Gedichtinterpretation

systematische, verstehensorientierte Beschäftigung mit
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Als Gedichtinterpretation im weiteren Sinne lässt sich jede systematische, verstehensorientierte Beschäftigung mit lyrischen Texten bezeichnen. Ziel der Gedichtinterpretation ist es in der Regel, den ästhetischen und kognitiven Gehalt eines Gedichts oder lyrischen Textes/Textfragments aus seinen formalen und stilistischen Eigenschaften unter Rückgriff auf Hintergrundwissen über den Autor, das intendierte Publikum und die geschichtliche Einbettung zu erschließen. "Das" Verfahren zur Gedichtinterpretation gibt es nicht; stattdessen ist man sich heute einig darüber, dass verschiedene gleichberechtigte Interpretationsansätze legitim sind.

So gibt es produktionsorientierte Interpretationsansätze, bei denen Textmerkmale auf biographische und individualpsychologische Aspekte des Verfassers oder auch auf historische und politische Faktoren zurückgeführt werden, d.h. auf die Umstände der Textproduktion. Ihnen gegenüber stehen werkimmanente Interpretationsansätze, bei denen das Kunstwerk als autonom und seinen Produktionsumständen enthoben betrachtet wird. Zentral hierbei ist die ästhetische Wirkung des Textes, die den (abstrakt und idealisiert verstandenen) Leser affiziert. Hintergrundwissen über den Autor oder die Zeitumstände des Werkes spielt dabei allenfalls als Korrektiv eine Rolle, wird jedoch nicht als konstitutiv für die erfolgreiche Interpretation angesehen. Schließlich gibt es auch wirkungsorientierte Ansätze, die entweder die rezeptionsgeschichtliche Wirkung des Werkes zum Ausgangspunkt der Interpretation machen oder rezeptionsästhetisch das Interesse des Lesers an der Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt rücken.

Vom praktischen Gesichtspunkt muss der Phase der Interpretation die Phase des Decodierens und des Analysierens vorausgehen. Bereits beim Decodieren, also dem verstehenden Lesen, lassen sich Gefühlshaltungen und Ironiesignale erkennen. Die formale Analyse stellt zunächst fest, ob der vorliegende Text einer festen Form zuzuordnen ist, es sich also z.B. um eine Ballade, ein Sonett oder eine Ode handelt. Strophenform, Vers- und Reimschema determinieren die formalen Randbedingungen des lyrischen Textes, rhetorische Stil- und Ausdrucksmittel dienen der Ausschmückung des so definierten lyrischen Raums. In der Phase des Interpretierens wird heute in der Regel ein synthetischer Standpunkt angestrebt, der die oben erwähnten Interpretationsansätze kombiniert und im Sinne einer Hermeneutik zu einem historisch und ästhetisch ausgewogenen Gesamtbild kommt. Zum Schluss sollte auf eine evaluative Gesamtwertung nicht verzichtet werden -- ist das Gedicht ästhetisch überzeugend oder weist es ästhetische Mängel auf? Ist es originell oder epigonal? Eine Gedichtinterpretation, die sich diesen Fragen nicht stellt, mag weniger angreifbar sein, aber sie verfehlt letztlich ihr ursprüngliches Ziel.

Eine bedeutende Sammlung von Gedichtinterpretationen deutschsprachiger Autoren ist die Frankfurter Anthologie.

Aufbau einer Interpretation

Einleitung

Sollte Informationen über Leben und Werk des Dichters enthalten.blablabla

Hauptteil

Form
  • Metrum und Rhythmus
  • Vers- und Strophenbau
  • Reimschema (Endreime)
  • Assonanzen und Konsonanzen
Sprache
  • Wortfügung und Satzbau
  • Stilmittel (mit Inhalt – Bilder verbinden, wenn möglich)
  • Verhältnis von Klangform und Sprachform
Inhalt
  • Motivgefüge (meist nur ein Motiv)
  • Thema
  • Bilder
  • thematische Bezüge (Selbstverständnis des „lyrischen Ich“)
Einordnung
  • literarische Epoche
  • historische und gesellschaftliche Bindungen des Dichters

Einleitung

Die Einleitung sollte kurz und knapp sein, trotzdem aber aller wichtigen Daten über das Buch und den Inhalt enthalten.

Schluss

Der Schluss sollte eine kurze eigene Meinung und die Gefühle beim Lesen des Textes enthalten. Denkbar wäre auch ein Bezug zur Einleitung.

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