1597, ein Jahr vor Hideyoshis Tod, wurden in Nagasaki 26 Christen hingerichtet.
Hideyoshis Nachfolger Tokugawa Ieyasu zeigte sich zunächst tolerant, da er auf den Handel mit den Portugiesen angewiesen war, und wohl auch durch den Einfluss seines englischen Beraters William Adams. Doch nach Adams' Tod, und nachdem auch zu Holland und England Handelsbeziehungen entstanden (wodurch auch der Konflikt zwischen römisch-katholischem Christentum und dem Protestantismus in Japan bekannt wurde), änderte er seine Einstellung. Grund dafür war die Furcht vor christlichen Glaubenskriegen in Japan sowie die Erkenntnis, daß viele Christen untereinander und gegenüber der Kirche größere Loyalität zeigten als gegenüber ihm, dem Shogun. Ab etwa 1612 wurde das Christentum schrittweise verboten.
Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung unter Ieyasus Nachfolgern Tokugawa Hidetada und Tokugawa Iemitsu, besonders nachdem sich 1637 auf Kyushu die überwiegend christliche Bevölkerung im Shimabara-Aufstand gegen das Shogunat erhob. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, über 40000 Christen getötet. Verfolgungsbehörden wurden eingerichtet, die eine landesweite Verfolgung und Ausrottung der Christen zum Ziel hatten. Wer verdächtigt wurde, Christ zu sein, musste sich öffentlich vom Christentum abkehren und christliche Symbole schänden, die als 踏み絵 (fumie, "Tret-Bilder") bezeichnet wurden, sowie sich in die Glaubensregister buddhistischer und shintoistischer Tempel eintragen und diese regelmäßig besuchen. Diejenigen, die sich weigerten, ihren christlichen Glauben abzulegen, wurden hingerichtet, oft durch öffentliche Kreuzigung oder Verbrennung.
Das japanische Christentum entwickelte sich während dieser Verfolgungsphase zu einer neuen synkretischen Religion, dem Kakure Kirishitan, mit Einflüssen des Buddhismus, des Daoismus und des Shinto. Nach der erneuten Zulassung des Christentums (1873 unter Tennō Meiji) gliederten die Anhänger dieses Glaubens sich in die neu entstehenden christlichen Gemeinden ein, manche lehnten dies aber auch ab, da ihre stark abgewandelte Religion von westlichen Kirchenorganisationen nicht akzeptiert wurde. Sie bilden heute eine schwindende Minderheit, deren Glaubensvorstellungen aber in einer Reihe der sogenannten "neuen Religionen" weiterlebt.
Gegenwart
Asien
- In Nordkorea kommen Christen in Umerziehungslager, wo sie unmenschlich behandelt werden und oft umkommen
- In der Volksrepublik China werden katholische wie evanglische Christen sowie andere Minderheiten systematisch verfolgt, gefoltert und in Arbeitslagern inhaftiert. Die Kommunistische Partei Chinas verlangt von Christen anstelle von Gott die atheistischen Grundsätze des Kommunismus anzuerkennen. Wer sich nicht an daran hält, riskiert die Verhaftung durch die Volkspolizei.
- Auf den Molukken in Indonesien wurden seit 1999 über 3000 Christen umgebracht.
- In Laos hat das Regime 1999 das Christentum zum "öffentlichen Feind Nummer eins" erklärt. Kirchen wurden geschlossen, und Christen werden verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
- In Pakistan werden christliche Einrichtungen verwüstet und Christen getötet. Ebenfalls werden Christen oft wegen angeblicher Verstöße gegen das Blasphemiegesetz verurteilt, in einigen Fällen zum Tod.
- In Indien gab es seit 1998 über 1000 gewaltsame Angriffe auf Christen seitens militanter Hindus, die die Zerstörung von Kirchen, Bibelverbrennungen und Vergewaltigung von Nonnen einschlossen, sowie die Ermordung eines australischen Missionars mit seinen beiden Söhnen. Teile des Landes erließen ein Gesetz, das die "Verwendung von Alkoholischen Getränken bei religiösen Zeremonien" unter Strafe stellt.
- In Saudi-Arabien kommt es zu Verhaftungen und Auspeitschungen von Christen.
- Im Iran steht auf den Übertritt vom Islam zum Christentum die Todesstrafe. Allgemein ist in den entsprechenden Staaten der Abfall vom Islam oft mit dem Tod bedroht.
- In der Türkei sind Christen und Kirchen seit langem vielfältigen Diskriminierungen juristischer und anderer Art ausgesetzt. So haben christliche Kirchen keine eigene Rechtspersönlichkeit, kirchliche Bauvorhaben sind einem extrem komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren unterworfen. Die Kirchen dürfen keine Geistlichen ausbilden. Renovierungsvorhaben müssen durch das Außenministerium genehmigt werden. Seit Gründung des Osmanischen Reiches 1423 durfte keine Kirche gebaut werden.
- In anderen asiatischen Ländern, z. B. Myanmar (Birma) und Turkmenistan gibt es massive Christenverfolgung.
Afrika
- Im mehrheitlich islamischen Norden von Nigeria gibt es regelmäßig gewaltsame Angriffe auf Christen.
- In Ägypten sind die Kopten zwar offiziell akzeptiert, in der Praxis jedoch oft Angriffen aus der Bevölkerung ausgesetzt, gegen die sie beim Staat kaum Schutz finden und die vom Staat auch kaum bestraft werden.
- Im Sudan wird die christliche Minderheit im Süden seit 1986 verstärkt verfolgt. Christliche Schulen, Krankenhäuser und Kirchen werden gezielt bombardiert, christliche Leiter ermordet, Christen werden als Sklaven verkauft, Ländereien von Christen werden beschlagnahmt und Arabern übergeben. Im Norden gibt es für christliche Flüchtlinge eine Nahrungsmittel-für-Religionsübertritt-Politik.
- Die Islam-in-Afrika-Organisation, der einige afrikanische Staaten angehören, beschloss 1990, das Christentum in Afrika auszurotten.
Siehe auch
Religionsfreiheit, Verfolgung von Minderheiten, Inquisition, Ketzer, Konfessionskriege, Nordirland, Hexenverfolgung