Berta Helene Amalie Riefenstahl, (* 22. August 1902 in Berlin, † 8. September 2003 in Pöcking) war eine deutsche Tänzerin, Schauspielerin, Spiel- u. Dokumentarfilmerin, Regisseurin und Fotografin.
Leni Riefenstahl war wegen ihrer Nähe zum Nationalsozialismus und im Speziellen zu Adolf Hitler eine der kontroversesten Figuren der Filmgeschichte. Ihren Filmen, allen voran Triumph des Willens, wird immer wieder vorgeworfen, die nationalsozialistische Ideologie zu glorifizieren. Eine Kritik, die sie jedoch Zeit ihres Lebens zurückwies.
Gleichzeitig gilt die von ihr geschaffene Ästhetik auch ihren Gegnern als richtungsweisend, und ihre künstlerischen Verdienste sind unbestritten. Sie wurde nach 1945 in Deutschland weitgehend boykottiert, während andere in der Nazizeit aktive Filmregisseure weiterhin erfolgreich arbeiten konnten. Ihr Markenzeichen waren die idealisierte Darstellung makelloser Körper (Naziästhetik) und die Darstellung großer Menschenmassen, hinzu kam eine für die damalige Zeit revolutionäre sehr dynamische Schnitttechnik.
Leben
Zwanziger Jahre und Nationalsozialismus
Die Berliner Fabrikantentochter Leni Riefenstahl ließ sich in Hellerau zur Tänzerin ausbilden. Ihre künstlerische Karriere begann beim Ausdruckstanz, dem so genannten German Dance. Im Jahr 1923 hatte sie ihren ersten Soloauftritt in München, doch bereits wenige Monate später musste sie aufgrund einer Knieverletzung ihre Tanzkarriere aufgeben und wechselte zur Schauspielerei. Sie machte sich als Akteurin in Arnold Fancks Bergfilmen einen Namen und wurde mit dem 1932 erschienenen Das blaue Licht selbst eine erfolgreiche und von Hitler umschwärmte Regisseurin, während sie mit dem Reichspropagandaminister Goebbels nur eine tiefe gegenseitige Abneigung verband.
Leni Riefenstahl war befreundet mit dem Nazi-Publizisten Julius Streicher, dem sie im Oktober 1933 alle Angelegenheiten in Sachen "des Juden Béla Balàzs" übergab, nachdem dieser - ehemaliger Produktionspartner bei Riefenstahls erster sehr erfolgreichen Regie-Arbeit "Das blaue Licht" - Geldforderungen an sie erhoben hatte.
Die 1933 und 1934 entstandenen Filme Sieg des Glaubens über den "Reichsparteitag des Sieges" der NSDAP und "Triumph des Willens" (über den "Reichsparteitag der Einheit und Stärke") wurden vermutlich von der Partei selbst bezahlt und später als "staatspolitisch wertvoll" ausgezeichnet. Infolge des so genannten Röhm-Putsches wurde "Sieg des Glaubens" aber nach kurzer Zeit wieder aus dem Verkehr gezogen, was Riefenstahl aufgrund einiger ästhetischer Unvollkommenheiten auch ganz recht war.
Durch die aufwändigen Dreharbeiten für "Triumph des Willens" blockierte Regisseurin Riefenstahl den übrigen NS-Film, da sie viele Kameraleute für ihr Team beanspruchte. Dies führte in der Folge zu Anfeindungen zwischen Goebbels und der Filmemacherin, welche schließlich Hitler persönlich schlichten musste. Den in seiner Langfassung vier Stunden dauernden Film schnitt sie aus mehreren hundert Stunden Material zusammen, nutze dabei innovative und suggestive Montagetechniken. Zunächst war für die Produktion der Dokumentarfilmpionier Walter Ruttmann ("Berlin - Symphonie einer Großstadt") vorgesehen gewesen. Der Reichsparteitags-Film hatte Ende März 1935 in Anwesenheit Hitlers Premiere.
Der 1935 entstandene Kurzfilm Tag der Freiheit! - Unsere Wehrmacht! schloss eine Lücke in Triumph des Willens, da die Aufnahmen der 1934 nach dem Tod Paul von Hindenburgs erstmals an einem Parteitag teilnehmenden Wehrmacht sich qualitativ für den Film nicht eigneten. Riefenstahl selbst nannte die propagandistischen Inszenierungen rein dokumentarische Arbeiten, wobei sie unter dokumentarisch verstand, dass ein Film auch den Geist oder die Atmosphäre einer Veranstaltung widerspiegeln solle. Die Olympiafilme "Fest der Völker" und "Fest der Schönheit" über die in Deutschland stattfindenden Olympischen Spiele von 1936 waren ein Staatsauftrag des NS-Propagandaministeriums und wurden aus Reichsmitteln finanziert. Er bekam aber sogar internationale Auszeichnungen (beispielsweise von Frankreich).
Für Hitlers neue Welthauptstadt "Germania" waren auch die Riefenstahl-Studios schon eingeplant - 26.000 qm groß.
Nur fünf Tage nach Kriegsausbruch reiste die Regisseurin für Filmaufnahmen in besetztes polnisches Gebiet, sie wollte sich als Kriegsberichtserstatterin versuchen. Nachdem sie Zeugin von Morden an jüdischer Bevölkerung in Konskie werden musste, brach sie ihr Projekt ab und reiste zurück nach Deutschland, schrieb dort einen Beschwerdebrief. Dann arbeitete sie an ihrem "Tiefland"-Film, dessen Szenerie in Spanien spielen sollte. Südländisch anmutende Komparsen waren rar, Riefenstahl griff auf "Zigeuner" zurück, die bei Salzburg interniert waren. Viele dieser "nichtarischen" Kleindarsteller wurden später in KZs verschleppt und kamen dort um. "Tiefland" kam bis Kriegsende nicht in die Kinos.
Riefenstahl selbst sah sich stets als unpolitische Künstlerin, die das Ungeheuerliche des Naziregimes damals nicht erkannt haben will. Zitat: "Nie habe ich bestritten, dass ich der Persönlichkeit Hitlers verfallen war. Dass ich das Dämonische zu spät in ihm erkannt habe, ist zweifellos Schuld oder Verblendung." (1949)
Nachkriegszeit
- 1949-1987 Prozesse um die Zwangsverpflichtung von "Zigeunern" aus dem Salzburger Lager Maxglan. Diese wurden von Riefenstahl als Statisten für die Dreharbeiten zu ihrem erst 1954 fertiggestellten Film Tiefland von der Naziregierung angefordert. In einigen dieser Prozesse tritt Riefenstahl als Klägerin auf (üble Nachrede).
- 1950 wird Riefenstahl von Amts wegen als "Mitläuferin" des Naziregimes eingestuft.
- 1958 Olympia erscheint in einer gekürzten Fassung erneut in den Kinos. Teil 2 (ursprünglich Fest der Schönheit) wird in Götter des Stadions umbenannt. Das Projekt ist, wie zuvor schon Tiefland, ein kommerzieller Misserfolg.
- 1956: Erster Besuch Afrikas
- Zwischen 1962 und 1977 unternimmt Riefenstahl mehrere Reisen in den Zentral-Sudan zu den Nubastämmen; 1973 erscheint Die Nuba - Menschen wie vom anderen Stern, ein Fotoband über das afrikanische Stammesvolk, sowie 1976 Die Nuba von Kau.
- 1974 macht Riefenstahl unter Angabe eines falschen Alters mit 72 Jahren ihren Tauchschein in Malindi. Sie widmet sich intensiv der Unterwasserfotografie.
- 2001 sorgt der umstrittene Präsident des IOC, Juan Antonio Samaranch, dafür, dass ihr die noch immer ausstehende Ehren-Goldmedaille der Olympischen Spiele von 1936 in Berlin verliehen wird. Er überreicht sie ihr in Lausanne.
- 2002 kommt Impressionen unter Wasser in die deutschen Kinos; ein Dokumentarfilm über die tropische Unterwasserwelt.
- 2002 Ein weiteres Zivilverfahren wegen der Tiefland-Statisten (Kläger war der Verein Rom e.V.) wird eingestellt, nachdem Riefenstahl erstmals eine Unterlassungserklärung bezüglich verharmlosender Äußerungen abgibt.
- 2002 Sie feiert ihren 100. Geburtstag mit vielen Stars (u.a. Siegfried und Roy).
- 2003 Am 8. September stirbt Leni Riefenstahl zwei Wochen nach ihrem 101. Geburtstag in Feldafing am Starnberger See. Ihr Lebensgefährte, der 40 Jahre jüngere Kameramann Horst Kettner, war bis zuletzt bei ihr.
- Leni Riefenstahl wurde auf dem Waldfriedhof in München bestattet.
Familie
Riefenstahl blieb kinderlos. Rückblickend bereut sie dies jedoch.
Werk
Regiearbeiten
Spielfilme
Dokumentarfilme
- 2002: Impressionen unter Wasser (internat.: Underwater Impressions)
- 1936: Olympia - Teil 1: Fest der Völker, Teil 2: Fest der Schönheit
- 1935: Tag der Freiheit - Unsere Wehrmacht
- 1934: Triumph des Willens
- 1933: Der Sieg des Glaubens
Schauspieltätigkeiten
- 1933: SOS Eisberg - Regie Arnold Fanck
- 1932: Das blaue Licht (Film) - Regie Leni Riefenstahl
- 1931: Der weiße Rausch - neue Wunder des Schneeschus - Regie Arnold Fanck
- 1930: Stürme über dem Montblanc - Regie Arnold Fanck
- 1929: Die weiße Hölle vom Piz Palü - Regie Arnold Fanck und G. W. Pabst
- 1928: Das Schicksal derer von Habsburg - Regie Rudolf Raffé
- 1927: Der große Sprung - Regie Arnold Fanck
- 1926: Der heilige Berg - Regie Arnold Fanck
Dokumentationen
- 2003: Leni Riefenstahl - Ein Traum von Afrika - Regie Ray Mueller
- 1993: Die Macht der Bilder - Regie Ray Mueller
Bücher
- Leni Riefenstahl – Fünf Leben, Eine Biographie in Bildern, Verlag Taschen, Köln, 2000
- Die Nuba, Köln, ISBN 3-933366-41-0 (Lizenzausgabe) - Zusammenfassung der Bände Die Nuba (1973) und Die Nuba von Kau (1976) in einer Ausgabe.
- Wunder unter Wasser, Herbig Verlagsbuchhandlung, München, 1990
- Memoiren, Albrecht Knaus-Verlag, München - Hamburg, 1987
- Mein Afrika, List-Verlag, München, 1982
- Korallengärten List-Verlag, München, 1978
- Kampf in Schnee und Eis, Verlag Hesse & Becker, Leipzig, 1933
Weblinks
- Offizielle Homepage
- Biographisches
- Analyse: Leni Riefenstahl: Künstlerin oder Parteifunktionärin?
- Leni Riefenstahl-Rezeption nach 1945 Ein Projekt des Instituts für Film- und Fernsehwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum
- Rainer Rother: Riefenstahl-Rezeption, Stand 2002. in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 1 (2004), H. 2. - Rezension dieser Website
Personendaten | |
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NAME | Riefenstahl, Berta Helene Amalie |
KURZBESCHREIBUNG | Tänzerin, Schauspielerin |
GEBURTSDATUM | 22. August 1902 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 8. September 2003 |
STERBEORT | Pöcking |