Kinderlosigkeit

Zustand, keine Kinder zu haben
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Unter Kinderlosigkeit versteht man den freiwilligen oder unfreiwilligen Verzicht auf Kinder in der Lebensplanung.

Situation in Deutschland

Zwar gelten in Familien als Idealvorstellungen nach wie vor im Schnitt zwei Kinder. In der Realität liegt die Geburtenrate pro Frau in Deutschland jedoch inzwischen bei im Schnitt nur noch 1,4 Kindern. Dadurch zählt Deutschlands Geburtenrate zu den niedrigsten der Welt und wird zunehmend zum demografischen Problem, da die Gesellschaft zunehmend überaltert und dadurch die Kosten für Sozialausgaben und Krankenkassenbeiträge steigen, während Nachwuchskräfte in der Wirtschaft zunehmend fehlen.

Der unfreiwillige Verzicht wird auch als unerfüllter Kinderwunsch bezeichnet.

Ursachen

Zunehmende Individualisierungstendenzen sowie flexiblere Erwerbstätigkeit, berufliche Karrieren oder konsumorientierte Lebensstile lösen tradierte Familienvorstellungen ab. Dabei spielen häufig durch Werbung, Medien und Vorabendserien vermittelte Leitvorstellung von Erfolg und Karriere eine Rolle. Auch der spätere Berufseinstieg und fehlende Befassung mit Familienplanung tun ihres dazu bei. Insbesondere Akademikerinnen sind von Kinderlosigkeit betroffen. Zwar bereuen viele Menschen im Nachhinein ihren Entschluss, keine Kinder bekommen zu haben, jedoch ist es für Nachwuchs dann meist zu spät.

Nach einer Ansicht wird als ein weiterer Grund angesehen, nach der die finanziellen Belastungen durch Kinder in Deutschland einseitig auf Familien und Mütter mit Kindern abgewälzt werden, Stichwort "Kinder sind privates Luxusvergnügen". In der Tat ist unbestritten, dass Kinder sehr hohe Kosten verursachen (man rechnet mit 800.000€ Kosten für 2 Kinder von der Geburt bis zum Abschluss der Ausbildung, von denen in Deutschland 25% mittels u.a. Kindergeld sowie Steuerfreibeträgen durch den Staat übernommen werden, während diese Quote in anderen Ländern zum Teil deutlich höher liegt). Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in einer Entscheidung angemahnt, dass Familien mit Kindern in Deutschland durch Sozialeistungen im Verhältnis zu Singles überproportional belastet werden, ohne dass ihr Beitrag für den zukünftigen Erhalt des Sozialsystems ("Generationenvertrag")angemessen bei der Beitragserhebung berücksichtigt wird. Zur Abhilfe hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, Familien mit Kindern zu entlasten. Ob dies in hinreichendem Maße geschehen ist, ist umstritten, da eine Förderung einerseits mit hohen Kosten verbunden ist und die Mittel hierfür daher sehr schwer aufzubringen sind und da andererseits die Meinungen über das "wie" der Förderung sehr weit auseinandergehen.

Ebenfalls wird die unzureichende Kinderbetreuung in Deutschland, insbesondere in den alten Bundesländern, als ein Grund für die Kinderlosigkeit angesehen. Es ist oftmals nicht möglich, einen ganztägigen Betreuungsplatz für Kinder zu finden, so dass eine Vollzeitberufstätigkeit beider Elternteile, wie sie beispielsweise in Dänemark allgemein üblich ist, für diese nicht oder nur schwerlich realisierbar ist. Dies führt ebenfalls zu einem Einkommensverlust, der Familien im Vergleich zu Singles finanziell schlechter stellt.

Indessen dürfte auch ein allgemeines Misstrauen der Menschen in die Zukunft der Gesellschaft, die zunehmend von der neoliberalen Globalisierung deformiert wird, dazu beitragen, dass die individuellen Chancen, Kindern einen Weg in ein angemessenes Leben gewährleisten zu können, immer pessimistischer beurteilt werden. Ein wichtiger Meilenstein in diesem Prozess in Deutschland sind die Hartz IV-Gesetze. In so fern darf die freiwillige Kinderlosigkeit nicht nur als ein Ausdruck von Individualismus und Egoismus gesehen werden, sondern muss auch als ein Akt der Verantwortung für kommende Generationen gesehen werden.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung