Mannheimer Rheinschanze
Die Ludwigshafener Rheinschanze war eine Befestigungsanlage am Rhein gegenüber der Stadt Mannheim, aus der sich das heutige Ludwigshafen am Rhein entwickelte.

Gründung im Jahr 1606
Die erste Anlage der Rheinschanze wurde gleichzeitig mit der Erbauung der Festung Friedrichsburg im heutigen Mannheim am gegenüber liegenden Ufer des Rheins unter Kurfürst Friedrich IV. (Pfalz) errichtet. Friedrich, der die Kurpfalz von Heidelberg aus regierte war zu der Ansicht gekommen, dass Heidelberg auf Grund seiner Lage zwischen zwei hohen Bergen strategisch ungünstig gelegen war und wählte das Dorf Mannheim, das von den Flüssen Rhein und Neckar von der Umgebung abgegrenzt war und freien Ausblick nach allen Seiten bot, bessere Aussichten für eine Festungsanlage. Er hatte aber nicht mit dm Widerstand der Mannheimer Bauern gerechnet, die sich lange sträubten, Felder und Weinberge zur Anlage der Festung abzutreten. Erst am 11. Februar 1606 kam ein Vertrag zustande, in dem sich die Mannheimer durch Entschädigungen mit der Errichtung einer Befestigung einverstanden erklärtem. Am 17. März 1606 fand dann die feierliche Grundsteinlegung statt.
Eine Abbildung aus dem Jahr 1620 zeigt vor der Rheinschanze eine befestigte Insel, die in dem Plan aus dem Jahr 1700 aber nicht mehr eingezeichnet ist, da sie vermutlich bei der Erweiterung der Uferbauten mit dem Festland verbunden wurde.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Rheinschanze im Jahr 1622 von den Truppen Graf Tillys besetzt, der kurz zuvor Heidelberg im Sturm genommen hatte. Der englische General, den der Schwiegervater des Pfalzgrafen, der englische König Jakob I. gesandt hatte, musste die Stadt aufgeben, nachdem Tilly am 11. September von der anderen Rheinseite aus die Rheinschanze und die Stadt Mannheim beschießen ließ. Die Gräben um die Mauern waren infolge großer Dürre fast alle ausgetrocknet. Am 13. September hatten die Belagerten noch einen Ausfall gemacht. Am 23. Oktober eröffnete Tilly heftiges Feuer aus allen Schanzen auf die Stadt; der Kommandant zog daher die Einwohner in die Festung zurück und ließ die Häuser, der Stadt in Brand stecken.
Bald stellten sich in der Festung Hunger und Krankheiten ein, Geld zur Löhnung der Söldner war nicht mehr vorhanden und das Pulver wurde knapp. Der Oberkommandant De Veer leitete deshalb am 30. Oktober Kapitulationsverhandlungen ein, die am 2. November zum Abschluss kamen. Die Besatzung erhielt freien Abzug, den Bewohnern wurde Schutz ihres Eigentums verbürgt. Am 4. November verließ De Veer die Festung; Tilly rückte nach Mannheim ein und ließ Festungswerke und Rheinschanze niederreißen. Mannheim wurde von seinen Bewohnern verlassen. Die pfälzische Kurwürde wurde von Kaiser Ferdinand dem Herzog Maximilian von Bayern übertragen.
Im weiteren Verlaufe des Krieges war Mannheim mehrfach kriegerischen Ereignissen ausgesetzt. 1649, ein Jahr nach dem Westfälischen Frieden, wurde Mannheim nach dem Abzug der Bayern dem pfälzischen Herrscherhause unter Kurfürst Karl Ludwig, dem Sohn des „Winterkönigs", wieder gegeben. Festung und die Rheinschanze wurden erneuert.
Unter Kurfürst Karl Ludwig
Unter Kurfürst Karl Ludwig wurde im Jahr 1669 zur besseren Verbindung der beiden Rheinufer eine Gierfähre eingerichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Rhein nur auf Kähnen überquert werden. Diese "fliegende Brücke" war eine Gierfähre Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Rhein nur mit Kähnen überschritten werden. Der Erbauer der Gierfähre, Michael Tautphöus, Bürger zu Bacharach, war auf sein Werk stolz und feierte es in einem Gedichte als eine Brücke, der keine andere sonstwo gleiche; sie bewege sich ohne Segel und ohne Ruder leicht und sicher und könne mehr als 400 Mann Pferde und geladene Wagen" auf einmal tragen.
Der Kurfürst fuhr als Erster am 27. August 1669 mit der Fähre über den Rhein und schreibt hierüber am 28. August 1669 an seine Gemahlin wie folgt:
„Gestern sindt mir mit 100 pferd uff einmahl mitt der fliegenden Brück über Rhein in einem Huy gefahren. Wann ich bis Frankendahl bette also gemechlich kommen können, hefte ich mich nicht wund geritten"
Die Benützung der Fähre war nicht freigegeben, sondern es musste Brückengeld bezahlt werden. Aufschluss hierüber gibt eine in Heidelberg am 1. November anno 1669 gedruckte "Ordnung der Fracht oder Fahrgeldes, so ein jedweder, der mit der Fliegenden oder Gyrbrücke zu Mannheim über den Rhein fährt, zahlen soll: Eine Person zu Fuß, einheimisch oder frembd: einen doppelten Pfennig, Einer zu Pferd: zwei Kreutzer."
Im Jahr 1671 verheiratete Kurfürst Karl Ludwig seine Tochter Elisabeth Charlotte (Lieselotte von der Pfalz) aus machtpolitischen Gründen mit Herzog Philipp von Orleans, dem Bruder des Königs Ludwig XIV.. Er erhoffte sich von dieser Verbindung mit dem französischen Herrscherhaus große Vorteile, sah sich aber bald darin getäuscht. König Ludwig XIV. verlangte von dem Kurfürsten, er solle mit ihm gegen Holland vorgehen, was derselbe als deutscher Fürst ablehnte; die französischen Truppen zogen darauf durch die neutral gebliebene Pfalz und quartierten sich im Winter 1673 dort ein, verwüstend wo sie konnten. Der Versuch des Kurfürsten, mit Hilfe des Kaiser die Pfalz zu schützen, verschlimmerte nur noch deren Lage. 1674 kamen die Franzosen unter General Turenne erneut und behandelten die Pfalz wie Feindesland.
Mannheim hatte Vorbereitungen für eine Belagerung getroffen, die jedoch unterblieb. 1677 wurde die Stadt nochmals umzingelt, ohne dass jedoch ein Versuch zur Einnahme gemacht worden wäre. 1679 wurde zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich Friede geschlossen.
Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg
Nach dem Tode des Kurfürsten Karl Ludwig im Jahr 1680 trat sein Sohn Karl dessen Erbe an, starb aber bereits 1685, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Mit ihm erlosch die Linie Simmern. Kaiser Leopold übertrug deshalb das Kurfürstentum dem nächsten männlichen Anverwandten des Verstorbenen, dem Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von der Neuburger Linie. König Ludwig XIV. von Frankreich erhob für seinen Bruder, den Herzog Philipp von Orleans, der die Schwester des verstorbenen Kurfürsten Karl Ludwig, Liselotte von der Pfalz zur Frau hatte, Anspruch auf die Kurpfalz. Die Ansprüche wurden nicht anerkannt werden, weil die pfälzischen Hausgesetze eine Vererbung in der weiblichen Linie nicht kannten. Frankreich suchte aber die Ansprüche des Herzogs von Orleans mit Gewalt durchzusetzen und fiel am 4. September 1688 in die Pfalz ein.
In Mannheim kommandierte der Gouverneur Freiherr von Seeligenkron, dem nur 1.050 Mann zur Verfügung standen. Am 1. November 1688 forderte der französische General Montclar von seinem Lager bei Ladenburg aus die Festung zur Übergabe auf; der Kommandant lehnte diese aber ab. Am 3. November wurden in der Stadt gedruckte Flugschriften verteilt, worin Montclar bekannt gab, dass die Stadt geplündert und abgebrannt würde, wenn nicht innerhalb zweier Tage deren Übergabe erfolge.
Stadtrat und Bürgermeister befürworteten die Kapitulation, worauf der Kommandant erlaubte, dass die Bürgerschaft mit dem Feinde zwar unterhandeln jedoch „ohne Vorwissen und Genehmigung des Gouverneurs keine Kapitulation noch sonst das Geringste der Stadt und Festung Nachteiliges abschließen dürften", was diese zwar feierlich zusagten, aber nicht einhielten.
Am anderen Tage eröffneten die Franzosen das Feuer von der Rheinschanze aus und die Bürgerschaft öffnete gewaltsam die Tore. Der Gouvenneur wollte die 300 Mann starke Besatzung der Stadt in die Festung zurücknehmen, allein nun 40 Mann folgten ihm. In der Festung brach bald eine Meuterei aus und am 12. November 1688 ward auch die Festung den Franzosen übergeben. Nach dem Abzug der pfälzischen Garnison, der entsprechend den Kapitulationsbedingungen vor sich ging, übernahm der französische Obrist Harcourt das Kommando und ließ eine teilweise Plünderung zu. Bald darauf, am 18. Januar 1689, wurde auch das Heidelberger Schloss gesprengt. Am 3. März 1689 wurde dem Bürgermeister und dem Rat der Stadt Mannheim ein Dekret des Königs von Frankreich vorgelesen, nach welchem „alle Häuser und Gebäude abgerissen und die Stadt Mannheim unbewohnbar, gemacht werden solle". Am folgenden Tage begannen die Soldaten die Zerstörung, weil es ihnen aber zu lange dauerte, wurde Brand angelegt und während die Bewohner auf die Neckarbrücke zu eilten, deren Abbruch sie fürchteten, wurde die Stadt, die Festung und die Rheinschanze zerstört.
Unter Kurfürst Johann Wilhelm
Kurfürst Johann Wilhelm machte sich im Jahr 1698 daran, die Festung Mannheim und die Rheinschanze wieder aufbauen zu lassen. Dazu erteilte er dem berühmten holländischen General und Ingenieur, Baron Menno van Coehoorn , den Auftrag, einen Plan über den Aufbau anzufertigen, nach welchem die ganze Stadt mit in die Festung eingeschlossen werden und auch die Rheinschanze neu erstehen sollte. Der Bau wurde im Jahr 1700 begonnen und gleich zu Beginn des Baues wurde die Rheinschanze „mit vorliegendem nassen Graben als Hornwerk" neu errichtet.
Im spanischen Erbfolgekrieg
Nach dem Tod des spanischen Königs Karl II. brach in Italien, den Niederlanden und Deutschland ein Krieg um die Nachfolge aus, in dem sich besonders Prinz Eugen von Savoyen und der Herzog von Marlborough hervortaten. Am 19. Juni 1713 griff der französische General de Villars die Rheinschanze und Mannheim an, nachdem er bereits Landau, Speyer und andere pfälzischen Städte eingenommen hatte.
Marschall de Villars eröffnete am 19. Juni 1713 Laufgräben vor der Rheinschanze. Die Verteidigung der Schanze war dem kurpfälzischen Obristlieutenant Kuhla übertragen, der diese mit 600 Mann besetzt hielt. Die Beschießung durch die Franzosen war äußerst heftig. Die Besatzung leistete bis zum 27. Juni Widerstand, bis Kuhla den Befehl erhielt, mit Rücksicht auf die numerische Überlegenheit des Feindes sich nach Mannheim zurückzuziehen. In der Nacht vom 27. auf 28. Juni 1713 ließ er einen Teil der Kanonen und der Munition im Rhein versenken und setzte mit dem größten Teil der Mannschaft auf der fliegenden Brücke über den Rhein. Den Übergang ließ er von 20 Mann durch das auf die feindlichen Batterien gerichtete Feuer einiger Kanonen maskieren. Bald nachher folgten diese dem Rest der Mannschaft nach. Am 29. Juni 1713, bei Tagesanbruch nahmen die Franzosen von der Rheinschanze Besitz, nachdem sie, misstrauisch durch die Stille in der Schanze, diese durch Freiwillige auskundschaften gelassen hatten. Am 8. September 1713 brach de Villars mit seiner Armee von Speyer auf und die Besatzung der Rheinschanze schloß sich ihm an, nachdem sie diese völlig demolier hatten.
Unter Kurfürst Karl Theodor
Als im Jahr 1777 der bayerische Kurfürst Maximilian Joseph ohne Erben starb, musste Kurfürst Karl Theodor seine Stelle als bayerischer Kurfürst in München einnehmen. Mannheim und die Rheinschanze kamen damit zu Bayern.
Während der Französischen Revolution
In den französischen Revolutionskriegen war der französische Befehlshaber General Michaud beauftragt, die Rheinschanze um jeden Preis zu nehmen. Starker Eisgang gefährdete die Rheinbrücke und bedrohte die Verbindung der Schanze mit der Festung. Bald zerriss die Brücke und Nachen übernahmen den Transport zwischen Schanze und Festung. Die Franzosen bemerkten diese Situation und verlangten am 22. Dezember 1794 die Übergabe der Schanze mit folgender Aufforderung:
"Ihr seid verloren, Ihr seid ohne Hilfsmittel und ohne Hoffnung auf Unterstützung. 40 000 Republikaner, die Ihr zählen könnt, sind entschlossen, alles zu wagen, alles zu unternehmen, um Euch zu bezwingen, 150 Feuerschlünde sind bereit, auf Euch Tod und Flammen zu speien; Schaut hinter Euch! Der Rhein, auf den Ihr Eure Hoffnung gebaut, bietet Euch den Abgrund dar, der Euch zu verschlingen droht. Blickt auf uns und Ihr findet den Edelmut und jene Grösse, die von dem französischen Volke unzertrennlich sind. Betrachtet I dies nicht für eitle Prahlerei, die Republikaner bedürfen dieser nicht und lassen sich nie so weit herab; Nie sagen sie etwas umsonst, Ihr wißt es. Wählet nun! Drei Stunden geben wir Euch Bedenkzeit; ist diese umstrichen, so bemächtigen wir uns Eurer mit Gewalt und euer Loos ist der Tod!“
Da die Aufforderung abgewiesen wurde begannen die Franzosen in der Nacht vom 23. auf 24. Dezember aus 8 Batterien ein starkes Kanonenfeuer. Die Schanze und die Mühlau wurden mit glühenden Kugeln und Geschossen aller Art überschüttet. Bis zum Nachmittag des 24. wurde die Beschießung fortgesetzt, worauf eine neuerliche Aufforderung zur Übergabe erging, andernfalls würde die Stadt Mannheim in Brand geschossen.
Auf diese Drohung hin wandte sich der Stadtrat von Mannheim an den Kommandanten und befürwortete die Übergabe der Rheinschanze. In Anbetracht der Tatsache, dass die Verbindung zur Schanze nicht länger zu halten war, willigten der Gouverneur Baron Belderbusch und der österreichische Feldzeugmeister Graf Wartensleben in die Übergabe der Rheinschanze ein. Die Überreste der aus diesen Kriegsjahren stammenden Verschanzungen sind heute noch links der Straße nach Mundenheim kurz vor dem Firmengebäude der Raschig AG als ausgeworfener Graben mit Wall zu sehen.
Am 24. Dezember 1794 erfolgte die Auslieferung der Rheinschanze. Die bezügliche Übereinkunft lautete:
„Die Rheinschanze von Mannheim wird am 25. Dezember um Mittag mit dem Geschütz, der Munition und anderen Gegenständen, die im Augenblick der Übergabe noch darin sein werden, der belagernden Armee übergeben, unter der Bedingung, daß die Stadt Mannheim, solange der Krieg nur auf dem linken Rheinufer statthaben wird, nicht bombardiert werden darf. Die Zerstörung der Rheinschanze darf nicht gehindert werden; die geringste Widersetzlichkeit in dieser Hinsicht wird man als eine Verletzung gegenwärtiger Übereinkunft ansehen und durch Beschießung der Stadt zurückweisen."
Wirtschaftliche Entwicklung nach den Befreiungskriegen
Der Gastwirt Karl Hornig machte sich die günstige Lage der Rheinschanze zu Nutze und ließ eigenmächtig Anlegeplätze für Handelschiffe errichten, von denen er Gebühren verlangte. Auf Grund von mehrfachen Beschwerden wurde ihm das 1811 von den Behörden untersagt.
Verkauf der Rheinschanze im Jahr 1820
Nach dem Tod Karl Hornigs ließ dessen Witwe am 27. Dezember 1820 das Anwesen versteigern. Steigerer ward der Kaufmann und Weinhändler Johann Heinrich Scharpff aus Speyer, der es auf Anraten seines Schwiegersohnes, des Kaufmanns Philipp Markus Lichtenberger, um den Preis von 15.000 Gulden erwarb.
Scharff sah die Entwicklungsfähigkeit der Rheinschanze, aber auch die Hindernisse, die diese Entwicklung beeinträchtigen konnten. Dies bewieß ein Erlass des Direktoriums des Neckarkreises aus dem Jahr 1820:
"Um dem, dem Interesse des Handels und der Schifffahrt durch das Verladen der Güter an nicht gesetzlichen Ladeplätzen zugebenden Nachtheile zu begegnen, wird verordnet, daß künftig den hiesigen Schiffern nicht gestattet sey, an einem anderen Ort als der gesetzlichen Einlad Station Güter zu verladen Der zuwider Handelnde ist im ersten Betreuungsfall mit einer Strafe von fünfzig Reichsthaler, bey dem zweiten mit hundert Reichsthaler und bei dem dritten nebst Erlegung einer Denunciations Gebühr von fünfzig Reichsthaler mit dem Verlust des Schifffahrtsrechtes zu belegen. Nebst dieser Strafe ist der zuwider Handelnde gehalten, die Krahnen und Lagergebühren, dann Kay Gelder gerade so noch zu tragen, als ob die Verladung im Hafen geschehen wäre."
Besuch durch den bayerischen König Ludwig I.
Vom 7. bis 15. Juni 1829 besuchte der bayerische König Ludwig I. mit Königin Therese die Pfalz, das Stammland seiner Ahnen und stattete dabei auch der Rheinschanze einen Besuch ab.
Bericht über den Besuch des Königs
"Nach der Rückkehr über die Befestigungswerke in das Absteigequartier führte der König seine Gemahlin an ein Fenster, Mannheim gegenüber; hier, hörte man den Fürsten in freundlich vertrautem Tone Erinnerungen aus seinen Jugendtagen der milden teilnehmen den Lebensgefährtin erzählen. Der Anblick Mannheims, der ehemals kurpfälzischen Residenz, mochte in dem tieffühlenden Gemüte des Monarchen Bilder der Vergangenheit aufsteigen lassen, die ihn zu wehmütigem Ernste stimmten. Mannheim war sein Jugendaufenthalt; Mannheim war der Ort, wo er an liebender Mutterhand eine heitere Kindheit verlebte, Mannheim war der Ort, wo er sich vorbereitete zum schweren Herrscherberuf, hier weilten seine Ahnen, bis Karl Theodors Haupt Bayerns fürstliches Diadem umschloß. Doch der Blick fiel bald wieder auf die belebten Szenen diesseits des Stroms. Die Rheinschanze glich einem Blumentempel, die jubelnde Menschenmenge mag wohl 10,000 betragen haben, die wehenden Fahnen, das tausendfache Hurrah der Arbeiter und Matrosen stimmten das hohe Herrscherpaar neuerdings zur Freude."
Am Ende des Besuch trug das Mädchen Auguste Lichtenberger ein Gedicht vor, um für den Handelsplatz in poetischer Form den königlichen Schutz zu erbitten. Der Schlussvers des Abschiedsgedichtes lautete:
„O König, darf ich wohl der Hoffnung leben
Du wollst dem Hafen einen Namen geben,
Als Zeuge, dass er Deinen Schutz besitzt?
Dann wird das Werk noch größeren Aufschwung finden
Und sein Gedeih'n der späten Nachwelt künden,
Wie kräftig Ludwig Kunst und Handel schützt!"
Erweiterung des Handelshauses in der Rheinschanze
Im Jahr 1829 geriet das Handelshaus Lichtenberger in eine bedrohliche Krise, denn der Schwiegervater Lichtenbergers, Scharff, war gestorben und die Rheinschanze wurde als unteilbar zur Versteigerung ausgesetzt. Lichtenberger wusste, dass ein großes Mannheimer Handelshaus es auf den Erwerb des Etablissements abgesehen hatte und mitzubieten, reichten seine Mittel nicht aus. In dieser Zwangslage riet ihm der spätere Regierungsdirektor Lufft, diesem Verwandten 30.000 Gulden als Abfindung zu geben. Das Angebot wurde angenommen und von diesem Zeitpunkt ab datiert ein bedeutender Aufschwung des Handelshauses. Das vorhandene Lagerhaus erwies sich als unzureichend, weshalb Lichtenberger im Jahre 1831 ein weiteres großes Lagerhaus erstellte, außerdem erwies sich die Aufstellung eines weiteren Krahnens als notwendig.
Da die Konzessionszeit des ersten Krahnens im Jahre 1832 ablief, suchte Lichtenberger, um Verlängerung der Konzession und um Erlaubnis zur Aufstellung eines zweiten Krahnens nach. Schon im Jahre 1829 hatte sich eine rege Agitation entfaltet, um die Weiterbetreibung des Krahnens zu verhindern. Wie im Jahre 1822 war es wiederum Mannheim, dessen Handelsstand protestierte, und dem sich auch der Stadtrat von Frankenthal anschloß. Letzterer beschwerte sich beim Ministerium, weil die Rheinschanze 2/3 des Frankenthaler Handels an sich gezogen habe; der dortige Handelsstand sei ruiniert und der Kanal liege verödet. Die Regierung sprach sich dahin aus, dass Frankenthai keinen Grund habe sich gegen ein Handelsetablissement zu beschweren, welches der Stadt Mannheim den größten Teil ihrer Rheinspedition entzogen habe und dessen Unterdrückung der Stadt Frankenthal sehr geringen Nutzen, dem Handel des Rheinkreises aber sehr schaden würde.
Ausbau des Winterhafens
Im Jahr 1843 wurde von der bayerischen Regierung die Anlegung eines Steinkohlen und Schiffsutensilienmagazins gestattet. In diese Zeit fällt die Herstellung des Winterhafens, der sich infolge eines Dammbruchs im Jahr 1824 selbst gebildet hatte. Der Hafen war vernachlässigt, die Einfahrt zu eng, das Bassin zu seicht, sodass größere Schiffe oder gar Dampfschiffe nicht einzulaufen vermochten. Ein Winterhafen war aber wichtig zur Belebung des Verkehrs.
Umbenennung in Ludwigshafen und Erhebung zur selbstständigen Gemeinde
Was Scharff bereits im Jahr 1825 erbeten hatte, die Benennung der Rheinschanze nach dem damaligen bayerischen König Maximilian in Maximilianshafen, wurde 1843 genehmigt. Jetzt erhielt die Rheinschanze von König Ludwig I. die Erlaubnis, sich Ludwigshafen zu nennen.
Gleichzeitig wurde angeordnet, dass ein eigener Polizeibezirk gebildet werde und Vorbereitungen getroffen würden zur Bildung einer eigenen Gemeinde. Diese so genannte "Allerhöchste Entschließung" lautet:
Text der Allerhöchsten Entschließung
Königreich Bayern.
Staatsministerium des Innern.
Seine Majestät der König haben in Folge der berichtlichen Anträge der K. Regierung der Pfalz vom 28 v. Mts. nachstehende Entschliessungen zu fassen geruht.
1. Seine Kgl. Majestät genehmigen, dass dem bisher unter dem Namen der „Rheinschanze" bekannten Handels und Hafenplatz gegenüber von Mannheim und der sich dombildenden Gemeinde der Name Ludwigshafen" schon jetzt beigelegt werde.
Diese Benennung ist daher von nun an allenthalben, insbesondere in allen amtlichen Verhandlungen zu gebrauchen und auch dem Publikum durch das Amts und Intelligenzblatt der Pfalz zur Nachachtung bekannt zu machen.
2. Der Ort Ludwigshafen hat zwar vorerst noch in seinem bisherigen Gemeindeverbande zu verbleiben, seine Erhebung zu einer selbständigen Gemeinde ist jedoch einzuleiten und schon jetzt durch alle zweckdienlichen Maassregeln vorzubereiten. -
3. Es ist sogleich ein besonderer Polizeybezirk für Ludwigshafen zu bilden, welcher die bisherige Rheinschanze, den Ankerhof, Ganterhof, den Gräfenau und Rohrlacherhof und die Hemshöfe zu umfassen hat.
4. Für den Polizeybezirk Ludwigshafen wird ein Polizey Adjunkt zur Handhabung der Lokalpolizey aufgestellt, welcher in dieser Beziehung dem K. Landkommissariat Speyer direkt untergeben ist, in jeder, anderen Beziehung aber im Dienstverhältnisse zur Gemeinde Verwaltung von Mundenheim bezw. von Fliesenheim steht.
5 In Ludwigshafen soll sogleich eine teutsche Schule errichtet und es sollen derselben alle, im Polizeybezirk Ludwigshafen begriffenen Weiler und Höfe zugewiesen werden. Es ist Sorge zu tragen, dass nicht nur der bisherige Beitrag der Gemeinde Friesenheim für den Unterhalt des Lehrers auf 100 fl. erhöht und dem anzustellenden Schullehrer überwiesen, sondern dass auch ein angemessener Zuschuss aus dem Kreisschulfonds gewährt werde, bis die Gemeinde Ludwigshafen den vollen Lehrergehalt selbst zu reichen im Stande ist.
6. Bei der noch mangelnden Dotirung der Gemeinde Ludwigshafen ist die Frage der hiefür geeigneten Mittel in sorgfältige Erwägung zu ziehen, und von der K Regierung mit der dortigen Regierungs Finanzkammer sogleich darüber in das Benehmen zu treten, inwiefern und in welcher Weise die innerhalb der von der Kgl Regierung Kammer des Innern beantragten künftigen Gemarkungsgränze liegenden Aerarial Ländereyen von etwa 86 Tagwerken, resp, deren Renten für die künftige Gemeinde Ludwigshäfen - im Einklang mit den verfassungsmässigen Bestimmungen - erworben werden können?
Das Ergebnis ist mit besonderem gutachtlichen Berichte vorzulegen.
7. Ueber den vorgelegten Ortsbauplan erfolgt besondere Entschliessung.
Vorläufig wollen Seine Königliche Majestät, dass der Plan jedes in Ludwigshafen aufzuführenden Gebäudes daher auch jener der Privaten, Allerhöchst demselben zur Genehmigung vorgelegt, bei diesen Plänen ebensowohl Luxus als gemeines Aussehen vermieden, vielmehr Zweckmässigkeit mit gutem architektonischem Style, beobachtet werde.
Die K. Regierung, Kammer des Innern empfängt den, mit ihrem Bericht vorgelegten Plan über die Gemarkungen von Ludwigshafen, Mundenhefm und Friesenheim mit dem Auftrage zurück, zum Vollzug dieser allerhöchsten Anordnungen unverweilt das Geeignete zu verfügen.
M ü n c h e n , den 25. April 1843
Weblinks
Literatur
Dieser Artikel folgt überwiegend dem folgenden, 1903 heraus gegebenen, Buch:
Geschichte der Stadt Ludwigshafen am Rhein. Entstehung und Entwicklung einer Industrie- und Handelsstadt in fünfzig Jahren. 1853 – 1903. Mit einem geschichtlichen Rückblick. Aus Anlass des 50jähr. Bestehens der Stadt Ludwigshafen am Rhein. Herausgegeben vom Bürgermeisteramt. Ludwigshafen: Verlag Waldkirch, 1903